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FORSCHUNG/2011: Die Rolle des Kleinhirns beim Kurzzeitgedächtnis (idw)


Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf - 22.06.2009

Nuklearmedizin Düsseldorf

Die Rolle des Kleinhirns beim Kurzzeitgedächtnis


Das Halten kleiner Mengen an Informationen im Gedächtnis, z.B. einer Telefonnummer, wird im Gehirn von einem Netzwerk verschiedener Hirnregionen gewährleistet. Aktuell konnte die Arbeitsgruppe um Dr. Hubertus Hautzel aus der Nuklearmedizinischen Klinik (Direktor Prof. Dr. H.-W. Müller) mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRT) zeigen, dass Anteile des Kleinhirns auch an übergeordneten kognitiven Prozessen des Kurzzeitgedächtnisses beteiligt sind.

Basierend auf Beobachtungen an Patienten und tierexperimentellen Daten wird die Funktion des Kleinhirns seit mehr als einem Jahrhundert in der Optimierung motorischer Abläufe und der Herstellung des Körpergleichgewichts gesehen. Die moderne funktionelle Bildgebung mit Positronen-Emissionstomographie (PET) und fMRT weisen aber - regelmäßig auch bei Experimenten zum Kurzzeitgedächtnis - immer wieder Kleinhirnaktivierungen auch bei kognitiven Aufgaben ohne offensichtlich ausgeführte Motorik nach. Bislang wurden diese Aktivierungen als inneres wiederholendes Sprechen verbaler Gedächtnisanteile zum mentalen Aufrechterhalten der Information interpretiert. Allerdings gab es bereits klinische Hinweise, dass das Kleinhirn auch an - diesen basalen, motorischen Funktionen übergeordneten - kognitiven Prozessen beteiligt ist.

Die Arbeitsgruppe um Dr. Hubertus Hautzel an der Nuklearmedizinischen Klinik konnte nun im Zusammenhang mit Bemühungen um die Beschreibung neuronaler Korrelate des Bewusstseins (siehe u. a. Leçon inaugurale, Europäischer Lehrstuhl am Collège de France, Prof. Dr. H.-W. Müller ) zeigen, dass die Funktionen des Kleinhirns beim Kurzzeitgedächtnis über den lediglich sprachbasierten zuarbeitenden Anteil hinaus auch die kognitive Exekutivfunktion des Kurzzeitgedächtnisses unterstützt. Hierzu wurden in einer fMRT Studie die Kleinhirnaktivierungsmuster bei verbalem und abstraktem (nicht verbalisierbarem) Kurzzeitgedächtnis untersucht. In jedem einzelnen Kleinhirnläppchen und -kerngebiet wurde die neuronale Aktivität in der fMRT für beide Kurzzeitgedächtnisarten verglichen. Die hierzu in NeuroImage - einer in der funktionellen Hirnbildgebung international führenden Fachzeitschrift - in Kürze erscheinenden Ergebnisse weisen auf eine in allen Anteilen des Kleinhirns gleiche Beteiligung hin, was den Schluss zulässt, dass das Kleinhirn nicht nur an den sprachbasierten Prozessen des Kurzzeitgedächtnisses teilhat, sondern zusätzlich unterstützende Funktionen in der kognitiven Zentralexekutive ausübt. Die vorgestellten Forschungsergebnisse tragen zu einem tieferen Verständnis der neuronalen Abläufe und Aufgabenverteilungen einzelner Hirnareale bei Kurzzeitgedächtnisaufgaben bei. Zukünftig könnten kognitive Veränderungen bei Patienten mit Kleinhirnschäden aufgrund dieser diagnostischen Erkenntnisse besser interpretiert werden. (Quelle: Hautzel et al., 2009, NeuroImage; articles in press)


Kontakt:
Dr. Hubertus Hautzel
Nuklearmedizinische Klinik
Universitätsklinikum Düsseldorf
E-mail: h.hautzel@fz-juelich.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.elsevier.com/locate/ynimg Online

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution223


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Susanne Dopheide, 22.06.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2009