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DROGEN/213: Aktuelle Zahlen zur Rauschgiftkriminalität und den Drogentoten 2009 in Deutschland (BMG)


Gemeinsame Pressekonferenz der Drogenbeauftragten der Bundesregierung und
des Präsidenten des Bundeskriminalamtes - Donnerstag, 25. März 2010

Aktuelle Zahlen zur Rauschgiftkriminalität und zu den Drogentoten 2009 in Deutschland


Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist auf den drittniedrigsten Stand der letzten zehn Jahre gesunken. Im Jahr 2009 kamen 1.331 Menschen durch den Konsum illegaler Drogen ums Leben, ein Rückgang um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr (1.449).

Überdosen von Heroin und Mischkonsum von Heroin mit anderen Drogen sind immer noch die häufigsten Todesursachen. Weiter angestiegen sind die Todesfälle aufgrund gesundheitlicher Langzeitschädigungen. Ihr Anteil ist von 11 % (2006) auf rund 20 % (2009) der Verstorbenen angestiegen.

Dazu erklärt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans:

"Der Rückgang im vergangenen Jahr zeigt, dass die Drogentodeszahlen langfristig sinken. Diese Entwicklung bestätigt, dass die Angebote zur gesundheitlichen Versorgung für Drogenabhängige notwendig sind und eine Überlebenshilfe darstellen. Unverzichtbare Hilfs- und Behandlungsangebote sind deshalb: Maßnahmen zur Schadensreduzierung, wie die qualitätsgestützte Substitutionsbehandlung mit Methadon oder Buprenorphin, Drogenkonsumräume, Spritzentausch und Kontaktläden sowie die diamorphingestützte Behandlung, die derzeit in die Regelversorgung überführt wird."

2009 wurden in Deutschland 18.139 Erstauffällige Konsumenten harter Drogen registriert - ein Rückgang um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Entgegen dieser Gesamtentwicklung ist die Zahl der Erstauffälligen Konsumenten von Amphetamin im Jahr 2009 im fünften Jahr in Folge um nochmals 1,2 Prozent auf 10.315 Personen gestiegen. Das Durchschnittsalter der Amphetaminkonsumenten betrug 26 Jahre und war damit im Vergleich zu den anderen harten Drogenarten niedriger (Heroin: 31 Jahre, Kokain: 30 Jahre).

Deutliche Steigerungen der Sicherstellungsmengen waren im Jahr 2009 bei Kokain und Heroin zu verzeichnen. Die sichergestellte Kokainmenge betrug rund 1.700 kg - 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei der sichergestellten Heroinmenge war ein Anstieg um rund 51 Prozent auf insgesamt 758 kg zu verzeichnen. Amphetaminsicherstellungen gab es in einer Größenordnung von 1.400 kg - acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Infolge ausbleibender Großsicherstellungen wie im Jahr 2008 sanken die Sicherstellungen bei den Cannabisprodukten deutlich, bei Haschisch um 39 Prozent auf 2.220 kg und bei Marihuana um 52 Prozent auf 4.298 kg.

2009 wurden in Deutschland 67 Cannabis-Outdoor- und 342 Cannabis-Indoor-Plantagen und damit 21 Prozent (2008: 517) weniger als im Vorjahr festgestellt.

Allerdings hat die Zahl der so genannten Profi-Plantagen - dazu zählen solche Plantagen mit Anbaukapazitäten von 1.000 und mehr Cannabispflanzen - im letzten Jahr von 18 auf 26 zugenommen. Dies spricht für eine zunehmende Professionalisierung der Gruppierungen.

Insgesamt wurden 127.718 Cannabis-Pflanzen sichergestellt, davon rund 91.000 in Indoor-Plantagen. Indoor-Plantagen ermöglichen durch spezielle Pflanzenzüchtungen und den Einsatz von technischem Equipment sehr viel höhere Produktionsmengen. Außerdem liegt hier der THC-Gehalt mit durchschnittlich 12% deutlich höher als bei herkömmlich im Freien gezüchteten Pflanzen. Damit steigt der Grad der Gesundheitsgefährdung und das Abhängigkeitspotenzial für die Konsumenten.

