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ARTIKEL/1434: Facharztklinik Hamburg - Belegklinik setzt konsequent auf Fehlervermeidung (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 11/2016

PATIENTENSICHERHEIT
Offen für Änderungen

Von Dirk Schnack


Die Facharztklinik Hamburg setzt auf die Standardisierung von Abläufen - auch wenn sich einzelne Ärzte umstellen müssen.


Fehler passieren in jedem Krankenhaus, das weiß auch Christian Ernst. Doch der Geschäftsführer der Facharztklinik Hamburg weiß auch, dass Fehler für kleine Häuser schneller zu Rufschädigungen führen können als bei großen. Dies gilt umso mehr, wenn sich ein vergleichsweise kleines Haus wie die Facharztklinik in einem hart umkämpften Markt wie in Hamburg behaupten muss.

Deshalb setzt die ausschließlich von niedergelassenen Ärzten betriebene Belegklinik konsequent auf Fehlervermeidung. Inzwischen hat sie dabei ein Niveau erreicht, das für andere Einrichtungen als Benchmark gilt. Bei einem Audit durch die Gesellschaft für Risiko-Beratung (GRB) erreichte die Facharztklinik jüngst 99 von 100 möglichen Punkten; der Durchschnitt liegt bei 92. Das Siegel "Exzellentes Sicherheitsniveau" erreichte die Facharztklinik, weil sie ein Jahr nach der ersten Überprüfung (damals kam die Einrichtung auf 91 Punkte, der Durchschnitt lag bei 90) viele Präventionsmaßnahmen verbesserte. Als Beispiel nennt Anästhesistin Dr. Irmtraud Czieslik-Scheltat die konsequente Abarbeitung von Checklisten, auch in puncto Dokumentation. So wurde nach der Ausschleusung aus dem OP zwar schon immer regelhaft eine Hautuntersuchung des Patienten vorgenommen, um mögliche Schädigungen zu entdecken. Dies wurde in der Vergangenheit aber nicht in jedem Fall schriftlich festgehalten. "Ich habe dann dem zuständigen Personal hinterhertelefoniert, auch wenn das manchen als überflüssig erschien", berichtet die Anästhesistin. Ein anderes Beispiel: Jeder Operateur in der Facharztklinik macht inzwischen vor jedem Eingriff das aus der Luftfahrt bekannte "Team-Time out" und bekommt damit Zeit zum Überlegen, ob alles so vorbereitet ist, wie es sein sollte.

"Es geht darum, die maximal mögliche Sicherheit für die Patienten zu erreichen", begründet Czieslik-Scheltat das Beharren auf diesem Schritt.

Solche Standardisierungen sind inzwischen von allen Ärzten, die in der Klinik operieren, anerkannt, egal, ob ein Operateur 100 oder nur drei Operationen im Jahr in der Facharztklinik erbringt. Allerdings gab es zu Beginn auch lockere Sprüche von altgedienten Kollegen, wie sich Czieslik-Scheltat erinnert. "Es gab keine Opposition. Aber es brauchte ein wenig Zeit, bis die Notwendigkeit, einen Ablauf zu ändern, in allen Köpfen war", beschreibt sie den Prozess. Für den Geschäftsführer ist das nicht verwunderlich - schließlich operieren viele der Ärzte schon länger als 20 Jahre erfolgreich und fehlerfrei. Ernst hat dennoch eine hohe Aufgeschlossenheit der insgesamt 80 in der Einrichtung operierenden Ärzte beobachtet. Dass er zusammen mit dem ärztlichen Geschäftsführer Dr. Torsten Hemker auf die Zertifizierung gedrängt hat, begründet er mit der Stellung im Hamburger Klinikmarkt, wo sich jeder Fehler schnell herumspricht und zu negativen Konsequenzen durch Patienten und Einweiser führt - die Wahlmöglichkeiten in der Metropole sind groß.

Um in diesem auch von schleswig-holsteinischen Patienten frequentierten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, baut Ernst außer auf Patientensicherheit auch auf Aufklärung und Information. 2015 hat die Facharztklinik erstmals einen Qualitätsreport für Patienten erstellt. Während manche von Kliniken erstellte Reports für Patienten schwer verständlich sind, geht die Facharztklinik gezielt auf konkrete Fragen der Patienten ein, die ihrem Personal in den Gesprächen vor den Eingriffen gestellt werden. "Kleine Kliniken müssen bei Information und Aufklärung vielleicht noch mehr leisten als große", sagt Ernst.

Gemessen am unmittelbaren Nachbarn Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist die vor zehn Jahren gegründete Facharztklinik zwar tatsächlich klein, aber dennoch ein inzwischen etabliertes Haus in der hanseatischen Krankenhaus-Szene und das größte Beleghaus.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

- Die Facharztklinik in Hamburg liegt direkt neben dem UKE und wird ausschließlich von niedergelassenen Ärzten betrieben. In dem vor zehn Jahren gegründeten Belegkrankenhaus werden rund 7.500 Patienten im Jahr versorgt. Betreut werden sie von insgesamt rund 200 Mitarbeitern. Die meisten der rund 60 Gesellschafter der Facharztklinik operieren dort auch selbst.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 11/2016 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2016/201611/h16114a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
69. Jahrgang, November 2016, Seite 20
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2016

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