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MELDUNG/088: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 26.03.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Hochleistungs-Sequenzierung treibt Forschung voran
→  Hochrangiges internationales Symposium zum Welttuberkulosetag
→  High-Tech-Gründerfonds investiert 500.000 Euro in Ausgründung
      von Freier Universität und Charité - Universitätsmedizin Berlin
→  Tumor-spezifische Antikörper im Blut könnten ein weiterer Schritt
      bei der Krebsfrüherkennung sein.
→  Neurochips für Forschung und Medizin

Raute

Universitätsmedizin Mannheim - 25.03.2010

Hochleistungs-Sequenzierung treibt Forschung voran

Erstes Sequenziergerät der neuesten Generation der Universität Heidelberg

Wissenschaftler des Lehrstuhls für Zell- und Molekularbiologie an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg werden ab sofort in ihrer Forschung durch modernste Sequenzierungstechnik unterstützt. Die Mitarbeiter des im Herbst 2008 neu gegründeten Lehrstuhls beschäftigen sich unter der Leitung des Lehrstuhlinhabers Professor Dr. Michael Boutros mit der Analyse von Signalprozessen, die während der Entstehung von Krankheiten und auch bei der Entwicklung eines Organismus eine wichtige Rolle spielen.

Der Hochleistungs-Sequenzierer der neuesten Generation (SOLiD, Applied Biosystems/Life Technologies) ist das erste Gerät dieser Art an der Universität Heidelberg. Er ermöglicht die Entschlüsselung des Erbguts (Genom) in wenigen Tagen und wird von den Wissenschaftlern beispielsweise dafür eingesetzt, im menschlichen Genom krankheitsauslösende Mutationen ausfindig zu machen.

Die Wissenschaftler des Mannheimer Lehrstuhls beschäftigen sich insbesondere mit der zellulären Übertragung von Informationen und deren Fehlleitung bei Krankheiten. Fortwährend erhalten Zellen aus ihrer Umgebung Reize, die ihr Verhalten bestimmen. In der Zelle lösen diese Reize Signale aus, die über so genannte Signalkaskaden in das Innere der Zelle weitergeleitet werden. Im Zellinneren löst das Signal eine Reaktion aus, wie beispielsweise die Teilung oder Differenzierung der Zelle. Die zelluläre Signalübertragung ist von entscheidender Bedeutung bei der Entstehung von Krebs, bei der Regulation von Stammzellen und vielen weiteren Prozessen. Die Wissenschaftler am Lehrstuhl für Zell- und Molekularbiologie verwenden moderne genomische und bioinformatische Ansätze, um neue Signalfaktoren zu identifizieren und deren Funktion aufzuklären. Auf der Basis der neuen Sequenzierungstechnologie werden sie außerdem neue, spezifische Methoden für Ihre Forschungsansätze entwickeln.

Ein wichtiger wissenschaftlicher Ansatz, Krankheiten zu verstehen und neue therapeutische Angriffspunkte zu finden liegt darin, die zelluläre Signalübertragung im normalen und erkrankten Gewebe zu vergleichen. Die Signale, die eine Zelle erhält, hinterlassen Spuren - auch Signaturen genannt - die sich mittels RNA-Sequenzierung erfassen lassen. Die Wissenschaftler nutzen die Hochleistungs-Sequenzierung um zu untersuchen, wie sich die Signaturen in Zellen durch die erhaltenen Signale ändern.

