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AUSLAND/2108: Afrika - Viruslast-Tests sind Mangelware, Risiken für HIV-Infizierte steigen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Mai 2014

Afrika: Viruslast-Tests sind Mangelware - Risiken für HIV-Infizierte steigen

von Miriam Gathigah


Bild: © Jennifer Mckellar/IPS

Geräte für Viruslast-Test
Bild: © Jennifer Mckellar/IPS

Nairobi, 23. Mai (IPS) - In Afrika wird zwar die Durchführung lebenserhaltender antiretroviraler Therapien ausgeweitet. Doch Millionen Infizierte, die die Behandlungen dringend benötigten, werden Experten zufolge nicht erreicht, weil keine flächendeckenden Tests über die jeweilige Viruslast stattfinden.

"Die routinemäßige Durchführung derartiger Untersuchungen trägt dazu bei, HIV-Positive ausfindig zu machen, bei denen die Behandlungen nicht anschlagen, noch bevor sie gegen antiretrovirale Medikamente immun werden. Sie verringert zudem die Gefahr, dass das Virus weitergegeben wird", sagt Teri Roberts von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF).

Viruslast-Tests gelten als goldener Standard bei der Überwachung antiretroviraler Therapien (ART). Bei der Messung der HIV-Werte im Blut zeigt sich, ob die Medikamente anschlagen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine Viruslastüberwachung zunächst sechs Monate nach Beginn von ART, dann nach zwölf Monaten und danach einmal im Jahr.

Solche Tests gehören in Industrieländern zur Routine. In Afrika sind sie dagegen teuer und werden nur selten durchgeführt. "In Kenia kostet ein Viruslast-Test beim Nationalen Aids-Programm 25 US-Dollar, in Asien hingegen etwa elf Dollar", erklärt Roberts.

Eine MSF-Studie über die globalen Preise für Viruslast-Tests kam zu dem Schluss, dass es "ein dramatisches Gefälle" zwischen den Herstellungskosten und den in Afrika gezahlten Marktpreisen gibt. Daher seien so genannte patientennahe Laboruntersuchungen ('Point-of-Care-Testing - POCT) auf dem Kontinent kaum zugänglich. Stattdessen würden Blutproben zur Auswertung an zentral gelegene Labore geschickt.


Beschleunigung von Testverfahren in entlegenen Regionen

Dabei wäre POCT gerade für die Dezentralisierung der medizinischen Versorgung in abgelegenen Regionen Afrikas von größter Wichtigkeit. Die Patienten würden damit rascher ihre Diagnosen erfahren, klinische Entscheidungen beschleunigt. Obwohl diese Tests zwei Mal so teuer sind wie Untersuchungen in zentralen Laboratorien, empfiehlt MSF eine Kombination von Lösungsansätzen, die auf die Bedürfnisse von Patienten in Städten und in ländlichen Gebieten zugeschnitten sind.

Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Medikamente für HIV-Infizierte
Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Experten beunruhigt, dass viele Frauen, denen ARV verabreicht wird, niemals oder viel zu spät einen Viruslast-Test machen. "Manche Mütter, die antiretrovirale Medikamente nehmen, können hochansteckend sein, weil sie inzwischen immun geworden sind. Dies wird aber aufgrund mangelnder Überwachung nicht erkannt", erklärt Roberts.

Mediziner fordern von den Regierungen der Staaten Afrikas eine Lösung dieser Probleme. "Während Asien seine eigenen Maschinen und Reagenzien herstellt, importiert Afrika alles", erläutert John Ong'ech, stellvertretender Direktor des 'Kenyatta National Hospital'. Es müsse geprüft werden, inwieweit die für die Tests benötigten Geräte und Substanzen auch vor Ort produziert werden könnten.

Die Lizenzgebühren, die auf in Afrika produzierte Waren anfallen, können laut MSF allerdings bis zu 65 Prozent der Kosten für die Herstellung eines Testsets ausmachen. Dorothy Mbori-Ngacha vom Weltkinderhilfswerk UNICEF erklärte, dass die UN-Organisation gemeinsam mit der globalen Gesundheitsinitiative UNITAID versuche, "das Marktmonopol zu beseitigen, um einen wettbewerbsfähigen Markt zu schaffen" und um die Viruslast-Tests erschwinglich zu machen.


Sammeltests mit mehreren Blutproben

Eine MSF-Studie über Viruslast-Tests in sieben afrikanischen Staaten befasste sich mit Optionen zur Kostenreduzierung und für einen verbesserten Zugang zu den Tests. Dazu gehöre auch die Möglichkeit des 'pooled testing', bei dem Blutproben von fünf Personen vermischt und gemeinsam getestet werden. Bei einer hohen Viruslast folgen individuelle Untersuchungen.

In Malawi werden Blutproben aus den Fingerkuppen genommen und vermischt. Auf diese Weise kann die Zahl der Untersuchungen in einem ländlichen Gebiet mit mehr als 30.000 Patienten um etwa 30 Prozent gesenkt werden. Dadurch lassen sich pro Jahr rund 207.000 Dollar einsparen. Um Untersuchungsergebnisse rascher mitteilen zu können, empfiehlt MSF die Einbindung von Mobiltelefonen und elektronischen Gesundheitstechnologien. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/05/viral-load-testing-dismally-absent-africa/

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IPS-Tagesdienst vom 23. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2014