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AUSLAND/2500: Hilfe für Tansania (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7-8/2018

Entwicklungshilfe
Hilfe für Tansania

von Dirk Schnack


Der Verein "Kieler Ärzte für Afrika" unterstützt eine Region in Tansania seit zehn Jahren. Die 54 ärztlichen Mitglieder achten darauf, dass das eingesetzte Geld auch dazu beiträgt, die Eigenverantwortung zu stärken.

Der vor zehn Jahren gegründete Verein "Kieler Ärzte für Afrika" sieht gute Chancen, dass die von ihm unterstütze Region in Tansania mittelfristig unabhängiger von der Hilfe aus Deutschland wird. Insbesondere das wachsende betriebswirtschaftliche Verständnis und die Fähigkeit, sich eigenverantwortlich zu helfen, stimmen die Kieler Unterstützer optimistisch. Zugleich wissen sie, dass ein kompletter Verzicht auf Unterstützung vorerst noch nicht möglich ist. Mit dieser Einschätzung kehrten jüngst die Ärzte Dr. Klaus Jessen und Dr. Gerd Leimenstoll, Vorstandsmitglieder des Kieler Vereins, von einer Reise aus Tansania zurück.

"Es gibt einen Wandel zum Positiven. Insbesondere ein Chefarztwechsel im Marangu-Hospital gibt uns die Hoffnung, dass unsere Richtung "Hilfe zur Selbsthilfe" künftig noch stärker verfolgt wird", sagt Jessen. "Es bringt nichts, nur Geld zu geben. Wir müssen flankierend unterstützen und die Eigenverantwortung stärken", sagt Leimenstoll. Erst müsse vor Ort ein Businessplan aufgestellt werden, dann könne man darüber sprechen, wie man von deutscher Seite aus helfen kann. Die beiden Ärzte sind wie berichtet (Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/8 2015) wiederholt in Tansania am Fuß des Kilimandscharo gewesen, um Näheres über die Wirksamkeit der Hilfsaktionen von "Kieler Ärzte für Afrika" zu erfahren. Der Verein hat 54 ärztliche Mitglieder und kümmert sich in Tansania vorrangig um zwei Projekte eines kirchlichen Trägers vor Ort. In den ersten Jahren beobachteten sie dank der Spenden aus Kiel zwar dringend erforderliche Fortschritte in der medizinischen Versorgung, eine nachhaltige Verbesserung hin zur eigenverantwortlichen Hilfe konnten sie aber nicht entdecken.

"Es bringt nichts, nur Geld zu geben. Wir müssen flankierend unterstützen und die Eigenverantwortung stärken."

Das vergangene Jahr markiert nach ihrer Beobachtung einen Wendepunkt. Hilfreich war dabei, dass der leitende Bischof des Landes mit der deutschen Mentalität vertraut ist und versucht, den Helfern vor Ort davon etwas zu vermitteln. Auch der neue Chefarzt des unterstützten Marangu-Hospitals verfolgt nach Beobachtung Jessens und Leimenstolls diese Richtung. Aber auch die allgemein positive Entwicklung der Region Uuwo hilft. Dort hat sich inzwischen eine vergleichsweise gut verdienende Mittelschicht angesiedelt, die auch in der Lage ist, sich eine Krankenversicherung zu leisten; dies können derzeit nur rund 15 Prozent der Menschen in Tansania. Die steigende Zahl an Krankenversicherten wiederum hilft den medizinischen Einrichtungen, ihre Leistungen zu refinanzieren. Daraus entsteht ein Kreislauf, der eine komplette externe Unterstützung entbehrlich macht.

Ein Problem in Uuwo ist die Nähe zum wohlhabenderen Kenia, das ebenfalls dringend gut ausgebildetes medizinisches Personal sucht. Um dieses in Uuowo zu halten, lässt die Kirchengemeinde mit Unterstützung der apo-Bank-Stiftung, die von Kieler Seite angeregt wurde, Wohnungen für das medizinische Personal bauen, die günstig gemietet werden können. "Wir müssen die Ärzte und Schwestern vor Ort halten, sonst ist eine medizinische Versorgung nicht möglich", begründet Jessen das Engagement. Im Sommer werden die Wohnungen bezogen, über die Mieter entscheidet die Kirchengemeinde vor Ort.

In Uuwo werden jährlich rund 7.000 bis 8.000 Menschen medizinisch versorgt. Dabei geht es ausschließlich um eine Basisversorgung, die rund um die Uhr geleistet wird. Das nächste Krankenhaus, das Marangu-Hospital, ist rund zehn Kilometer entfernt. Diese Entfernung ist angesichts der schlechten Infrastruktur und der wenigen zur Verfügung stehenden Transportmittel aber schwer zu bewältigen.

Im Marangu-Hospital litt die Versorgung nach Beobachtung Jessens und Leimenstolls in den vergangenen Jahren immer wieder darunter, dass gespendete Geräte ausfielen, weil sich niemand um die Wartung kümmerte. Auch die Beschaffung von Ersatzteilen ist ein Problem. Inzwischen sind die Kieler Ärzte optimistisch, dass sich die Beteiligten vor Ort stärker um dieses Problem kümmern, um die gespendeten Geräte auch langfristig nutzen zu können.

Die positive Entwicklung in der Region Uuwo ist nicht überall in Tansania zu beobachten. Die Lebenserwartung in Tansania liegt bei nur 63 Jahren. Sorge bereitet den Kieler Ärzten, dass die Bevölkerung des Landes nach Prognosen von heute rund 57 Millionen auf 138 Millionen im Jahr 2050 anwachsen soll. Wie die medizinische Versorgung mit dieser Bevölkerungsentwicklung mithalten soll, wissen auch Jessen und Leimenstoll nicht.


KÄfA

"Kieler Ärzte für Afrika": Der Verein wurde 2008 in Kiel gegründet. Heute gehören dem Verein 54 Ärzte und drei Institutionen aus dem Gesundheitswesen an.


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Symptomatisch für das Marangu-Hospital: Die teure Waschmaschine deutschen Fabrikats ist ausgefallen - deshalb muss die Krankenhauswäsche wie früher gereinigt werden.

- Dr. Klaus Jessen und Dr. Gerd Leimenstoll aus dem Vorstand des Vereins "Kieler Ärzte für Afrika" haben bei Besuchen in Tansania wahrgenommen, dass ein Mentalitätswandel vor Ort stattfindet: Langfristig will man unabhängig von Spenden werden.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7-8/2018 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2018/201807/h18074a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, Juli-August 2018, Seite 30 - 31
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2018

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