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MELDUNG/214: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 13.10.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Höhere Erfolgsraten bei Knochenmarktransplantationen durch gesteigerte Stammzellwanderung
→  Organpaten werden - Start der neuen Kampagne der BZgA und aktuelle Studienergebnisse
→  TRMreport_01: Neue Nerven für den Darm - ein Thema, zwei Perspektiven

Raute

Universität Ulm - 07.10.2010

Höhere Erfolgsraten bei Knochenmarktransplantationen durch gesteigerte Stammzellwanderung

Forscher der Universität Ulm und des Cincinnati Children's Hospital Medical Centers, USA haben gezeigt, dass die pharmakologische Hemmung des so genannten Egf-Rezeptors (Epidermal growth factor) die Wanderung blutbildender Stammzellen im Mausmodell steigert. Übertragen auf Patienten könnte diese Erkenntnis zu höheren Erfolgsraten bei (Eigen-) Knochenmarktransplantationen führen.

Nach achtjähriger Forschung hat die Gruppe ihre Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift Nature Medicine publiziert. An der Universität Ulm waren Professor Hartmut Geiger und Deidre Daria an dem translationalen Stammzell-Projekt beteiligt. Rückblickend beschreibt Geiger das Projekt als "langen, mühsamen, aber lohnenden Weg" und ein sehr gutes Beispiel dafür, wie Ergebnisse der Grundlagenforschung in zielgerichtete Therapien überführt werden können. Bei Krebserkrankungen werden Knochenmarktransplantationen vorgenommen, um das blutbildende System nach einer Chemotherapie zu stärken. Entweder erhält der Patient eigene, vor der Behandlung abgegebene Stammzellen oder Spendermaterial. Doch die Gewinnung der blutbildenden Zellen ist mühsam. Die Gabe von G-CSF (Granulozyten-Kolonie stimulierender Faktor) hilft dabei, Stammzellen aus dem Knochenmark in die Blutbahn zu transportieren. Durch eine Art Blutwäsche können die lebenswichtigen Zellen dann entnommen werden. Doch bei etwa zehn Prozent der Spender löst G-CSF keine ausreichende Stammzellmobilisierung aus. Die Notwendigkeit, molekulare Prozesse der Stammzellwanderung besser zu verstehen und zu beeinflussen, stand am Anfang des Forschungsprojekts.

Anhand von genetischem Mausmaterial haben die Wissenschaftler herausgefunden, welcher Genabschnitt für die Unterschiede in der Mobilisierung durch G-CSF verantwortlich ist. Nach zahlreichen Versuchen brachte die Gabe von Egf den Durchbruch: "Bei Aktivierung des Egf-Rezeptors kommt die Stammzellwanderung unter G-CSF zum Erliegen", erklärt Hartmut Geiger. Wird die vom Egf-Rezeptor ausgelöste Signalübertragung mit pharmazeutischen Substanzen gehemmt, kann Migration wieder stattfinden. Bei Mäusen löste die Gabe eines Krebsmedikaments (Erlotinib) sogar eine fünffach erhöhte Stammzellwanderung aus.

Bisher konnten Untersuchungen an vergleichbaren Mausmodellen fast vollständig auf Menschen übertragen werden. Daher hoffen die Forscher, dass auch diese Ergebnisse bald in der Klinik Anwendung finden. Vor Studien an Patienten wollen die Forscher jedoch Tests mit humanen Stammzellen in Mäusen durchführen.

