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KASSEN/700: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 27.01.2010 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 27. Januar 2010


→  Acht Krankenkassen erheben Zusatzbeiträge - Stimmen aus der Politik
→  KBV ruft Patienten auf, an Krebsvorsorgeuntersuchungen teilzunehmen
→  Ärzte in Rheinland-Pfalz sind für Kostenerstattung
→  KV Bayerns fördert die ambulante Versorgung von Palliativpatienten
→  KV Bayerns und Ersatzkassen starten Qualitätsmaßnahme in der Rheumatherapie
→  Bessere Versorgung von Kindern mit vergrößerten Gaumenmandeln
→  Bundesärztekammer gegen Zentralisierung durch europäisches Organspendegesetz
→  VmF unterstützt KBV-Konzept zur Neuausrichtung der medizinischen Versorgung
→  Appetitzügler: Behörden warnen vor Wirkstoff Sibutramin
→  Bundesärztekammer spricht sich gegen Kommerzialisierung von Suizid aus

Raute

___Aus Berlin___

Acht Krankenkassen erheben Zusatzbeiträge - Stimmen aus der Politik

Acht gesetzliche Krankenkassen haben am Montag gemeinsam angekündigt, noch in diesem Jahr Zusatzbeiträge von ihren Versicherten erheben zu wollen. Darunter die DAK mit alleine 6,4 Millionen Versicherten, die KKH Allianz mit zwei Millionen Versicherten und die BKK Gesundheit mit 1,4 Millionen Versicherten. Sie haben jeweils einen Pauschalbetrag von acht Euro monatlich festgesetzt. "Der Zusatzbeitrag ist die logische Konsequenz aus der Konstruktion des einheitlichen Beitragssatzes und des Gesundheitsfonds", sagte dazu Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der Vorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Thomas Ballast, forderte:

"Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler hat es deutlich gesagt: An Zusatzbeiträgen geht kein Weg mehr vorbei. Die Versicherten müssen sich darauf einstellen. Doch auch, wenn die Vorgängerregierung diese qf-Situation zu verantworten hat, die neue Bundesregierung sollte nicht tatenlos zusehen, wenn nun Zusatzbeiträge auf breiter Front Realität werden." Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist von dem Vorgehen der Kassen verärgert. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion werde sich genau anschauen, was die Kassen machen, erklärte sie. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sieht die Zusatzbeträge als "bitteren Vorgeschmack auf die von Schwarz-Gelb geplante Kopfpauschale: Höhere Einkommen und niedrigere Einkommen zahlen denselben Betrag." Die Kassen erheben den Zusatzbeitrag, um das diesjährige Defizit von insgesamt vier Milliarden Euro schultern zu können. Hier sei auch Bundesgesundheitsminister Rösler gefragt, sagte Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU): "Ich würde mir wünschen, dass er endlich Vorschläge zur Reduzierung des Defizits in der GKV macht." Die SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann wirft Rösler vor: "Er hätte viel früher einschreiten müssen." In der aktuellen Diskussion meldeten die Innungskrankenkasse (IKK), dass sie in diesem Jahr keine Zusatzbeitrage erheben werden.

(Agenturmeldungen, 25. bis 27. Januar, Pressemitteilung des vdek, 22. Januar, Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes, 25. Januar, Pressemitteilung der IKK, 27. Januar)

Raute

___Aus KBV und KVen___

KBV ruft Patienten auf, an Krebsvorsorgeuntersuchungen teilzunehmen

Mit einer Präventionsinitiative will die KBV die rund 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten dazu bewegen, die Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung stärker zu nutzen. "Wenn über zehn Jahre lediglich annähernd jeder vierte Mann oder Frau an der Früherkennungskoloskopie teilnimmt, dann ist das noch nicht befriedigend", sagte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller. Deshalb forderte er die Krankenkassen auf, ihre Versicherten künftig mit patientenfreundlichen Schreiben zur Teilnahme an den kostenlosen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen einzuladen. Denn "je früher ein Krebsleiden entdeckt wird, desto besser sind die Heilungschancen und umso häufiger ist eine schonendere Behandlung möglich", betonte Müller. Ihren Vorschlag will die KBV in den Nationalen Krebsplan und den Gemeinsamen Bundesausschuss einbringen. Weiterhin will sie die vertragsärztliche Qualitätssicherung für alle Krebsfrüherkennungsuntersuchungen überprüfen und gegebenenfalls verbessern sowie eine elektronische Dokumentation der Untersuchungsergebnisse etablieren, um eine zeitnahe Evaluation zu ermöglichen.

