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MELDUNG/804: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 22.01.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Intelligente Gele für die Medizin: Trainingsverbund BIOGEL nimmt die Arbeit auf
→  Neuer Leibniz-Forschungsverbund zu Infektionskrankheiten nimmt seine Arbeit auf
→  Heisenberg-Professur für Molekulare Psychologie:
      Der Smartphone-Sucht im Genetiklabor auf der Spur



DWI / Leibniz-Institut für Interaktive Materialien - 19.01.2015

Intelligente Gele für die Medizin: Trainingsverbund BIOGEL nimmt die Arbeit auf

Hydrogele sind hochelastische, wasserreiche Polymernetzwerke, die zunehmend Einsatz in der Medizin finden. Mit einer Gesamtsumme von 3,5 Millionen Euro fördert die Europäische Kommission im Rahmen ihrer Horizon 2020 Marie Sklodowska-Curie-Maßnahmen für die kommenden vier Jahre das Trainingsnetzwerk BIOGEL. Hier werden 14 Nachwuchswissenschaftler die Finessen der Hydrogel-Chemie lernen und an neuen Hydrogel-Systemen für biomedizinische Anwendungen forschen. Die Partner des Netzwerks, 13 Forschungsinstitute und Unternehmen aus sieben europäischen Ländern, Japan und den USA, trafen sich am 19. Januar zur Auftaktveranstaltung im Aachener DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien.

"Dieses Netzwerk bietet die Gelegenheit, zusammen mit exzellenten Partnern aus Wissenschaft und Industrie Forschung auf höchstem Niveau zu betreiben und auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten", so Prof. Dr. Martin Möller, wissenschaftlicher Direktor des DWI. Die BIOGEL-Mitglieder werden neuartige responsive und biologisch inspirierte Hydrogele als Bestandteile von medizinischen Beschichtungen, medizinischer Diagnostik und für die Geweberegeneration entwickeln, etwa für die Regeneration von Herz-, Knorpel- oder Nervenzellen.

"Hydrogele ähneln von ihrer Konsistenz dem weichen, körpereigenen Gewebe. Sie können minimalinvasiv injiziert werden und passen ihre Form den Gegebenheiten im Körperinneren an. Biologische Moleküle und medizinisch wirksame Substanzen, die in das Polymernetzwerk eingeschlossen werden, können mit bestimmten Proteinen im Körper interagieren, das Wachstum der körpereigenen Zellen stimulieren oder Zellen in eine bestimmte Richtung dirigieren", erklärt DWI-Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Laura De Laporte den Ansatz. "Durch Auswahl geeigneter molekularer Bausteine können Spezialisten die Eigenschaften der Hydrogele je nach Anwendung maßschneidern."

Im Mittelpunkt der Kooperation steht die fundierte Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern. Insgesamt 14 Doktoranden und Doktorandinnen werden die Möglichkeit erhalten, ein Promotionsstudium im Rahmen des interdisziplinären Netzwerks zu absolvieren. Sie werden jeweils von einer der Einrichtungen betreut, bekommen aber bei Gastaufenthalten an den Partnerinstitutionen, bei gemeinsamen Workshops und wissenschaftlichen Symposien Gelegenheit, die verschiedenen Schritte der Entwicklung medizinischer Produkte kennenzulernen, von den grundlegenden Versuchen im Forschungslabor über die Validierung bis zur praktischen Umsetzung.

Mit dem Auftakt-Treffen der Projektpartner am 19. Januar in Aachen nimmt das Netzwerk seine Arbeit auf.

