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MELDUNG/722: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 02.10.13 (idw)


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→ 20 Jahre Dresdner Hochschulmedizin: Eine Erfolgsgeschichte von Fakultät und Klinikum
→ Screening mit Erfolg - Neue Inhibitoren für Notch-Signalweg entdeckt



Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden - 01.10.2013

20 Jahre Dresdner Hochschulmedizin: Eine Erfolgsgeschichte von Fakultät und Klinikum

Mit einem Festakt am heutigen Dienstagnachmittag (1. Oktober 2013) würdigen die Medizinische Fakultät der TU Dresden und das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus das 20-jährige Jubiläum der Hochschulmedizin Dresden. Genau vor 20 Jahren fiel der Startschuss für eine Medizinerausbildung, die auch den präklinischen Studienabschnitt umfasste. In der Jubiläumsveranstaltung, an der Vertreter aus Politik und wissenschaftlichem Leben teilnehmen können Fakultät und Klinikum auf eine beispiellose Entwicklung zurückblicken: Heute nimmt Dresden Spitzenplätze in der deutschen Universitätsmedizin ein.

Externe Geldgeber finanzieren exzellente Forschungsprojekte der Dresdner Hochschulmedizin mit zuletzt 77 Millionen Euro im Jahr 2012. Über 700 aus diesen Drittmitteln heraus finanzierte zusätzliche Arbeitsplätze machen die biomedizinische Forschung zum Job-Motor für Stadt und Region. Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus erreichte auch 2013 Dank des konsequent vorangetriebenen Ausbaus der fächerübergreifenden Zentren eine Top-Platzierung bei Deutschlands größtem Krankenhaus-Ranking. Damit ist der in den 1990er Jahren gestellte Anspruch, ein Kompetenzzentrum mit bundesweitem Vorbildcharakter zu schaffen, heute erfüllt.

"Die beispiellose Entwicklung der Dresdner Hochschulmedizin erfüllt uns mit Stolz. Es ist gelungen, in der Krankenversorgung wie in der Forschung und Lehre dauerhaft Spitzenplätze zu erobern. Die Basis für diese Erfolge bildet eine Mitte der 90er Jahren entworfene Strategie, uns auf relevante Zukunftsfelder der Medizin zu konzentrieren", sagt der heutige Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums, Prof. Michael Albrecht. Von Beginn an beteiligte er sich an der Entwicklung, da er vor seinem Wechsel ins Klinikumsmanagement auch als Prodekan und Dekan die Entwicklung der Medizinischen Fakultät prägte.

Die erfolgreiche Entwicklung von Medizinischer Fakultät und Universitätsklinikum bedingen sich gegenseitig: "Erfolgreiche und richtungsweisende Krankenversorgung baut auf Kompetenz in der Forschung, um innovative Ansätze zeitnah und ohne Übertragungsverluste ans Krankenbett zu übertragen. Umgekehrt bedarf es einer großen ärztlichen Erfahrung um Ideen und Konzepte für die Medizin der Zukunft zu entwickeln", sagt Prof. Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät und gleichzeitig Direktor der Klinik für Neurologie des Uniklinikums.

Die Krebsmedizin ist ein Beispiel für dieses erfolgreiche Miteinander von Forschung und Krankenversorgung. Die Dresdner Hochschulmedizin versorgt Patienten nicht nur in einem "Onkologischen Spitzenzentrum" sondern gehört auch in der Erforschung von Krebs des blutbildenden Systems oder der Strahlentherapie zu den international führenden Institutionen.