Der von Applied Biosystems entwickelte SOLiD Hochleistungs-Sequenzierer gehört zu den wichtigsten Sequenzier-Systemen auf dem derzeitigen Markt. Die damit entwickelten neuen Methoden werden als "Next Generation Sequencing" (NGS) bezeichnet. Forscher weltweit setzen NGS-Technologien ein, um das Erbgut auf Fehler zu untersuchen.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.zbio.org
Weitere Informationen zur Arbeit der Wissenschaftler des Lehrstuhls für Zell- und Molekularbiologie

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution400

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim, Dr. Eva Maria Wellnitz, 25.03.2010

Raute

Koch-Metschnikow-Forum e.V. - 25.03.2010

Hochrangiges internationales Symposium zum Welttuberkulosetag

Am 22. und 23. März fand in Berlin ein wissenschaftliches Symposium anlässlich des Welttuberkulosetages statt. Organisator ist das Koch-Metschnikow-Forum, eine Nichtregierungsorganisation, die in bilateralen Projekten die Infektionsbekämpfung und -forschung in Osteuropa und Zentralasien fördert. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Tuberkuloseprojekte. Folgerichtig standen die Probleme der Tuberkulosebekämpfung in Russland und den anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion im Mittelpunkt des Symposiums. Wissenschaftler aus Russland, der Republik Moldau, der Ukraine und aus dem Südkaukasus präsentierten die neuesten Erkenntnisse über die Entwicklung der Tuberkulose in ihren Ländern. Besonders besorgniserregend ist die dramatische Zunahme multiresistenter Bakterienstämme in Osteuropa, aber auch die zunehmende Durchseuchung mit HIV/AIDS. Gerade HIV-Tuberkulose-Koinfektionen sind wegen der gleichzeitig vorliegenden Medikamentenresistenzen kaum beherrschbar.

2009 hat das Koch-Metschnikow-Forum eine wissenschaftliche Partnerschaft mit der Universität Stellenbosch in Südafrika etabliert. Um den Erfahrungsaustausch zwischen den beiden WHO-Weltregionen Afrika und Europa zu fördern, nahmen auch Wissenschaftler aus Stellenbosch an dem Symposium teil und stellten die epidemiologische Situation der Tuberkulose in Südafrika sowie ihre Bekämpfungsstrategien vor. Insbesondere hinsichtlich der auch im südlichen Afrika besonders verbreiteten HIV-Tuberkulose-Koinfektionen ergeben sich wichtige Anknüpfungspunkte zur Zusammenarbeit.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das European Center for Disease Control and Prevention (ECDC) nahmen das Berliner Tuberkulosesymposium zum Anlass, ihre neuesten Reports zur globalen epidemiologischen Lage der Tuberkulose bzw. zur Resistenzentwicklung in der WHO-Euro-Region der Weltöffentlichkeit vorzustellen und mit den Wissenschaftlern auf dem Symposium zu diskutieren. Darüber hinaus stellten Vertreter des Robert Koch-Institutes die neuesten Tuberkulosezahlen in Deutschland vor. Das diesjährige Symposium war bereits das vierte in einer Reihe seit der erstmaligen Durchführung im Jahr 2007, als das 125-jährige Jubiläum des berühmten Vortrages von Robert Koch "Über Tuberkulose" begangen wurde. Die hochrangige Besetzung und die ausnahmslos hohe Qualität der Beiträge des diesjährigen Symposiums belegen eindrücklich, dass das Berliner Tuberkulosesymposium mittlerweile zu einer festen Institution für den wissenschaftlichen Austausch von Tuberkuloseexperten, aber auch für die Erinnerung daran geworden ist, dass die Tuberkulose nach wie vor ein globales Gesundheitsproblem darstellt.

Das Koch-Metschnikow-Forum plant, das fünfte Symposium zum Welttuberkulosetag 2011 mit dem Schwerpunkt Kindertuberkulose durchzuführen.

Dr. Dr. Timo Ulrichs
Vizepräsident Koch-Metschnikow-Forum
Leiter der Sektion Tuberkulose

Weitere Informationen finden Sie unter
- http://www.kmforum.eu/
   Koch-Metschnikow-Forum im Internet

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/pages/de/attachment2699
Gemeinsame Pressemitteilung zum Welttuberkulosetag 2010

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1226

Quelle: Koch-Metschnikow-Forum e.V., Sebastian Frölich, 25.03.2010

Raute

Freie Universität Berlin - 24.03.2010

High-Tech-Gründerfonds investiert 500.000 Euro in Ausgründung
von Freier Universität und Charité - Universitätsmedizin Berlin