Die Partner von BIOGEL:
DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien (Aachen); Radboud Universiteit (Niederlande), Universidad de Valladolid (Spanien), Austrian Instituts of Technology (Österreich), Centre for Research and Technology Hellas (Griechenland), NovioSense (Niederlande), Pepscan (Niederlande), LifeTec Group (Niederlande), Technical Protein Nanobiotechnology (Spanien), Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL, Schweiz), Synolyne Pharma (Belgien), University of Pennsylvania (USA), University of Osaka (Japan)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1916

Quelle: DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien, Dr. Janine Hillmer, 19.01.2015

Raute

Heinrich-Pette-Institut / Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie - 20.01.2015

Neuer Leibniz-Forschungsverbund zu Infektionskrankheiten nimmt seine Arbeit auf

Borstel. Die Leibniz-Gemeinschaft fördert im Rahmen der Förderlinie "Strategische Vernetzung" den neuen Leibniz-Forschungsverbund "INFECTIONS'21 - Transmission Control of Infections in the 21th Century" zur Kontrolle, Prävention und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Das interdisziplinäre Projekt, an dem 14 Leibniz-Institute und drei externe Partner beteiligt sind, wird ab Januar 2015 für vier Jahre mit einem Gesamtvolumen von 600.000 Euro unterstützt.

Infektionskrankheiten gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit und stellen eine große Herausforderung für das Gesundheitswesen im 21. Jahrhundert dar. Zwar konnten diese Krankheiten in den letzten Jahrzehnten dank verbesserter Hygiene sowie dem medizinischen Fortschritt vor allem in den Industrieländern zurückgedrängt werden - durch den Anstieg von Antibiotikaresistenzen, dem Auftreten neuer und zum Teil unbekannter Erreger und der zunehmenden Mobilität stehen wir heute jedoch vor neuen globalen Problemen, die gelöst werden müssen.

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft - Infektionskrankheiten können sich auf die unterschiedlichste Weise verbreiten und auf den Menschen übertragen. Um diese Mechanismen zu verstehen und daraus Strategien für eine verbesserte Infektionskontrolle ableiten zu können, bedarf es der gesamtheitlichen Betrachtung unter Berücksichtigung von biomedizinischen, ökologischen, sozio-ökonomischen und politischen Aspekten. "Das Ziel des Forschungsverbundes "INFECTIONS'21" ist es, eine Kultur der interdisziplinären Kommunikation über die Fächergrenzen hinweg zu etablieren, und dadurch neue Strategien und Methoden für Frühwarnsysteme auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit, ein verbessertes Management von Ausbrüchen und eine optimierte Eindämmung der Erregerausbreitung zu entwickeln," fasst Prof. Ulrich E. Schaible, Sprecher des Forschungsverbundes und Programmdirektor des Bereichs "Infektionen" am Forschungszentrum Borstel das Konzept des Projektes zusammen.

Um diese Ziele zu erreichen, wurden vier exemplarische Forschungsprojekte identifiziert, die in den kommenden Jahren durch die gebündelte Expertise der 14 Leibniz-Institute und der ausgewählten, externen Partner bearbeitet werden. Diese fachübergreifenden Forschungsprojekte beschäftigen sich mit 1.) der Mensch-zu-Mensch-Übertragung am Beispiel von HIV und dem Tuberkuloseerreger in gesellschaftlichen Randgruppen, 2.) dem Einfluss von Umweltbedingungen auf die Verbreitung von Infektionskrankheiten die durch die Luft übertragen werden, wie beispielsweise Influenza, Meningitis, Tuberkulose oder Lungenentzündungen 3.) Gewässer als Knotenpunkte einer Verbreitung von Krankheitserregern zwischen verschiedenen Wirtsarten am Beispiel von Cholera, Influenza A-Viren und multiresistenten Staphylokokken und 4.) dem Klimawandel und der dadurch bedingten Ausbreitung von Insekten, die neue Infektionskrankheiten nach Deutschland tragen.
"Neben der fachübergreifenden Kommunikation ist uns die Einbeziehung der Öffentlichkeit ebenfalls ein großes Anliegen: Regelmäßige Vorträge und Veranstaltungen für die breite Öffentlichkeit und sogenannte "Citizen Science"-Projekte, also Projekte an denen Bürger - die sich für Wissenschaft interessieren - direkt teilnehmen können, stehen ebenfalls auf der Agenda dieses Forschungs-Verbundes", so Ulrich Schaible.

