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SOZIALES/028: Pflege - Probleme bei der Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt Krankenhaus (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 12/2016

Pflege
Es gibt keine Blaupausen

von Dirk Schnack


Andere Kulturen stellen Krankenhäuser vor vielfältige Herausforderungen - ein Thema beim Pflegekongress.


Menschen aus 112 Nationen arbeiten im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). Der größte Arbeitgeber im schleswig-holsteinischen Gesundheitswesen war damit prädestiniert, über die Erfahrungen im Block "Andere Kulturen in der Pflege" auf dem 14. Gesundheitspflege-Kongress von Springer Pflege in Hamburg zu berichten.

Anja Modereger von der UKSH-Akademie nannte die Sprache und den ungeklärten Aufenthaltsstatus als größte Probleme bei der Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt Krankenhaus. Das UKSH erleichtert die Eingliederung durch Starterpakete, berufsbezogene Einarbeitungskonzepte und Tandemlösungen, bei denen den einzugliedernden Kräften ein erfahrener Mitarbeiter zur Seite gestellt wird. Geplant ist auch, Patenschaften mit deutschen Mitarbeitern zu vermitteln.

Einen ähnlichen Weg verfolgen die Briten im National Health Service (NHS) mit dem Preceptorship. Bei diesem Modell haben eine neu einzugliedernde und eine erfahrene Pflegekraft gemeinsam Dienst. Die erfahrene Kraft berücksichtigt, welche Kompetenzen beim Neuling vorhanden sind und welche erweitert werden müssen. Die Tandemlösung soll Unsicherheiten abbauen, Fehler vermeiden, eine mögliche Überforderung verhindern, aber auch eine langfristige Perspektive eröffnen. Das ursprünglich für frisch examinierte Pflegekräfte entwickelte Modell wird im NHS auch für Migranten eingesetzt, berichtete Dr. Sünje Prühlen aus dem Hamburger Albertinen. Die Erfahrungen in Großbritannien seien unterschiedlich, eine Erfolgsgarantie gebe es nicht. Als optimale Laufzeit für ein Preceptorship hat sich ein Zeitraum von neun Monaten herausgestellt. Hilfreich sind ein motivierter Preceptor, ein bestehendes Netzwerk, auf das dieser zurückgreifen kann, ein ganzheitliches Konzept und eine persönliche Bindung im Tandem. "Dann könnte es auch ein Modell für Deutschland sein", sagte Prühlen.

Die auf dem Kongress vorgetragenen Modelle zeigten auch, dass bei den Arbeitgebern Geduld gefragt ist, denn Blaupausen sind angesichts sehr individueller Hintergründe bei den Migranten schwer zu finden. Auch bleiben die Teilnehmerzahlen an den zum Teil aufwendigen Programmen für Flüchtlinge überschaubar.

Eine Anpassungsqualifizierung für Flüchtlinge am Hamburger UKE etwa hat für eine vierjährige Projektdauer eine Zielzahl von 150 Teilnehmern. Dies sind etwa Pflegekräfte, Physiotherapeuten oder Hebammen, die über einen internationalen Abschluss in ihrem Beruf verfügen. Sie werden am UKE von einem Spezialisten für interkulturelle Pädagogik betreut und sollen am Ende von den Behörden die Gleichwertigkeit bescheinigt bekommen. Bis dahin haben sie Praktikantenstatus und werden engmaschig betreut.

Doris Thömen-Suhr aus dem UKE ist optimistisch, dass sich der hohe langfristige Betreuungsaufwand auszahlt. "Diese Menschen erleben einen großen Bruch in ihrer Berufsidentität. Sie kommen mit Abschlüssen und zum Teil tiefen Kenntnissen und bekommen dann wegen fehlender Sprachkenntnisse bei uns das Gefühl, sie könnten nichts mehr", gab sie zu bedenken. Die Anpassungsqualifizierung ziele darauf ab, diese Ressourcen wieder nutzbar zu machen.


Info

1.000 Teilnehmer kamen zum 14. Gesundheitspflege-Kongress im November nach Hamburg, darunter auch zahlreiche Mitarbeiter aus schleswig-holsteinischen Krankenhäusern. Das UKSH ist einer der Kooperationspartner des Kongresses. Neben der Eingliederung anderer Kulturen zählten u. a. Patientenorientierung, alternative Arbeitszeitmodelle, das demografiefeste Krankenhaus und Berufspolitik zu den Themen des zweitägigen Kongresses.

Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 12/2016 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2016/201612/h16124a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
69. Jahrgang, Dezember 2016, Seite 13
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2017

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