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MELDUNG/651: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 21.01.13 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Wie geht es den Pommern in Brasilien?
→  Intensivtherapie am Dresdner Uniklinikum - High Tech rettet Leben bei akutem Lungenversagen



Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 18.01.2013

Wie geht es den Pommern in Brasilien?

Brasilianische Wissenschaftler bereiten Gesundheitsstudie SHIP für ihr Heimatland vor

Noch in diesem Jahr wird die erfolgreiche Gesundheitsstudie SHIP (Study of Health in Pomerania) erstmals in einem anderen Land starten; weitere Länder wollen folgen und von den Erfahrungen der Greifswalder profitieren. Der Greifswalder Oberbürgermeister, Dr. Arthur König, wird am Montag, dem 21. Januar 2013 drei brasilianische Wissenschaftler von der Universität Blumenau treffen.

Der Vorpommer ist der am besten untersuchte Mensch in Deutschland. Seit über zehn Jahren läuft die Langzeitgesundheitsstudie SHIP, eine der größten Gesundheitsstudien zur Erforschung von Volkskrankheiten. "Wir freuen uns, dass die erste internationale Untersuchung nach dem SHIP-Vorbild in einer Region stattfinden wird, mit der wir sehr eng verbunden sind", sagte Projektleiter Prof. Henry Völzke. Zwischen 1840 und 1910 verließen viele Pommern ihre Heimat, um ihren Traum von einer besseren Zukunft zu verwirklichen. So gelangten ca. 26.000 Pommern nach Brasilien und schufen sich dort ein neues Zuhause, beispielsweise in Pomerode. Greifswald und Pomerode verbindet seit 2001 eine enge freundschaftliche Beziehung.

Gegenwärtig weilen drei Wissenschaftler der Universität Blumenau in Greifswald. Der Epidemiologe Prof. Ernani Tiaraju de Santa Helena, der Zahnmediziner Prof. Joao Luiz Gurgel Calvet da Silveira und der Laborexperte Prof. Caio Mauricio Mendes de Cordova arbeiten unter Hochdruck an dem Start der SHIP-Studie in der Region Blumenau/Pomerode in Brasilien. In den nächsten Wochen sollen die Studiengestaltung und der Zeitplan konkretisiert werden. Nach derzeitigem Planungsstand werden 3.000 Einwohner (20-79 Jahre) der Stadt Pomerode zur Untersuchung eingeladen. "Wir erwarten, dass etwa die Hälfte der Personen deutscher Abstammung ist", so Völzke. "Aufgrund der historischen Auswandererbeziehung wird das Ergebnis dementsprechend von hohem Interesse für die Bevölkerungsforschung sein."

Aktuelle Ergebnisse der SHIP-Studie

PI vom 4. Dezember 2012 ("Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten"):
http://www.idw-online.de/de/news510543
http://ship.community-medicine.de

Universitätsmedizin Greifswald
Institut für Community Medicine
Study of Health in Pomerania (SHIP)
Projektleiter: Prof. Dr. med. Henry Völzke
Walter-Rathenau-Straße 48, 17475 Greifswald
E voelzke@uni-greifswald.de
www.medizin.uni-greifswald.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Constanze Steinke, 18.01.2013

Raute

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden - 18.01.2013

Intensivtherapie am Dresdner Uniklinikum: High Tech rettet Leben bei akutem Lungenversagen

Doppelte Premiere am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden: Die Spezialisten der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie konnten dank des Einsatzes eines Spezialgeräts zur Sauerstoff-Anreicherung des Blutes und einem besonders schonenden Beatmungsmodus das Leben eines 30-jährigen Patienten retten. Nach 57 Tagen intensivmedizinischer Versorgung wurde der unter akutem Lungenversagen leidende Mann in eine Rehabilitationsklinik entlassen.Das sogenannte extrakorporale Gasaustauschverfahren wurde am Dresdner Uniklinikum erstmals eingesetzt und dabei in Kombination mit dem selbstentwickelten Beatmungsmodus kombiniert.

Der engen Zusammenarbeit der Ärzte und Wissenschaftler ist es zu verdanken, dass der erkrankten Lunge des Patienten genügend Zeit zur Regeneration gegeben werden konnte. In einem Workshop am 25. Januar geben die Intensivmediziner des Uniklinikums ihr Wissen und ihr Know-how um die Beatmung von Patienten und das extrakorporale Gasaustauschverfahren an ihre Fachkollegen aus der Region weiter. Die dabei vermittelten Kenntnisse innovativer Beatmungsverfahren sollen dazu beitragen, die Lungen von intensivmedizinisch versorgten Patienten noch stärker als bisher zu schonen.