INFECTIONS'21 wurde Ende November 2014 vom Senat der Leibniz-Gemeinschaft für eine Förderung aus Mitteln des internen Wettbewerbs der Leibniz-Gemeinschaft zusätzlich zu elf bereits bestehenden Leibniz-Forschungsverbünden empfohlen. Für den Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner ist INFECTIONS'21 ein Paradebeispiel für die disziplinenübergreifend vernetzte Leibniz-Forschung: "Infektionskrankheiten sind weltweit eines der drängendsten gesellschaftlichen Probleme des 21. Jahrhunderts. Sie grundlegend zu erforschen und zu bekämpfen ist kein rein medizinisch-biologisches Problem, sondern umfasst auch Aspekte der Umwelt, Politik oder kultureller Gepflogenheiten. Diese vielschichtigen Perspektiven bündelt der neue Leibniz-Forschungsverbund INFECTIONS'21, um konkrete Fortschritte für Menschen in aller Welt zu erzielen."

Kontakt:
Prof. Ulrich E. Schaible
Sprecher des Forschungsverbundes "INFECTIONS'21"
Forschungszentrum Borstel -
Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften
Parkallee 1
23845 Borstel
Mail: uschaible@fz-borstel.de

Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.500 Personen, darunter 8.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.

Teilnehmende Institute und Partner des Forschungsverbundes "INFECTIONS'21":

Leibniz-Institute:
  • Forschungszentrum Borstel - Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften, Borstel
  • Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V., Potsdam
  • Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg
  • Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH, Braunschweig
  • GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Mannheim
  • Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Hamburg
  • Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. - Hans-Knöll-Institut, Jena
  • Heinrich-Pette-Institut - Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie, Hamburg
  • Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin
  • Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, Berlin
  • Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Potsdam
  • Leibniz Institut für Troposphärenforschung, Leipzig
  • Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, Müncheberg (Mark)
  • Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie GmbH, Bremen
Externe Partner:
  • Universität Hamburg, Fachbereich Sozialwissenschaften, Programmbereich Politikwissenschaft
  • Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit
  • London School of Hygiene and Tropical Medicine

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.hpi-hamburg.de/de/aktuelles/presse/einzelansicht/archive/2015/januar/article/neuer-leibniz-forschungsverbund-zu-infektionskrankheiten-nimmt-seine-arbeit-auf/

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment42652
PM zum Download

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution979

Quelle: Heinrich-Pette-Institut - Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie, Britta Weller (Forschungszentrum Borstel), 20.01.2015

Raute

Universität Ulm - 20.01.2015

Heisenberg-Professur für Molekulare Psychologie: Der Smartphone-Sucht im Genetiklabor auf der Spur

Christian Montags Forschung ist hochaktuell: Als neuer Heisenberg-Professor für Molekulare Psychologie an der Uni Ulm erforscht er die biologischen Grundlagen von Internet- und Computerspielsucht. Dabei hat er besonders das allgegenwärtige Smartphone im Visier. Aber damit nicht genug: Im Zuge der kürzlich angetretenen Heisenberg-Professor deckt Christian Montag zudem genetische Grundlagen von Depressionen auf oder beteiligt sich an Projekten zu "Sport und Alzheimer". Auch der Lebenslauf des Psychologen ist ungewöhnlich: Vor seiner wissenschaftlichen Karriere war er Bank-Azubi, "Rockstar" und beispielsweise Deutschlehrer in China.

"Das Smartphone bringt uns den Kick im Alltag: Aktivieren wir das Gerät, wartet oft eine Belohnung auf uns - in Form einer netten Nachricht, eines Facebook-Kommentars oder Spiels", weiß der neue Heisenberg-Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm, Christian Montag. "Ist das Gerät nicht verfügbar, zeigen einige Nutzer sogar Entzugserscheinungen wie bei anerkannten Suchtkrankheiten." Im Zuge des DFG-Projekts "Biologische Grundlagen von Internet- und Computerspielsucht" untersucht der Psychologieprofessor, ob es genetische Varianten gibt, die exzessive Mediennutzung begünstigen - ähnlich wie bei Nikotin- oder Alkoholabhängigkeit. Auch abseits des neuen Forschungsfelds "Psychoinformatik" hat Montag an der Uni Ulm große Pläne: Eine Datenbank soll dabei helfen, genetische Grundlagen von Depressionen aufzudecken. Weiterhin beschäftigt er sich etwa mit psychobiologischen Komponenten des Stotterns oder von Wirtschaftsentscheidungen ("Neuroökonomik"). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert seine Heisenberg-Professur für voraussichtlich fünf Jahre.