Dank der Zukunftsstrategie von Fakultät und Klinikum reifte ein Wissenschaftsstandort mit einem nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor heran: Heute finanzieren zahlreiche externe Geldgeber Forschungsprojekte der Dresdner Hochschulmedizin und sorgen so für über 700 zusätzliche Arbeitsplätze in der Forschung. 2012 konnte die Medizinische Fakultät nochmals 65 Prozent mehr an Drittmitteln als im Vorjahr einnehmen. Gut 77 Millionen Euro Drittmittel bedeuten das beste Ergebnis seit Gründung der Fakultät 1993. Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus als Krankenhaus der Maximalversorgung versorgt nicht nur zehntausende Patienten jährlich am Standort in der Johannnstadt. Durch eine intensive Netzwerkarbeit und die Schaffung des "Carus Consilium Sachsen" kann der hohe Standard der Krankenversorgung auch in die Fläche übertragen werden. Ein besonders erfolgreiches Beispiel ist das SOS-NET - Schlaganfallversorgung in Ost-Sachsen Netzwerk. Dabei bietet das Dresdner Universitäts SchlaganfallCentrum kooperierenden Kliniken im Raum Dresden und in Ostsachsen über das SOS-NET eine telemedizinische Beratung für Schlaganfallpatienten an. Diese Beratung beruht auf einem mittels Webcam erhobenen klinischen Befund sowie einer telemedizinischen Beurteilung von CT- oder MRT-Aufnahmen.

Die besondere Bedeutung der Forschung am Standort Dresden wurde durch die Beteiligung der Fakultät an drei Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung gestärkt: Die Partnerstandorte des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung, des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen und des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung sind Voraussetzung dafür, in einem präklinisch-experimentellen Umfeld Forschung auf internationalem Niveau zu realisieren.

Vorreiter für eine interdisziplinäre Krankenversorgung

Ein weiterer Erfolgsfaktor der Dresdner Hochschulmedizin ist die einzigartige Verbindung der Forschungsaktivitäten mit den innovativen Strukturen der Krankenversorgung. Ein Beispiel ist das vor zehn Jahren gegründete Universitäts KrebsCentrum (UCC), das bundesweit Vorreiter für eine interdisziplinäre Krankenversorgung auf höchstem Niveau ist. Bereits zum zweiten Mal zeichnete die Deutsche Krebshilfe diese Einrichtung als "Onkologisches Spitzenzentrum" aus. Die im UCC gewonnenen Erfahrungen einer interdisziplinär angelegten Krankenversorgung wurden in den vergangenen Jahren mit großem Erfolg auf andere Fachgebiete übertragen - zum Beispiel auf die Versorgung von Patienten, die unter chronischen Schmerzen, Gefäßerkrankungen oder Allergien leiden. Dank des großen Engagements von mehr als 6.000 Mitarbeitern leistet die Dresdner Hochschulmedizin eine überregional wie international anerkannte medizinische Maximalversorgung. Der erneute Spitzenplatz des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus im deutschen Krankenhaus-Ranking des Nachrichtenmagazins FOCUS zeigt: Spitzenforschung und herausragende Krankenversorgung haben die Dresdner Hochschulmedizin zur Exzellenz geführt. Allein durch die für Dresden eingeworbenen drei Partnerstandorte Deutscher Zentren der Gesundheitsforschung fließen 25 Millionen Euro an Forschungsgeldern in die Hochschulmedizin. Auch die Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen stieg 2012 weiter an.

Mehrheit der Medizinstudierenden bleibt in Sachsen

Auch bei der Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses geht die Hochschulmedizin Dresden neue Wege. So wurde in den ersten Jahren des Bestehens das bundesweit richtungsweisende Modell "Dresdner Integratives Problem/Praxis-/Patienten-Orientiertes Lernen" in Kooperation mit der Elite-Universität Harvard etabliert. Die Praxisnähe des Studiums griff alte Traditionen von Vorgängereinrichtungen wie dem bereits 1748 eröffneten Königlich-Polnischen und Kurfürstlich-Sächsischen Collegium Medico-Chirurgicum oder der 1954 gegründeten und bis 1993 bestehenden Medizinischen Akademie Carl Gustav Carus auf. Bundesweite Umfragen unter den Studierenden bestätigen, dass die Hochschulmedizin Dresden auch bei der Ausbildung zu den besten wie beliebtesten Einrichtungen in Deutschland gehört. Und davon profitiert auch die sächsische Bevölkerung: 62,4 Prozent der Studierenden stammen aus Sachsen und fast genauso viele - nämlich 61 Prozent - haben vor, nach dem Abschluss in Sachsen zu arbeiten." Die Fakultät leistet also einen wichtigen Beitrag dafür, dem drohenden Ärztemangel zu begegnen.

