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MELDUNG/166: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 23.07.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


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      Größter deutschsprachiger Kongress der Dermatologen weltweit
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Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 21.07.2010

Helmholtz Zentrum München entschlüsselt molekularen Selbstschutz-Mechanismus

München, 21. Juli 2010. Das Wissenschaftlerteam unter Leitung von Dr. Vigo Heissmeyer vom Institut für Molekulare Immunologie des Helmholtz Zentrums München hat einen molekularen Mechanismus entschlüsselt, der dazu beiträgt, den Organismus vor dem Angriff durch das eigene Immunsystem zu schützen und so Autoimmunkrankheiten wie Lupus erythematodes* zu verhindern. Die Forscher zeigten, dass das Protein Roquin der Hauptakteur ist und, entgegen bisheriger Annahmen, microRNAs* keine Rolle spielen. Die renommierte Fachzeitschrift Nature Immunology hat die Ergebnisse online am 18. Juli veröffentlicht.

Das Immunsystem eines gesunden Organismus unterscheidet mit Hilfe bisher nicht vollständig aufgeklärter Mechanismen zwischen eigenen und fremden Strukturen. Sind diese Schutz- und Regulationsmechanismen gestört, werden Antikörper gegen den eigenen Körper gebildet - man spricht von Autoimmunität*. An dem jetzt am Helmholtz Zentrum München identifizierten Schutzmechanismus ist das Protein Roquin entscheidend beteiligt: Es kontrolliert die Menge des Ko-Rezeptors ICOS auf der Oberfläche von T-Zellen. Das Vorhandensein von ICOS auf der T-Zelloberfläche ist Voraussetzung dafür, dass die B-Zellen Antikörper bilden können. Kontrolliert Roquin die ICOS-Menge, werden nur Antikörper gegen körperfremde Strukturen, aber keine Selbstantikörper produziert. ICOS und Roquin spielen damit eine kritische Rolle in der gesunden Immunantwort.

Dieser Mechanismus kann aber auch gestört sein. Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes werden durch vielfältige genetische Faktoren begünstigt und durch Umwelteinflüsse ausgelöst. In seltenen Fällen entstehen sie auch durch eine einzige Mutation, etwa im Gen RC3H1, das für das Protein Roquin kodiert. Diese Mutation führt offenbar dazu, dass ICOS unbegrenzt gebildet wird und die B-Zellen in der Folge Selbstantikörper produzieren. Roquin benötigt für seine Schutzfunktion keine Hilfe von microRNAs, sondern erkennt selbst die ICOS-Boten-RNA, bindet daran und leitet ihren Abbau ein. "Roquin hat uns überrascht. Bereits bekannte, für die Prävention von Autoimmunerkrankungen wichtige Proteine markieren ihre Zielproteine und geben sie so für den Abbau frei. Roquin erfüllt zwar eine ähnliche Funktion, arbeitet aber nicht auf Protein-, sondern auf Boten-RNA-Ebene", erklärt Dr. Elke Glasmacher, Mitarbeiterin in Heissmeyers Arbeitsgruppe und Erstautorin der Studie.

Dem Team um Vigo Heissmeyer gelang der Nachweis der zentralen Roquin-Funktion durch Versuche am Mausmodell, mit microRNA-freien Zellkulturen und Ko-Immunopräzipitation. "Durch die Aufklärung der molekularen Prozesse könnte es in Zukunft möglich werden, das Immunsystem pharmakologisch so zu modulieren, dass Autoimmunreaktionen verhindert werden", so Heissmeyer.

Weitere Informationen

* Hintergrund
Autoimmunität:
Die Unfähigkeit eines Organismus, seine Strukturbestandteile als körpereigen zu erkennen. Diese Unfähigkeit führt zu Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes, bei dem Antikörper gegen die körpereigene Erbsubstanz, die DNA, gebildet werden.
microRNAs:
kurze RNAs mit wichtiger Rolle in der Regulation zellulärer Prozesse

Originalveröffentlichung:
Elke Glasmacher, Kai P. Hoefig, Katharina U. Vogel, Nicola Rath, Lirui Du, Christine Wolf, Elisabeth Kremmer, Xiaozhong Wang und Vigo Heissmeyer. (2010)
Roquin binds inducible costimulator mRNA and effectors of mRNA decay to induce microRNA-independent post-transcriptional repression.
Nature Immunology online-Publikation 18.07.2010

Das Helmholtz Zentrum München
ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit insgesamt 30.000 Beschäftigten zusammengeschlossen haben.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution44

Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Sven Winkler, 21.07.2010

Raute

Klinikum der Universität München - 22.07.2010

Mit Haut und Haar für mehr Gesundheit

Größter deutschsprachiger Kongress der Dermatologen weltweit

Die größte Fortbildungsveranstaltung im Bereich der Dermatologie im deutschsprachigen Raum findet 2010 zum 22. Mal in München im Kulturzentrum Gasteig und im Holiday Inn - Munich City Center statt. Über 2.000 Teilnehmer haben sich für den Kongress vom 25. bis 30. Juli angemeldet, darunter auch eine Vielzahl von Gästen aus dem Ausland. Die Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie fand erstmals 1951 statt, initiiert von der Klinik und Poliklinik für Allergologie und Dermatologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Seither wird sie alle zwei Jahre mit großem Erfolg durchgeführt. Tagungsleiter ist Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Ruzicka, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU. Verantwortlich für das wissenschaftliche Programm zeichnet Prof. Dr. Hans Wolff, Tagungssekretär ist Prof. Dr. Peter Thomas.

