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MELDUNG/469: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 05.12.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Wie leite ich ein Krankenhaus? - Planspiel MOSHI der Universität Greifswald
→  Klimawandel und Gesundheit - Gefahr durch Mücken
→  Makrophagen sind Teil eines unbekannten Immunsystems
→  Projekt Toponom Atlas erhält internationale Anerkennung in der Krebsforschung
→  Knochenmarkstransplantation
      Erlanger Forscher wollen Auslösemechanismus für Folgeerkrankung klären


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Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 02.12.2011

Wie leite ich ein Krankenhaus? - Planspiel MOSHI der Universität Greifswald

Mit einem Planspiel können Studierende der Universität Greifswald jetzt ein virtuelles Krankenhaus leiten. Mit dem Programm MOSHI (Management of Small Hospitals) kann ein reales Krankenhaus im Computer simuliert und verschiedene betriebswirtschaftliche Situationen durchgespielt werden. Das Grundprogramm wurde von Prof. Steffen Fleßa von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Greifswald einst speziell für kleine Krankenhäuser in Entwicklungsländern entwickelt und jetzt aktualisiert. Ab März 2012 wird das Programm erstmals in der Ausbildung im Rahmen des Allgemeinen Wahlpflichtfaches "Internationales Gesundheitsmanagement" eingesetzt.

Der Studierende übernimmt ab der ersten Spielminute Verantwortung für die 120 Betten des kleinen virtuellen Krankenhauses in einer ländlichen Gegend Afrikas. Als Management-Team, das aus Administrator, Arzt und Verantwortlichem für das Pflegepersonal besteht, muss er alle Vorgänge im Haus koordinieren und leiten. Das Team gibt dem Krankenhaus u. a. seinen Namen, bestimmt die Anzahl von Mitarbeitern und überwacht die Finanzen.

Dabei sind die ökonomischen Herausforderungen genauso wichtig wie die Bedürfnisse der Patienten. "Das Planspiel funktioniert wie ein echtes Krankenhaus. MOSHI simuliert unvorhergesehene Ereignisse, wie zum Beispiel Lohnerhöhungen oder Epidemien, und stellt den Spieler damit vor immer neue Herausforderungen, auf die er schnell reagieren muss", erklärt Prof. Steffen Fleßa. "Trotzdem können getroffene Entscheidungen revidiert werden, um die Situation im Krankenhaus wieder zu verändern." Jeder Klick hat in dem Spiel andere Auswirkungen auf das Krankenhaus und seine Patienten. Dies entspricht der Realität, da in jedem Krankenhaus täglich zahlreiche Einzelentscheidungen getroffen werden, die sich letztlich auf die gesamt Klinik auswirken. Mit dem Simulationsspiel können nachhaltige Lernprozesse spielend vermittelt werden.

Das Spiel wurde in den 1990er Jahren entwickelt, um das Spiel- und Führungsverhalten von tansanischen Krankenhausmanagern zu analysieren. Es zeigte sich jedoch, dass MOSHI ein ideales Trainingsinstrument ist. Hier können Personal-, Qualitäts-, Leistungs- und Finanzmanagement in ihren wechselseitigen Beziehungen erlebt und erprobt werden, so wie es in den Vorlesungen kaum möglich ist. MOSHI wurde deshalb sowohl in Tansania als auch in Deutschland regelmäßig eingesetzt, zuletzt 2010 in einem internationalen Leadership Training für Studierende aus Vietnam, Indonesien und den Philippinen. Da sich sowohl die Anforderungen des Krankenhausmanagements als auch die EDV weiterentwickelt haben, musste das Planspiel nun neu konzipiert und vollständig neu programmiert werden. MOSHI wird damit auch den Studierenden der Universität Greifswald im Studienschwerpunkt "Internationales Gesundheitsmanagement" zugänglich gemacht.

