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MELDUNG/827: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 21.04.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

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Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden - 17.04.2015

Dresdner Uniklinikum setzt Kamera zur Qualitätsicherung bei der Versorgung Frühgeborener ein

Zu früh oder krank geborene Kinder besitzen bei nach der Geburt notwendiger lebenserhaltener Maßnahmen ein erhöhtes Risiko, Organschäden zu erleiden. Um in diesen kritischen Momenten die höchstmögliche Qualität ärztlichen Handelns zu sichern, hat ein Ärzteteam der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden ein System entwickelt, mit dem sich die Erstversorgung der Babys anhand von Videoaufnahmen analysieren lässt. Die Ergebnisse dieser Qualitätssicherung sind vielversprechend: Nachdem das System in Form von strukturierten Feedbacks und in der Weiterbildung etabliert wurde, sank die Rate der chronischen Lungen- und Augenerkrankungen deutlich.

Mittlerweile haben sechs andere Kliniken, unter anderem in Polen und Portugal, das Verfahren übernommen. Nun zeichnet das "Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V." das Dresdner Ärzteteam um Prof. Mario Rüdiger und Dimitrios Konstantelos für ihr Projekt aus. Sie nahmen am gestrigen Donnerstagabend (16. April) Urkunde und Preisgeld für den zweiten Platz des diesjährigen Deutschen Preises für Patientensicherheit entgegen.

In Deutschland kommt jedes zehnte Kind zu früh auf die Welt. Wenn diese Babys aufgrund unzureichender Vitalfunktionen notfallmedizinisch behandelt werden müssen, steigt ihr Risiko, akute beziehungsweise chronische Schädigungen davonzutragen. Dies gilt zum Beispiel für die künstliche Beatmung Neugeborener: Der Kinderarzt muss in kürzester Zeit entscheiden, ob ein Baby zusätzlich Sauerstoff benötigt, um zu überleben. Wie eine Auswertung der Dresdner Neonatologen um Prof. Mario Rüdiger und Dimitrios Konstantelos zeigt, wurden Frühgeborene in der Vergangenheit zu oft und zu intensiv künstlich beatmet. Mit dem in der Klinik entwickelten und 2011 etablierten System ging die Rate dieser Interventionen und damit auch das Risiko langfristiger Schäden deutlich zurück: Die Gefahr einer chronischen Lungenerkrankung ließ sich halbieren, die einer Augenerkrankung auf fünf Prozent reduzieren.

Durch die im Rahmen des prämierten Projekts aufgezeichneten Videos der Erstversorgung der Frühgeborenen konnte das Ärzteteam zu Forschungs- und Schulungszwecken analysieren, ob die Versorgung der Frühchen bei allen ärztlichen Maßnahmen jeweils den Vorgaben der geltenden Leitlinien entsprachen. Die Gründe, dass Ärzte davon abwichen, sind vielfältig: Die Erstversorgung der Babys nimmt in der Regel ein zweiköpfiges, aus Arzt und Pflegekraft bestehendes Team eigenständig vor. Je nach Situation, Ausbildung und Erfahrungsschatz variierten die Abläufe, ohne dass dies regelmäßig thematisiert, diskutiert und damit auch überprüft wurde. "Die Erstversorgung kranker Neugeborener im Kreißsaal stellte bisher eine 'Black Box' dar. Individuelle Reaktionen der Patienten auf die Behandlungen und das eigene Vorgehen während der Eingriffe konnten nachträglich nicht kritisch reflektiert werden" sagt Prof. Rüdiger. Erst nach einer Verlegung auf die Intensivstation erfolgt eine detaillierte Diskussion über das weitere Vorgehen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl mündliche Berichte als auch schriftliche Notizen zur Erstversorgung sehr stark von der Realität abweichen können.

Deshalb werden in der Dresdner Uni-Kinderklinik seit Ende 2011 Erstversorgungen im Kreißsaal aufgezeichnet. Diese Aufnahmen stehen danach im Mittelpunkt von Teambesprechungen. Um dabei personenunabhängig urteilen zu können, sind auf den Videos lediglich die Hände des Notfallteams sowie das Baby zu sehen. Auf Tonaufnahmen wird verzichtet. Damit schaffen die Aufnahmen optimale Vorrausetzungen für ein effektives Risiko- beziehungsweise Fehlermanagement: In den Auswertungsgesprächen sollen Abläufe in der Erstversorgung möglichst unvoreingenommen eingeschätzt werden. Ziel ist dabei, das Vorgehen zu vereinheitlichen und die Interaktion der ständig wechselnden Teams zu verbessern. Darüber hinaus helfen die Videoaufnahmen das Vorgehen im Kreißsaal statistisch aufzuarbeiten und mit den Empfehlungen der wissenschaftlichen Leitlinien der zu vergleichen. Durch diese Studien ist es möglich, die Forschung auf diesem Gebiet weiter voran zu treiben. Mithilfe des 6.000-Euro-Preisgeldes will das Dresdner Neonatologenteam gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Kranke Neugeborene dafür sorgen, dass weitere Krankenhäuser dieses Instrument der Qualitätssicherung übernehmen. Zusätzlich soll der Wissenstransfer zu anderen Einrichtungen gefördert und das Verfahren weiterentwickelt werden.