Die Firma Humedics, eine Ausgründung der Freien Universität und der Charité - Universitätsmedizin Berlin, der gemeinsamen medizinischen Fakultät von Freier Universität und Humboldt-Universität, wird durch den High-Tech-Gründerfonds mit rund 500.000 Euro unterstützt. Das Geld wird in die Vermarktung eines innovativen Messverfahrens investiert, mit dessen Hilfe die Leberwerte von Patienten am Krankenbett bestimmt werden können. Ziel ist es, die Entwicklung von Seriengeräten und das Zulassungsverfahren zu beginnen. Humedics wurde auch durch Profund - die Gründungsförderung der Freien Universität - unterstützt.

Mit dem sogenannten LiMAx-Test, der an der Charité - Universitätsmedizin Berlin von PD Dr. Martin Stockmann entwickelt und mit Prof. Dr. Karsten Heyne von der Freien Universität Berlin in ein Messsystem umgesetzt wurde, wird die Enzymleistung der Leber gemessen, die bei einer Schädigung vermindert sein kann. Für die Messung wird dem Patienten ein eigens dafür entwickeltes Mittel verabreicht, das in der Leber verarbeitet wird. Das Abbauprodukt wird dann mit einem innovativen neu entwickelten Gerät (FLIP) in der Ausatemluft gemessen.

"Durch die Genauigkeit der Werte können Therapien besser individuell an den Patienten angepasst werden", erläutert PD Dr. Martin Stockmann von der Klinik für Allgemein-, Visceral- und Transplantationschirurgie am Campus Virchow-Klinikum. Bisher warf die Diagnose von Lebererkrankungen im klinischen Alltag Probleme auf, weil die Leberwerte aus dem Blut nur eine Veränderung zeigen, aber nicht genau die Leberfunktion messen. So konnte es beispielsweise bisher passieren, dass trotz einer beginnenden Leberzirrhose normale Laborwerte angezeigt wurden. Der neue Test erfasst auch diese ersten Krankheitssymptome. Mit dem neuen nicht invasiven FLIP/ LiMAx-System ist es möglich, die Planung leberchirurgischer Eingriffe zu verbessern, ein postoperatives Leberversagen vorherzusagen, eine Leberzirrhose zu erkennen und die Leberregeneration zu überwachen. Anwendung findet das System in der Leberchirurgie einschließlich Lebertransplantation, der gesamten Hepatologie und der Intensivmedizin.

Dr. Bernd Goergen, Senior Investment Manager des High-Tech Gründerfonds, erklärte, das bereits an mehreren Tausend Patienten erfolgreich getestete FLIP/LiMAx-System werde mit seiner schnellen und frühzeitigen Analyse der Leberleistung entscheidend dazu beitragen, den Behandlungserfolg präziser zu überwachen und damit wesentlichen Einfluss auf den Therapiealgorithmus haben. Darüber hinaus habe das Team bereits seine Fähigkeit gezeigt, innovative Technologien nicht nur zu entwickeln, sondern auch Kunden zu überzeugen.

Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:
- Wilfried Heyne (CEO), Humedics GmbH
   E-Mail: info@humedics.de
   Im Internet: www.humedics.de
- Dr. Berd Goergen, High-Tech-Gründerfonds Management GmbH
   E-Mail: info@high-tech-gruenderfonds.de
   Im Internet: www.high-tech-gruenderfonds.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution9

Quelle: Freie Universität Berlin, Carsten Wette, 24.03.2010

Raute

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg - 25.03.2010

Neuer Ansatz in der Analyse von Immunantworten auf Krebs

Tumor-spezifische Antikörper im Blut könnten ein weiterer Schritt bei der Krebsfrüherkennung sein.