Afghanistan ist weiterhin Hauptursprungsland des in Europa und in Deutschland gehandelten Heroins. Die so genannte Balkanroute spielt beim Schmuggel von Heroin südwestasiatischer Herkunft - insbesondere aus Afghanistan über die Türkei nach Westeuropa und damit auch nach Deutschland - weiterhin eine herausragende Rolle.

Im Bereich des international organisierten Kokainschmuggels zeichnet sich ebenfalls keine Entspannung ab. Neben den USA bleibt vor allem Europa Absatzmarkt für Kokain aus Südamerika. Ost- und südosteuropäische Seehäfen haben dabei an Bedeutung gewonnen.

BKA Präsident Jörg Ziercke: "Sowohl das Beispiel Afghanistan für Heroin als auch das Beispiel Südamerika für Kokain zeigen, dass der Hebel zur Bekämpfung der Drogenkriminalität nach wie vor in den Herkunftsländern anzusetzen ist. Nur wenn es uns gelingt, die Rauschgiftproduktion in den Herkunftsländern zu unterbinden, können wir den Zufuhrdruck nach Europa und Deutschland nachhaltig schwächen.

Ziel ist es, unsere polizeilichen Gegenmaßnahmen - mehr noch als bisher - im Rahmen unserer Vorverlagerunsstrategie in Kooperation mit den Behörden vor Ort zu verstärken. Die Doppelstrategie ist dabei zum einen auf die Bekämpfung der Produktion als auch auf die Unterbindung der Zufuhr von Chemikalien ausgerichtet. Denn ohne Chemie gibt es kein Heroin oder Kokain."


*


Rauschgiftstatistik - Endgültige Zahlen 2009


               Rauschgift-Tote

01.01.-31.12.2008   01.01.-31.12.2009   Veränderung
RG-Tote
      1.449               1.331           -8,1 %



        Rauschgifttodesfälle in Deutschland
Bundesland
01.01.-31.12.2008   01.01.-31.12.2009   Veränderung
Schleswig Holstein
Hamburg
Niedersachsen
Bremen
Nordrhein-Westfalen
Hessen
Rheinland-Pfalz
Baden-Württemberg
Bayern
Saarland
Berlin
Brandenburg
Mecklenburg-Vorp.
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Thüringen
         48                39             -18,8 %
         58                65             +12,1 %
         94                82             -12,8 %
         31                28              -9,7 %
        380               344              -9,5 %
        118               110              -6,8 %
         57                60              +5,3 %
        192               133             -30,7 %
        247               250              +1,2 %
         18                19              +5,6 %
        152               155              +2,0 %
          7                 9             +28,6 %
          9                 4             -55,6 %
         18                12             -33,3 %
          6                 9             +50,0 %
         14                12             -14,3 %



      Vergleich ausgewählter Großstädte
Stadt
01.01.-31.12.2008 01.01.-31.12.2009 Veränderung
Dortmund
Düsseldorf
Essen
Frankfurt
Hannover
Köln
Mannheim
München
Nürnberg
Stuttgart
Dresden
Leipzig
       18                  14             -22,2 %
       20                  21             + 5,0 %
       22                  26             +18,2 %
       33                  34             + 3,0 %
       22                  14             -36,4 %
       54                  41             -24,1 %
       11                   8             -27,3 %
       50                  48             - 4,0 %
       19                  21             +10,5 %
       12                   9             -25,0 %
        5                   5                -- %
        8                   4             -50,0 %


