Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

AUSLAND/1868: Philippinen - Müttersterblichkeit trotz Schwangerschaftsvorsorgeprogramm gestiegen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. August 2012

Philippinen: Bezahlte Schwangerschaftsvorsorge für die Ärmsten - Müttersterblichkeit um 37 Prozent gestiegen

von Grit Porsch



Berlin, 6. August (IPS) - Mit der monatlichen Überweisung von umgerechnet zwölf US-Dollar versucht die philippinische Regierung besonders arme schwangere Frauen dazu zu bringen, sich regelmäßig zur professionellen Schwangerschaftsvor- und Nachsorge einzufinden und ihr Kind in einem Gesundheitszentrum zur Welt zu bringen. Nach Ansicht von Frauengruppen reicht diese von der Asiatischen Entwicklungsbank finanziell unterstützte Initiative ohne ein ergänzendes seriöses Familienplanungsprogramm nicht aus, um die ständig steigende Müttersterblichkeit in der südostasiatischen Inselrepublik zu verringern.

Das 2007 als Pilotprojekt zur Armutsbekämpfung konzipierte Programm ist inzwischen mit 227 Millionen Dollar ausgestattet. Nach den Vorstellungen des Sozial- und Entwicklungsministeriums soll es bis 2015 von 5,2 Millionen ausgewählten Haushalten mit Schwangeren und bis zu 14 Jahre alten Kindern genutzt werden können. Seit April erhalten es drei Millionen Familien.

Weitere sieben Dollar pro Monat und Kind sind für bedürftige Familien vorgesehen, sofern sie ihren Nachwuchs regelmäßig vom Kinderarzt untersuchen lassen und nachweisen, dass ihre Schulkinder mindestens 85 Prozent des Unterrichts besuchen. Maximal werden den Familien 21 Dollar im Monat ausgezahlt.

Für Perla Maribel Diotor ist der monatliche Zuschuss, den sie seit zwei Jahren erhält, eine große Hilfe. Die 36-Jährige lebt in Manila in Baseco, einem der größten Slums der philippinischen Hauptstadt. Als sie zum ersten Mal schwanger wurde, gab sie ihren Job auf. "Ich wünschte mir nur drei Kinder, doch jetzt sind es fünf", sagte Diotor gegenüber dem UN-Informationsdienst IRIN. Als Gelegenheitsarbeiter bringt ihr Ehemann an manchen Tagen umgerechnet zwei Dollar nach Hause.

Nationale Untersuchungen haben ergeben, dass nur 44,2 Prozent der Frauen ihre Kinder in einer Gesundheitseinrichtung zur Welt bringen, in der sie von medizinischem Personal betreut werden. Nach Angaben einer Vorjahresuntersuchung über Familienplanung ist die Müttersterblichkeit auf den Philippinen zwischen 2006 und 2011 um 35 Prozent gestiegen - von 162 Todesfällen (2006) bei 100.000 Lebensgeburten auf 221 Todesfälle (2011).

"Mit der Verhütung unerwünschter Schwangerschaften könnten wir Leben retten", betonte Junice Melgar, Direktorin des Zentrums für Frauengesundheit. Die lokale Zivilorganisation arbeitet in einigen der ärmsten Viertel Manilas.


Zyklenkalender statt Kondome

Doch moderne Verhütungsmittel waren bis Ende 2011 aus staatlichen Kliniken verbannt. Inzwischen lässt die Stadtverwaltung sie zu, wenn sie von Entwicklungs- und anderen Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung gestellt werden. Eigene Mittel gibt sie dafür nicht aus. Doch häufig ist die Versorgung unzuverlässig und reicht nicht aus.

"Was wir brauchen ist ein seriöses Konzept für Familienplanung. Wenn man den Frauen, die zur obligatorischen Beratung kommen, nicht einmal einen Kalender in die Hand gibt, mit dem sie ihren Zyklus kontrollieren, bleibt diese Art von Familienplanung nur hohles Geschwätz", sagte Melgar gegenüber IRIN.

"Jetzt müssen wir uns mit den Folgen von neun Jahren Arroyo-Regierung herumschlagen", klagte sie. Während der Amtszeit der Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo (2001-2010) unterstützte die philippinische Regierung in ihren Gesundheitseinrichtungen ausschließlich natürliche Verhütungsmethoden. Armen Frauen, die nach modernen, sicheren Verhütungsmitteln suchten, blieb nur der umständliche Weg zu Frauengruppen und anderen Nichtregierungsorganisationen.

Ihr Amtsnachfolger Benigno Aquino, dessen Regierung unlängst zwölf Millionen Dollar für Familienplanung und die Bekämpfung der Müttersterblichkeit bereit gestellt hat, habe sich nachdrücklich für verantwortungsvolle Elternschaft ausgesprochen, hieß es aus dem Sozial- und Entwicklungsministerium. "Doch für den Aufbau von Infrastrukturen im Gesundheitssystem und die Ausstattung der Einrichtungen brauchen wir Zeit." (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.likhaan.org/
http://www.guttmacher.org/
http://www.irinnews.org/printreport.aspx?reportid=96002

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 6. August 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. August 2012