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ARTIKEL/1065: Europäischer Kongreß für Immunologie, 13.-16.09.2009 in Berlin (1) (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Immunologie: Querschnittsfach und Fortschrittsmotor in der Medizin
→  Wer wir sind und was wir tun: EFIS und die Immunologie
→  EFIS-EJI Ita Askonas-Preis geht an Fiona Powrie
→  Das Immunsystem als Ziel für neue Therapiestrategien

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Immunologie: Querschnittsfach und Fortschrittsmotor in der Medizin

"Ich glaube, es überrascht Sie nicht, von mir zu hören, dass das Immunsystem eines unserer wichtigsten Organsysteme ist. Seine Bedeutung sieht man allein daran, dass es im Verlauf der Entwicklungsgeschichte des Lebens mehrfach erfunden wurde", betont Professor Andreas Radbruch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums, Berlin. Über das Wunder unseres Immunsystems informierte er im Rahmen der Vorab-Pressekonferenz zum 2nd European Congress of Immunology.

Selbst die einfachsten Lebewesen, Viren, Bakterien und Einzeller, haben Erkennungssysteme, mit denen sie "Selbst" und "Fremd" unterscheiden können. Das Immunsystem der Wirbeltiere, also auch des Menschen, ist besonders wirkungsvoll, weil es aus zwei Teilen besteht, die sich gegenseitig perfekt ergänzen. Das "Angeborene Immunsystem" kann gefährliche Stoffe und Krankheitserreger als solche erkennen, aber nicht gut unterscheiden. Das "Angepasste Immunsystem" erkennt dann sehr spezifisch die einzelnen Krankheitserreger, wenn sie ihm vom angeborenen Immunsystem gezeigt werden, reagiert mit angepassten Abwehrmechanismen, und prägt sich die erkannten Stoffe in das "Immunologische Gedächtnis" ein.

Die Immunologen versuchen, die Zellen und Gene zu verstehen, die diese beiden Immunsysteme und ihren Dialog ausmachen. "Wir denken, dass uns das immer besser gelingt. Doch immer wieder erleben wir Überraschungen, und manches, was wir glaubten verstanden zu haben, wird plötzlich wieder in Frage gestellt. Auf dem europäischen Kongress für Immunologie in Berlin werden wir die Grenzen wieder ein bisschen nach vorne schieben. Ein wesentliches Motiv, das uns antreibt, ist die Tatsache, dass unsere Forschungsergebnisse direkt von großer medizinischer Bedeutung sein können", so Radbruch.

So begann die Immunologie vor mehr als 200 Jahren mit der Einführung einer der erfolgreichsten medizinischen Therapien, der Impfung. Durch die Pockenimpfung konnten die Pocken letztendlich ausgerottet werden. Auch heute noch ist das Prinzip der Impfung eine der erfolgreichsten medizinischen Therapiestrategien überhaupt. Gerade erst wurde Harald zur Hausen, der den Eröffnungsvortrag des Kongresses halten wird, für die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Viren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können, mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Die Immunologie spielt nicht nur bei Infektionen eine Rolle, sondern bei einer ganzen Reihe von Krankheiten, die auf den ersten Blick vielleicht nicht viel gemein haben. Doch immer ist das Immunsystem Auslöser und Motor des Krankheitsgeschehens. Zu diesen Krankheiten gehören Allergien, Transplantatabstoßungen, entzündlicher Diabetes, Magen-Darm-Entzündungen und schließlich die Reihe der rheumatischen Erkrankungen. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland leidet an einer dieser Krankheiten, es sind Volkskrankheiten. In den letzten Jahrzehnten wurde durch die Immunologie neue Behandlungsstrategien definiert, so dass die Medizin die meisten dieser Patienten heute so behandeln kann, dass die Krankheit zumindest nicht weiter fortschreitet. "Das ist der Immunologie zu verdanken. Hier zeigt sich aber auch, dass die immunologische Forschung dringend fortgesetzt werden muss", so Radbruch. "Denn wir können die meisten dieser Krankheiten heute noch nicht heilen. Wir brauchen neue Heilverfahren, die aus einem besseren Verständnis des Immunsystems heraus entwickelt werden. Hier soll der europäische Kongress für Immunologie 2009 in Berlin neue Maßstäbe setzen."