(Pressemitteilung der KBV, 22. Januar)


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Ärzte in Rheinland-Pfalz sind für Kostenerstattung

Eine Umfrage der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz unter knapp 3.100 Ärzten und Psychotherapeuten hat ergeben, dass sich eine deutliche Mehrheit, nämlich knapp 2.400 Mediziner, für das Prinzip der Kostenerstattung ausspricht. "Das Ergebnis ist für uns ein Signal", kommentierte der Vorstandsvorsitzende der KV Rheinland-Pfalz, Dr. Günter Gerhardt, das Ergebnis. Er wolle den Patienten die Angst vor der Kostenerstattung nehmen und dafür werben, dass das Prinzip für mehr Honorargerechtigkeit bei den Ärzten sorgt. Dies würde zu mehr Zufriedenheit führen und die Niederlassung für den ärztlichen Nachwuchs wieder attraktiver machen, argumentierte Gerhardt. Sein Vorstandskollege Dr. Michael Siegert schlug vor, Rheinland-Pfalz als Testregion zu nutzen. "Die KV hat bereits ein Konzept für ein Modellprojekt zur Kostenerstattung erarbeitet. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Modellprojekt Patientenquittung und der elektronischen Gesundheitskarte ist auch die notwendige Erfahrung vorhanden", sagte Siegert. Weiterhin betonte er, dass in einem System der Kostenerstattung die KV ihre Bedeutung behalten würde. Als Beispiele nannte er das Abrechnungswesen, die Qualitätssicherung und die Schlichtungsstelle bei Abrechnungsfragen. Das Umfrageergebnis berücksichtigt allerdings nicht die Meinungen aller 7.000 Mitglieder der KV Rheinland-Pfalz.

(Pressemitteilung der KV Rheinland-Pfalz, 25. Januar)


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KV Bayerns fördert die ambulante Versorgung von Palliativpatienten

Seit Januar erhalten Bayerns Hausärzte für das ambulante Versorgen von Palliativpatienten zusätzlich zum Honorar eine Pauschale von 20 Euro pro Besuch. Das gilt sowohl für geplante und dringende Besuche des Patienten zu Hause als auch für Besuche auf der Belegstation im Krankenhaus sowie im Alten- oder Pflegeheim. Mit dem Honorarzuschlag wollen die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bayerns und die bayerischen Krankenkassen dem besonderen Aufwand bei der Betreuung von Patienten in deren letzten Lebensphase Rechnung tragen. "Dies ist ein deutliches Signal, dass das große Engagement der Ärzte für ihre Patienten bis an deren Lebensende gewürdigt und entsprechend honoriert wird", sagte der erste stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV Bayerns, Dr. Gabriel Schmidt. Insbesondere in der Palliativversorgung stehen oft zahlreiche regelmäßige Hausbesuche an. Hinzu kommt die familiäre Mitbetreuung. Dazu gehören die Anleitung zur häuslichen Pflege des Patienten ebenso wie die psychosoziale Betreuung der Angehörigen des Sterbenden.

(Pressemitteilung der KV Bayerns, 20. Januar)


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KV Bayerns und Ersatzkassen starten Qualitätsmaßnahme in der Rheumatherapie

Mit der Qualitätsmaßnahme "Frühdiagnostik Rheuma" wollen die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bayerns und der Verband der Ersatzkassen (vdek) die Versorgung von Rheumapatienten verbessern. "Unser Ziel ist, dass die Patienten möglichst frühzeitig eine korrekte Diagnose erhalten, und eine medikamentöse Basistherapie umgehend eingeleitet wird", erklärte der Vorstandsvorsitzende der KV Bayerns, Dr. Axel Munte. An der Maßnahme können fachärztlich oder hausärztlich tätige Internisten mit dem Schwerpunkt Rheumatologie teilnehmen. Allerdings müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie zum Beispiel eine Mindestanzahl von Patienten mit entzündlichem Rheuma und eine Mindestanzahl an durchgeführten Gelenksonografien. Denn die Gelenksonografie spielt bei der Untersuchung eine wichtige Rolle, da sie im Gegensatz zum Röntgen oder dem Drucktest eine sehr zuverlässige und frühe Diagnosestellung bei der Rheumabehandlung ermöglicht. Als Anreiz zur Teilnahme an der Maßnahme erhalten Ärzte pro Untersuchung einen Zuschlag von rund 24 Euro zum Fallwert des Regelleistungsvolumens.

(Pressemitteilung der KV Bayerns, 21. Januar)


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Bessere Versorgung von Kindern mit vergrößerten Gaumenmandeln

Kindern bis sechs Jahre, die an zu großen Gaumenmandeln leiden, soll eine schonendere Behandlung helfen als die stationäre Entfernung der kompletten Mandeln. Deshalb haben die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein und die Krankenkasse KKH-Allianz einen Selektivvertrag zu Tonsillotomie geschlossen, womit die ambulante Verkleinerung von Gaumenmandeln gemeint ist. Das bietet mehrere Vorteile. So lassen sich einerseits deutlich teurere Mandelentfernungen sowie andererseits Sprachentwicklungsverzögerungen und körperliche Entwicklungsstörungen bei Kindern vermeiden, erklärte der Vorstand der KV Nordrhein, Dr. Peter Potthoff. An dem Tonsillotomie-Vertrag können Fachärzte für Hals- Nasen-Ohren-Heilkunde teilnehmen, deren Vertragsarztsitz in Nordrhein liegt, und die eine Genehmigung zum ambulanten Operieren besitzen. Die Vergütung pro Operation liegt zwischen 600 und 800 Euro. Generell gehört die Tonsillotomie nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Stattdessen bieten Ärzte die Operation als individuelle Gesundheitsleistung an. Für Eltern betroffener Kinder, die nicht bei der KKH-Allianz versichert sind, bedeutet das, dass sie die Kosten für den Eingriff selbst tragen müssen. Wenn dies finanziell nicht möglich ist, wird entweder auf den Eingriff verzichtet oder die Mandeln komplett entfernt.