Bei Patienten mit akutem Lungenversagen müssen die Intensivmediziner die maschinelle Beatmung aggressiver gestalten, um den Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Doch der dazu notwenige höhere Druck schädigt die erkrankte Lunge weiter. "Das ist ein verhängnisvoller Kreislauf, den wir durchbrechen mussten, um den Patienten zu retten", sagt Prof. Marcelo Gama de Abreu. Der Anästhesist und Wissenschaftler leitet den Bereich klinische und experimentelle Forschung der Klinik und ist zugleich auch als Oberarzt tätig. Nachdem der 30-Jährige Patient aus Pirna ans Dresdner Uniklinikum verlegt wurde, entschied sich das Ärzteteam der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie unter Leitung von Prof. Thea Koch und der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie unter Leitung von Prof. Jürgen Weitz ein Gerät einzusetzen, mit dem das Blut des Patienten außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert wird. Damit können die Ärzte die Aggressivität der Beatmung senken. Dank des damit einhergehenden niedrigeren Drucks wird die erkrankte Lunge geschont und kann besser ausheilen.

Bei dem 30-jährigen Patienten zeigte diese Therapie schnell Erfolg - die Lunge konnte wieder selbst Sauerstoff ins Blut transportieren und Kohlendioxid abatmen; nach neun Tagen konnte das Gerät zum extrakorporalen Gasaustausch ausgeschaltet werden berichtet der Leiter der Intensivstation, Prof. Maximilian Ragaller. Die nächste Aufgabe für die Intensivmediziner bestand darin, den Patienten von der künstlichen Beatmung zu entwöhnen. Hierzu setzten sie ein an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie entwickeltes und patentiertes Konzept zur variablen Beatmung von Patienten ein, das seit gut einem Jahr weltweit von der Firma Dräger - einem international führenden Unternehmen der Medizintechnik - vermarktet wird. "Die Behandlung eines Patienten mittels extrakorporalen Gasaustausches ist sehr anspruchsvoll und verlangt eine sehr enge Zusammenarbeit von Ärzten sowie Pflegepersonal. Diese Herausforderung, kann nur in Teamarbeit bewältigt werden. Unsere Mannschaft auf der Intensivtherapiestation ist dieser Aufgabe jedoch gewachsen.", betont Prof. Marcelo Gama de Abreu.

Neuer Modus löst monotone Beatmungsmuster ab und schont so Patienten

Biologische Systeme - also auch der menschliche Organismus - funktionieren nicht mit der Regelmäßigkeit einer Mechanik. Vielmehr unterliegen sie einer natürlichen Variabilität. Das gilt auch für die normale Atmung gesunder Menschen: Sie ist geprägt von einer kontinuierlichen Variation der Frequenz und des Volumens einzelner Atemzüge. Müssen Schwerkranke durch ein Beatmungsgerät unterstützt werden, standen dem behandelnden Arzt bisher fast ausschließlich monotone Beatmungsmuster zur Verfügung. Doch das geht unmittelbar zu Lasten der körpereigenen Steuerungsfunktion. Denn in vielen Fällen wird es schwieriger, die Patienten von der assistierten Beatmung zu entwöhnen. "Mit der Dauer der Beatmung steigt für den Patienten das Risiko einer Lungenentzündung", nennt der Anästhesist und Wissenschaftler Prof. Marcelo Gama de Abreu ein weiteres Problem, das sich mit dem von ihm erfundenen Beatmungsmodus vermeiden lässt, der auch bei dem 30-jährigen Patienten mit akutem Lungenversagen erfolgreich eingesetzt wurde. Nach 57 Tagen intensivmedizinischer Versorgung wurde er kurz vor Weihnachten in eine Rehabilitationsklinik entlassen.

Intensivmediziner geben Spezialwissen in einem Workshop weiter

Die Qualität in der Versorgung Schwerstkranker zu verbessern und dabei die finanzielle Belastung des Gesundheitswesen insgesamt in Grenzen zu halten, ist Ziel eines Netzwerkprojekts der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie: "Wir bereiten die Gründung eines Referenzzentrums für schwierige Beatmungsfälle am Uniklinikum vor", erklärt Klinikdirektorin Prof. Thea Koch. In diesem Rahmen findet am 25. Januar ein Workshop statt, in dem Experten des Uniklinikums ihr Wissen in Vorträgen und praktischen Übungen an Intensivmediziner weitergeben. Ziel ist es, die Standards der Maximalversorgung in möglichst vielen Krankenhäusern zu etablieren und die Ärzte vor Ort zu beraten. Das Klinikum würde in einem solchen Netzwerk vorrangig solche intensivmedizinisch versorgten Patienten behandeln, die beispielsweise von einem besonders ausgeprägten Lungenversagen betroffen sind.

Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie
Prof. Dr. Marcelo Gama de Abreu
E-Mail: mgabreu@uniklinikum-dresden.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.tu-dresden.de/medkai
http://www.uniklinikum-dresden.de/ane

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1564

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Holger Ostermeyer, 18.01.2013

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2013