EFIS (European Federation of Immunological Societies) ist der Dachverband der nationalen immunologischen Fachgesellschaften in Europa. Zu EFIS zählen 28 nationale Fachgesellschaften in 31 europäischen Ländern mit insgesamt 13.000 Mitgliedern. Gemeinsame Plattform ist der European Congress of Immunology, der all drei Jahre stattfindet - in diesem Jahr unter dem Motto: "Immunity for Life - Immunology for Health" vom 13. bis 16. September in Berlin. Der Kongress bietet über vier Tage ein umfassendes Programm zum aktuellen Wissensstand in der Immunologie. Das Themenspektrum in den mehr als 30 Symposien und 60 Workshops reicht von der Grundlagenforschung bis zur angewandten Immunologie. Im Mittelpunkt stehen die Erkenntnisse zur angeborenen und erworbenen Immunität, die verschiedenen Aspekte immunologischer Erkrankungen sowie die neuesten Möglichkeiten von Immun-Interventionen.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.eci-berlin2009.com

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Wer wir sind und was wir tun: EFIS und die Immunologie

Die European Federation of Immunological Societies (EFIS) ist der Dachverband aller nationalen immunologischen Fachgesellschaften Europas, mit 28 nationalen Fachgesellschaften in 31 europäischen Ländern und über 13.000 Einzelmitgliedern. Damit umfasst EFIS nicht nur die Mitgliedsstaaten der EU und die Nicht-EU-Mitgliedsstaaten Westeuropas, sondern auch die Staaten Osteuropas einschließlich Russlands und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion, sowie die Türkei und Israel. Derzeitiger Präsident ist der Direktor des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie in Berlin, Professor Dr. Dr. h. c. Stefan H. E. Kaufmann.

Ziel: Immunologische Forschung fördern

"In erster Linie ist EFIS ein wissenschaftlicher Dachverband, der die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Immunologen in Europa fördert", betont Kaufmann. Zu diesem Zweck unterstützt EFIS den European Congress of Immunology (ECI), Fachtagungen, Workshops sowie die Kongressteilnahme und Laboraufenthalte für jüngere Immunologen. Zu den Fördermaßnahmen von EFIS gehört auch die Vergabe von Wissenschaftspreisen. Der mit 50.000 Euro dotierte EFIS-Schering-Plough-Preis würdigt herausragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Immunologie. Ein weiterer, neu etablierter Preis ist der EFIS-Ita-Askonas-Preis. Dieser mit 10.000 Euro dotierte Preis richtet sich an junge Immunologinnen im frühen Stadium ihrer Karriere. Beide Preise weden am Sonntag, dem 13. September, im Rahmen der Eröffnung des 2nd European Congress of Immunology ECI 2009 verliehen

Ziel: Immunologisches Wissen vermitteln

EFIS hat sich darüber hinaus zum Ziel gesetzt, die Immunologie einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen. Denn für viele Menschen ist dieses Fach, das wie kaum ein anderes den Fortschritt in der Medizin beflügelt hat, ein Buch mit sieben Siegeln. "Da das Immunsystem meist ausgezeichnet funktioniert, merken wir selten, dass es uns täglich vor Krankheitserregern schützt. Lediglich bei einer Impfung hört der Geimpfte vielleicht, dass seine körpereigene Immunantwort stimuliert wird, um gegen Krankheiten wie Masern, Mumps, Röteln, Kinderlähmung, Diphtherie, Tetanus oder Grippe zu schützen", so Kaufmann. Derzeit macht insbesondere die Entwicklung eines neuen Impfstoffs gegen den Erreger der Schweinegrippe Schlagzeilen. In der Tat ist Impfung die kosteneffizienteste Maßnahme der Medizin. Ihr Prinzip beruht auf der Auslösung einer spezifischen Immunantwort, die den Erreger bekämpft, ohne dass man eine Krankheit durchmachen muss. "Ansonsten fällt uns unser Immunsystem eigentlich nur auf, wenn etwas falsch läuft. Asthma, Heuschnupfen und andere Allergieformen sind das Resultat einer fehlgeleiteten Immunantwort; wie auch bei Rheuma, bestimmten Formen von Diabetes und vielen anderen Autoimmunerkrankungen eine 'falsche' Immunantwort die Ursache ist", so der Wissenschaftler.

