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UMWELT/782: Linearer Anstieg der Krebstodesrate mit zunehmender Strahlenbelastung auch bei niedriger Dosisleistung (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 692-693 / 29. Jahrgang, 5. November 2015 - ISSN 0931-4288

Epidemiologie
Ein linearer Anstieg der Krebstodesrate mit zunehmender Strahlenbelastung auch bei niedriger Dosisleistung

Von Thomas Dersee


Die primäre quantitative Basis für Strahlenschutznormen geht von Untersuchungen an Menschen aus, die akut hohe Dosen von ionisierender Strahlung ausgesetzt waren. In einer Studie, die am 20. Oktober 2015 im British Medical Journal veröffentlicht wurde, zeigen David B. Richardson, Epidemiologe an der University of North Carolina, Chapel Hill (USA), sowie Elisabeth Cardis vom Center for Research in Environmental Epidemiology in Barcelona (Spanien) und Kollegen anhand einer großen Kohortenstudie von Arbeitnehmern, die Strahlung bei niedriger Dosisleistung, in der Regel in der Nuklearindustrie, in Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika ausgesetzt waren, einen linearen Anstieg der Krebshäufigkeit mit zunehmender Strahlenbelastung. Im Gegensatz zu der Annahme, daß hohe Dosisleistungen wesentlich gefährlicher sind als niedrige Dosisleistungen, ist das Erkrankungsrisiko für Krebs pro Einheit der Strahlendosis unter Strahlenarbeitern ähnlich hoch wie nach Schätzungen, die aus Studien an den japanischen Atombombenüberlebenden abgeleitet wurden, schreiben Richardson und Kollegen.

Die Kohortenstudie erfaßte in den drei Ländern insgesamt 308.297 Arbeiter und 8,2 Millionen Personenjahre (Follow-up), für die detaillierte Daten aus der Überwachung der externen Strahlenexposition vorlagen und die mit den Sterberegistern abgeglichen wurden. Von 66.632 bekannten Todesfällen bis zum Ende des Follow-up, starben 17.957 an soliden Tumoren.

Die Ergebnisse legen einen linearen Anstieg der Krebsrate mit zunehmender Strahlenbelastung nahe, schreiben die Autoren. Die mittlere kumulative Dickdarmdosis betrug 20,9 Milligray (mGy; Median 4,1 mGy). Die geschätzte Sterblichkeitsrate für alle Krebsarten außer Leukämie erhöht sich mit der kumulativen Dosis um 48 Prozent pro Gray (Gy; (90% Konfidenzintervall CI = 20% bis 79%), nachverfolgt über 10 Jahre. Ähnliche Assoziationen wurden in jedem der drei Länder für die Mortalität an allen soliden Tumoren (47% (95% CI = 18% bis 79%)) gefunden. Der geschätzte Zusammenhang im Dosisbereich von 0 bis 100 mGy sei ähnlich groß über den gesamten Dosisbereich, aber weniger genau.

Rauchen und berufliche Asbestexposition sind potenzielle Störfaktoren, jedoch habe der Ausschluss der Todesfälle an Lungen- und Brustfellkrebs keinen Einfluss auf den geschätzten Zusammenhang, erklären die Autoren. Trotz erheblicher Anstrengungen, die Genauigkeit der zur Strahlungsmessung verwendeten Dosimeter zu beschreiben, bleibe die Möglichkeit eines Messfehlers.

Die Studie liefert eine direkte Schätzung des Zusammenhangs zwischen anhaltend niedrigen Dosisbelastungen mit ionisierender Strahlung und Sterblichkeit an soliden Krebstumoren. Gefördert wurde diese Arbeit von dem US-Center for Disease Control and Prevention, dem japanischen Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt, dem französischen Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire, dem Atomkonzern AREVA, der Electricité de France, der US-Nationalanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, dem US-Department of Energy und von Public Health England.


David B. Richardson, Elisabeth Cardis, Robert D. Daniels et al.: Risk of cancer from occupational exposure to ionising radiation: retrospective cohort study of workers in France, the United Kingdom, and the United States (INWORKS); BMJ 2015;351:h 5359, doi: 10.1136/bmj.h5359,
http://www.bmj.com/content/bmj/351/bmj.h5359.full.pdf


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_15_692-693_S09.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, November 2015, Seite 9
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2016

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