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AUSLAND/2159: Westafrika - Gesundheitsexperten gegen militärischen Schutz ihrer Mitarbeiter (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. September 2014

Westafrika: US-Soldaten unterstützen Kampf gegen Ebola -
Gesundheitsexperten gegen militärischen Schutz ihrer Mitarbeiter

von Carey L. Biron


Bild: © EC/ECHO/Cyprien Fabre

Der Distrikt Kailahun im Osten von Sierra Leone steht seit Anfang August unter Quarantäne
Bild: © EC/ECHO/Cyprien Fabre

Washington, 10. September (IPS) - Der Kampf gegen Ebola in Westafrika wird seit dem ersten Septemberwochenende offiziell vom US-Militär unterstützt. Die Befürworter der Entscheidung inklusive prominente Vertreter globaler Hilfsorganisationen verweisen auf die robusten logistischen Kapazitäten des Pentagons, die dringend nötig seien, um die sich immer rascher ausbreitende Epidemie einzudämmen. Doch der Einsatz stößt auch auf Kritik.

US-Präsident Barack Obama kündigte erstmals am 7. September die Entsendung von Soldaten in die Ebola-Gebiete an und bezeichnete die Epidemie als Gefahr für die nationale Sicherheit der USA. Das Militär werde Isolierstationen einrichten und Ausrüstung bereitstellen, um Gesundheitsarbeitern aus aller Welt Sicherheit zu gewährleisten, erklärte er in einem Fernsehinterview. "Wenn wir jetzt nicht diese Anstrengung unternehmen, [...] könnten die USA ernsthaft in Gefahr geraten."

Die Vereinigten Staaten haben in diesem Jahr zwar bereits mehr als 20 Millionen US-Dollar für die Bekämpfung von Ebola in Westafrika bereitgestellt. Dennoch ist der Regierung in Washington in den vergangenen Monaten vorgeworfen worden, nicht genug zu tun. Es wird erwartet, dass Obama noch in diesem Monat weitere Finanzmittel beim Kongress beantragt.


USA schicken mobile Krankenstation

Das Militär soll vorerst in einem geringen Umfang und nur in eines der von Ebola betroffenen Länder entsandt werden. Wie ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums erklärte, hat Minister Chuck Hagel die Bereitstellung einer mobilen Krankenstation mit 25 Betten, medizinischer Ausrüstung und Unterstützung bei der Einrichtung dieser Station in Liberia, dem am stärksten von Ebola betroffenen Staat, genehmigt. Weitere Maßnahmen sind demnach in Vorbereitung. Das Pentagon betonte jedoch, dass es nur auf Anfragen anderer US-Bundesbehörden reagiere und keine Führungsrolle übernehmen werde.

Das Engagement der USA hält sich auch in Liberia in Grenzen. Das Verteidigungsministerium teilte mit, man werde nicht ständig in der Krankenstation präsent sein und Patienten nicht direkt betreuen. Die Versorgung des Hospitals werde aber sichergestellt, so dass es bis zu 180 Tage in Betrieb bleiben könne. Sobald die Station eingerichtet sei, werde sie an die Regierung von Liberia übergeben.

Am 8. September erklärte Liberias Verteidigungsminister Brownie Samukai während eines Aufenthalts in Washington, seine Regierung sei "äußerst erfreut" über die Ankündigung der USA.

Bei der gegenwärtigen Ebola-Epidemie sind bisher in fünf Ländern etwa 2.100 Menschen gestorben. Mehr als 3.500 haben sich mit dem Erreger infiziert. Am 8. September warnten die Vereinten Nationen vor einem "enormen Anstieg" der Zahl der Krankheitsfälle in den kommenden Wochen.

Die Hilfe aus dem Ausland wurde bislang als gefährlich unzureichend angesehen. Dennoch wirft Obamas Ankündigung vom 7. September auch bei den Befürwortern Fragen auf.

Mit der Entsendung von Helfern in die Ebola-Gebiete hat die französische Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) bisher den wichtigsten Einzelbeitrag im Kampf gegen die Krankheit geleistet. Nachdem die Organisation lange gegen den Einsatz von Militärpersonal war, nimmt sie inzwischen eine andere Haltung ein.

MSF hatte gegenüber den UN kritisiert, dass die Staatengemeinschaft nicht adäquat auf Ebola reagiere. Länder "mit zivilen und militärischen medizinischen Kapazitäten sollten unverzüglich Hilfsgüter und Personal nach Westafrika schicken", forderte die Organisation.

Die Ankündigung Obamas wurde zwar von der Hilfsorganisation begrüßt, gleichzeitig jedoch äußerte sich MSF beunruhigt über die Formulierung, 'für die Sicherheit der Gesundheitsarbeiter' sorgen zu wollen. Die Ärzte ohne Grenzen sind ausschließlich für eine medizinische Unterstützung ihrer Arbeit. "Die Helfer in der betroffenen Region brauchen keine zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen."

In der ersten Septemberwoche teilte MSF mit, dass nach Afrika entsandtes Militärpersonal nicht zur Einhaltung von Quarantänemaßnahmen oder zur Kontrolle einer größeren Anzahl von Menschen eingesetzt werden sollte. Dem Pentagon-Sprecher zufolge hat das US-Militär bisher noch keine Anfrage erhalten, für die Sicherheit der Gesundheitsarbeiter zu sorgen.

Die USA sind nicht das einzige Land, das derzeit in Westafrika humanitäre Hilfe leistet. Die Bundesregierung hat kürzlich angekündigt, Infektionsschutzexperten zu entsenden, die ein Trainingsprogramm durchführen sollen. Die britische Regierung plant die Bereitstellung von 68 Betten für ein Behandlungszentrum in Sierra Leone, das von humanitären Helfern und Militärpersonal gemeinsam betrieben wird. Die kanadische Regierung dagegen soll Überlegungen, militärische Mittel einzusetzen, inzwischen verworfen haben.


Einsatz von Militär bei Gesundheitskrise kaum reglementiert

Die Bedenken von MSF hinsichtlich der Entsendung von Soldaten machen deutlich, dass es bisher kaum formelle Richtlinien für die Beteiligung von ausländischem Militärpersonal an Einsätzen im Gesundheitsbereich gibt. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ist es Angelegenheit der jeweiligen Länder, für die Sicherheit innerhalb der eigenen Grenzen zu sorgen, wie WHO-Sprecher Daniel Epstein erklärte. "Wenn die Regierungen der Entsendung von Militär aus anderen Staaten zusammen, ist es ihre Sache."

Zurzeit sind in Westafrika etwa 570 Betten für Ebola-Patienten verfügbar. Nach Schätzungen von MSF liegt der Bedarf in der Region aber bei mindestens 1.000 Betten in Einrichtungen, die vollständig von der Außenwelt isoliert werden könnten. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/09/u-s-military-joins-ebola-response-in-west-africa/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. September 2014