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ZAHN/185: Zahnmedizinische Forschung reicht weit über die Mundhöhle hinaus (idw)


Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. - 12.11.2010

Zahnmedizinische Forschung reicht weit über die Mundhöhle hinaus

"Faszination Wissenschaft in der Zahnmedizin" und "Forschungslandschaft Zahnmedizin" zum Deutschen Zahnärztetag vorgestellt


12. November 2010 - Frankfurt. Zahnmedizin heute ist längst nicht mehr nur auf die Mundregion beschränkt, die wachsende Integration des Faches in die Medizin zeigt sich auch in den Implikationen zahnmedizinischer Forschung und Wissenschaft auf den Gesamtorganismus und in der zunehmenden Nutzung neuer Techniken etwa aus der Gentechnologie, der Biomechanik oder der Nanotechnologie. Der "Faszination Wissenschaft in der Zahnmedizin" und einer Bestandsaufnahme der "Forschungslandschaft Zahnmedizin" in Deutschland widmet sich die wissenschaftliche Pressekonferenz, veranstaltet von Deutscher Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV), anlässlich des Deutschen Zahnärztetages in Frankfurt. Dabei werden exemplarisch vier aktuelle Forschungsprojekte detalliert vorgestellt, 25 weitere Forschungsprojekte werden in Textform präsentiert und bieten einen umfassenden Überblick über den aktuellen zahnmedizinischen Forschungsstand in Deutschland.

Kardiovaskuläre Erkrankungen, die zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen können und zu den häufigsten Todesursachen hierzulande zählen, stehen in Zusammenhang mit chronischen Entzündungen in der Mundhöhle. Das haben epidemiologische Studien in den vergangenen zehn Jahren belegt., Darüber hinaus haben aktuell erste Interventionsstudien gezeigt, dass durch parodontale Therapie Marker der subklinischen Atherosklerose positiv beeinflusst werden können. Experimentelle Studien zur Rolle der parodontalen Infektion bei der Atherogenese haben mehrere plausible Mechanismen nachgewiesen. Pathogene parodontale Bakterien spielen dabei eine wichtige Rolle. Sollten sich in weiteren Studien die positiven Auswirkungen parodontaler Behandlung in der Prävention der Atherosklerose bestätigen, hätte dies angesichts der hohen Verbreitung der Parodontitis und kardiovaskulärer Erkrankungen bedeutende gesundheitsrelevante Implikationen.

Für viele noch ein Traum - aber bald schon Realität? Die Züchtung neuer Zähne ist im Tierversuch bereits gelungen. Dazu beschäftigt sich die dentale Stammzellforschung mit sogenannten adulten Stammzellen, die aus fast allen Organen und Geweben der Mundhöhle isoliert werden können. Solche Stammzellen können "reprogrammiert" werden und sind für Anwendungen in der Mundhöhle geeignet. Die Neubildung von Zähnen im lebenden Organismus wird mit verschiedenen Ansätzen angestrebt, z.B. mit Transplantations- oder molekulargenetischen Verfahren und hat 2009 erstmalig zur erfolgreichen Zahnkeimbildung mit dem Entstehen eines okklusal (in die Kaufläche hinein) belastbaren Zahns bei der Maus geführt. Für den künftigen Einsatz beim Menschen wird eine enge Verknüpfung zwischen biomedizinischer Forschung, Zahnmedizin und Dentalindustrie angestrebt.

Wie geht man mit einer sogenannten verkürzten Zahnreihe um? Diese Frage stellt sich vielen Menschen, denn häufig gehen Backenzähne vor den Frontzähnen verloren. In der Folge können Einschränkungen beim Kauen oder langfristig auch negative Auswirkungen auf die Mundgesundheit entstehen. Welche Therapie hier am sinnvollsten wäre, das Anhängen, Implantieren oder Belassen, prüft die bundesweit bisher größte durchgeführte randomisierte Therapiestudie der prothetischen Zahnmedizin. Sie ist mit 14 universitären Studienzentren angelegt und wird Ende 2010 abgeschlossen. Die Ergebnisse werden unter den Gesichtspunkten gesundheitlicher Nutzen, Patientenzufriedenheit und Kosteneffizienz eine Neubewertung der Therapie ermöglichen. Biofilme in Wasserleitungen führen zu Verkeimungen, an Zahnoberflächen sorgt ein solcher Biofilm für die Volkskrankheit Karies. Bestimmte Mikroorganismen im ausgereiften bakteriellen Zahnbelag verstoffwechseln niedermolekulare Kohlenhydrate zu organischen Säuren, welche die Zahnoberfläche entmineralisieren - es entsteht Initialkaries. Für eine wirksame Kariesprophylaxe wird an der weiteren Aufklärung der Bioadhäsionsprozesse auf Zahnoberflächen geforscht. So soll die Entstehung pathogener Biofilme als Ursache der Karies verhindert oder modifiziert werden.

Eine Weltpremiere feiert zur Eröffnung der Pressekonferenz der computeranimierte Film "3D - Kommunkation der Zellen - Die Osseointegration", der mit spektakulären Bildern in die Welt der Thrombozyten, Fibroblasten oder Markophagen entführt. Unter Osseointegration versteht man den direkten funktionellen und strukturellen Verbund zwischen dem organisierten, lebenden Knochengewebe und der Oberfläche eines belasteten Zahnimplantats. Im Film werden komplexe biodynamische Prozesse dramaturgisch und didaktisch so gestaltet, dass diese in der Aus-, Fort- und Weiterbildung eine wertvolle Unterstützung in der Wissensvermittlung bieten. Mit diesem Film startet die Exzellenzinitiative "Lebendige Wissenschaft", in der sukzessiv alle relevanten biomedizinischen Prozesse in der ZMK als 3-D-Computerfilmanimationen produziert und in einer 3-D-Filmbibliothek der zahnmedizinischen Fachwelt zur Verfügung gestellt werden sollen.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dtzt.de
http://www.dgzmk.de

Hinweis:
Die genannten Forschungsprojekte werden auf der Homepage der DGZMK ab kommender Woche abrufbar sein.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution310


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V.
Markus Brakel, 12.11.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2010