Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

VORSORGE/503: Betriebliche Diabetesprävention - Das Maßband ist wichtiger als die Waage (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010

Betriebliche Gesundheitsförderung
In der Diabetesprävention ist das Maßband wichtiger als die Waage

Von Jörg Feldner


Ein gemeinsames Projekt von AOK Schleswig-Holstein und UKE zeigt, wie sich das Diabetesrisiko durch Prävention in Betrieben senken lässt.


Ein bundesweit einmaliges Forschungsprojekt von AOK Schleswig-Holstein und UKE hat gezeigt: Gezielte Prävention mit leichter Ernährungsumstellung und geringfügiger Gewichtsreduktion kann Diabetes verhindern und bestehenden Diabetes revidieren.

Diabetes ist mit rund 4.000 Euro Behandlungskosten pro Jahr verbunden, und die Zahl der Diabetiker steigt seit 50 Jahren linear und anscheinend unaufhaltsam. Allein in Schleswig-Holstein entfielen 460.000 Arztbesuche (2008) auf 47.000 Typ-2-Diabetiker. Zählt man die - subjektiv gesunden - Menschen mit gestörtem Zuckerhaushalt hinzu, ist mehr als jeder Dritte betroffen, erklärte Prof. Eberhard Windler, Stoffwechselexperte am UKE. Bei diesen Zahlen lag es für die AOK Schleswig-Holstein nahe, mit Windlers Arbeitsgruppe die Beschäftigten von fünf Unternehmen zu einem Präventionsprogramm einzuladen. Es beteiligten sich 300 Mitarbeiter aus vier Industriebetrieben sowie von der AOK selbst.

Wichtigstes Ergebnis: "Der Taillenumfang ist der aussagekräftigste Marker für ein Diabetesrisiko: Mehr als 80 Zentimeter bei Frauen und mehr als 94 Zentimeter bei Männern sind riskant", betonte Windler. AOK-Chef Dr. Dieter Paffrath brachte das auf die Formel: "Das Maßband ist wichtiger als die Waage" und ließ das am eigenen Leib demonstrieren.

Wenn der Grenzwert beim Taillenumfang überschritten ist, reduziert nach Windlers Darstellung eine moderate Umstellung des Lebensstils das Risiko: "Das Körpergewicht um fünf Prozent verringern; die Nahrung sollte weniger als drei Prozent Fett (und weniger als zehn Prozent ungesättigte Fette) enthalten; pro 1.000 Kilocalorien sollten mindestens 15 Gramm Ballaststoffe dabei sein; und täglich eine halbe Stunde Bewegung." Das bringe das Diabetesrisiko "auf Null". Bewegung bedeute nicht unbedingt Sport: Forciertes Gehen, bei dem noch Sprechen möglich ist ("nordic talking"), reiche aus.

Die Studienteilnehmer hatten ihre tägliche Kalorienzufuhr nach einem Jahr von durchschnittlich 2.150 auf 2.013 kcal verringert. Das klingt nach wenig, aber Windler rechnet vor: "Als Fett ausgedrückt sind das etwa 15 Gramm pro Tag, macht pro Jahr fünf bis sechs Kilogramm weniger Fettzufuhr." Alle Prädiabetiker mit gestörter Glukosetoleranz aus der Taillenumfangs-Risikogruppe, die ihr Gewicht um ein Kilogramm reduziert hatten, waren auch nach drei Jahren ohne Diabetes, in allen Altersgruppen; vier von acht Zuckerkranken verloren sogar ihren Diabetes.

Prävention steht im Ruf, mehr Kosten zu verursachen als einzusparen. Die AOK hat mit dieser Studie - nach der Eingangsuntersuchung Beratungen im Monats-, später im Quartalsrhythmus - das Gegenteil bewiesen. Folglich wird die Kasse das Diabetes-Programm in ihr betriebliches Service-Angebot "Gesunde Unternehmen" einbauen.


*


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 4/2010 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2010/201004/h10044a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Prof. Eberhard Windler, Dr. Birgit-Christiane Zyriax, Dr. Dieter Paffrath und (Foto: Kuschel/AOK/hfr.) Bernd Letsch (von links).


*


Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt April 2010
63. Jahrgang, Seite 41
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.org
www.aeksh.de
www.arztfindex.de
www.aerzteblatt-sh.de

Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2010