Deutscher Hebammenverband e.V. - 14. Februar 2019
Gute Geburtshilfe darf kein Glücksfall sein - sie muss die Regel werden
Hebammenverband stellt Geburtshilfe-Stärkungsgesetz vor
Frauen und Neugeborene können in Deutschlands Kreißsälen zunehmend nur noch unzureichend versorgt werden. Von Jahr zu Jahr beobachtet der Deutsche Hebammenverband e. V. (DHV) eine Verschlechterung. Eine stetige und persönlich zugewandte Betreuung von Frauen während der Geburt ist in Deutschland mittlerweile eher ein Glücksfall als die Regel. Hebammen in Deutschland betreuen inzwischen dauerhaft mehr als doppelt so viele Gebärende wie Hebammen in anderen europäischen Ländern. Teils betreut eine einzelne Hebamme fünf oder mehr Gebärende gleichzeitig. Der Hebammenverband fordert deshalb nachhaltige politische Maßnahmen wie ein Hebammen-Sonderstellenprogramm für mehr Personal im Kreißsaal, eine bessere ambulante Notfallversorgung sowie Maßnahmen für ein gutes Fehlermanagement und bessere interprofessionelle Zusammenarbeit im Kreißsaal und hat dazu heute dem Bundesgesundheitsministerium Eckpunkte für ein Geburtshilfe-Stärkungsgesetz überreicht.
"In der Geburtshilfe muss wieder der Mensch im Mittelpunkt sein. Frauen benötigen eine individuelle und zugewandte Betreuung rund um die Geburt. Hebammen brauchen bessere Arbeitsbedingungen. Wir fordern deshalb einen Wandel in der Geburtshilfe und entschiedene politische Maßnahmen", so Ulrike Geppert-Orthofer, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbands e. V. Die Forderungen des Deutschen Hebammenverbands zielen auf eine individuelle und sichere Betreuung jeder Frau und ihrer Familie. Sie umfassen im Einzelnen:
1. Ein Hebammen-Sonderstellenprogramm einrichten:
Neue Hebammenstellen sowie Stellenaufstockungen in geburtshilflichen
Abteilungen werden komplett aus einem Sonderprogramm refinanziert. Das
geschieht solange, bis für die Umsetzung einer Eins-zu-Eins-Betreuung
ein Personalschlüssel von einer Hebammenplanstelle
(Vollzeitäquivalent) auf 30 Entbindungen pro Jahr und
geburtshilflicher Abteilung erreicht ist. Zukünftig steht damit jeder
gebärenden Frau eine Hebamme während der Geburt zur Seite.
2. Den Betreuungsschlüssel in Klinken veröffentlichen:
Krankenhäuser werden gesetzlich dazu verpflichtet, die Anzahl der
Entbindungen zu veröffentlichen, die im Jahr je tatsächlich besetzter
Hebammenstelle in ihren Kreißsälen stattfinden. Schwangere und ihre
Familien haben die Möglichkeit, Krankenhäuser zu vergleichen und
informiert zu entscheiden.
3. Die ambulante geburtshilfliche Notfallversorgung für Schwangere
verbessern:
Schwangere, die außerhalb der Sprechzeiten der niedergelassenen
Gynäkologinnen und Gynäkologen gesundheitliche Probleme haben oder
nach Überschreitung des voraussichtlichen Entbindungstermins eine
Kontrolluntersuchung benötigen, finden heute außerhalb eines
Krankenhauses kein verlässliches Versorgungsangebot. Durch diese
ambulante geburtshilfliche Notfallversorgung werden die ohnehin
knappen personellen Kapazitäten der Kreißsäle zu Lasten der gebärenden
Frauen beansprucht. Außerhalb der Kreißsäle soll die Versorgung durch
geburtshilflich-gynäkologische Notdienste oder Hebammen- und/oder
Arztportalpraxen sichergestellt werden.
4. Fehler reduzieren und die interprofessionelle Zusammenarbeit in der
Geburtshilfe verbessern:
In deutschen Kreißsälen sind evidenzbasierte, verbindliche
Behandlungswege, die Berücksichtigung von S3-Leitlinien,
Verfahrensanweisungen und verbindliche Absprachen bei Be- und
Überlastungssituationen nicht durchgängig zu finden. Krankenhäuser mit
geburtshilflichen Abteilungen sollen dazu verpflichtet werden,
regelmäßig interprofessionelle Fortbildungen und Notfalltrainings
durchzuführen. Ebenso werden diese Krankenhäuser verpflichtet, ein
anonymes Fehlermeldesystem einzurichten, das die Grundlagen für
interprofessionelle und intersektorale Fallbesprechungen und
Fehleranalysen bildet.
5. Das volle Hebammenpotenzial für die Frauen und die Geburtshilfe
nutzen sowie die Drop-Out-Rate aus dem Beruf senken:
Hebammen in der klinischen Geburtshilfe sollen konsequent von
fachfremden Tätigkeiten befreit und in ihren Kernkompetenzen für die
direkte Betreuung der Frauen und Neugeborenen eingesetzt werden. In
jeder geburtshilflichen Abteilung sollen zudem von Hebammen geleitete
Kreißsäle geschaffen werden. Ebenso werden Hebammen deutlich stärker
in die Leitung und Organisation der geburtshilflichen Abteilungen
eingebunden.
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Der Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) ist der größte
Hebammenberufsverband in Deutschland und setzt sich aus 16
Landesverbänden mit über 19.500 Mitgliedern zusammen. Er vertritt die
Interessen aller Hebammen. Im DHV sind angestellte und freiberufliche
Hebammen, Lehrerinnen für Hebammenwesen, Hebammenwissenschaftlerinnen,
Hebammen in den Frühen Hilfen, hebammengeleitete Einrichtungen sowie
Hebammenschülerinnen und Studierende vertreten. Über die berufliche
Interessenvertretung hinaus ist eine gute medizinische und soziale
Betreuung der Frauen und ihrer Kinder vom Beginn der Schwangerschaft
bis zum Ende der Stillzeit ein zentrales Anliegen des Verbandes. Als
Mitglied in der European Midwives Association (EMA), im Network of
European Midwifery Regulators (NEMIR) und in der International
Confederation of Midwives (ICM) setzt er sich auch auf europäischer
und internationaler Ebene für die Stärkung der Hebammenarbeit sowie
die Gesundheit von Frauen und ihren Familien ein.
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Quelle:
Deutscher Hebammenverband e.V.
Pressemitteilung vom 14. Februar 2019
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Telefon: 0721-98189-0, Fax: 0721-98189-20
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Internet: www.hebammenverband.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Februar 2019
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