Rauschgifttote nach Geschlecht und Altersstruktur - FDR

Jahr
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Gesamtzahl
2.030
1.835
1.513
1.477
1.385
1.326
1.296
1.394
1.449
1.331
männlich
1.712
1.537
1.263
1.231
1.156
1.107
1.074
1.166
1.220
1.112
weiblich
318
289
237
231
203
200
204
203
191
199
bis 13 Jahre
1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
14 bis 17 Jahre       
12
15
16
15
3
4
1
6
2
4
18 bis 20 Jahre       
111
75
73
51
38
32
34
27
23
16
21 bis 24 Jahre       
247
240
195
187
150
120
128
107
86
88
25 bis 29 Jahre       
388
325
266
260
233
226
205
229
248
212
ab 30 Jahre
1.257
1.171
950
949
935
925
910
1.000
1.052
991
unbekannt
14
9
13
15
26
19
18
25
38
20
Durchschnittsalter
33
33
32
34
34
35
35
35
36
36
als EKhD erfasst (in %)
43
41
40
52
51
40
40
40
41
38

Die Summe der männlichen und weiblichen Rauschgifttoten entspricht in der Regel nicht der Gesamtzahl,
da in einigen Fällen das Geschlecht nicht erfasst wurde.



Rauschgifttote nach Todesursachen 2009 - Länderabfrage

ÜBERDOSIS VON
SH
HH
NI
HB
NW
HE
RP
BW
BY
SL
BE
BB
MV
SN
ST
TH
Gesamt
Heroin
3
7
32
15
201
44
37
52
129
9
22
2
3
4
1
10
571
Heroin i.V.m. sonst. Drogen
7
25
25
11
45
37
10
26
60
8
101
2
-
4
-
1
362
Kokain
1
2
1
-
3
2
1
-
1
1
2
-
-
-
-
-
14
Kokain i.V.m. sonst. Drogen
3
15
4
-
24
3
1
9
12
-
29
1
-
-
-
-
101
Amphetamin
-
-
-
-
1
1
1
-
1
1
4
-
-
1
2
1
13
Amphetamin i.V.m. sonst. Drogen
-
2
1
-
7
1
-
3
9
-
8
-
-
-
-
-
31
Ecstasy
-
-
-
1
1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
3
Ecstasy i.V.m. sonst. Drogen
-
1
-
-
-
-
-
1
-
-
3
-
-
-
-
-
5
Substitutionsmittel - davon Methadon / Polamidon       
- davon Subutex                    
4
4
-
2
2
-
3
3
-
-
-
-
3
3
-
2
2
-
4
4
-
9
8
1
9
9
-
-
-
-
2
2
-
-
-
-
-
-
-
1
1
-
-
-
-
-
-
-
39
38
1
Substitutionsm. i.V.m. sonst. Drogen - davon Methadon / Polamidon       
- davon Subutex                    
11
11
-
18
18
-
11
11
-
-
-
-
9
9
-
-
-
-
-
-
-
28
24
4
17
17
-
-
-
-
33
33
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
127
123
4
Sonstige BtM / Drogenart nicht bek.
2
-
17
-
50
16
2
-
48
-
31
-
-
2
-
-
168
Suizid
4
2
3
-
14
2
1
4
5
-
12
-
-
-
2
-
49
Langzeitschäden
-
14
28
1
42
19
3
1
151
1
3
-
-
-
2
-
265
Unfall / Sonstige
4
5
3
-
4
85
-
-
-
-
7
-
1
-
1
-
110
Gesamtzahl der Todesfälle*
39
65
82
28
344
110
60
133
250
19
155
9
4
12
9
12
1.331
Obduktion (%-Anteil)
82
43
77
39
31
80
97
43
93
100
99
89
75
92
44
83
66

* Mehrfachzählungen in verschiedenen Rubriken oder die Erfassung unter abweichenden Kriterien können zur Über- oder Unterschreitung
   der Gesamtzahl führen.


*


Quelle:
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung
Gemeinsame Pressekonferenz der Drogenbeauftragten der Bundesregierung
und des Präsidenten des Bundeskriminalamtes - 25. März 2010
Bundesministerium für Gesundheit
Friedrichstraße 108, 10117 Berlin
POSTANSCHRIFT: 11055 Berlin
Telefon: +49 (0)30 18 441-4412
Fax: +49 (0)30 18441-4960
E-Mail: drogenbeauftragte@bmg.bund.de
Internet: www.drogenbeauftragte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2010