Antikörper, die Waffen des körpereigenen Abwehrsystems im Kampf gegen Krankheitserreger, werden seit langem in Klinik und Labor eingesetzt. Beispielsweise kann man mit ihrer Hilfe Virusinfektionen wie die sogenannte Schweinegrippe diagnostizieren, aber auch Krebserkrankungen mit Antikörpern wie Herceptin oder Erbitux behandeln. Auch in der Forschung spielen sie eine wichtige Rolle, etwa um nachzuweisen, dass das patienteneigene Immunsystem auf Krebszellen reagiert und damit zu beweisen, dass das Immunsystem durchaus mit Krebszellen interagiert. Aufgrund dieser Tatsache kann man heute mit Impfstoffen versuchen, die Krebsentstehung zu verhindern oder auch schon vorhandene Krebserkrankungen durch eine gezielte Stärkung der Immunabwehr zu behandeln.

Professor Dr. Dirk Jäger vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg untersuchte gemeinsam mit Dr. Lloyd J. Old vom Ludwig Institute for Cancer Research (LICR) New York City systematisch Antikörperantworten bei Krebspatienten. In der aktuellen Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten sie nun Ergebnisse, die zu neuen Ansätzen für die Früherkennung von Eierstock- und Bauchspeicheldrüsenkrebs führen könnten. Ebenso könnten diese Forschungsresultate auch helfen, geeignete Patienten für zielgerichtete Krebsbehandlungen zu identifizieren.

Die Forscher untersuchten das Patientenserum auf Antikörperantworten gegen mehr als 8000 verschiedene Eiweiße mittels sogenannter Proteinarrays. Diese enthalten Testfelder mit sogenannten Spots auf engstem Raum. Untersucht wurde Blut von Gesunden und von Patienten, die an Eierstock- sowie an Bauchspeicheldrüsenkrebs litten. Dieses Detektionsverfahren erlaubt anschließend die Unterscheidung zwischen Spots mit oder ohne Interaktion. Im Blut von an Eierstockkrebs erkrankten Patientinnen fanden die Wissenschaftler wesentlich mehr Antikörper als im Blut von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs. "Das könnte ein Grund für die schlechte Prognose von Bauchspeicheldrüsenkrebs sein", spekuliert Dirk Jäger. "Je weniger Antikörper der Patient im Blut aufweist, desto schlechter scheint sein Immunsystem den Krebs zu erkennen und abzustoßen".

Die Antikörperantwort eines Patienten auf eine Tumorerkrankung bietet aber noch weitere Möglichkeiten: So könnte der Nachweis von Antikörpern im Blut eine Krebserkrankung frühzeitig anzeigen, was insbesondere bei Bauchspeicheldrüsen- und Eierstockkrebs von großer Bedeutung wäre, betont Dirk Jäger: "Diese Krebsarten werden in der Regel erst dann bemerkt, wenn der Tumor schon weit fortgeschritten ist. Das ist für die Prognose äußerst ungünstig. Könnten wir die Tumoren früher aufspüren, wären die Heilungschancen für die Patienten sehr viel höher", erhofft sich der Krebsspezialist.

Das ehrgeizige "cancer seromics" Projekt steht erst am Anfang von weit umfassenderen Analysen. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt, welcher Antikörper mit welchem Protein im Tumor reagiert, sollen in eine Datenbank einfließen, zu der Krebsforscher aus aller Welt Zugang erhalten sollen. Ziel ist es, so schnell wie möglich aussagekräftige Marker für die Früherkennung zu finden, Impftherapien gegen bestimmte Krebsarten zu entwickeln oder neue immuntherapeutische Ansätze in der Krebstherapie zu erforschen. "Das Immunsystem als Waffe gegen den Krebs ist noch längst nicht ausgereizt", weiß Dirk Jäger, "es ist an der Zeit, diese Möglichkeit im Kampf gegen die heimtückische Krankheit Krebs stärker zu nutzen."