Erfolg durch enge Kooperation mit außeruniversitären Forschungsinstitutionen

"Die stark steigenden Zahlen bilden die Grundlage für die weitere Entwicklung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Medizinischen Fakultät und sind Ausdruck der Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeiter sowie der Qualität unserer Forschung", unterstreicht der für die Forschung zuständige Prodekan Prof. Rolf Jessberger. "Mittelfristiges Ziel bleibt es, zu den zehn medizinischen Spitzenfakultäten in Deutschland zu zählen." Ein wichtiger Grund für die anhaltende positive Entwicklung der Drittmittel-Einnahmen liegt auch im besonderen Umfeld der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus begründet. "Die engen Kooperationen beispielsweise mit dem Zentrum für Regenerative Therapien, dem Biotechnologischen Zentrum oder mit dem Max Planck-Institut bilden den Nährboden für diese außerordentliche Entwicklung und waren ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der TU Dresden in der Exzellenz-Initiative des Bundes", unterstreicht Dekan Prof. Heinz Reichmann. "Mit den weiterhin wachsenden Mitarbeiterzahlen sind die Medizinische Fakultät und das Universitätsklinikum gleichzeitig wichtige regionale Arbeitgeber für Akademiker und technische sowie pflegerische Mitarbeiter."

Bundesmittel stellen den größten Anteil

Die zusätzlich für Forschungsprojekte eingeworbenen Gelder - sogenannte Drittmittel - stammen mit 47 Prozent knapp zur Hälfte aus Mitteln des Bundes (35,8 Millionen. Euro), hier insbesondere vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Weiterhin stammen 3,1 Prozent der Drittmittel aus Mitteln der Europäischen Union (2,4 Millionen Euro). Andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen, darunter das Land Sachsen, stellten 18,2 Millionen Euro (23,6 Prozent) zur Verfügung. Insgesamt 20,6 Millionen Euro (26,7 Prozent) und damit knapp ein Drittel kamen aus der Industrie und sonstigen Bereichen.

Internationale Vernetzung wird ausgebaut

Im Bereich der Wirtschaft unterhält die Medizinische Fakultät rund 250 vertraglich geregelte Kooperationen mit etwa 120 Firmen in Deutschland sowie rund 145 Kooperationen mit etwa 85 ausländischen Firmen. Die Institute und Kliniken der Fakultät weisen darüber hinaus circa 270 Kooperationsbeziehungen zu 43 Hochschuleinrichtungen und 205 Kooperationen zu 140 anderen wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland sowie 585 Kooperationsprojekte mit 290 Hochschuleinrichtungen und anderen wissenschaftlichen Partnern im Ausland auf, darunter solch renommierte Einrichtungen wie Harvard University Boston, National Institutes of Health (NIH), Yale University New Haven und das MD Anderson Cancer Center Houston. Der Standort der Dresdner Hochschulmedizin verbindet die medizinische Grundlagenforschung eng mit klinischer Forschung und leistet medizinische Maximalversorgung überregional und international. Der auch 2013 belegte vordere Platz des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus im bisher größten deutschen Krankenhaus-Ranking, initiiert vom Nachrichtenmagazin FOCUS, zeigt: Spitzenforschung und herausragende Krankenversorgung sind in Dresden zwei Seiten von ein und derselben Medaille.

Stetiger Anstieg bei Zahl und Qualität wissenschaftlicher Veröffentlichungen

Die Anzahl der Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften stieg von 1.670 im Vorjahr auf nun 1.891. Hierbei wurden höchst angesehene internationale, übergeordnete Wissenschafts- und Spitzenjournale der Fachdisziplinen bedient, darunter Top-Journale wie Nature, Science, Lancet, Blood, Leukemia, Lancet Oncology, Nature Methods, Genes & Development, Nature Reviews Clinical Oncology, Nature Reviews Neuroscience, European Heart, oder Nature Biotechnology. Die Summe der ungewichteten Impactpunkte stieg von 5.340 im Jahr 2011 auf 6.400 im Berichtszeitraum, dem bisher höchsten Wert in der Fakultätsgeschichte.

