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ONKOLOGIE/996: Risiko für Lymphdrüsenkrebs abhängig von Vorerkrankungen und deren Behandlung (idw)


Deutsches Krebsforschungszentrum - 19.03.2009

Lymphdrüsenkrebs

Risiko ist abhängig von Vorerkrankungen und deren Behandlung


Hepatitis B und C sowie das Pfeiffersche Drüsenfieber erhöhen das Risiko für Krebserkrankungen des Lymphsystems. Das bestätigte jetzt eine europaweite Studie unter der Leitung von Wissenschaftlern aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum. Auch die rheumatoide Arthritis galt bisher als Risikofaktor für Lymphdrüsenkrebs. Doch möglicherweise spielt bei dieser Erkrankung auch die medikamentöse Behandlung eine Rolle: Die Forscher fanden erste Hinweise darauf, dass nur diejenigen Arthritis-Patienten ein erhöhtes Lymphomrisiko tragen, die ihre Gelenkschmerzen mit dem Wirkstoff Paracetamol bekämpfen.

Welche Krankheiten und welche Therapien erhöhen das Risiko, später an einem Lymphdrüsenkrebs zu erkranken? Dieser Frage gingen Wissenschaftler aus sieben europäischen Ländern im Rahmen einer groß angelegten Studie nach. Sie untersuchten knapp 2500 Patienten mit einer Krebserkrankung des Lymphsystems und ebenso viele Kontrollpersonen. Per Fragebogen gaben die Teilnehmer darüber Auskunft, welche Krankheiten sie im Lauf ihres Lebens bereits hatten und wie diese behandelt wurden. Ganz gezielt fragten die Wissenschaftler nach Erkrankungen, die bereits im Verdacht stehen, das Lymphomrisiko zu beeinflussen. Dazu zählen Infektionskrankheiten wie Hepatitis B und C oder das durch das Epstein-Barr-Virus verursachte Pfeiffersche Drüsenfieber, aber auch Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes oder rheumatoide Arthritis.

Die Forscher um Professor Nikolaus Becker konnten bestätigen, dass sowohl das Pfeiffersche Drüsenfieber als auch Hepatitis B und C das Lymphomrisiko der Studienteilnehmer erhöhten. Beispielsweise erkrankten Hepatitis-B-Patienten doppelt so häufig an einem Lymphom wie Studienteilnehmer ohne die Infektion. Noch schwerwiegender wirkten sich Infektionskrankheiten im frühen Kindesalter aus: Unter den Teilnehmern, die vor ihrem sechstem Lebensjahr an Pfeifferschem Drüsenfieber gelitten hatten, war der Anteil an Lymphompatienten sogar sieben Mal höher als in der Kontrollgruppe. In Deutschland erkranken jährlich etwa 15 von 100.000 Menschen an einem Lymphom.

Auch die rheumatoide Arthritis galt bislang als ein Risikofaktor für Lymphdrüsenkrebs. Dies wurde in der aktuellen Studie von Becker und Kollegen nicht bestätigt. Stattdessen fanden die Wissenschaftler Hinweise darauf, dass bei dieser Gelenkerkrankung die eingenommenen Medikamente eine Rolle spielen: Die Einnahme des Schmerzmittels Paracetamol verdoppelte das Lymphomrisiko der Arthritis-Patienten. Patienten, die ihre Arthritis mit sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika behandelt hatten, erkrankten dagegen sogar etwas seltener an einem Lymphom als die Kontrollpersonen. Zu den nichtsteroidalen Antirheumatika zählen beispielsweise die Medikamente Aspirin oder Ibuprofen.

Die Wissenschaftler warnen jedoch davor, die Ergebnisse überzubewerten: "Die Studie hat uns einen ersten Hinweis geliefert, dem wir weiter nachgehen müssen", sagt Becker. Den Patienten von der Einnahme von Paracetamol abzuraten, hält er zum jetzigen Zeitpunkt für voreilig. In einer weiteren Studie wollen die Forscher nun die gesammelten Daten gezielt auf die Frage hin untersuchen, wie die Einnahme von Medikamenten das Lymphomrisiko beeinflusst.


Becker N, Fortuny J, Alvaro T, Nieters A, Maynadié M, Foretova L, Staines A, Brennan P, Boffetta P, Cocco PL, de Sanjose S.:
Medical history and risk of lymphoma: results of a European case-control study (EPILYMPH).
Journal of cancer research and clinical oncology. Online
veröffentlicht am 11. Februar 2009
DOI: 10.1007/s00432-009-0551-2

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland und Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Über 2.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 850 Wissenschaftler, erforschen die Mechanismen der Krebsentstehung und arbeiten an der Erfassung von Krebsrisikofaktoren. Sie liefern die Grundlagen für die Entwicklung neuer Ansätze in der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. Daneben klären die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Krebsforschungszentrum, Dr. Stefanie Seltmann, 19.03.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2009