Veröffentlichung:
Gnjatic S, Ritter, E, Büchler MW, Giese NA, Brors B, Frei C, Murray A, Halama N, Chen Y-T, Andrews C, Ritter G, Old LJ, Odunsi K, and Jäger D.
Seromic profiling of ovarian and pancreatic cancer.
Proc Natl Acad Sci USA. 2010 Mar 16;107(11):5088-93.
DOI: 10.1073/pnas.0914213107

Über das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg: Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg, der Thoraxklinik Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist die Verknüpfung von vielversprechenden Ansätzen aus der Krebsforschung mit der Versorgung der Patienten von der Diagnose über die Behandlung, die Nachsorge sowie der Prävention. Die interdisziplinäre Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1453

Quelle: Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, Alenka Tschischka, 25.03.2010

Raute

Max-Planck-Institut für Biochemie - 25.03.2010

Neurochips für Forschung und Medizin

Die Max-Planck-Gesellschaft transferiert ihr Neurochip-Knowhow nach Reutlingen. Das NMI und seine Partner entwickeln die Technologie zu einem vielseitigen Produkt und Messinstrument.

Neurochips koppeln die elektrischen Aktivitäten von Nervenzellen mit denen von Computerchips. Sie können mit lebenden Nervenzellen und -gewebe besiedelt werden und messen deren Signale. Außerdem können sie Signale in die Nervenzellen leiten. Beides eröffnet neue Perspektiven für Mess-Systeme und für die Erforschung neuronaler Funktionen. Prof. Dr. Peter Fromherz am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie in Martinsried hat mit der ehemaligen Forschungsabteilung der Infineon Technologies AG einen einzigartigen Neurochip mit 16.384 Sensoren auf einem Quadratmillimeter Chipfläche entwickelt. Das dabei gewonnene Wissen und das Entwicklungs-Knowhow werden jetzt nach Reutlingen transferiert, um die Neurochip-Technologie weiter zu entwickeln.

Da Infineon die Neurochip-Aktivitäten im Rahmen einer Umstrukturierung vor vier Jahren eingestellt hat und Fromherz 2010 in den Ruhestand geht, forderte der Fachbeirat des MPI, die Technologie zu sichern und zu kommerzialisieren. Auch das BMBF hat die weitreichende Bedeutung der Neurochips erkannt und unterstützt deshalb den Transfer an die Reutlinger Expertengruppe und ihre Partner. Damit soll die international herausragende Stellung Deutschlands in der Neurochip-Technologie erhalten und ausgebaut werden.

Die Reutlinger Multi Channel Systems MCS GmbH entwickelt den Chip zusammen mit Prof. Dr. Roland Thewes von der TU Berlin zu einem leistungsfähigen Mess-System für die neurophysiologische Grundlagenforschung weiter. Gleichzeitig untersucht eine Nachwuchsgruppe am NMI unter Leitung von Dr. Günther Zeck das Anwendungspotenzial der Chiptechnologie in der neurophysiologischen Forschung, in der neurotechnischen Mikromedizin sowie in der zellbasierten und zellfreien Biotechnologie.

"Reutlingen ist der ideale Ort, um aus der Technologie ein Produkt zu machen", sagt Dr. Alfred Stett, stellvertretender Leiter des NMI. Das NMI und MCS arbeiten eng zusammen und sind führend bei der Entwicklung von Mikroelektroden-Arrays (MEAs) und darauf basierenden Mess-Systemen. Diese Technologie wird bereits in über 500 Laboren verwendet, um elektrische Signale von Netzhaut-, Nerven- und Herzpräparaten sowie von differenzierten Stammzellen zu analysieren. Sie dient der Grundlagenforschung, wird zunehmend aber auch in frühen Stadien der Medikament-Entwicklung und in der Sicherheitspharmakologie eingesetzt. "Neurochips erweitern die experimentellen Möglichkeiten erheblich, da sie viel präziser messen und stimulieren", freut sich Stett über den Technologie-Zuwachs.

