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ZAHN/251: Langzeiterfolg von Zahn-Implantaten steigern (idw)


Philipps-Universität Marburg - 11.05.2015

Langzeiterfolg von Zahn-Implantaten steigern


Rund 13 Millionen Zähne entfernen Zahnärztinnen und Zahnärzte jedes Jahr. Etwa eine Million davon ersetzen sie durch Implantate - Tendenz steigend. Es ist inzwischen ein Routineverfahren. Trotzdem: Bei 20 bis 40 Prozent der Zahn-Implantate entstehen Komplikationen bis hin zum Implantat-Verlust. Über die Ursachen gab es bisher kaum verlässliche Daten. Marburger Zahnmediziner analysierten auf Basis langjähriger Beobachtungen Risikofaktoren für Implantat-Komplikationen. Ihre Ergebnisse sollen den Langzeiterfolg von Zahn-Implantaten steigern.

Bei 20 bis 40 Prozent der Zahn-Implantate entstehen fünf Jahre nach der Eingliederung geringe bis erhebliche Entzündungen - zum Teil mit Knochenverlusten. Um Risikofaktoren zu analysieren, beobachten Marburger Zahnmedizinerinnen und -mediziner in Langzeitstudien Erfolge und Misserfolge von Implantat-Versorgungen.

Die Ergebnisse der Studien und die zugrundeliegende wissenschaftliche Patientinnen- und Patientendatenbank stellten sie beim Symposium "Peri-Implantitis" am 9. Mai im Medizinischen Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Philipps-Universität Marburg vor. Rund 150 Zahnärztinnen und Zahnärzte nahmen an der Tagung teil. Expertinnen und Experten aus Deutschland und Europa diskutieren über Komplikationen bei Zahnimplantaten und deren Ursachen.

Regelmäßige Kontrollen

"Wir erforschen Risikofaktoren, um den Langzeiterfolg von Zahn-Implantaten zu verbessern", sagt Prof. Dr. Reiner Mengel. Der Marburger Zahnmediziner hat in enger Zusammenarbeit mit den biometrischen und der statistischen Abteilungen des Koordinierungszentrums für Klinische Studien (Direktorin: Carmen Schade-Brittinger) der Philipps-Universität eine wissenschaftliche Datenbank etabliert. Sie erfasst die anonymisierten Daten der Implantat-Patientinnen und -Patienten der Marburger Zahnklinik. Die Forschenden berücksichtigten Daten wie etwa Vorerkrankungen, Rauchverhalten, Medikamenteneinnahmen. Aber auch klinische Daten wie die Knochendichte. Die Patientinnen und Patienten werden nach der Implantation in einem drei- bis sechsmonatigen Intervall, zum Teil schon seit über 20 Jahren, nachuntersucht: "Im Abstand von einem, drei, fünf, zehn, 15 und 20 Jahren nach der Implantation haben wir zudem mikrobiologische und Röntgenuntersuchungen vorgenommen", erklärt Prof. Mengel. "Bislang sind Daten von über 300 Patientinnen und Patienten integriert. Das ist eine breite und belastbare empirische Datenbasis."

Größere Gefahr bei Vorerkrankungen

Prof. Mengel und sein Team stellten in ihren Studien deutliche Unterschiede zwischen Fällen mit und ohne parodontaler Vorerkrankung fest. Die Implantat-Überlebensrate lag bei gesunden Patientinnen und Patienten nach fünf Jahren bei 100 Prozent, bei Personen mit einer Entzündungsvorgeschichte bei 96 Prozent. Bei beiden Gruppen beobachteten die Forschenden jedoch Komplikationen: 40 Prozent der gesunden Patientinnen und Patienten bekamen eine Mukositis (Entzündung des Weichgewebes), zehn Prozent erlitten eine Peri-Implantitis (Entzündung des Zahnimplantat-Bettes), die zu Knochenabbau führt.

Wichtiges Ergebnis: Personen mit Vorerkrankung sind stärker gefährdet. 56 Prozent von ihnen bekamen eine Mukositis, 26 Prozent eine Peri-Implantitis. "Die langfristige Erfolgsrate bei Implantaten betrug somit bei den gesunden Patientinnen und Patienten 50 Prozent, im Falle von Vorerkrankung nur noch 33 Prozent", resümiert Mengel das Studienergebnis.

Verschiedene Risikofaktoren

"Bei der Frage nach Risikofaktoren können wir grundsätzlich zwischen sogenannten patientenbezogenen genetischen Faktoren, Umweltfaktoren und von Behandelnden verursachte Faktoren unterscheiden." Zu den "Umweltfaktoren" zählen Rauchen, Stress, aber auch schlechte Mundhygiene. Zu den von den "Behandelnden verursachten Faktoren" gehöre auch die Implantation in "insuffiziente Knochen". Damit ist Knochensubstanz gemeint, die aufgrund der geringen Knochendichte ungeeignet für das Halten der Implantate ist.

Als einen weiteren Faktor nennt Reiner Mengel das Einsetzen von prothetischen Versorgungen (Zahnersatz), die Betroffene selbst nicht gut reinigen können. Diese Faktoren sind grundsätzlich von den Behandelnden beeinflussbar. Anders hingegen bei den "patientenbezogenen genetischen Faktoren": "Hierzu gehört die Neigung zu Entzündungen im Mundraum durch internistische Erkrankungen", sagt Prof. Mengel.

Versorgungsplanung im Fokus

Aufgrund des steigenden Einsatzes von Implantaten und der damit verbundenen Versorgungsnotwendigkeit gehört die Lehre der Implantologie und Implantat-Prothetik für die Marburger Zahnmedizinstudierenden zum Pflichtlehrprogramm. Die Abteilung für Orofaziale Prothetik und Funktionslehre hat daher unter Federführung von Prof. Mengel ein Curriculum "Implantat-Prothetik" etabliert: "Insbesondere das Erkennen von Risikofaktoren und die prothetische Planung bei Zahn-Implantaten kommt in der zahnärztlichen Praxis oft zu kurz. In der Lehre legen wir daher besonderen Wert darauf, dass die Studierenden lernen, eine gründliche präimplantologische Diagnostik und prothetische Versorgungsplanung vorzunehmen.5555"


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-marburg.de/fb20/zahnmundkiefer
Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Philipps-Universität Marburg

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution376

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Philipps-Universität Marburg, Matthias Fejes, 11.05.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2015

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