Menschen mit fehlender Immunität (sog. Immundefizienz) ist die Bedeutung des Immunsystems dagegen sehr bewusst, denn sie erkranken häufig und übermäßig stark an sonst banalen Infekten. Die Wissenslücke über die zentrale Bedeutung eines funktionierenden Immunsystems für unsere Gesundheit zu schließen, ist ein weiteres Ziel von EFIS. Deshalb hat EFIS den "Tag der Immunologie" ins Leben gerufen, der jährlich am 29. April stattfindet. An diesem Tag gehen Immunologen auf Straßen und Marktplätze und erklären in Theatern, Vorträgen oder öffentlichen Spielen, wie das Immunsystem funktioniert. Auf dem ECI 2009 werden die besten Aktionen des Tages der Immunologie 2009 mit Preisen gewürdigt. Die Gewinner kommen nicht nur aus Europa, sondern auch aus Nord- und Lateinamerika, da der Tag der Immunologie inzwischen über die Grenzen Europas hinweg gefeiert wird.

Auf dem ECI 2009 stellt EFIS ein Buch vor, in dem das Immunsystem leicht verständlich dargestellt wird. Der Titel lautet: "Your amazing immune system: how it protects your body". Das Buch ist besonders für Schüler geeignet. Es handelt sich um die englische Übersetzung eines japanischen Buchs, das ursprünglich von japanischen Immunologen zum Tag der Immunologie in Japan verfasst wurde. Später sollen Übersetzungen in andere europäische Sprachen folgen.

Ziel: Unkonventionelle Wege der Wissensvermittlung

In diesem Jahr ist EFIS noch einen Schritt weitergegangen und hat einen Wettbewerb für einen Kurzfilm ausgelobt, der möglichst auch Menschen erreichen soll, die sich für Wissenschaft kaum oder gar nicht interessieren. Gefragt war daher ein Kurzfilm, der anschaulich und unterhaltsam eine Geschichte erzählt, die den Zuschauer anregt, sich über das Thema Immunität Gedanken zu machen. Den ersten Preis dieses Filmwettbewerbs (mit 25.000 € ausgezeichnet) gewann der italienische Filmregisseur Luca Sabbioni für seinen Film "The Immunology Knight". Der Film erzählt in knapper Form eine Bildergeschichte, die über Sprachbarrieren hinweg mit viel Humor die Bedeutung der Immunität für den Menschen im täglichen Leben verdeutlicht, ohne auf die Immunologie auch nur mit einem Wort einzugehen. Der Kurzfilm wird auf der Eröffnungsveranstaltung des ECI 2009 am 13. September erstmalig in der Öffentlichkeit gezeigt und wird dann Interessierten kostenfrei zur Verfügung gestellt, um eine möglichst weite Verbreitung zu ermöglichen.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.eci-berlin2009.com
http://www.eci-berlin2009.com
http://www.efis.org

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EFIS-EJI Ita Askonas-Preis geht an Fiona Powrie

Erstmals wird beim 2nd European Congress of Immunology ECI 2009 Berlin der mit 10.000 Euro dotierte Ita Askonas-Preis verliehen. Der Preis würdigt die herausragende Arbeit einer jungen Wissenschaftlerin im Bereich der Immunologie an einer europäischen Forschungsinstitution und geht an die Professorin Fiona Margaret Powrie, Sir William Dunn School of Pathology, Universität Oxford. Ausgezeichnet werden ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Aufklärung der gestörten Immunregulation bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Die Preisverleihung erfolgt am 13. September 2009 im Rahmen des Kongresses.

Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa leiden an schwersten und zerstörerischen Entzündungen der Darmschleimhaut, für die es bis heute keine Heilung gibt. Bei diesen Erkrankungen ist die normalerweise friedvolle Balance zwischen Immunsystem und Darmbakterien gestört. In der Folge greift das Immunsystem der Betroffenen mit einer massiven entzündlichen Abwehrreaktion die eigene Darmschleimhaut an.

In den letzten 15 Jahren hat sich Fiona Powrie mit ihrem Labor intensiv der Aufklärung der Immunprozesse in der Darmschleimhaut und ihrer Entgleisung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gewidmet. Sie konnte zeigen, dass eine fein austarierte Balance zwischen verschiedenen T-Zell-Populationen, den sogenannten Effektor-T-Zellen und den regulatorischen T-Zellen, die Gesundheit des Darmes reguliert, und identifizierte dabei zahlreiche neue Zielstrukturen für Therapieansätze.

Fiona Powrie absolvierte ihre Doktorarbeit im Labor von Prof. Don Mason an der Sir Dunn School of Pathology der Universität Oxford. In dieser Zeit gewann sie erste Erkenntnisse darüber, dass das Immunsystem neben den Effektor-T-Zellen, die für die Abwehr eines Infektes zuständig sind, weitere T-Zell-Populationen entwickelt, die für die Kontrolle der Immunantwort zuständig sind. Diese T-Zellen sind von zentraler Bedeutung, um inadäquate Immunantworten zu unterbinden und der Entstehung von Autoimmunerkrankungen vorzubeugen. Zusammen mit den Arbeiten von Shimon Sakaguchi legten Powries Erkenntnisse den Grundstein für die inzwischen allgemein anerkannte Sichtweise, dass funktionell spezialisierte regulatorische T-Zellen eine Schlüsselrolle in der Verhinderung unerwünschter und schädlicher Immunreaktionen auf harmlose Umweltantigene spielen.

Während ihrer Zeit als Postdoc im Labor von Dr. Robert Coffmans am DNAX Research Institute in Kalifornien entwickelte Powrie ein T-Zell-Transfer-Modell der Colitis, das heute zu den weltweit am meisten eingesetzten Modellen der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zählt. Sie wies nach, dass regulatorische T-Zellen normalerweise die entzündlichen Stimuli, die durch Darmbakterien ausgelöst werden, unter Kontrolle halten.

1996 ermöglichte eine Wellcome Trust Senior Fellowship Powrie die Rückkehr nach Oxford, um dort ein eigenes Labor für ihre Studien zur Immunregulation in der Darmschleimhaut einzurichten. In den letzten zehn Jahren hat sie ein Zytokin aus der Interleukinfamilie, das IL-23, als wichtigsten Auslöser der Darmschleimhautentzündung identifiziert. Darüber hinaus klärte sie die zellulären und molekularen Charakteristika der regulatorischen T-Zell-Aktivität im Darm weiter auf. Insbesondere konnte sie zeigen, dass regulatorische T-Zellen nicht nur in der Lage sind, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen zu verhindern, sondern im Prinzip auch bereits etablierte Erkrankungen heilen können. Ihre Funktion in der Darmschleimhaut hängt dabei von den anti-entzündlichen Zytokinen IL-10 und TGF-beta ab. Zusammen liefern diese Befunde wichtige neue Erkenntnisse zu den zellulären und molekularen Kontrollmechanismen des Gleichgewichts zwischen Effektor-T-Zellen und regulatorischen T-Zellen im Darm, aus denen sich neue Therapieansätze ableiten lassen.