(Pressemitteilung der KV Nordrhein und der KKH-Allianz, 27. Januar)

Raute

___Aus den Verbänden___

Bundesärztekammer gegen Zentralisierung durch europäisches Organspendegesetz

Die Bundesärztekammer (BÄK) hat die von der EU-Kommission geplante Richtlinie über Qualität und Sicherheit von Spenderorganen kritisiert. "Wir müssen das Niveau der Transplantationsmedizin in Deutschland sichern. Wir brauchen für die Organspende keine supranationalen Normvorschläge, sondern differenzierte Regelungen, die die Transplantationsmedizin wirklich voranbringen", sagte BÄK-Vorstandsmitglied Dr. Martina Wenker. auf dem zweiten Wissenschaftlichen Symposium der BÄK zur Lage der Transplantationsmedizin am Dienstag in Berlin. Sie forderte, unabhängige Transplantationsbeauftragte in den Krankenhäusern flächendeckend einzusetzen. Außerdem müsse die Rolle der Krankenhäuser mit Intensivstationen bei der Mitteilung potenzieller Organspender diskutiert werden. Zwar seien die Krankenhäuser schon jetzt gesetzlich verpflichtet, dem zuständigen Transplantationszentrum potenzielle Spender mitzuteilen. Aber diese Verpflichtung müsse auch zum täglichen Handeln werden. Nur dann sei Organspende auch in der Fläche möglich, so Wenker.

(Pressemitteilung der BÄK, 26. Januar)


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VmF unterstützt KBV-Konzept zur Neuausrichtung der medizinischen Versorgung

Der Verband medizinischer Fachberufe (VmF) hat auf seiner ersten Sitzung im neuen Jahr über die Zukunft der Gesundheitsfachberufe diskutiert. Thema waren auch die aktuellen Vorschläge der KBV zur Neuausrichtung der ambulanten medizinischen Versorgung. "Wir unterstützen den darin enthaltenen Grundgedanken einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, vermissen jedoch die verstärkte Einbeziehung der Praxismitarbeiterinnen", erklärte dazu Verbandspräsidentin Sabine Ridder. Vorschläge wie die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen, die etwa von den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, seien gute Möglichkeiten, die haus- und auch die fachärztliche Versorgung flächendeckend zu gewährleisten. Sinn ergäben diese aber erst, wenn dort eine kompetente Kontaktperson die Termine unterschiedlicher Ärzte koordiniert, Behandlungen vorbereitet und Patienten entsprechend betreut, so Ridder.

(Pressemitteilung des VmF, 22. Januar)


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Appetitzügler: Behörden warnen vor Wirkstoff Sibutramin

Weil sie Erkrankungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle begünstigen, haben die europäische und die deutsche Arzneimittelzulassungsbehörde davon abgeraten, Medikamente mit dem Wirkstoff Sibutramin zu verwenden beziehungsweise zu verordnen. Die Marktzulassungen für alle Appetitzügler mit diesem Wirkstoff werden nun ausgesetzt. Der Hersteller Abbott wird die Vermarktung seiner Medikamente mit dem Wirkstoff Sibutramin in allen Mitgliedsstaaten der EU aussetzen. Abbott vertreibt Sibutramin unter den Markennamen Reductil, Meridia, Sibutral, Ectiva und Raductil.

(Pressemitteilung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, 22. Januar)

Raute

___Außerdem___

Bundesärztekammer spricht sich gegen Kommerzialisierung von Suizid aus

"Es ist zynisch und abstoßend, eine Warteliste zum Selbstmord zu erstellen. Dieser Verein ist nichts anderes als der Versuch, aus Beihilfe zum Suizid ein Geschäft zu machen." Das hat der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, gesagt. Er reagierte damit auf die Gründung des Vereins "Sterbe Hilfe Deutschland" durch den früheren Hamburger Innensenator Roger Kusch. Der Verein vermittelt Mitgliedern gegen Zahlung eines Entgelts anonyme Sterbehelfer. Stattdessen sprach sich Hoppe für einen Ausbau der Palliativmedizin aus. Weiterhin forderte Hoppe, der "geschäftsmäßigen Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung" über sogenannte Sterbehilfe-Organisationen einen Riegel vorzuschieben. "Der Gesetzgeber darf einfach nicht zulassen, dass solche Vereine gegründet werden", so Hoppe.

(Pressemitteilung der BÄK, 25. Januar)

Raute

Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 27. Januar 2010
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Dr. Andreas Köhler (1. Vorsitzender der KBV, v.i.S.d.P.)
Redaktion:
Dezernat Kommunikation der KBV
Tel: 030 / 4005 - 2203
Fax: 030 / 4005 - 27 2203
E-Mail: ivelikova@kbv.de, sschramm@kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2010