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Steffen Fleßa
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement
Friedrich-Loeffler-Straße 70, 17487 Greifswald
steffen.flessa@uni-greifswald.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.rsf.uni-greifswald.de/flessa.html
Gesundheitsmanagement an der Universität Greifswald

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jan Meßerschmidt, 02.12.2011


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Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen - 02.12.2011

Zwei gegen einen Aufsteiger - BiK-F kooperiert mit nepalesischer Gesundheitsbehörde

Das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) und der Nepal Health Research Council haben ein Rahmenabkommen zur Zusammenarbeit im Bereich Klimawandel und Gesundheit geschlossen. Wissenschaftler beider Institutionen erforschen seit kurzem tropische Stechmücken, die das Dengue-Fieber übertragen und sich im Zuge der Klimaerwärmung nun auch im Hochtal von Nepals Hauptstadt Kathmandu wohl fühlen. Die Ergebnisse sind auch für Europa relevant, da es eine der Stechmückenarten geschafft hat, weite Teile des Mittelmeerraumes zu erobern. In Zukunft soll die Kooperation ausgedehnt werden, um den Einfluss von Klima und anderen Umweltveränderungen auf weitere Gesundheitsrisiken zu untersuchen.

Der Name "Nepal" weckt vor allem Assoziationen an die majestätische Berglandschaft des Himalaya. Doch während Bergsteiger und Wanderer aus aller Welt willkommen sind, möchte man einen anderen "Aufsteiger" möglichst fernhalten - das Dengue-Fieber, eine Viruserkrankung, die zu schweren grippeähnlichen Symptomen und Blutungen führen kann. Übertragen werden Dengue-Viren durch tagaktive Stechmücken - die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus und den Gelbfieber-Moskito Aedes aegypti. Die letztgenannte, weltweit der gefürchtetste Dengue-Überträger, ist neu in Nepal: "Gelbfieber-Moskitos wurden in Nepal erstmals 2006 in einigen Städten entlang der südlichen Grenze zu Indien gefunden, 2009 dann auch in der Hauptstadt Kathmandu", so Dr. Ulrich Kuch, der im Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) die Erforschung von Klima- und Biodiversitäts-Einflüssen auf neue und vernachlässigte Tropenkrankheiten leitet. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass beide Dengue-Überträger mit den heutigen klimatischen Bedingungen in Kathmandu, also auf rund 1.300 Metern Höhe, gut zurechtkommen; in einigen ländlichen Gegenden konnten wir sie schon auf 1.600 Metern nachweisen."

Mückenfang im Himalaya

Um abzuschätzen, welche Gefahr die Mücken bergen, untersuchen die Wissenschaftler des BiK-F und des Nepal Health Research Council (NHRC), wie sich diese vom Tiefland in die Berge ausbreiten. In dem kleinen Land mit enormen Höhenunterschieden, das im Süden kaum 100 m über dem Meeresspiegel liegt, während im Nordosten die Berge knapp 9.000 m (Mount Everest) aufragen, lassen sich die Auswirkungen der schnellen Erwärmung besonders gut erfassen. Dabei geht es nicht allein ums Mückenzählen und den Virus-Nachweis, sondern auch um das Wetter zur Zeit des Vorkommens, die Konkurrenz der beiden Mücken-Arten untereinander und ihre Fähigkeit, das Dengue-Virus unter verschiedenen Umweltbedingungen zu übertragen. Gletscher schmelzen, Dengue-Moskitos kommen

Eine entscheidende Rolle beim "Aufstieg" des Virus und seiner Überträger spielt der globale Temperaturanstieg. In Nepal hat sich die Jahresmitteltemperatur besonders schnell erhöht: in den letzten 32 Jahren um 1,8 Grad Celsius - ein Faktor, welcher der Asiatischen Tigermücke und dem besonders wärmeliebenden Gelbfieber-Moskito in die Hände spielt. Die zunehmende Verstädterung, Handel und Migration der Bevölkerung beschleunigen die Verbreitung zusätzlich. Entsprechend zügig hat das Dengue-Fieber in Nepal "Karriere" gemacht. 2004 wurde die Krankheit erstmals diagnostiziert, 2006 gab es bereits den ersten größeren Ausbruch und schon 2010 grassierte das Fieber als Epidemie im Tiefland. "Viele Fälle werden aber gar nicht erkannt, weil es an diagnostischen Möglichkeiten mangelt oder die Infektion einen milden Verlauf nimmt", sagt Kuch. Das geographische Vorkommen des Virus und seiner Varianten in Nepal zu kartieren und im Kontext von Klimawandel und menschlicher Mobilität zu analysieren, ist daher eine weitere wichtige Aufgabe für die Kooperationspartner.