An der Forschung beteiligt waren neben der Ulmer Klinik für Allergologie und Dermatologie und dem Cincinnati Children's Hospital Medical Center das Institut für Molekulare und Klinische Immunologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, das Institut für Biowissenschaft an der Eastern Kentucky University sowie Institute der University of Kentucky (Innere Medizin, Hämatologie/Onkologie) und der University of Cincinnati/ Hoxworth Blood Center.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution22

Quelle: Universität Ulm, Willi Baur, 07.10.2010

Raute

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - 12.10.2010

Organpaten werden - Start der neuen Kampagne der BZgA und aktuelle Studienergebnisse

Unter dem Motto "ORGANPATEN werden" startet heute in Berlin die neue Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die rund um das Thema Organ- und Gewebespende informieren will. Ziel ist es, die Zahl derer, die einen Organspendeausweis bei sich tragen, zu erhöhen. Laut der neuen Repräsentativerhebung der BZgA zu Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organspende hat die Spendebereitschaft zugenommen und auch der Besitz des Organspendeausweises ist in den letzten zwei Jahren von 17 auf 25 Prozent deutlich gestiegen. Dennoch besteht nach wie vor ein großer Aufklärungsbedarf.

Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesminsteriums für Gesundheit und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:

Unter dem Motto "ORGANPATEN werden" startet heute in Berlin die neue Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die rund um das Thema Organ- und Gewebespende informieren will. Ziel ist es, die Zahl derer, die einen Organspendeausweis bei sich tragen, zu erhöhen.

Um Menschen dort zu erreichen, wo sie sich täglich aufhalten, wandert die Kampagne mit einer Informationstour quer durch Deutschland und macht Station in großen Einkaufszentren deutscher Großstädte und bei Großveranstaltungen. Im Mittelpunkt stehen zehn elektronische und mechanische Informationsmodule. Diese einzelnen Stationen laden Besucherinnen und Besucher ein, sich dem Thema Organspende auf spielerische Art zu nähern. So geben beispielsweise Multi-Touch-Tische einen virtuellen Einblick in den Körper, interaktive Stelen bieten die wichtigsten Informationen zur Organspende und bei einer Bodenprojektion kann man den Organspendeausweis als Puzzle mit den Füßen selber zusammensetzen.

Da die Entscheidung zur Organspende ein sehr persönliches Thema ist, stehen außerdem ein geschultes Team und Vertreterinnen und Vertreter von örtlichen Selbsthilfegruppen für Fragen und Anliegen der Besucher zur Verfügung. Darüber hinaus hält die neue Internetseite www.organpaten.de eine Fülle an Informationen zu dem Thema bereit und bietet allen Interessierten die Möglichkeit, sich beispielsweise als Organpate mit einem Statement im Internet einzutragen.

Hierzu erklärt Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler: "Wer über Organspende spricht, setzt sich immer auch mit dem Sterben auseinander. Das macht vielen Menschen Angst. Deshalb ist es so wichtig, anschaulich und sachlich über das Thema zu informieren und den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich persönlich beraten zu lassen. Die neue Informationstour der BZgA geht dazu an Orte, wo sich Menschen tagtäglich aufhalten, um sie als Organpaten zu gewinnen. Denn eine Patenschaft ist etwas Positives und Lebendiges. Es ist die freiwillige Übernahme von Verantwortung gegenüber Anderen. Und darum geht es doch."

Aktuell zum Kampagnenstart stellt die BZgA die Ergebnisse einer neuen Repräsentativerhebung zu Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organspende vor. Die Befragung zeigt, dass die Spendebereitschaft zugenommen hat. Stimmten vor zwei Jahren 67 Prozent der Befragten zwischen 14 und 75 Jahren einer Organ- und Gewebespende nach ihrem Tod zu, so stieg ihr Anteil im Jahr 2010 auf 74 Prozent. Auch der Besitz des Organspendeausweises ist in den letzten zwei Jahren von 17 auf 25 Prozent deutlich gestiegen. Als Gründe sagen diejenigen, die über einen Ausweis verfügen, zu 97 Prozent, dass sie anderen helfen möchten und zu 72 Prozent, dass sie ihre Angehörigen mit dieser Entscheidung nicht belasten möchten. Auch wären 95 Prozent der Organspendeausweisbesitzer froh, selbst ein Organ zu erhalten, wenn sie eines brauchen würden.

Demgegenüber sagen 62 Prozent derjenigen, die bislang keinen Organspendeausweis haben, dass sie sich jetzt noch nicht entscheiden können und wollen, 47 Prozent fürchten Missbrauch durch Organhandel und 33 Prozent haben Angst, dass im Ernstfall nicht mehr alles medizinisch Notwendige von den Ärzten für sie getan wird.