In Anerkennung für ihre Arbeiten im Bereich der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wurde Powrie jüngst in den Sidney Truelove Chair of Gastroenterology der Universität Oxford gewählt. Ein Teil ihrer Aufgabe wird darin bestehen, eine neue akademische Gastroenterologie-Einheit aufzubauen, um die in den experimentellen Modellen gewonnenen Erkenntnisse in die Therapie von Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen zu übertragen.

Der Ita Askonas-Preis wurde gemeinsam von der European Federation of Immunological Societies (EFIS) und dem European Journal of Immunology (EJI) ins Leben gerufen und prämiert die Arbeit junger Wissenschaftlerinnen in einem frühen Stadium ihrer Karriere. Neben einem Preisgeld von 10.000 Euro erhält die Preisträgerin eine Reisekostenunterstützung zum ECI-Kongress, der alle drei Jahre stattfindet. Im Rahmen dieses Kongresses stellt die preisgekrönte Wissenschaftlerin ihre Arbeit vor.

"EFIS möchte den Anteil der Frauen in der immunologischen Forschung deutlich stärken und hat deshalb diesen Preis initiiert. Gleichzeitig wird damit auch die bedeutendste Immunologin Europas gewürdigt, die ganz wesentlich zur Stärke der Immunologie in Europa beigetragen hat", erklärt EFIS-Präsident Professor Stefan H.E. Kaufmann, Direktor des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie in Berlin. Professor Brigitte (Ita) Askonas ist die Grande Dame der europäischen Immunologie; ihre Forschung deckt die gesamte Breite der immunologischen Phänomene ab. Sie war von 1976 bis 1989 Leiterin der Abteilung für Immunologie am National Institute of Medical Research (NIMR) in London, und von 1989 bis 1990 Vizepräsidentin der Royal Society. Auch als wissenschaftliche Mentorin hat sie große Verdienste erworben, viele exzellente Wissenschaftler lernten ihr Handwerk in ihrem Labor am NIMR.

EFIS (European Federation of Immunological Societies) ist der Dachverband der nationalen immunologischen Fachgesellschaften in Europa. Zu EFIS zählen 28 nationale Fachgesellschaften in 31 europäischen Ländern mit insgesamt 13.000 Mitgliedern. Gemeinsame Plattform ist der European Congress of Immunology, der all drei Jahre stattfindet.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.eci-berlin2009.com
http://www.efis.org

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Das Immunsystem als Ziel für neue Therapiestrategien

Die chronische Entzündung gilt als Schlüsselfaktor für die Entstehung vieler Krankheiten, z. B. für rheumatische Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis, für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Asthma, multiple Sklerose, Arteriosklerose und andere. Die konventionelle Therapie führt bei vielen dieser Krankheiten nicht zur Heilung der Entzündung, ist häufig nur begrenzt wirksam und mit schweren Nebenwirkungen verknüpft. Professor Joachim R. Kalden, Abteilung für Molekular Immunologie, Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin, Universität Erlangen-Nürnberg, stellt Therapieprinzipien auf der Basis monoklonaler Antikörper vor.

"Die Entwicklung neuer Therapiestrategien basiert auf unserem gewachsenen Verständnis der Mechanismen der Krankheitsentstehung bei verschiedenen Gruppen chronisch-entzündlicher Erkrankungen", betont Kalden, der auch Direktor Emeritus der Abteilung für Innere Medizin 3 (Rheumatologie und Klinische Immunologie) der Medizinischen Universitätsklinik Erlangen-Nürnberg ist.

