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FINANZEN/473: Sanierung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2009

Letztlich entscheidet die Finanzlage des Landes
Sanierung des UK S-H macht Fortschritte

Der Sanierungsbeauftragte Dr. Carl Hermann Schleifer will das Defizit im kommenden Jahr auf Null führen.


Von Jörg Feldner


Die Lage ist ernst. Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UK S-H) mit seinen beiden Standorten Kiel und Lübeck, größter Arbeitgeber im Land (10.000 Beschäftigte, 2.200 Betten, 51 Kliniken und Institute) und eine Top-Adresse in der Forschung, ist hoch verschuldet und baulich wie organisatorisch sanierungsbedürftig. Wissenschaftsstaatsekretär und UK S-H-Aufsichtsratsvorsitzender Jost de Jager beziffert den Investitionsstau auf 700 Millionen Euro. Zusätzlich drücken Altschulden von 90 Millionen Euro.

Hoffnungslos ist die Lage jedoch nicht. Es gibt Erfolge. Die Erfolge hängen unübersehbar mit Dr. Carl Hermann Schleifer zusammen. Seit der ehemalige Finanzstaatssekretär, der die Damp-Holding wirtschaftlich voranbrachte und zur achtgrößten deutschen Klinikkette ausbaute, 2007 als Sanierungsberater beim UK S-H anheuerte, wird das Betriebsergebnis von Jahr zu Jahr besser: Das Jahresdefizit sank von 22 Millionen Euro 2006 über 16,9 Millionen (2007) wie geplant auf 8,1 Millionen (2008). Für 2009 hatte Schleifer erneut eine Halbierung des Defizits anvisiert, und Anfang Mai bekräftigte er diese Aussicht: "Es sieht unverändert danach aus, dass wir 2009 nur noch mit 4,5 Millionen Minus abschließen werden." Angesichts dieser Entwicklung glaubt man Schleifer, das Defizit 2010 tatsächlich auf Null führen zu können.

Wie geht das, wo wird gespart? Der normale Zeitungsleser kennt schlimme Geschichten von Sanierungszauberern, die die Zahlen eines Unternehmens in Ordnung bringen, indem sie die Personalkosten gegen Null führen. Bei Schleifer wird nicht gezaubert, nur genau gerechnet. Laufende Optimierungsprozesse (Verschlankung der Verwaltung, Straffung der Ambulanzen, Zentralisierung der Labore) werden fortgeführt, neue Projekte kommen hinzu. Schleifer nennt Beispiele: "Eine Wirtschaftlichkeitsreserve steckt zum Beispiel im Entlassungsmanagement. Weil wir nicht die Bettenkapazität haben, um neue Patienten schon aufzunehmen, noch bevor die geheilten wirklich das Haus verlassen haben, müssen wir diesen Prozess stringenter steuern, mit allen beteiligten Berufsgruppen." Eine weitere neue Idee ist das priorisierte Vertragscontrolling: "Alle Beschaffungsverträge werden, gestaffelt nach dem Ende ihrer Laufzeit, auf Wirtschaftlichkeitsreserven untersucht." Ein drittes neues Projekt: Die gesamte Logistik mit Fahrdiensten, Fahrbereitschaften und Mietwagen wird unter die Lupe genommen. Schleifer erwartet Einsparungen von über 1,5 Millionen Euro.

Die Belegschaft zieht mit. Mehrfach hat Schleifer den Personalräten (je zwei für die wissenschaftlichen und die nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter, zwei Gesamtpersonalräte) für die "konstruktive Begleitung des Sanierungsprozesses" gedankt. Verdi-Verhandlungsführer Steffen Kühhirt spricht von einem verlässlichen Partner. Die Opposition im Landtag redet anerkennend über die Sanierungserfolge.

Also alles so, wie es sein soll? "Nach Aktenlage ja, die sieht gut aus", sagt Schleifer. Gut heißt: Der Sanierungserfolg wird nur nachhaltig sein, wenn der Investitionsstau überwunden wird. Sollte sich eine zukunftsfähige Gebäudestruktur an beiden Standorten nicht erreichen lassen und der mit veralteten Strukturen verbundene Personalmehraufwand und Zeitverschleiß nicht beendet werden können, reißt das jährlich ein 15-Millionen-Euro-Loch in die Kasse - und zwar jeweils 15 Millionen in Kiel und noch mal die gleiche Summe in Lübeck. Alles hängt also an der Verwirklichung des "Jahrhundertprojektes Masterplan bauliche Maßnahmen" (Staatssekretär Jost de Jager). Den haben die internen Gremien des UK S-H gebilligt, nun sollen - so der Zeitplan - Landesregierung und Landtag noch vor der Sommerpause die Umsetzung beschließen. Ob sie das 800-Millionen-Projekt auf die Schiene setzen, darf angesichts der finanziellen Ausblutung des Landes durch die Stützung der HSH-Nordbank bei gleichzeitig dramatisch rückläufigen Steuereinnahmen angezweifelt werden. Wenn das so käme, wenn die ersten Planungskosten nicht in einen Nachtragshaushalt für 2010 eingestellt würden und wenn die Bauvorhaben nicht in die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2010 bis 2015 aufgenommen werden würden, dann, so Schleifer, "kriegen wir ein Motivationsloch". Mit anderen Worten: Was dann käme, weiß keiner.


