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ARTIKEL/1388: Kampf für bessere Bedingungen - Für die Errichtung einer Pflegekammer (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2015

Kampf für bessere Bedingungen
Pflegerat will zum Thema Kammer mit Gewerkschaften im Dialog bleiben

Von Dirk Schnack


Das Thema Pflegekammer ist in Schleswig-Holstein noch immer mit vielen Emotionen beladen und den Befürwortern ist es noch nicht gelungen, die Skeptiker zu überzeugen. Der Pflegerat setzt aber weiter auf seine Argumente, wie der Landesvorsitzende Frank Vilsmeier auf der fünften Pflegefachtagung in Kiel betonte, die unter dem Motto "Pflege im Aufbruch" stand. "Wir werden weitere Informationsveranstaltungen zur Versachlichung abhalten", sagte Vilsmeier.

Als Dachorganisation der Pflegeberufsverbände weiß der Pflegerat zwar zahlreiche Verbände hinter sich, doch die Gegner wie Gewerkschaften und Arbeitgeber haben unter Hinweis auf Zwangsmitgliedschaften und Beiträge in den vergangenen Monaten immer wieder die Skepsis angeheizt. Das hat auch zu starken Spannungen bei den Pflegenden selbst geführt, was Vilsmeier als kontraproduktiv empfindet. Er bot den Gewerkschaften in Kiel trotz der Meinungsverschiedenheiten weiterhin Gespräche und Kooperation an: "Es macht keinen Sinn, sich auseinanderdividieren zu lassen."

Derzeit befindet sich der Gesetzentwurf zur Errichtung einer Pflegekammer in Schleswig-Holstein im Anhörungsverfahren, mit der zweiten Lesung ist im Mai zu rechnen. Nach der Verabschiedung des Gesetzes wird das Sozialministerium dann einen Errichtungsausschuss bestellen, der in maximal 30 Monaten die erste Kammerwahl vorbereiten und durchführen muss. Für Vilsmeier steht deshalb weiterhin fest, dass Schleswig-Holstein nach Rheinland-Pfalz bundesweiter Pionier bei der Schaffung einer Pflegekammer sein wird.

Dies dürfte auch einer der Gründe sein, weshalb der Präsident des Deutschen Pflegerates, Andreas Westerfellhaus, so gern zur Kieler Tagung kommt. Westerfellhaus schwor seine Kollegen in Kiel erneut auf den Kurs pro Pflegekammer ein und zeigte sich sicher, dass es langfristig in vielen Bundesländern eine Selbstverwaltung geben wird. Den aktuellen Bestrebungen in Bayern, eine "Pflegekammer light" unter Beteiligung von Arbeitgebern zu errichten, erteilte er eine klare Absage. Westerfellhaus erinnerte an das positive Votum für die Errichtung und zeigte sich enttäuscht, dass dieses Votum von der Politik in Bayern derzeit noch nicht zur Schaffung einer wie vom Pflegerat angestrebten Kammer genutzt wird. Er gab sich aber optimistisch, dass Gespräche mit der Politik entsprechende Wirkung zeigen werden. Zugleich ließ er keinen Zweifel daran, dass nach seiner Einschätzung auf Dauer nicht gegen die Interessen der größten Berufsgruppe im Gesundheitswesen entschieden werden kann. "Ohne uns geht in der Versorgung nichts", sagte Westerfellhaus - um nach wirksamer Pause hinzuzufügen in Kooperation mit den anderen Leistungsträgern".

Auch wenn der Pflegerat gern betont, dass seine Ziele nicht überall politisches Gehör finden - Aufmerksamkeit erfährt der Dachverband unter Politikern im Norden schon seit Jahren. Zur Fachtagung in diesem Jahr waren die pflegepolitischen Experten der Landtagsfraktionen gekommen, obwohl sie keinen aktiven Part hatten. Karl Laumann, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patienten sowie Bevollmächtigter für Pflege - von Westerfellhaus ausdrücklich für seine pragmatische und beharrliche Art gelobt - sprach im Rahmen der Tagung über bundespolitische Aspekte der Pflege.

"Wir wollen sicherstellen, dass kein Auszubildender zahlen muss."

Auch die Landesregierung weiß um den Stellenwert der Berufsgruppe. Staatssekretärin Anette Langner ging in ihrem Vortrag auf der Fachtagung auf die Perspektiven für die Pflegeberufe in Schleswig-Holstein ein. Sie unterstrich ihre Auffassung, "dass die Pflegeberufekammer die Pflegekräfte sowie ihre Angehörigen stärken wird" und ergänzte: "Sie hat dazu das Potenzial. Und ich bin überzeugt, dass eine Selbstverwaltung der Pflegeberufe maßgeblich zur Attraktivität dieses Berufsfeldes beitragen wird."

Die Staatssekretärin nannte außerdem Zahlen zur aktuellen Ausbildungsförderung in der Pflege. Zur Erinnerung: Die Schulkosten für Pflegeberufe müssen zum Teil von den Auszubildenden selbst getragen werden, was in der Vergangenheit als ein wichtiger Punkt für fehlenden Nachwuchs identifiziert wurde. In diesem Jahr stellt das Land insgesamt 6,1 Millionen Euro zur Verfügung, um Schulkosten zu übernehmen. "Gegenüber 2012 entspricht dies einer Steigerung um 46 Prozent", betonte Langner. Die zusätzliche Förderung führte dazu, dass jedes Jahr rund 200 weitere Schulplätze finanziert werden konnten. Dies hatte direkte Auswirkung auf die Zahl der Auszubildenden; diese stieg von 1.964 im Jahr 2012 auf 2.251 im Jahr 2014. Selbst zahlen mussten 2014 noch 47 Auszubildende ihre Schulkosten. In diesem Jahr werden die Mittel weiter aufgestockt, sodass weitere 200 vom Land geförderte Schulplätze entstehen. Im kommenden Jahr kommen Mittel für weitere 300 Plätze hinzu, wie Langner ankündigte. "Wir wollen sicherstellen, dass kein Auszubildender zahlen muss", sagte Langner. Zugleich kündigte sie an, die Arbeitgeber in Form einer Umlage an den Ausbildungskosten zu beteiligen. Eine entsprechende Verordnung wird derzeit vorbereitet.


Info

2.251 Auszubildende gab es 2014 in der Pflege in Schleswig-Holstein.
47 davon mussten die Schulgebühren für ihre Ausbildung selbst zahlen.
300 weitere geförderte Schulplätze soll es im kommenden Jahr geben.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 4/2015 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2015/201504/h15044a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
68. Jahrgang, April 2015, Seite 13
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2015

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