Alle zwölf Minuten aktivieren Studierende tagsüber ihr Smartphone. Dieser Durchschnittswert wurde mit der App "Menthal" gemessen, die Christian Montag gemeinsam mit dem Bonner Informatiker Juniorprofessor Alexander Markowetz für Studienzwecke entwickelt hat. Das Smartphone unterbricht also ständig Berufs- und Privatleben - was den Nutzern nicht immer bewusst ist. "Würden wir junge Erwachsene zu ihrer Handynutzung befragen, bekämen wir sehr ungenaue und womöglich ,sozial erwünschte' Angaben. Deshalb verlassen wir uns - mit Einverständnis der bislang rund 50.000 Menthal-Anwender - auf das Smartphone als günstige und langfristige Datenquelle", erklärt Professor Montag. Mit ihrer App erforschen die Wissenschaftler, wie viel Handygebrauch normal ist. Smartphone- oder Internetsucht definiert Montag unter anderem als ständige Nutzung und gedankliche Beschäftigung mit Online Inhalten, vor allem mit sozialen Netzwerken und Games. Daneben spielen Entzugserscheinungen und Toleranzentwicklung - der Nutzer muss seinen Medienkonsum also ständig steigern, um das gleiche Glücksgefühl zu erfahren - eine wichtige Rolle.

Das Mobiltelefon ist also potentielles Suchtmittel und psychologisches Messinstrument zugleich. Darüber hinaus könnte es aber auch bei der Psychotherapie eine wichtige Rolle spielen. Hier überprüft Montag, ob Patienten in depressiven Phasen ihr Handy-Nutzungsverhalten ändern, weniger mit anderen kommunizieren und - das GPS verrät es - öfter zu Hause bleiben. Dank solcher quantitativen Handydaten könnten Psychologen in Zukunft den Krankheitsverlauf verfolgen und zeitnah eingreifen. "Konzerne wie Google und Facebook sammeln unsere Daten zu kommerziellen Zwecken. Bei ausreichender Transparenz sehe ich kein Problem darin, solche Metadaten für die Forschung oder Therapie auszuwerten", sagt der Psychologe. Mithilfe bildgebender Verfahren überprüfen die Wissenschaftler um Montag zudem, ob sich bei Personen mit exzessiver Internet- beziehungsweise Smartphonenutzung Veränderungen in suchtrelevanten Hirnarealen finden.

Der 37-Jährige möchte jedoch nicht nur auf seine Smartphone-Studien reduziert werden. Mit molekulargenetischen Methoden erforscht er zudem, wie Umwelteinflüsse bei Patienten mit entsprechender genetischer Disposition Depressionen auslösen ("Epigenetik"). Andere Projekte zu primären, also angeborenen Emotionssystemen wie Furcht und Fürsorge oder zu "Sport und Alzheimer" zeigen, wie breit Christian Montag aufgestellt ist. Die Verbindung von Psychologie und Molekulargenetik zieht sich jedoch wie ein roter Faden durch seine Arbeit.