Das UK S-H

Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UK S-H) ist mit rund 2.400 Betten, über 240.000 ambulanten und rund 100.000 stationären und teilstationären Patienten eine der drei größten Universitätskliniken in Deutschland. Mit den medizinischen Fakultäten gewährleistet es an 51 Kliniken und 27 Instituten die universitäre medizinische Forschung und Lehre. Vor über sechs Jahren beschloss die Landesregierung, dass die Universitätsklinika Kiel und Lübeck unter Beibehaltung der bisherigen Standorte gemeinsam das UK S-H bilden. Damit gehört das Universitätsklinikum als einziges in Deutschland zwei verschiedenen Fakultäten an, nämlich der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und der Universität in Lübeck. Das UK S-H schreibt seit Jahren rote Zahlen, was in der Landespolitik zu einer kontroversen Diskussion über die Zukunft geführt hat. Das UK S-H führt die schlechten Ergebnisse der vergangenen Jahre u. a. auf einen Investitionsstau und auf die im Bundesvergleich niedrigen Fallpauschalen zurück. (Red.)


Konzentration der Verwaltung des Uniklinikums am Standort Lübeck

18 Monate früher als ursprünglich geplant hat das UK S-H die Verwaltung des Universitätsklinikums in Lübeck zentralisiert. "Uns ging und geht es nicht um irgendeine bürokratische Maßnahme. Diese Entscheidung, die der Landesrechnungshof bereits mehrfach angemahnt hatte, war und ist ein wichtiger Teilschritt zur wirtschaftlichen Konsolidierung des UK S-H. Rechenzentrum, Apotheke, Einkauf und vieles mehr werden jetzt endlich - sechs Jahre nach der Fusion - in einer Hand an einem Ort gebündelt. Damit werden bisherige Doppelstrukturen abgebaut sowie ein namhafter Beitrag zur Sanierung des UK S-H geleistet", sagte Wissenschaftsstaatssekretär und UK S-H-Aufsichtsratsvorsitzender Jost de Jager. Er bedauerte, dass diese Entscheidung nicht schon zu Beginn der Fusion gefallen war: "Das Defizit hätte schon über Jahre hinweg deutlich niedriger ausfallen können."

Dass wesentliche Teile dieses Vorhabens deutlich vor dem zunächst angestrebten Zeitpunkt 2011 realisiert werden, ist nach den Worten von de Jager dem "enormen Engagement" der Mitarbeiter sowie des Vorstands zu verdanken. Der Vorstandsvorsitzende Prof. Jens Scholz hält es vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Lage des UK S-H für erforderlich, möglichst bald die geplante Verringerung der Personalkosten zu erreichen und den vollständigen Umzug nach Lübeck vorzuziehen.

Mit dem neuen einheitlichen Verwaltungssitz ergeben sich für das UK S-H auch neue Schwerpunkte in den Arbeitsabläufen. Beispielhaft für die Konzentration der Verwaltung sind die Bereiche Personal, Beschaffung, Finanz- und Rechnungswesen sowie Innenrevision. "Künftig werden", so der Sanierungsbeauftragte Dr. Carl Hermann Schleifer, "die Lohn- und Gehaltsabrechnungen für das gesamte Universitätsklinikum, die Hauptbuchhaltung, die Innenrevision und die Zentrale Beschaffung nahezu komplett von Lübeck aus gesteuert werden. Gleichzeitig werden neue administrative Strukturen geschaffen und Prozesse standardisiert, die zur Erhöhung von Effektivität und Effizienz beitragen. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass mit einer weiteren Erhöhung der Arbeitsproduktivität noch weitere Optimierungen möglich sind."
(UK S-H)


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7/2009 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2009/200907/h090704a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Will das Defizit des UK S-H verringern: Dr. Carl Hermann Schleifer.
- Sieht das UK S-H auf einem guten Weg: Jost de Jager.


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Juli 2009
61. Jahrgang, Seite 22 - 23
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. September 2009