Was die Informiertheit der Bevölkerung zu dem Thema betrifft, so zeigen die Ergebnisse der BZgA-Studie, dass 39 Prozent der Befragten nur über sehr wenig Informationen zum Thema Organspende verfügen und 9 Prozent sogar schlecht informiert sind. Deshalb setzt die neue Kampagne "ORGANPATEN werden" genau an diesem Wissensdefizit an, um Menschen zu informieren und zur persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Organ- und Gewebespende anzuregen, damit sie ihre persönliche Haltung im Ausweis dokumentieren und mit sich tragen. Denn die BZgA-Studie belegt, dass Menschen, die gut informiert sind, eher einen Organspendeausweis ausfüllen, der Organ- und Gewebespende eher positiv gegenüber stehen, keine Befürchtungen vor Missbrauch durch Organhandel haben und weniger Ängste davor haben, dass im Todesfall nicht alles medizinisch Notwendige für sie getan wird.

"Die Ergebnisse der Studie weisen grundsätzlich in eine erfreuliche Richtung", betont Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. "Sie zeigen aber auch, dass noch immer ein großer Aufklärungsbedarf besteht. Deshalb informieren wir mit den Aktionsmodulen unserer neuen Kampagne gezielt über die Themen, die die Menschen interessieren und können in den Beratungsgesprächen vor Ort konkret auf Ängste, Vorbehalte und Mythen, die in der Bevölkerung gegenüber dem Thema Organspende bestehen, eingehen."

Weitere Informationen zur Kampagne unter
www.organpaten.de

Die ersten Ergebnisse der Studie "Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organspende 2010" stehen zum Download unter
www.bzga.de/presse/hintergrundinformationen

Die neuen Plakatmotive zur Kampagne stehen unter
www.bzga.de/presse/pressemotive

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1232

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Dr. Marita Völker-Albert, 12.10.2010

Raute

Translational Centre for Regenerative Medicine (TRM) Leipzig - 12.10.2010

TRMreport_01: Neue Nerven für den Darm - ein Thema, zwei Perspektiven

Erste Reportage aus dem Translationszentrum für Regenerative Medizin Leipzig: Dr. Marco Metzger forscht zur Applikation von Stammzellen in geschädigte Neuromuskulatur des Darms. Die Stammzellforschung ist in jüngster Zeit die ersten Schritte hin zu einer Wiederherstellung des Enterischen Nervensystems (ENS) gegangen. Am Translationszentrum für Regenerative Medizin Leipzig folgt Dr. Marco Metzger diesem Ansatz. Sein Konzept: Die Applikation von ENS-Stammzellen in die geschädigte Neuromuskulatur des Darms. Das Ziel: Die Funktion des komplexen Organs teilweise oder komplett wieder herstellen.