Dabei war Montags Weg in die Wissenschaft alles andere als geradlinig. Nach einer Bankausbildung und einer Zeit als technischer Redaktionsassistent beim Privatfernsehen studierte er Psychologie in Gießen - begleitet von einem China-Aufenthalt als Deutschlehrer sowie unter anderem Praktika im Deutschen Bundestag und in einer Justizvollzugsanstalt. Auch eine Karriere als Musiker schien möglich: Mit seiner Band "The Wildflowers" trat der damalige Student im Vorprogramm bekannter Gruppen auf, heimste für die Webpräsenz den "MTV und Yahoo Online Award" sowie einen Plattenvertrag ein. Inzwischen erforscht Professor Montag die (therapeutische) Wirkung von Musik, seine "Bühne" ist heute der Hörsaal. "Als Wissenschaftliche Hilfskraft habe ich mein Interesse für die Forschung und besonders die Molekulare Psychologie entdeckt, nach dem Studium in Bonn promoviert und mich habilitiert", erinnert sich der vielseitige Professor. Nun gibt er seine Begeisterung an Studierende und die breite Öffentlichkeit weiter: Im vergangenen Jahr bereicherte er beispielsweise das Ausstellungsschiff "MS Wissenschaft" mit zwei DFG-geförderten Exponaten zur Mobiltelefonnutzung und Internetsucht.

Für die Heisenberg-Professur hat der bekennende Kölner - ein signiertes BAP-Poster und ein Wimpel des 1. FC Köln schmücken sein Dienstzimmer - sogar das Rheinland verlassen: "An der Universität Ulm reizt mich das exzellente Forschungsumfeld mit naturwissenschaftlicher Ausrichtung. Zudem ermöglichen die Schwerpunkte Mensch und Technik sowie Mensch und Gesundheit in der Psychologie interessante Kooperationen", so der Forscher.

Die Heisenberg-Professur bereitet "berufbare" Nachwuchswissenschaftler auf eine wissenschaftliche Leitungsposition vor. Kandidaten müssen sich einer Begutachtung der DFG unterziehen und dann eine Hochschule finden, an der sie ein neues Forschungsgebiet etablieren können. Die Einrichtung muss auf der anderen Seite darstellen, inwiefern die Heisenberg-Professur eine strukturelle Erweiterung für sie darstellt.

Fallen Evaluationen der DFG und der aufnehmenden Hochschule in den kommenden fünf Jahren positiv aus - nach drei Jahren entscheidet die DFG, ob sie den Forscher für weitere zwei Jahre finanziert - wird die Stelle in eine unbefristete Professur umgewandelt. Christian Montag hat nach Anita Marchfelder (Institut für Molekulare Botanik) die zweite Heisenberg-Professur an der Uni Ulm erhalten.

Zum DFG-Projekt "Biologische Grundlagen von Internet- und Computerspielsucht"

Seit 2012 untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Professor Christian Montag im DFG-Projekt "Biologische Grundlagen von Internet- und Computerspielsucht", warum Menschen das Internet nutzen, und ob es eine Internetsucht gibt.

Ist exzessiver Medienkonsum erblich bedingt? Mit Zwillingsstudien forschen Psychologen aus Saarbrücken (Prof. Dr. Frank Spinath, Dr. Elisabeth Hahn) gemeinsam mit Christian Montag zur Rolle von Genen und Umwelteinflüssen bei einer möglichen Internetsucht. Mit molekulargenetischen Methoden hat Montag bereits festgestellt, dass es eine Verbindung zwischen einer Genvariante, die zuvor mit Nikotinabhängigkeit assoziiert worden ist, und suchtartiger Mediennutzung gibt.

Im Magnetresonanztomographen (MRT) untersuchen Christian Montag und seine Kollegen zudem, ob Online-Computerspiele die Hirnstruktur und -funktion ihrer Nutzer verändern. Dabei haben sie das bekannte Spiel "World of Warcraft" im Visier. Sind durch Handy-Metadaten Aussagen über den psychischen Zustand einer Person möglich? Ist eine weitere Forschungsfrage, die Montag mit seinen ehemaligen Bonner Kollegen beantworten möchte.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Christian Montag:
christian.montag@uni-ulm.de

Zur Heisenberg-Professur:
http://www.dfg.de/dfg_magazin/wissenschaftliche_karriere/heisenberg/kurz_erklaert/

App "Menthal" zum Download:
www.menthal.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution22

Quelle: Universität Ulm, Annika Bingmann, 20.01.2015

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2015


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