Labortests für Bekämpfungsstrategien

"Weil es bisher keine spezifische Behandlung gegen das Dengue-Virus gibt, brauchen wir in Nepal wirksame, kosteneffiziente und umweltverträgliche Überwachungs- und Bekämpfungsstrategien gegen die Überträger." so Meghnath Dhimal, Chief Research Officer beim NHRC, der im Rahmen seiner Doktorarbeit für einen Forschungsaufenthalt zu BiK-F nach Deutschland gekommen ist. Das ist jetzt auch in Europa ein aktuelles Thema, denn eine der Arten, die Asiatische Tigermücke, hat es im Zuge von Globalisierung und Klimaerwärmung mittlerweile geschafft, weite Teile des Mittelmeerraumes zu erobern. In den Klimalabors des BiK-F wird getestet, wie widerstandsfähig die tropischen Stechmücken je nach Umgebungstemperatur gegen Insektizide sind und wie gut sie sich an Kälte anpassen können.

Kooperation mit führender nepalesischer Gesundheitsorganisation

Der BiK-F-Kooperationspartner, der Nepal Health Research Council (NHRC), ist die autonome Spitzenorganisation für Gesundheitsforschung von Nepal. Er berät die Regierung in Gesundheitsfragen und ist als Nationale Ethikkommission für die Koordinierung der gesundheitsrelevanten Forschung im Land verantwortlich. Außerdem betreibt der NHRC Ressortforschung für das Gesundheitsministerium sowie unabhängige Forschung. Im Rahmen des Besuchs einer hochrangigen Delegation des NHRC in Frankfurt am Main und eines anschließenden Gegenbesuchs von BiK-F-Wissenschaftlern in Nepal wurde beschlossen, die Zusammenarbeit auszuweiten. So soll in Zukunft auch der Einfluss von Klima- und anderen Umweltveränderungen auf die in Nepal besonders häufigen Schlangenbiss-Vergiftungen und auf Erkrankungen untersucht werden, die von Fledermäusen und Nagetieren übertragen werden. Durch die Kooperation mit dem NHRC baut das Biodiversität und Klima Forschungszentrum seine Zusammenarbeit mit Gesundheitsbehörden in Asien aus; ähnliche Beziehungen bestehen bereits zu Gesundheitsministerien und Ressort-Forschungseinrichtungen in Bangladesch und Myanmar.

Weitere Informationen:
Dr. Ulrich Kuch
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
E-Mail: ulrich.kuch@senckenberg.de

oder

Sabine Wendler
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F),
Pressereferentin
E-Mail: sabine.wendler@senckenberg.de

LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt am Main
Mit dem Ziel, anhand eines breit angelegten Methodenspektrums die komplexen Wechselwirkungen von Biodiversität und Klima zu entschlüsseln, wird das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) seit 2008 im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Goethe Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Institutionen aus Wissenschaft, Ressourcen- und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben.
Mehr unter www.bik-f.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution639

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Sabine Wendler, 02.12.2011


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Universitätsmedizin Mannheim - 02.12.2011

Makrophagen sind Teil eines unbekannten Immunsystems

Neue Studie weist flexible Immunabwehr in evolutionsbiologisch alten Immunzellen nach

Offenbar sind die Makrophagen lange Zeit unterschätzt worden. Rund 130 Jahre nach der Entdeckung dieser Immunfresszellen durch den Nobelpreisträger Ilja Iljitsch Metschnikow hat jetzt eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) erstmals nachgewiesen, dass es Makrophagen gibt, die über ein flexibles Immunerkennungssystem verfügen. Die Makrophagen, die seit jeher als klassische Pfeiler des angeborenen Immunsystems angesehen werden, besitzen demnach Eigenschaften, die bisher nur dem adaptiven Immunsystem zugeschrieben wurden.

