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FINANZEN/604: Osteodensitometrie - Eine Leistung, für die Orthopäden noch Geld mitbringen müssen (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2014

Osteodensitometrie
Eine Leistung, für die Orthopäden noch Geld mitbringen müssen

Von Dirk Schnack



16,31 Euro erhalten niedergelassene Ärzte für die EBM-Ziffern 34600 und 34601. Damit erwirtschaften Orthopäden mit jeder erbrachten Leistung ein Minus.


Die Aufnahme der Knochendichtemessung in den EBM hat bei vielen Orthopäden Unverständnis ausgelöst. Die vorher in aller Regel privat zu zahlende Leistung muss seit Jahresbeginn zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet werden - zu einem Honorar, das als nicht kostendeckend gilt. Dies wird auf Nachfrage des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblattes auch von der KV Schleswig-Holstein bestätigt.

"Der Bewertungsausschuss hat die neue EBM-Leistung aus Sicht der KVSH zu niedrig bewertet, sie ist damit nicht kostendeckend", sagte KV-Sprecher Marco Dethlefsen auf Anfrage. Ändern kann die Körperschaft an dem Honorar jedoch nichts. Auch liegen bislang keine offiziellen Angaben darüber vor, wie oft diese Leistung im Land abgerechnet wird. In Schleswig-Holstein gibt es nach KV-Angaben 23 niedergelassene Ärzte, hauptsächlich Orthopäden, die eine Genehmigung zur Abrechnung der neuen Leistung haben und damit für die EBM-Gebührenordnungsziffern 34600 und 34601 nur 16,31 Euro für die erbrachte Leistung ansetzen dürfen.

Die osteodensitometrische Untersuchung ohne Vorliegen einer Fraktur wurde als EBM-Nr. 34601 neu in den EBM aufgenommen. Der Leistungsinhalt der Gebührenordnungsposition 34600 wurde angepasst. Kostenerstattung oder Privatliquidation sind damit in aller Regel nicht mehr möglich.

Bevor die Leistung Eingang in den EBM gefunden hat, konnte sie über die Gebührenordnung abgerechnet werden. Sie war mit 300 Punkten bewertet, was bei einem 1,8-fachen Steigerungssatz einem Honorar von 31,48 Euro entsprach. Über EBM war sie nur abrechenbar, wenn Patienten eine Spontanfraktur erlitten hatten und zugleich begründeter Verdacht auf Osteoporose bestand.

Ob und wieviel Defizit eine Praxis mit der Osteodensitometrie erwirtschaftet, hängt von der individuellen Praxisstruktur ab. Größere Gemeinschaften wie etwa die an verschiedenen Standorten in Schleswig-Holstein aktive Orthopädengruppe MedBaltic können die Kosten zwar auf mehrere Schultern verteilen, sind aber von einer Kostendeckung weit entfernt.

Die Gruppe hat zwischen Januar und Mai nach eigenen Angaben insgesamt 154 solcher Messungen durchgeführt, also im Durchschnitt 31 pro Monat. Jede Messung wird mit einem Zeitaufwand von 20 Minuten veranschlagt. Eine Auflistung aller Kosten (inklusive Leasinggebühren, Mehrwertsteuer, anteilige Miete und Energie, Personal, Versicherung und Instandhaltung) zeigt, dass bei diesem Zeitaufwand monatliche Kosten in Höhe von 821,63 Euro durch die Knochendichtemessung für die Gruppe entstehen. Damit betragen die Durchschnittskosten je Messung 26,50 Euro - rund zehn Euro über der Vergütung. Anders ausgedrückt: Mit jedem Patienten, für den in der Praxis eine Knochendichtemessung erforderlich ist, macht die Gruppe ein rechnerisches Minus von zehn Euro. Tatsächlich aber ist das Defizit deutlich größer, wie Dr. Marc Koch von der MedBaltic kritisiert: "Orthopäden überschreiten wegen des hohen Patientenandrangs in aller Regel ihr Budget und erbringen - wie viele andere Fachgruppen auch - unentgeltlich Leistungen. Für die zusätzlichen Knochendichtemessungen ist im Budget kein Geld mehr frei, sodass wir die dafür anfallenden Kosten komplett selbst tragen müssen."

Dass die Leistung trotz des betriebswirtschaftlichen Defizits Patienten vorenthalten wird, kommt für Koch nicht infrage. "Die Leistung ist aus prophylaktischer Sicht sinnvoll und sie erspart den Krankenkassen hohe Folgekosten. Deshalb begrüßen wir grundsätzlich die Aufnahme in den Leistungskatalog. Nur sollte das auch zu einer angemessenen Vergütung führen."

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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201407/h14074a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
67. Jahrgang, Juli 2014, Seite 24
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz-Joseph Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2014