Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

ETHIK/1016: Buch "Die Zukunft des menschlichen Gehirns", Ethische und anthropologische Herausforderungen (AEM)


Akademie für Ethik in der Medizin (AEM) - 31.01.2012
Institut für Kirche und Gesellschaft

Neuerscheinung:
Die Zukunft des menschlichen Gehirns.
Ethische und anthropologische Herausforderungen der modernen Neurowissenschaften


Die Zukunft des menschlichen Gehirns.
Ein neuer Sammelband befasst sich mit ethischen und anthropologischen Fragen der modernen Neurowissenschaften.

Das spannungsreiche Verhältnis zwischen naturalistischen und religiösen Deutungsversuchen des menschlichen Lebens findet in jüngster Zeit große mediale Aufmerksamkeit. Neben dem Streit zwischen Schöpfungsglauben und Evolutionstheorie werden vor allem die theologischen und ethischen Implikationen der Neurowissenschaften diskutiert. An zahlreichen Beispielen lässt sich beobachten, wie die Ergebnisse der modernen Hirnforschung nicht nur Medizin und Psychologie verändern, sondern auch ganz alltägliche Lebensbereiche - wie das Bildungs- oder das Rechtssystem, ja sogar die Religion - beeinflussen. Daraus ergeben sich neuartige Herausforderungen für unser individuelles und kulturelles Selbstverständnis; denn der aktuelle Wissensstand über die neuronalen Grundlagen menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns stellt nicht nur unser theoretisches Selbstbild als freie und verantwortliche Wesen in Frage, sondern ist darüber hinaus geeignet, unser alltägliches Leben auch ganz praktisch zu beeinflussen.

So steht zum Beispiel künstliche Intelligenz heute nicht mehr allein außerhalb des menschlichen Körpers zur Verfügung, sondern kann in Gestalt elektronischer Neuroprothesen zu einem Teil von ihm werden. Noch ist unklar, welche Auswirkungen es auf die menschliche Identität hat, wenn ausgefallene Körperteile oder gestörte Hirnareale durch elektronische Prothesen ersetzt werden. Dürfen mögliche Persönlichkeitsveränderungen in Kauf genommen werden, wenn gleichzeitig belastende Krankheitssymptome gemildert oder alltägliche Lebensvollzüge erleichtert werden? Über die Trägerinnen und Träger von Innenohrimplantaten z. B. weiß man, dass sie sich oft keineswegs problemlos in der Welt hörender Menschen zurechtfinden, sondern vielmehr in ihrer Identität hin- und hergerissen sind.

Ein neuer Sammelband aus dem Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen verschafft einen vielfältigen Einblick in die anthropologischen, ethischen und gesellschaftlichen Debatten, die sich hieraus ergeben. Er fragt danach, welche Folgen es für unser Menschenbild hat, wenn ein neurophysiologischer Reduktionismus die personale Identität zum kontingenten Produkt mechanistisch interpretierter und technisch manipulierbarer Hirnprozesse degradiert und dabei die leibliche, geschichtliche und soziale Dimension menschlicher Existenz vernachlässigt.

Mit Beiträgen von Michael Blume, Klaus Brücher, Markus Christen, Jens Clausen, Ulrich Eibach, Karin Kestner, Lars Klinnert / Peter Markus, Ernstpeter Maurer, Jan Peters / Irene Daum, Stephan Schleim, Thomas Stieglitz, Marco Stier, Matthis Synofzik, Rüdiger Vaas und Gerald Wolf.


Lars Klinnert / Peter Markus (Hg.):
Die Zukunft des menschlichen Gehirns.
Ethische und anthropologische Herausforderungen der modernen Neurowissenschaften
2011, broschiert, 301 S., 14,80 Euro
ISBN 978-3-939115-23-6.


Kontakt:
Lars Klinnert
larsklinnert@web.de


*


Quelle:
[AEM-AKTUELL: 1265] vom 31.01.2012
Herausgeber: Akademie für Ethik in der Medizin (AEM)
Georg-August-Universität Göttingen
Humboldtallee 36, 37073 Göttingen
Tel.: 0551/39 39 69, Fax: 0551/39 39 96
Internet: http://www.aem-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2012