Nachwuchs wird konsequent gefördert

Forschung und Lehre sind an der Medizinischen Fakultät in hohem Maße verzahnt. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aktueller Forschungsarbeiten von Mitarbeitern der Fakultät werden in Vorlesungen und Seminaren für Doktoranden angeboten. Es wurde ein Promotions-Kolleg für besonders begabte und forschungsinteressierte Studierende etabliert. Die Teilnahme soll die Doktoranden befähigen, nachfolgend an dem von der Exzellenzinitiative geförderten MD/PhD-Programm innerhalb der "Dresden International Graduate School for Biomedicine and Bioengineering (DIGS-BB)" teilzunehmen, die ihrerseits ein weiterer wesentlicher Faktor für die Exzellenz-Bewerbung mit starker Beteiligung der Dresdner Hochschulmedizin war. Durch einen intensivierten Kontakt der Studierenden mit Forschungsinhalten innerhalb des Reformcurriculums DIPOL wird den Studierenden so neben der Ausbildung zum praktizierenden Arzt auch eine Ausbildung mit stärker wissen schaftlichen Komponenten angeboten. Die zahnmedizinische Ausbildung in Dresden konnte sich im nationalen Ranking sowie im Studentenaustauschprogramm mit sechs europäischen Ländern und Kanada in der Spitzengruppe behaupten.

Weltweit führende Infrastruktur bei onkologischer Strahlenforschung Die Dresdner Krebsforschung belegt inzwischen einen Spitzenplatz in der deutschen Universitätslandschaft - der Zusammenschluss des Dresdner Forschungsclusters OncoRay mit "HIRO" in Heidelberg zum "National Center for Radiation Research in Oncology Dresden/ Heidelberg" ist nur ein weiterer Beleg dafür. Die beiden Einrichtungen verfügen so gemeinsam über eine Infrastruktur und Kompetenz in der Strahlenforschung, die selbst im internationalen Vergleich ihresgleichen sucht. Für kontinuierliche Drittmittel-Einnahmen in großem Umfang sorgen zudem der Sonderforschungsbereich 655 "Cells into tissues", das DFG-Forschungszentrum "Regenerative Therapien", die Klinische Forschergruppe 249 "Defekte des angeborenen Immunsystems bei autoinflammatorischen und autoimmunologischen Erkrankungen", der Sonderforschungsbereich / Transregio 67 "Funktionelle Biomaterialien zur Steuerung von Heilungsprozessen in Knochen- und Hautgewebe", Projekte des Forschungsverbundes Public Health und weitere Vorhaben. Der hohe Anteil an öffentlichen Fördermitteln des Bundes, des Freistaats, der EU sowie von Stiftungen ist ein Beleg für die hohe Qualität der Forschungsprojekte: Als wichtiges Förderkriterium legen diese Institutionen das hohe wissenschaftliche Niveau der Projekte zugrunde.


Weitere Informationen
Die Leistungsbilanz der Fakultät ist online unter
http://tu-dresden.de/med/forschung abrufbar.

Nähere Informationen sind im
Referat Forschung bei Hans-Jürgen Weigt
E-Mail: hjweigt@tu-dresden.de erhältlich.

Der Jahresbericht des Universitätsklinikums ist unter
http://www.uniklinikum-dresden.de/das-klinikum/jahresbericht abrufbar.


Kontakte

Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
Prof. Dr. med. Heinz Reichmann, Dekan
E-Mail: meddekan@mailbox.tu-dresden.de
http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/medizinische_fakultaet

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Prof. Dr. med. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand
E-Mail: Med.Vorstand@uniklinikum-dresden.de
http://www.uniklinikum-dresden.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1564

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Holger Ostermeyer, 01.10.2013

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Leibniz-Institut für Altersforschung / Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI) - 29.09.2013

Screening mit Erfolg - Neue Inhibitoren für Notch-Signalweg entdeckt

Der Notch-Signalweg spielt bei vielen Entwicklungsprozessen eine wichtige Rolle. Funktioniert er nicht richtig, kann Krebs entstehen. Zum besseren Verständnis dieses Signalweges durchsuchten Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Altersforschung in Jena gezielt riesige Substanzbanken. Mit Hilfe mikroskopischer Screening-Methoden gelang es in Zusammenarbeit mit Chemikern und Pharmazeuten der Universität Jena aus 17.000 Verbindungen 5 Substanzen herauszufinden, die eine Wirkung auf den Notch-Signalweg haben. Möglicherweise ergeben sich hieraus neue Ansatzpunkte für zielgerichtete Therapiestrategien bei Notch-initiierten Erkrankungen. (Nat. Chem. Biol. 2013, doi: 10.1038/nchembio.1356)