Ein großer Teil des Fortschritts der vergangenen Jahre bei der Behandlung von chronisch-entzündlichen und Autoimmunerkrankungen basiert auf der Methode der Herstellung monoklonaler Antikörper, die 1975 von Köhler, Milstein and Jerne veröffentlicht und 1984 mit dem Nobelpreis geehrt wurde. Heute zählen auf der Basis dieser Methode hergestellte therapeutische Antikörper zu den essentiellen Waffen, mit denen Ärzte Krebs, Entzündungen und Infektionen bekämpfen. "Krankheiten, bei denen monoklonale Antikörper unsere Therapieoptionen signifikant verändert haben, sind z. B. Erkrankungen des rheumatische Formenkreises wie rheumatoide Arthritis, Spondylitis ankylosans oder Morbus Bechterew, Psoriasisarthritis, juvenile idiopathische Arthritis, Psoriasis and chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn", so Kalden. Der Einsatz von monoklonalen Antikörpern oder ihrer Abkömmlinge, so genannter Fusionsproteine, konnte bei vielen dieser Krankheiten nicht nur die fortschreitende Gewebezerstörung aufhalten und die Krankheitsaktivität anhaltend unterdrücken, sondern manchmal sogar die Krankheitszeichen völlig beseitigen. Vor der Einführung dieser neuen Therapieprinzipien führten diese Krankheiten in der Regel sehr frühzeitig zu einer deutlichen Behinderung des Patienten mit der Folge der Arbeits- und Berufsunfähigkeit.

Haupt-Angriffsziel der monoklonalen Antikörper sind proinflammatorische, also entzündungsfördende, Zytokine wie Tumor-Nekrose-Faktor-alpha oder Interleukin-12/Interleukin-23. Erst kürzlich wurde gezeigt, dass auch die B- oder T-Zellen des Immunsystems als potenzielles Ziel für die wirksame Bekämpfung chronisch-entzündlicher Erkrankungen in Frage kommen. Da von den bereits verfügbaren neuen Medikationen nur bis zu 70 % der Patienten profitieren und der Erfolg teilweise begrenzt ist, werden jedoch dringend weitere und noch spezifischere Therapien benötigt. Neue Versuche zielen auf die Interferenz mit intrazellulären Signalwegen, aber auch auf neu zu definierende Moleküle aus der Gruppe der Zytokine und Chemokine sowie auf B- und T-Zellen, die nicht nur als mögliches Angriffsziel von Interesse sind, sondern auch wegen ihrer immunmodulatorischen Fähigkeiten, z. B. als regulatorische T-Zellen.

"Die Einführung monoklonaler Antikörper in die Therapie chronisch-entzündlicher Erkrankungen ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung übertragen werden", betont Kalden.

Neben einem Symposium in Kooperation mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und EFIS werden neue Aspekte der Immunintervention in einer Vielzahl von Workshops und Symposien während des Kongresses vorgestellt. "Wir hoffen, dass neue und wirksame Therapiestrategien bald nicht nur für chronisch-entzündliche Erkrankungen verfügbar sein werden, sondern auch für die Behandlung von Krebserkrankungen, insbesondere von Lymphomen und Leukämien, und für Erkrankungen wie Asthma oder Sepsis", so der Wissenschaftler.

EFIS (European Federation of Immunological Societies) ist der Dachverband der nationalen immunologischen Fachgesellschaften in Europa. Zu EFIS zählen 28 nationale Fachgesellschaften in 31 europäischen Ländern mit insgesamt 13.000 Mitgliedern. Gemeinsame Plattform ist der European Congress of Immunology, der all drei Jahre stattfindet - in diesem Jahr unter dem Motto: "Immunity for Life - Immunology for Health" vom 13. bis 16. September in Berlin. Der Kongress bietet über vier Tage ein umfassendes Programm zum aktuellen Wissensstand in der Immunologie. Das Themenspektrum in den mehr als 30 Symposien und 60 Workshops reicht von der Grundlagenforschung bis zur angewandten Immunologie. Im Mittelpunkt stehen die Erkenntnisse zur angeborenen und erworbenen Immunität, die verschiedenen Aspekte immunologischer Erkrankungen sowie die neuesten Möglichkeiten von Immun-Interventionen.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.eci-berlin2009.com

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1331

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Immunologie
Dr. Julia Rautenstrauch, 09.09.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2009

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