Die möglichen Implikationen dieses bisher unbekannten Makrophagen-Immunsystems für die Entzündungsforschung sind zahllos. "Da Makrophagen an chronischen Entzündungsprozessen nahezu jeglicher Couleur beteiligt sind, beeinflusst die Entdeckung die Erklärungsmodelle für unterschiedlichste Erkrankungen, deren Entstehung und Verläufe bislang unverstanden sind", so Professor Dr. Wolfgang Kaminski. Der als Oberarzt am Institut für Klinische Chemie der UMM tätige Labormediziner hat die Forschungen gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. med. Alexander Beham, Oberarzt in der Allgemein- und Viszeralchirurgie der UMG, federführend geleitet.

Am Beispiel der Tuberkulose konnte die Gruppe um Professor Kaminski bereits nachweisen, dass das neu entdeckte Makrophagen-Verteidigungssystem eine bedeutende Rolle bei der Immunabwehr im Zusammenhang mit dieser gefährlichen Infektionskrankheit spielt, an der derzeit weltweit etwa 10 Millionen Menschen erkrankt sind.

Zum Hintergrund der Entdeckung: Unser Immunsystem verfügt über zwei verschiedene Mechanismen, mit denen es als "fremd" erkannte Organismen oder Substanzen bekämpft: die angeborene (innate) und die erworbene (adaptive) Immunantwort. Das aus evolutionsbiologischer Sicht deutlich ältere System ist die angeborene Immunantwort.

Bislang war die Wissenschaft davon überzeugt, dass die angeborene Immunantwort im Gegensatz zur erworbenen Immunantwort nicht flexibel ist, nur unselektiv auf fremde Reize reagieren kann und daher auch über kein "immunologisches Gedächtnis" verfügt. Demgegenüber sind die Gedächtniszellen des lernenden Immunsystems besonders wirksam bei wiederkehrenden Reizen: Wurden diese beim ersten Kontakt als gefährlich eingestuft, so wird eine sehr produktive und selektive Immunantwort ausgelöst. Reize, die als ungefährlich eingestuft wurden, erzeugen eine Immuntoleranz.

Die aktuelle Arbeit legt jedoch nahe, dass die in der Evolution lange vor den Lymphozyten des lernenden Immunsystems entstandenen Makrophagen bereits über dieselben spezifischen Immunerkennungsmechanismen verfügen, die die Lymphozyten als Ausführungsorgane des heutigen adaptiven Immunsystems nutzen. Die neu entdeckte Makrophagenpopulation bildet möglicherweise eine Brücke zwischen dem klassisch angeborenen Immunsystem und dem nach bisheriger Kenntnis nur von Lymphozyten benutzten lernenden Immunsystem.

Angesichts der zentralen Bedeutung der Makrophagen in der generellen Immunabwehr gehen die Wissenschaftler davon aus, dass das neu entdeckte flexible Makrophagen-Verteidigungssystem eine wichtige Rolle bei der Entstehung weiterer makrophagen-abhängiger Entzündungserkrankungen einnimmt. Hierzu zählen neben der Atherosklerose, der Hauptursache für Herzinfarkt und Schlaganfall, rheumatische und neurodegenerative Erkrankungen sowie Krebs-assoziierte Entzündungen.

"Die Erkenntnisse aus dieser von Kollegen Kaminski und Mitarbeitern durchgeführten Arbeit sind unbedingt wegweisend und werfen gleichzeitig viele neue Fragen auf: Wie umfangreich wird das immunologische Repertoire von diesen Makrophagen genutzt, und wieweit sind sie tatsächlich "lernfähig"? Die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen könnte die Behandlung von vielen Erkrankungen grundlegend verändern und ist schon deshalb nicht hoch genug einzuschätzen", so Professor Dr. Michael Neumaier, Direktor des Mannheimer Instituts für Klinische Chemie.

