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AUSLAND/2562: China - Zu den ökonomischen Konsequenzen der Corona-Virus-Epidemie (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 7 vom 14. Februar 2020
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Internationales

Die Epidemie und das asiatische Jahrhundert
Zu den ökonomischen Konsequenzen der Corona-Virus-Epidemie

Von Klaus Wagener


Laut WHO gab es in der Volksrepublik China am vergangenen Sonntag(*) 37.251 mit dem neuen Corona-Virus (2019-nCoV) bestätigt infizierte Personen und 812 Todesfälle. Weltweit sind es demnach 37.558 bestätigte Infektionen und außerhalb Chinas ein Todesfall. Die geringe Zahl von 307 Corona-Fällen außerhalb Chinas sind auf die ebenso drastischen wie auch verantwortungsvollen Maßnahmen zurückzuführen, die von den chinesischen Behörden ergriffen wurden. Zwar sind die absoluten Zahlen bislang weiterhin gestiegen, aber die Zuwachsraten haben nicht mehr zugenommen. Es gibt Anlass für die Hoffnung, dass die Eindämmungsmaßnahmen Wirkung zeigen, wenngleich auch das höchst unsicher ist.

Solange die Ausbreitung des Virus weiter anhält, ist es zu früh, seriöse Aussagen über den Umfang der ökonomischen Effekte des Virusausbruchs machen zu wollen. Klar ist aber schon jetzt, die weitreichende Quarantäne von rund 60 Millionen Menschen der Provinz Hubei, die Schließung von Schulen, Universitäten und Betrieben kann deutlichen Einfluss auf die Erreichung der Wachstumsziele für 2020 haben. Wuhan, eine Stadt größer als London, liegt wie ausgestorben da. Keine Busse und Bahnen, kaum Autos, Fahrräder und Fußgänger. Der öffentliche Verkehr ist komplett zum Erliegen gekommen. Ein großer Teil der chinesischen Wanderarbeiter zeigt keine große Neigung, in die Industrie und Quarantänegebiete zurückzukehren, und wenn, dann nur bei deutlich höheren Löhnen. Die Werkstatt der Welt ist geschlossen.

Zusammen mit der Verlängerung der chinesischen Ferien zum Neujahrsfest bis Anfang dieser Woche und gegebenenfalls darüber hinaus wächst sich der entschlossene Kampf gegen das Virus mehr und mehr zu einer Gefährdung der Produktionsabläufe aus. Mehr als 50 Fluglinien weltweit haben ihre Flüge in die Volksrepublik ausgesetzt. Nahezu alle Anrainerstaaten haben die Grenze zu China für Reisende geschlossen.

Die Volksrepublik ist in den zwei letzten Jahrzehnten immer enger in die internationalen Produktionsketten multinational agierender Konzerne integriert worden. In vielen Sektoren steht China an der Spitze der globalen Produktion, auch wenn das Land hier selbst über keinen "nationalen Champion" verfügt, wie zum Beispiel im Automobilsektor. Auch bei Tech-Giganten wie Apple, Google, Samsung, Microsoft und Tesla sind der Geschäftsbetrieb und die Produktion gestoppt. Es ist unklar, wie es in dieser Woche dort weitergehen wird. Nahezu die komplette iPhone-Produktion geschieht in China. Nahezu alle Techfirmen haben Verspätungen bei ihren Produktauslieferungen mit dem Corona-Virus begründet.

Die chinesische Führung wird alles daransetzen, diese Produktionsketten nicht völlig abreißen zu lassen. Über welche Fähigkeiten das Land verfügt, zeigt sich am Bau des Leishenshan-Hospitals und des Huoshenshan-Hospitals. Die Notfallkrankenhäuser mit zusammen 2.600 Betten wurden innerhalb weniger Tage im Wortsinne aus dem Boden gestampft. Als medizinisches und technisches Personal stehen rund 3.000 Menschen zur Verfügung.

Aber auch das Kleingewerbe und die für die Eigenversorgung zuständigen mittleren Betriebe leiden unter den Wirkungen der Quarantäne und des Stillstands. Hält die Situation an, dürften viele in existentielle Schwierigkeiten kommen, zumal die Regierung verfügt hat, dass die Arbeiter auch während der verlängerten Ferien weiterbezahlt werden müssen, ebenso in den Fällen, in denen sie wegen der Quarantänebestimmungen nicht zur Arbeit zurückkehren können.

Diese ohnehin angespannte Lage wird durch den anhaltenden Wirtschafts- und Technologiekrieg des US-Imperiums zusätzlich erheblich erschwert. Die weitreichenden Zollschranken der Trump-Regierung und ihr Krieg gegen den chinesischen Tech-Konzern Huawei haben es für die Volksrepublik unmöglich gemacht, ihren alten Wachstumspfad weiter zu verfolgen. Das Absinken der Wachstumsrate auf 6 Prozent 2019 war nicht zuletzt dem radikalen Umbau und der Fortentwicklung der chinesischen Ökonomie von einem Massenproduzenten im Niedrigpreissegment mit Ausrichtung USA auf einen eurasisch und global ausgerichteten "Vollsortimenter" mit High-Tech-Anspruch geschuldet. Der US-Handelsbeauftragte Wilbur Ross glaubte schon triumphierend verkünden zu müssen, dass der Ausbruch des Corona-Virus in China "die Rückkehr der Jobs nach Nordamerika beschleunigen" würde. Die Trump-Mannschaft befindet sich im Wahlkampfmodus. Sie sind die Größten und die Besten.

Im wirklichen Leben wird die Rückkehr der chinesischen Ökonomie intensiv diskutiert und vorbereitet. Die chinesische Zentralbank (PBoC) hatte eine Finanzunterstützung in Höhe von 1,2 Billionen Yuan (173 Milliarden Dollar) bereitgestellt. Schon bei Krisenausbruch 2008 richteten sich die Konjunkturmaßnahmen der Volksrepublik nicht darauf, die Finanzjongleure zu retten, sondern die Realökonomie zu stärken. Das wird auch bei der Bewältigung der Corona-Krise der Fall sein. Die chinesische Führung hat aus der SARS-Epidemie 2003 erkennbar gelernt und den 2019-nCoV-Ausbruch entschlossen bekämpft. 2020 ist das letzte Jahr des aktuellen Fünfjahresplans. Die Mannschaft um Präsident Xi Jinping wird alles daransetzen, die Planziele zu erfüllen.


(*) Gemeint ist Sonntag, der 9.2.2020 (Anmerkung der Redaktion Schattenblick)

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 52. Jahrgang,
Nr. 7 vom 14. Februar 2020, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2020

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