Mittels Rezeptoren und den daran gekoppelten Signalwegen reagieren Zellen auf äußere Reize. So können bereits Einzeller durch Regulation ihres Stoffwechsels auf Veränderungen der Umwelt reagieren und somit ihr Überleben sichern. Auch für Mehrzeller - wie Tiere und Menschen - sind Rezeptoren und ihre Signalwege von essentieller Bedeutung und wichtiger Bestandteil bei der Verarbeitung verschiedener Signale (z.B. Hormone) und äußerer Reize (z.B. Gerüche). Zusätzlich haben Mehrzeller Mechanismen entwickelt, mit denen Zellen über Rezeptoren direkt untereinander kommunizieren können.

Einer dieser wichtigen Signalwege, über den Zellen in Tieren und Menschen miteinander kommunizieren, ist der Notch-Signalweg. "Notch ist ein für zahlreiche Entwicklungs- und Differenzierungsvorgänge in unserem Körper essentieller Rezeptor, z.B. bei der Bildung neuer Blut- oder Darmzellen", erläutert Dr. Christoph Kaether, Leiter der Arbeitsgruppe Membrantransport am Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena. "Störungen des Signalweges rufen eine Vielzahl von Erkrankungen hervor und sind auch an der Entstehung zahlreicher Krebsarten beteiligt", so Kaether weiter.

Bei der Untersuchung des Notch-Signalweges durchforsteten die Jenaer Forscher gezielt eine Sammlung von wirkstoffähnlichen Substanzen, die diesen Signalweg beeinflussen könnten. Im Rahmen eines Projektes der Leibniz-Gemeinschaft stellte das Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie in Berlin die ChemBioNet-Substanzbank mit 17.000 Verbindungen zur Verfügung. Mittels am FLI entwickelter automatisierter Mikroskopie gelang es den Wissenschaftlern, daraus einige neue Substanzen zu identifizieren, die den Notch-Signalweg beeinflussten.

"Wir sind froh, mit diesem neuen Ansatz so interessante Substanzen identifiziert zu haben", erzählt Dr. Andreas Krämer, Postdoc in der Arbeitsgruppe Kaether, "denn solche sogenannten 'Screenings' sind einer Suche nach einer Nadel im Heuhaufen nicht unähnlich". "Besonders spannend für uns ist eine der Verbindungen, die ein neuartiges Wirkspektrum zeigt", so Krämer weiter. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass diese Verbindung den Export von Notch und anderen Proteinen aus dem endoplasmatischen Retikulum an ihren eigentlichen Bestimmungsort unterbindet. Für diese Wirkung ist die "FLI-06" genannte Verbindung das erste bekannte Beispiel überhaupt.

Zur genauen Untersuchung der aufgefundenen Substanzen und deren biologischer Wirkung arbeiteten die Forscher des FLI eng mit den Chemikern um Prof. Dr. Hans-Dieter Arndt und den Pharmazeuten um Prof. Dr. Oliver Werz an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zusammen. "Bei solchen grundlegenden Untersuchungen in der Chemischen Biologie ist die Kontrolle über die molekulare Struktur und die Reinheit der Substanzen ein ganz wichtiger Aspekt", ergänzt Prof. Arndt. Das Team um Prof. Dr. Christoph Englert, Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Genetik am FLI erbrachte anschließend mit seinen Versuchen am Modellorganismus Zebrafisch den wichtigen Beleg, dass die "im Reagenzglas" an einzelnen Zellen gefundene Wirkung auf den Notch-Signalweg auch im lebenden Organismus nachweisbar ist.