* Publikation
Positioning of term infants during delivery room routine handling - analysis of videos, BMC Pediatrics 2014, 14:33, doi:10.1186/1471-2431-14-33
http://www.biomedcentral.com/1471-2431/14/33/abstract

Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Zentrum für Neonatologie
Leiter: Prof. Dr. med. Mario Rüdiger
E-Mail: kik@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de/kik

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1564

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Holger Ostermeyer, 17.04.2015

Raute

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg - 17.04.2015

Demografischer Wandel: Förderung für biomedizinische Alternsforschung trägt Früchte

"Der demografische Wandel ist Alltag. Demenz und andere alternsbedingte Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. Die Grundlagenforschung in diesem Bereich bringt uns erste Erkenntnisse, wie wir durch unsere Lebensführung solchen Krankheiten vorbeugen können", sagt Forschungsministerin Theresia Bauer

"Der demografische Wandel ist Alltag. Demenz und andere alternsbedingte Erkrankungen sind auf dem Vormarsch, sie werden mehr und mehr Teil unserer Erfahrungen, auch in den eigenen Familien. Die Grundlagenforschung in diesem Bereich bringt uns erste Erkenntnisse, wie wir durch unsere Lebensführung solchen Krankheiten vorbeugen, diese minimieren oder den Krankheitsverlauf zeitlich strecken können". Diese Bilanz zog Forschungsministerin Theresia Bauer am Freitag (17. April) zum Stand der Forschungsarbeiten des an der Universität Heidelberg angesiedelten Netzwerks Alternsforschung (NAR), das vom Wissenschaftsministerium von 2011 bis 2015 mit rund 1 Mio. Euro gefördert wurde.

Insbesondere habe der bis 2015 mit weiteren 5,2 Mio. Euro geförderte, innerhalb des Netzwerks arbeitende Forschungsverbund "Molekulare und biomedizinische Alternsforschung" die bereits in Heidelberg etablierte exzellente sozial- und geisteswissenschaftliche Alternsforschung auf Fragen zu den molekularen und zellulären physiologischen Veränderungen beim Altern erweitern können. Insgesamt 24 Forschungsprojekte untersuchten hier Mechanismen, die zu alterns-assoziierten Erkrankungen führen. Erforscht wurden an Modellsystemen u. a. irreversible Schädigungen lebenswichtiger Eiweiße, Transportprobleme in und zwischen Zellen, als auch Veränderungen bei der Erhaltung des Vorrats an Stammzellen. Wie sich herausstellte, beginnen diese Veränderungen lange vor der eigentlichen Schädigung der Zellen und Organe.

Zu den sogenannten alterns-assoziierten Erkrankungen zählen beispielsweise Herz- und Kreislauferkrankungen aufgrund von Eiweiß-Ablagerungen in den Blutgefäßen, Krebs, (Alters-)Diabetes oder auch Parkinson; zusammengefasst alle gesundheitlichen Veränderungen, die zu Gebrechlichkeit im Alter führen.

So sehr grundlagenorientiert der Forschungsverbund arbeite, liefere er doch praxisrelevante Erkenntnisse, dass sich mit den Möglichkeiten einer angepasster Lebensführung ("coping") viele dieser Krankheiten im Lebensverlauf hinausschieben und präventiv verringern ließen, so Ministerin Bauer: Herausstellen ließen sich zum Beispiel die fundamentale Bedeutung von ausreichend Schlaf und Bewegung, die den Zellen und den rund 500 km Blutbahnen im Körper eines Menschen Möglichkeiten zur Regeneration und zur besseren Durchblutung, beispielsweise durch Abbau geschädigter Eiweiße, böten.

Auch seien Ernährungsgewohnheiten elementar: Hier empfehle sich den Forschungsergebnissen zufolge die sogenannte "mediterrane Ernährung" (viel Gemüse, Fisch sowie Öle mit ungesättigten Fettsäuren, zum Beispiel Leinöl). Auch das "lebenslange Lernen" mit vielen Kontakten und Anregungen sei biomedizinisch als Vorsorgefaktor nicht hoch genug einzuschätzen.

Die Förderung für die biomedizinische Alternsforschung ist Teil der in Baden-Württemberg hervorragend aufgestellten Gesundheitsforschung.

* Online:
http://bit.ly/1FLvUHF
http://www.nar.uni-heidelberg.de/

* Weitere Informationen finden Sie unter
http://mwk.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/demografischer-wandel-foerderung-fuer-biomedizinische-alternsforschung-traegt-fruechte/

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment43871
Demografischer Wandel: Förderung für biomedizinische Alternsforschung trägt Früchte

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution761

Quelle: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, Biljana Bojic, 17.04.2015

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2015

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