Die Themen in diesem Jahr decken die gesamte Bandbreite der Hauterkrankungen ab und widmen sich aktuellen und gesellschaftlich relevanten Problemen. Dazu zählen neben Allergie bedingten auch sexuell übertragbare Krankheiten. Besondere Aufmerksamkeit fällt diesmal dem Thementag zur "ästhetischen Dermatologie" zu. Weitere Top-Themen der diesjährigen Fortbildungswoche sind "Vorsorge und Therapie von Hautkrebs", "die Besonderheiten der kindlichen Haut", die "Nutzen-Bewertung von Informationen und Mitteln gegen die androgenetische Alopezie (Haarausfall)" sowie neueste Erkenntnisse über den "Zusammenhang von Bakterieninfektionen und der Entstehung von Schuppenflechte."

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.fortbildungswoche.de/

Kontakt:
Prof. Dr. Hans Wolff
Koordination des wissenschaftlichen Programms der Fortbildungswoche
Klinik für Dermatologie und Allergologie der LMU
Frauenlobstr. 9-11/Thalkirchner Str. 48, 80337 München

Philipp Kreßirer
Kommunikation und Medien
Klinikum der Universität München (LMU)
E-mail: philipp.kressirer@med.uni-muenchen.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/pages/de/attachment4175
Bakterien-Infektion kann Schuppenflechte auslösen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution550

Quelle: Klinikum der Universität München, Philipp Kressirer, 22.07.2010

Raute

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau - 16.07.2010

Licht ins Dunkel unseres Immunsystems

- BIOSS-Wissenschaftler entdecken lange gesuchten Liganden für Rezeptoren bei der B-Zellentstehung
- Veröffentlichung in Nature Immunology

Einen neuen Mechanismus, der die Entwicklung von B-Lymphozyten in unserem Knochenmark steuert, haben Wissenschaftler der Abteilung Molekulare Immunologie der Fakultät für Biologie und des Centre for Biological Signalling Studies (BIOSS) der Universität Freiburg jetzt aufgedeckt. B-Lymphozyten, oder kurz B-Zellen, sind weiße Blutkörperchen, die Antikörper gegen Krankheitserreger produzieren und uns so vor Infektionen schützen. Ausgehend von Blutstammzellen entstehen in unserem Körper jeden Tag in mehreren Entwicklungsschritten Millionen neuer B-Zellen. Bislang war bekannt, dass sich aus den Blutstammzellen Vorläufer-B-Zellen entwickeln, die mit Hilfe eines speziellen Rezeptors, des prä-B-Zellrezeptors selektioniert und vermehrt werden. Ohne den prä-B-Zellrezeptor können keine funktionierenden Abwehrzellen entstehen und es kommt zu einer schwerwiegenden Immundefizienz.

Es wurde vermutet, dass nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip der prä-B-Zellrezeptors einen Partner (genannt Liganden) benötigt, um funktionieren zu können. Nach diesem Liganden suchten die Forscher seit langem mit der Vermutung, er werde von anderen Zellen des Knochenmarks gebildet. Nun haben Freiburger Wissenschaftler um Dr. Hassan Jumaa das Rätsel gelöst und dabei eine unerwartete Entdeckung gemacht: Der prä-B-Zellrezeptor trägt seinen eigenen Liganden in Form einer speziellen Zuckereinheit, die direkt an den Rezeptor angeheftet ist. Wenn diese spezifische Zuckereinheit auf genetischem Wege entfernt wird, verliert der prä-B-Zellrezeptor seine Fähigkeit, die Vermehrung von Vorläufer B-Zellen zu aktivieren. "Den Liganden des prä-B-Zellrezeptors als Teil seiner selbst aufzuspüren, ist so, als würde man einen Schatz im eigenen Vorgarten finden, nach dem jeder in der weiten Welt jagt.", sagt Rudolf Übelhart, Doktorand der Freiburger Speemann Graduiertenschule für Biologie und Medizin (SGBM) und Erstautor der Studie.

Die Entdeckung von Dr. Hassan Jumaa liefert ein komplett neues Bild der Funktion des prä-B-Zellrezeptors und ist medizinisch vor allem zum Verständnis von Immundefizienz und Blutkrebs relevant.

Die Arbeit der Forschergruppe von Dr. Jumaa wird unterstützt von der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder über das Centre for Biological Signalling Studies (BIOSS), sowie die Speeman Graduiertenschule für Biologie und Medizin (SGBM) und SFB620/SFB746 der DFG.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/ni/journal/vaop/ncurrent/abs/ni.1903.html

Veröffentlichung:
Nature Immunology: Autonomous pre-BCR function requires a specific N-linked glycosylation site in the heavy chain.
Rudolf Übelhart, Martina P. Bach, Cathrin Eschbach, Thomas Wossning, Michael Reth und Hassan Jumaa

Online-Veröffentlichung:
17 Juli 2010 Nature Immunology
http://www.nature.com/ni/journal/vaop/ncurrent/abs/ni.1903.html
Christiane Gieseking-Anz

Kontakt:
Dr. Hassan Jumaa
Abteilung Molekulare Immunologie, Fakultät für Biologie
Exzellenzcluster BIOSS, Centre for Biological Signalling Studies
Universität Freiburg und
Max-Planck-Institut für Immunbiologie
Deutschland
E-Mail: jumaa@immunbio.mpg.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image120742
Der prä-B-Zellrezeptor (prä-BZR), ein Rezeptor, der seinen eigenen Liganden trägt.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution69

Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, Rudolf-Werner Dreier, 16.07.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de

eröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2010