"Unsere Studie ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die heutige Forschung von interdisziplinärer und einrichtungsübergreifender Zusammenarbeit profitiert. Das gelingt gerade am Standort Jena ganz prima", betont Dr. Kaether, Initiator der Studie. Ein Patentantrag wurde bereits gestellt. In Kooperation mit den Chemikern und Pharmazeuten der Friedrich-Schiller-Universität möchten die Forscher des FLI jetzt die Eigenschaften von FLI-06 weiter ergründen und verbessern. "Mit FLI-06 haben wir aber schon jetzt die Möglichkeit, die sehr ungenügend verstandenen Prozesse im endoplasmatischen Retikulum wesentlich besser untersuchen zu können. Darüber hinaus könnten weitere Untersuchungen neue Ansatzpunkte für Erkrankungen liefern, an denen Notch beteiligt ist", hoffen die Wissenschaftler.
Die Forschungsergebnisse erscheinen in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Chemical Biology online am 29.09.2013.


Kontakt:
Dr. Kerstin Wagner
Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
Beutenbergstr. 11, 07745 Jena
E-Mail: presse@fli-leibniz.de

Originalpublikation:
Krämer A, Mentrup T, Kleizen B, Rivera-Milla E, Reichenbach D, Enzensperger C, Nohl R, Täuscher E, Görls H, Ploubidou A, Englert C, Werz O, Arndt HD, Kaether
C. Small molecules intercept Notch signaling and the early secretory pathway.
Nat. Chem. Biol. 2013, doi: 10.1038/nchembio.1356.

Weitere Informationen finden Sie unter
www.fli-leibniz.de
Homepage Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI)


Hintergrundinfo

Mit Hilfe von Signalwegen reagieren Zellen auf äußere Signale. Einer der wichtigsten und am weitesten verbreiteten Signalwege ist der Notch-Signalweg, der nach seinem Rezeptor "Notch" benannt ist. Das Gen für diesen Rezeptor entdeckte Thomas Hunt Morgant 1917 bei der Fruchtfliege (Drosophila melanogasta). Eine Mutation des Gens führte zu Kerben (engl. "notches") in den Fliegenflügeln.

Der Notch-Signalweg ermöglicht die Zell-Zell-Kommunikation benachbarter Zellen durch die Interaktion des Notch-Rezeptors auf der Oberfläche der einen Zelle mit membranständigen Liganden auf der Oberfläche der anderen Zelle. Der Signalweg ist besonders wichtig während der Embryonalentwicklung (Embryogenese), aber auch im adulten Organismus, insbesondere bei der Zelldifferenzierung. Der Notch-Signalweg ist aber auch an vielen Krankheiten beteiligt, wie zum Beispiel an Krebs, insbesondere einigen Leukämiearten wie AML, aber auch an Multipler Sklerose oder der FALLOT-Tetralogie, einer angeborenen Herzfehlbildung.

Der Zebrafisch (Danio rerio) ist ein weit verbreiteter Modellorganismus der biomedizinischen Forschung. Er ist einfach zu halten und produziert in rascher Folge viele Nachkommen. Die Embryonen entwickeln sich schnell und außerhalb des Muttertiers. Erwachsene Fische werden bis zu fünf bis sechs Zentimeter lang. In den frühen Entwicklungsphasen sind die Fische transparent, so dass sich Entwicklungsvorgänge unmittelbar beobachten lassen. Zebrafische zeigen die besondere Eigenschaft, dass nach kleinerer Verletzung wichtige Organe des Körpers, wie z.B. das Herz und die Flossen, wieder nachwachsen.


Das Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist das erste deutsche Forschungsinstitut, das sich seit 2004 der biomedizinischen Altersforschung widmet. Über 330 Mitarbeiter aus 25 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter
www.fli-leibniz.de

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 86 selbständige Forschungseinrichtungen, deren Ausrichtung von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften reicht. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung, unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Die Institute pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, der Industrie und anderen Partnern im In-und Ausland und unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 16.500 Personen, darunter 7.700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,4 Milliarden Euro. Näheres unter
www.leibniz-gemeinschaft.de

Quelle: Leibniz-Institut für Altersforschung / Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI) - Dr. Kerstin Wagner (Presse & Öffentlichkeitsarbeit), 29.09.2013

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution517

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2013