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NOTFALL/230: EDV-gestützte Ersteinschätzung von Notfallpatienten (idw)


Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - 29.01.2010

Uni-Klinikum setzt auf EDV-gestützte Ersteinschätzung von Notfallpatienten

Podcast abrufbar


Die Versorgung von Notfallpatienten darf nicht in der Reihenfolge ihres Eintreffens erfolgen, sondern nach Art und Schwere ihrer Erkrankung. Die Ersteinschätzung erfolgt durch speziell geschulte Pflegekräfte, die dabei vom Computer unterstützt werden. Das Universitätsklinikum Bonn hat als erste Klinik in Deutschland diese Ersteinschätzung von Notfallpatienten in ihr zentrales Krankenhausinformationssystem integriert. Ein Video-Podcast erklärt jetzt, wie dieses EDV-gestützte System funktioniert und wie sich damit die Wartezeiten reduzieren lassen. Der Podcast ist auf dem Videoportal www.uni-bonn.tv abrufbar.

Ein kurzer Blick auf einen der beiden großen Übersichtsmonitore genügt: Dr. Ingo Gräff, Ärztlicher Leiter des Interdisziplinären Notfallzentrums auf dem Venusberg, hat anhand der laufend aktualisierten Tagesliste sofort einen genauen Überblick. Er weiß, welche Notfallpatienten gerade in Behandlung sind und wer mit welcher Dringlichkeit auf den entsprechenden Facharzt wartet. Ziel der EDV-basierten Ersteinschätzung ist es, auch bei einem hohen Andrang im Bonner Notfallzentrum Schwerkranke schnell zu erkennen und für einen zügigen Ablauf zu sorgen.

Von den Rettungsdiensten eingelieferte Patienten kommen direkt in einen Schockraum und werden von Ärzten sofort behandelt. Alle anderen Notfallpatienten werden gleich nach ihrem Eintreffen von einer speziell dafür ausgebildeten Pflegekraft untersucht. "Dabei entscheidet sie nach genau festgelegten und objektiven Kriterien", betont Gräff. Je nach den Symptomen werden sofort Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffgehalt im Blut, Atemfrequenz, Blutzuckerwert und Temperatur bestimmt. Parallel zur Aufnahme ordnen die Pflegekräfte mit Hilfe von standardisierten Handlungsvorschriften am Computer jeden Notfallpatienten innerhalb von maximal anderthalb Minuten nach einem international anerkannten Verfahren in fünf Dringlichkeitskategorien ein - rot bedeutet dabei beispielsweise "sofort". Kriterien wie Schmerzen, Ansprechbarkeit oder Fieber sind dabei wesentliche Richtschnüre. Der zuständige Facharzt wird direkt informiert. Patienten mit weniger dringlichen Erkrankungen nehmen nach Erstversorgung durch die Pflegekraft im Wartebereich Platz.


Wartezeit im Mittel halbiert

"Bei der Ersteinschätzung legen wir genau fest, bis wann ein Arzt bei dem Patient gewesen sein muss", sagt Gräff. Der Computer, der alle Daten gespeichert hat und immer auf dem neuesten Stand ist, koordiniert dabei den Patientenfluss und sorgt für einen möglichst reibungslosen Ablauf. Kommt ein Patient früher dran als ein anderer, so hat er entweder eine schnellere Hilfe nötig, oder er braucht die Hilfe einer anderen der 14 im Bonner Notfallzentrum angesiedelten Fachrichtungen. "Das erklärt die manchmal für den Wartenden nicht schlüssige Reihenfolge. Doch mit Hilfe der neuen EDV-gestützten Ersteinschätzung konnten wir die Wartezeiten für unsere Patienten bereits deutlich reduzieren", sagt Gräff. "Wir wollen allen unseren etwa 25.000 Patienten pro Jahr eine zügige Behandlung gewährleisten."

Neben einer sicheren Ersteinschätzung und reduzierten Wartezeiten bringt das EDV-gestützte System noch weitere Vorteile mit sich, weiß Alfred Dahmen vom Prozessmanagement des Universitätsklinikums Bonn: "Die Ersteinschätzung geht nahtlos in die symptomspezifischen Behandlungskataloge, die so genannten klinischen Pfade, über. Zudem stehen die bereits gespeicherten Daten des Patienten dem behandelnden Arzt auch später auf der Station direkt zur Verfügung." Zusammen mit Gräff hat er über drei Monate an diesem EDV-basierten System getüftelt. Das Team dieses Projektes gewann dafür den 2. Platz beim RFH-Hospital-Innovations-Preis 2009. Das System hält auch noch zukünftige Optionen offen. So sollen demnächst an den beiden Übersichtmonitoren direkt Röntgenbilder abrufbar sein. Auch soll ein Licht blinken, wenn beispielsweise wichtige Laborbefunde oder das benötigte Bett auf der Intensivstation für den Notfallpatienten zur Verfügung stehen.


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution123


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Dr. Inka Väth, 29.01.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2010