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MELDUNG/588: "Tag des Kinderkrankenhauses" am 21. September - Kinderchirurgen fordern bessere Versorgung (DGKCH)


Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie - 18. September 2014

"Tag des Kinderkrankenhauses" am 21. September
Kinder in Deutschland nicht flächendeckend kinderchirurgisch versorgt

Kinderchirurgen fordern bessere Versorgung



Berlin - Die Zahl kinderchirurgischer Stationen ist hierzulande seit 1994 von 101 auf 81 im Jahr 2012 gesunken. Damit könne von einer flächendeckenden kinderchirurgischen Versorgung keine Rede sein, mahnt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) zum Tag des Kinderkrankenhauses am 21. September. Denn nur in Kinderkliniken sei die bestmögliche Versorgung junger Patienten - auch entsprechend der von der WHO unterstützten Charta für Kinder im Krankenhaus - gewährleistet. Die DGKCH fordert, dass Kinder grundsätzlich in Kinderkliniken mit kinderchirurgischen Abteilungen oder in Zusammenarbeit mit einer kinderchirurgischen Abteilung behandelt werden.

Knochenbrüche, Leistenhernien, Hodenhochstand oder Blinddarmentzündung: Jedes Jahr operieren Kinderchirurgen mehr als 120 000 Kinder. Doch immer noch viel zu viele der erforderlichen Operationen an Heranwachsenden werden durch Erwachsenenchirurgen durchgeführt. Denn ein Großteil der Kliniken betreibt gar keine Abteilung für Kinderchirurgie, sagt Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH. "Aber auch wenn eine qualifizierte Kinderchirurgie in der Nähe verfügbar ist, kommt es vor, dass ein 6-jähriger in der benachbarten Erwachsenenklinik nach Erwachsenenkriterien operiert wird - und damit nicht die bestmögliche kindgerechte Behandlung erhält", sagt Dr. med. Tobias Schuster aus Augsburg, der Pressesprecher der DGKCH ist. "Denn Kinderchirurgie ist mehr als Chirurgie am Kind", gibt er zu Bedenken. Nicht immer lasse sich das Vorgehen aus der Erwachsenenchirurgie 1:1 auf die Behandlung beim Kind übertragen. "Zudem unterscheiden sich die Patienten je jünger sie sind desto mehr von Erwachsenen auch in den Krankheitsbildern, etwa bei komplexe Fehlbildungen des Urogenitaltrakts", erläutert Tillig. Und selbst bei gleicher Diagnose verlaufen Erkrankungen oft unterschiedlich: "Bei vielen kindlichen Knochenbrüchen genügt ein Gips oder eine Schiene anstelle einer Operation wie in der Erwachsenenchirurgie, denn der wachsende Körper ist bis zu einem gewissen Grad in der Lage, Schäden zu korrigieren". Eine optimale Behandlung von Kindern und Jugendlichen setze deshalb spezielle Kenntnisse und Erfahrungen über Wachstumsvorgänge und anatomische Strukturen des kindlichen Organismus voraus.

Zudem hätten Kinder - selbst bei vergleichbarem Krankheitsverlauf - andere Bedürfnisse bei der Versorgung im Krankenhaus als Erwachsene, ergänzt Schuster: "Sie brauchen ein auf sie zugeschnittenes Umfeld mit spezialisiertem Pflegepersonal, kindgerechten Verfahren wie Kinderanästhesie oder Kinderintensivmedizin und einer auf kontinuierliche Betreuung und Nachsorge eingestellten Station. Zudem müssen die Eltern in die Behandlung integriert werden".

Doch die Realität sieht anders aus: Obwohl die Zahl der stationären Fälle seit 1994 fast gleich geblieben ist, sank die Zahl der verfügbaren kinderchirurgischen Betten von etwa 3200 auf rund 1800. Das liegt zum einen an der mittlerweile kindgerecht verringerten Verweildauer im Krankenhaus und an den vermehrt ambulant durchgeführten Eingriffen. Ein wichtiger Grund für den Bettenabbau ist aber auch, dass Krankenkassen die im Vergleich zur Erwachsenenmedizin oft aufwändigeren Leistungen nicht ausreichend bezahlen würden, erläutert Schuster. Auch die sogenannten Vorhaltekosten, also die Besetzung rund um die Uhr mit Personal, seien nicht abgedeckt. Die Folge: Die Häuser machten Verluste, Schließungen seien die Konsequenz.

"Unserer Gesellschaft sollte es wert sein, kranke Kinder bestmöglich behandeln zu lassen", sagt Tillig. Dazu gehöre eine flächendeckende Versorgung aus hochspezialisierten Zentren und wohnortnahen Versorgungsstrukturen mit definierter Struktur und Qualität. Voraussetzung dafür sei jedoch die bessere Vergütung der medizinischen Leistungen. Sinnvoll findet die DGKCH auch eine Beteiligung bei der Landesplanung, so der Pressesprecher. Hier sei Hamburg, bei der soeben erfolgten Neufassung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes, vorbildlich vorgegangen. So wurde bestimmt, dass Kinder grundsätzlich in Kinderkliniken oder -abteilungen behandelt werden müssen.


Mehr über den Tag des Kinderkrankenhauses am 21. September 2014 finden Interessierte unter
www.gkind.de

Quellen:

Wie sichern wir die stationäre und ambulante pädiatrische Versorgung? Auswirkungen des DRG-Systems auf die pädiatrischen Krankenhäuser und Korrekturmöglichkeiten. Vortrag von Dr. med. Nicola Lutterbüse, GKinD, auf der Jahrestagung der DGKJ, Leipzig, 12.09.2014.

Die Charta für Kinder im Krankenhaus. Erläuterte Fassung. In: Der Kinderarzt 21, 1990, Nr. 12, ISSN 0340-5877, S. 1807-1810.


Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie

Gegründet im Jahr 1963 schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen sowie als Niedergelassene. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

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Quelle:
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Dr. Adelheid Liebendörfer, Anna Julia Voormann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
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Internet: www.dgkch.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2014