An der aktuell publizierten Studie sind außer der Universitätsmedizin Mannheim und der Universitätsmedizin Göttingen auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Experimentelle Medizin Göttingen, der Medizinischen Hochschule Hannover sowie der Universitäten Sydney, Dublin und Moskau beteiligt.

Die Ergebnisse der Studie sind aktuell im renommierten open-access Fachmagazin Public Library of Science Pathogens [PLoS Pathogens; www.plospathogens.org] publiziert: TNF-Regulated Recombinatorial Macrophage Immune Receptor Implicated in Granuloma Formation in Tuberculosis (doi:10.1371/journal.ppat.1002375)

Makrophagen
Ilja Iljitsch Metschnikow hat die Immunfresszellen vor rund 130 Jahren entdeckt und ist dafür im Jahr 1908 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet worden. Seitdem war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass die evolutionsbiologisch "alten" Makrophagen als Bestandteil der angeborenen Immunantwort - im Gegensatz zu den Lymphozyten des adaptiven Immunsystems - nicht über ein System der flexiblen Immunabwehr verfügen. Für die Entdeckung der so genannten Dendritischen Zellen, der immunologischen "Geschwisterzellen" der Makrophagen (beide gehen aus derselben innaten Vorläuferzelle hervor), wird Ralph Steinman posthum am 10.12.2011 der Medizinnobelpreis verliehen.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.plospathogens.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.ppat.1002375
Publikation in Public Library of Science Pathogens (PLoS Pathogens)

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment12571
Pressemitteilung

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution400

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim, Dr. Eva Maria Wellnitz, 02.12.2011


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Klinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg - 02.12.2011

Projekt Toponom Atlas erhält internationale Anerkennung in der Krebsforschung

Die Magdeburger Arbeitsgruppe Molekulare Mustererkennung unter Leitung des Mediziners Walter Schubert hat zum Ziel, molekulare Netzwerke (sog. Toponome) in morphologisch intakten Zellen, insbesondere in Krebszellen, zu analysieren. Dazu soll ein sog. Toponom Atlas entstehen, in dem zunächst die Toponome von Krebszellen systematisch geordnet vorliegen sollen. Das Projekt wird von der Klaus Tschira Stiftung gefördert.

Die dazu nötige Basis-Technologie wurde von Schubert schon in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts geschaffen und in Magdeburg mit seiner Arbeitsgruppe als Roboter Technologie entwickelt. Sie ist in der Lage, den räumlichen Protein Netzwerk Code von Zellen direkt auszulesen (Nature Biotechnology 2006, DOI: 10.1038/nbt1250). Daraus ergeben sich direkte Ansatzpunkte für neue therapeutische Entwicklungen, die auf einer Blockierung derartiger Netzwerke beruhen.

Die Arbeiten in diesem Projekt führten in diesem Jahr zu einer internationalen Auszeichnung, einem "International Joint Project" der Royal Society of London. Der Magdeburger Arbeitsgruppe war es gelungen, grundsätzlich neue Einblicke in den Funktionsplan von Krebszellen zu gewinnen, indem sie mehrere Krebsarten verglichen. Dabei konnte sie nachweisen, dass Krebszellen dasselbe hierarchische Codierungsschema für ihre molekularen Netzwerke einsetzen wie normale Zellen. Jedoch bilden sie innerhalb dieses Schemas jeweils Tumor-spezifische Proteinkomplexe aus, die ihre pathogenen Funktionen steuern. Diese Einblicke, die zunächst an einem Bindegewebstumor erzielt werden konnten (DOI: 10.1038/nbt1250), wurden in dem Projekt Toponom-Atlas dann bei Prostatakrebs (DOI: 10.1021/pr800944f) und im Rahmen einer Kooperation mit einer englischen Gruppe an Dickdarmkrebs bestätigt (DOI: 10.1021/pr100157p). Man könnte diese Befunde in die allgemeine Metapher übersetzen, dass Krebszellen nicht, wie häufig angenommen, chaotisch agieren, sondern dass sie, wie normale Zellen auch, eine ähnliche "Proteinsprache sprechen", aber jeweils verschiedene tumorspezifische "Romane schreiben". Dies geschieht im Wesentlichen durch räumliches Umlagern von Proteinen zu neuen funktions-codierenden Einheiten, und nur selten durch Veränderung ihrer Menge.