Membran- und Neurophysik, Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried

Mit rund 850 Mitarbeitern aus ca. 45 verschiedenen Nationen ist das MPI für Biochemie eine der größten biologisch-medizinisch ausgerichteten Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft. Derzeit neun große Forschungsabteilungen und 20 selbstständige Forschungsgruppen tragen zu den neuesten Erkenntnissen auf den Gebieten der Biochemie, der Zellbiologie, der Strukturbiologie, der Biophysik und der Molekularen Medizin bei. Wissenschaftler um Prof. Peter Fromherz arbeiten seit vielen Jahren an der Frage, wie man die biologische und elektrische Welt direkt miteinander vernetzen könnte. ,Schon 1991 erfassten sie erstmals Signale einer Nervenzelle mit einem Siliziumchip. 1995 gelang dieses Experiment dann auch in der Gegenrichtung: Eine Zelle wurde über einen Chip mit elektrischen Impulsen gereizt. Im Jahre 2003 haben die Max-Planck-Wissenschaftler in enger Kooperation mit einer Forschungsabteilung der Infineon Technologies AG einen industriell gefertigten CMOS-Chip mit 16.384 Sensoren mit einer räumlichen Auflösung von 7,8 µm vorgestellt, der neue Einblicke in die biologische Funktion von Nervenzellen, neuronalen Netzen und Hirngewebe ermöglichte.

NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen

Das NMI in Reutlingen ist ein wirtschaftsnahes Forschungsinstitut, das eng mit der Universität Tübingen kooperiert. Mit 170 Mitarbeitern und breiter, interdisziplinärer Kompetenz an der Schnittstelle von Bio- und Materialwissenschaften betreibt es angewandte Forschung und Entwicklung in den Geschäftsfeldern Pharma und Biotechnologie, Biomedizintechnik sowie Oberflächen- und Grenzflächentechnologie. Seit seiner Gründung im Jahr 1985 hat sich das gemeinnützige Institut zu einer soliden Brücke zwischen Grundlagenforschung und Wirtschaft entwickelt. Als Mitglied der Innovationsallianz Baden-Württemberg ist das Institut im Besonderen dem Wissens- und Technologietransfer verpflichtet.

Multi Channel Systems MCS GmbH, Reutlingen

Die Multi Channel Systems MCS GmbH entwickelt, produziert und vertreibt elektrophysiologische Hightech-Messinstrumente und Zubehör für die extrazelluläre Stimulation und Signalerfassung mit Mirkoelektroden - in vivo und in vitro - sowie für die automatische Injektion und intrazelluläre Messungen an Ionenkanälen von Oozyten. MCS, ein mittelständisches Unternehmen mit 35 Mitarbeitern, ist mit mehr als zehn Jahren Erfahrung und einem internationalen Vertriebsnetz der globale Marktführer im Bereich der nicht-klinischen Mikroelektroden-Elektrophysiologie. Gemeinsam mit seinen Vertriebspartnern versorgt MCS weltweit Labore in Forschungseinrichtungen und der pharmazeutischen Industrie.

Fachgebiet Sensorik und Aktuatorik, Fakultät für Elektrotechnik und Informatik, Technische Universität Berlin

Das Fachgebiet Sensorik und Aktuatorik an der TU Berlin beschäftigt sich mit Halbleiter- und insbesondere CMOS-basierten Sensoren und Aktuatoren mit Schwerpunkt auf biomedizinischen Applikationen. Im Rahmen interdisziplinärer Projekte auf nationaler und internationaler Ebene kooperiert es mit akademischen und industriellen Partnern aus Halbleitertechnik und Mikroelektronik, Materialwissenschaften, Biophysik und -chemie, Biotechnologie und Medizin. Die Aktivitäten umfassen das Design der Sensoren, deren Herstellung in Zusammenarbeit mit Foundries und Technologie-Partnern, das Design von CMOS-Schaltungen, deren Aufbau und Systemintegration, sowie den elektrischen Test und den Transfer der entwickelten Hardware an Projektpartner.

Weitere Informationen finden Sie unter
- http://www.biochem.mpg.de/mnphys/
- http://www.nmi.de
- http://www.multichannelsystems.com
- http://www.se.tu-berlin.de/menue/startseite/

Quelle: Max-Planck-Institut für Biochemie, Anja Konschak, 25.03.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2010