Deutsche Umwelthilfe e.V.
Pressemitteilung - Mittwoch, 12.02.2025
Deutsche Umwelthilfe kritisiert Bundesregierung für Verschleierung von Ausmaß der Luftverschmutzung - trotz erstmaliger Grenzwerteinhaltung mehr als 70.000 Todesfälle jedes Jahr
• Neue Luftqualitätsdaten des Umweltbundesamts für das Jahr 2024: Nahezu flächendeckend gesundheitsschädliche Belastung der Atemluft mit Feinstaub und Stickstoffdioxid
• Trotzdem rühmt sich Umweltbundesamt mit Einhaltung viel zu
laxer und veralteter Grenzwerte
• DUH fordert nächste Bundesregierung auf, neue EU-Grenzwerte bis spätestens 2028 festzulegen und WHO-Empfehlungen als Grenzwerte bis 2035 zu beschließen
Berlin, 20.2.2025: Das Umweltbundesamt (UBA) rühmt sich mit der
heutigen Veröffentlichung der neuesten Luftqualitätsdaten mit der
erstmaligen Einhaltung aller gesetzlicher Grenzwerte für
Luftschadstoffe. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert dies als
Verschleierung der tatsächlichen Gesundheitsnotlage in Deutschland.
Erst vergangene Woche hatte die DUH Zahlen der Europäischen
Umweltagentur (EEA) veröffentlicht, die die dramatischen Folgen von
Luftverschmutzung für alle deutschen Landkreise und kreisfreien Städte
aufzeigen. Allein in Berlin sterben jedes Jahr 3.527 Menschen aufgrund
hoher Feinstaubbelastung, 1.414 durch Stickstoffdioxid. Im Ruhrgebiet
sind jedes Jahr bis zu 150 Todesfälle je 100.000 Einwohnerinnen und
Einwohner wegen Feinstaub und 80 Todesfälle wegen Stickstoffdioxid
(NO2) zu verzeichnen. Auch die Lobeshymne des UBA auf die Leistung der
Behörden, die durch gezielte Luftreinhaltemaßnahmen zur Einhaltung der
Grenzwerte beigetragen hätten, täuscht über die Tatsache hinweg, dass
die meisten zuständigen Behörden sich massiv gegen die Umsetzung
dieser Maßnahmen gestellt hatten und erst durch den Druck der DUH
diese in den letzten Jahren umgesetzt wurden.
Die DUH fordert von der künftigen Bundesregierung spätestens bis 2028 eine schnellstmögliche Umsetzung der neuen EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe. In einem zweiten Schritt müssen auch die deutlich strengeren Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation bis 2035 gesetzlich verankert und verbindlich eingehalten werden.
Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: "Endlich werden die seit 2008 festgelegten Grenzwerte eingehalten - und das auch nur, weil die Grenzwerte viel zu schwach sind. Das Umweltbundesamt streut den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen: Es gibt keinen einzigen Landkreis in Deutschland, in dem die nach wie vor dramatische Luftverschmutzung nicht zu Erkrankungen und Todesfällen führt. Sich trotz dieses offenkundigen Gesundheitsnotstandes für die erstmalige Einhaltung einer seit Jahrzehnten bestehenden Verpflichtung zu rühmen, ist eine Verhöhnung all jener, die in den vergangenen Jahren unter der hohen Belastung krank geworden sind, deren Gesundheit sich verschlechtert hat oder die sogar daran verstorben sind. Die Zahlen der Europäischen Umweltagentur machen deutlich: Jede weitere Verschleppung effektiver Maßnahmen kostet Menschenleben. Um die nach wie vor mehr als 70.000 Todesfälle pro Jahr wegen schmutziger Luft zu vermeiden, ist schnelles Handeln notwendig. Die neuen EU-Grenzwerte für das Dieselgift Stickstoffdioxid wird an 43 Prozent der Messstellen überschritten, die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation gar an 78 Prozent. Für die Belastung mit Feinstaub sieht es nicht besser aus: hier wird die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation an nahezu keinem Messpunkt in Deutschland eingehalten. Die neuen Grenzwerte müssen in Deutschland um zwei Jahre vorgezogen und unbedingt ab 2028 zur Pflicht werden, um endlich Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Bis spätestens 2035 müssen die strengeren Grenzwertvorschläge der Weltgesundheitsorganisation als verbindliche Grenzwerte gelten und überall in Deutschland eingehalten werden."
Hintergrund:
Im September 2021 hat die WHO ihre Grenzwertempfehlungen an den
aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst und für Stickstoffdioxid
drastisch auf 10 µg/m3 und für Feinstaub auf 5 µg/m3 abgesenkt. Mit
der Einhaltung könnten laut Europäischer Umweltagentur in Deutschland
jedes Jahr 32.628 vorzeitige Todesfälle durch Feinstaubbelastung und
9.442 aufgrund der Luftverschmutzung mit Stickstoffdioxid vermieden
werden. Derzeit gelten noch die 2008 beschlossenen Grenzwerte von 40
µg/m3 im Jahresmittel für Stickstoffdioxid und 25 µg/m3 für Feinstaub
(PM2,5). Im Dezember 2024 wurden von der EU neue Grenzwerte
beschlossen: Für Stickstoffdioxid 20 µg/m3 im Jahresmittel und für
Feinstaub 10 µg/m3 im Jahresmittel, jeweils ab 2030.
Links:
Zur Luftqualitätsdatenbank:
https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/luftdaten
Zur Jahresbilanz:
https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/luftdaten/jahresbilanzen
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Quelle:
Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)
Pressemitteilung, 12.02.2025
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/25 89 86-0, Fax.: 030/25 89 86-19
Internet: www.duh.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 28. Februar 2025
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