Diese Arbeiten wurden schon in den letzten Jahres mehrfach international ausgezeichnet, wie z.B. durch den amerikanischen ISAC best paper award
(http://www.med.uni-magdeburg.de/fme/prst/pmi2008/90.shtml).
Große wissenschaftliche Resonanz erfuhr diese Forschung durch den Eröffnungsvortrag zum zwölften Weltkongress für Hautkrebs in Tel Aviv
(http://www2.kenes.com/skin-cancer/Pages/Default.aspx), sowie am National Institute for Health (USA)
(http://www.strategicresults.com/fg7/program.php) und an der Case Western Reserve University Cleveland ,Ohio, zusammen mit Forschern der Universitäten Stanford und Harvard zum Thema "emerging technologies"
(http://www.ovgu.de/home/rpoe/prresse_medien/pressemitteilungen/pmi_2010/presse-mitteilungen/april_2010/pm_31_2010.html).

Kürzlich entstand auf der Grundlage der neuen Möglichkeiten der Toponom Technologie aus dem Toponom Atlas-Projekt heraus ein europäisches Brustkrebsprojekt (EU-FP7-259881). Immer geht es darum, die Tiefenstruktur von krebsspezifischen Protein-Netzwerken verstehen zu lernen.

Weitere ähnliche Pressemitteilungen

17.09.2007
Protein Cluster der Zelloberfläche erstmals sichtbar gemacht
http://idw-online.de/pages/de/news226662

18.08.2008
Magdeburger Wissenschaftler wurde in Shanghai zum ersten Gastprofessor für Toponomics ernannt
http://idw-online.de/pages/de/news274282

19.11.2008
Magdeburger Wissenschaftler erhielt internationalen Forschungspreis
http://www.med.uni-magdeburg.de/fme/prst/pmi2008/90.shtml

07.04.2010
Mediziner der Universität Magdeburg lehrt Computervisualisierung von Protein-Netzwerken in den USA
http://www.ovgu.de/home/rpoe/prresse_medien/pressemitteilungen/pmi_2010/presse-mitteilungen/april_2010/pm_31_2010.html

Ansprechpartner:
HD Dr. Walter Schubert
Zentrum für zelluläre Bildgebung und innovative Krankheitsmodelle (ZEBIK)
Medizinische Fakultät
E-Mail: walter.schubert@med.ovgu.de

Über die Klaus Tschira Stiftung
Die Klaus Tschira Stiftung fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution117

Quelle: Klinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Kornelia Suske, 02.12.2011


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Wilhelm Sander-Stiftung - 02.12.2011

Knochenmarkstransplantation - Erlanger Forscher wollen Auslösemechanismus für Folgeerkrankung klären

Die Knochenmark- oder Stammzelltransplantation ist für Leukämie-Patienten oftmals der einzige Therapieansatz mit Hoffnung auf Heilung. Allerdings entwickeln Patienten nach der Transplantation häufig schwere Immunreaktionen, die Entzündungen an der Haut, am Darm, an der Leber und in der Lunge auslösen können. Diese als "Graft versus Host" (GvHD) bezeichnete Erkrankung verläuft meist schwer. Wirksame Behandlungsmöglichkeiten fehlen weitgehend.