Im Fokus der Nachwuchsgruppe um Dr. Metzger stehen Störungen und Schädigungen des Enterischen Nervensystems (ENS). Diese können wie bei Morbus Hirschsprung genetisch bedingt oder durch Krankheiten, Alterung bzw. Medikamente ausgelöst sein. Behandelt wird zumeist chirurgisch; doch bleiben nach operativen Eingriffen oftmals Symptome wie Inkontinenz, Obstipation oder Diarrhöe zurück. Diese beeinträchtigen nicht nur das Befinden der Patienten und Patientinnen; die Behandlung treibt auch die Gesundheitskosten. Eine Alternative zur konventionellen Therapie eröffnet sich an der Schnittstelle zwischen Stammzellforschung und regenerativer Medizin - beides junge Disziplinen der Biowissenschaften, die an der Wiederherstellung bzw. Erneuerung von Zellen, Geweben und Organen sowie ihrer Funktionalität arbeiten. In diesem Kontext hat sich Dr. Metzger mit seinem Team den neuralen Stamm- und Vorläuferzellen des menschlichen Darmnervensystems zugewandt. Als der Bioingenieur im Frühjahr 2009 ans Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) nach Leipzig kam, nutzte der junge Wissenschaftler die Offerte, hier ein Nachwuchsteam aufzubauen. Nach Studium in Mannheim und Promotion in Tübingen, nach zwei Jahren am Londoner Institute of Child Health "hat alles gut gepasst". Inzwischen verfolgt er seit rund sieben Jahren seine zentrale Fragestellung: Den gestörten oder geschädigten menschlichen Darm zu regenerieren. Das Vorgehen, das dem zugrunde liegt, umfasst dem Prinzip nach drei Schritte: Gewebe aus dem Darm entnehmen; aus dem Darmgewebe die Stamm- und Vorläuferzellen des Enterischen Nervensystems isolieren; und die nunmehr multipotenten ENS-Zellen in den Darm rückübertragen. "Dies letztlich für den menschlichen Darm zu vollziehen, dahinter stand und steht ein großes Fragezeichen", blickt Dr. Metzger zurück in die Zeit der Ideenfindung und voraus in die Zeit der Antwortsuche. Um das Fragezeichen aufzulösen, geht Metzger das eine Problem von zwei Seiten gleichzeitig an - sucht sowohl nach der am besten geeigneten Stammzellquelle als auch nach der am besten geeigneten Applikationsmethode. Das bedeutet zum einen, Verfahren zu entwickeln, mit denen sich Stammzellen aus Magen-Darm-Gewebe isolieren, identifizieren und charakterisieren lassen. Und zum anderen ist zu klären, wie sich Migration und Differenzierung von Stammzellen beeinflussen lassen. Schlussendlich geht es darum, das Nervensystem des Darms mit Hilfe seiner eigenen Stammzellen zu regenerieren und darauf aufbauend die Darmmuskulatur, den Verdauungsschlauch, wieder wie selbstverständlich zum Arbeiten zu bringen.

Für diesen zweifachen Ansatz, publiziert im Juni 2009 in der Fachzeitschrift "Gastroenterology", bekam Dr. Marco Metzger den Forschungspreis für Neurogastroenterologie. Die Stiftung für Neurogastroenterologie überzeugte vor allem, dass der Grundlagenforscher auf den therapeutischen Nutzen hinarbeitet, dass bei ihm konzeptionelle, präklinische und klinische Phase miteinander gedacht und umgesetzt werden. "Für klinische Anwendungen in der regenerativen Medizin eröffnet sich die Vision, den Darm zukünftig als nahezu unbegrenzte Zellquelle für autologe Stammzelltherapien nutzbar zu machen", bilanziert Dr. Metzger. (Autorin: Daniela Weber/TRM Leipzig)

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.trm.uni-leipzig.de/html/de/news_report01-1.php
(komplette Fassung des TRMreports_01)
http://www.trm.uni-leipzig.de
(Translationszentrum für Regenerative Medizin Leipzig)

Link:
Der komplette TRMreport_01 ist auf der Website des Translationszentrums für Regenerative Medizin Leipzig verfügbar unter:
www.trm.uni-leipzig.de/html/de/news_report01-1.php

Information:
Metzger, Marco:
Humane neurale Stammzellen des Darmnervensystems.
In: Laborwelt, 10. Jg., Nr. 2/2009, S. 4-8.

Kontakt:
Dr. Marco Metzger
Translationszentrum für Regenerative Medizin
Universität Leipzig
Philipp-Rosenthal-Straße 55, 04103 Leipzig
E-Mail: mmetzger@trm.uni-leipzig.de
Internet: www.trm.uni-leipzig.de

Manuela Lißina-Krause
Translationszentrum für Regenerative Medizin
Universität Leipzig
Philipp-Rosenthal-Straße 55, 04103 Leipzig
E-Mail: presse@trm.uni-leipzig.de
Internet: www.trm.uni-leipzig.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1288

Quelle: Translational Centre for Regenerative Medicine (TRM) Leipzig, Manuela Lißina-Krause, 12.10.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2010