Die Forscherteams um Prof. Dr. Evelyn Ullrich und Prof. Dr. Kai Hildner am Uniklinikum Erlangen widmen ihre aktuelle Forschung dem Ziel, diese Immunreaktion besser zu verstehen und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Krebserkrankungen von weißen Blutzellen aus dem Knochenmark, sogenannte Leukämien, stellen eine tödliche Bedrohung für Patienten dar. Die wichtigste Behandlungsform besteht in der Zerstörung des kranken Knochenmarks durch Chemo- und Strahlentherapie gefolgt von einer Knochenmark- oder Stammzelltransplantation. Hierdurch ist Heilung möglich. Trotz großer Fortschritte bei der Durchführung der Transplantationen können nach Tagen, Wochen oder Monaten schwerwiegende Folgeerkrankungen auftreten. Oftmals kommt es zu einer krankhaften Reaktion des Transplantats gegen den Körper des Empfängers, der "Graft-versus-Host"-Reaktion, kurz GvHD. Im Rahmen der GvHD können nahezu alle Organe bei Patienten betroffen sein. So kann es zum Beispiel zu schmerzhaften Hautveränderungen, Durchfällen, Leberfunktionsstörungen oder Luftnot kommen.

Eine Untergruppe der weißen Blutzellen, die sogenannten T-Lymphozyten, sind der Hauptauslöser der GvHD. T-Lymphozyten werden durch bestimmte lösliche Eiweiß-Botenstoffe, den Zytokinen, aktiviert und dadurch selbst zur Ausschüttung weiterer Zytokine angeregt. Insbesondere eine Gruppe von T-Lymphozyten, die Th17-Zellen, produzieren Zytokine wie Interleukin 17A und Interleukin 17F. Beide gelten als wesentliche Vermittler von Schmerzen und Entzündungen. Die genaue Rolle von Th17-Zellen bei der Krankheitsentstehung der GvHD ist bislang jedoch noch nicht im Detail untersucht worden. Im Zentrum des von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Forschungsvorhabens steht daher die Klärung der Bedeutung von Th17-Zellen, insbesondere der von ihnen produzierten Botenstoffe, die für die GvHD relevant sind. Prof. Ullrich und Prof. Hildner hoffen, Ergebnisse zu erzielen, anhand derer sich beurteilen lässt, ob die medikamentöse Hemmung vonTh17-Zellen in der Zukunft eine Therapiemöglichkeit für GvHD Patienten darstellen könnte.

Die Erlanger Mediziner nehmen bei ihren Untersuchungen vor allem die Wirkung der Botenstoffe auf den Darm unter die Lupe. Dafür haben sie an der Labormaus ein Knochenmarkstransplantationsmodell entwickelt, welches die wesentlichen Krankheitsphasen einer akuten GvHD aufweist. Ihre Ergebnisse vergleichen sie auch mit Beobachtungen an Mäusen, die keine Th17-Zellen produzieren.

Durch Untersuchungen an Darmproben von Patienten mit GvHD soll verstanden werden, ob Th17-Zellen und das für deren Entstehung wichtige Protein BATF auch bei GvHD im Menschen nachweisbar sind. Von diesen Analysen versprechen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse, die zum Verständnis des Krankheitsablaufs beitragen. Dieses Wissen soll auch der Entwicklung neuer Ansätze für die Behandlung von GvHD Patienten dienen.

Kontakt:

Prof. Dr. Kai Hildner
E-Mail: Kai.Hildner@uk-erlangen.de
http://www.medizin1.uk-erlangen.de/e7203/e7499/e109219/index_ger.html

Prof. Dr. Evelyn Ullrich
E-Mail: Evelyn.Ullrich@uk-erlangen.de
http://www.medizin5.uk-erlangen.de/e1846/e515/index_ger.html

Prof. Dr. Evelyn Ullrich
leitet die Arbeitsgruppe für "Zelluläre Immunregulation" an der Medizinischen Klinik 5, Prof. Dr. Kai Hildner die Arbeitsgruppe für "Dendritische Zellen in der mukosalen Immunologie" an der Medizinischen Klinik 1 des Universitätsklinikums Erlangen.

Die Wilhelm Sander-Stiftung
fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 150.000 Euro. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Sylvia Kloberdanz, 02.12.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2011