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ONKOLOGIE/1482: Mediziner erforschen die Entstehung von Knochenmarkkrebs durch übermäßigen Proteinabbau (idw)


Wilhelm Sander-Stiftung - 03.09.2013

Münchner Mediziner erforschen die Entstehung von Knochenmarkkrebs durch übermäßigen Proteinabbau



Der Knochenmarkkrebs "Multiples Myelom" ist die zweithäufigste Blutkrebsart und noch immer unheilbar. In den vergangenen Jahren konnten vor allem durch den Einsatz neuartiger Medikamente, die den Eiweißabbau in der Zelle hemmen, wichtige therapeutische Fortschritte erzielt werden. Welche Störungen in den Abbaumechanismen aber unmittelbar zur Entstehung des Multiplen Myeloms beiträgt, ist bisher kaum bekannt. Forscher an der TU München haben herausgefunden, dass ein für den Eiweißabbau zuständiges Molekül, FBXO3, in den Krebszellen im Übermaß vorkommt. Den dadurch ausgelösten Signalweg wollen die Forscher untersuchen, um neue Medikamente zur Behandlung dieser Krankheit zu entwickeln.

Ein zentraler Fortschritt der Krebsbehandlung der vergangenen Jahre ist die Entwicklung von Medikamenten, die den Eiweißabbau hemmen - sogenannte Proteasominhibitoren. Das Multiple Myelom kann besonders gut mit dieser neuartigen Therapie behandelt werden. Dies deutet darauf hin, dass ein gestörter Proteinabbau bei der Entstehung dieser Erkrankung eine wichtige Rolle spielt.

Aktuelle Forschungsergebnisse einer Expertengruppe am Klinikum rechts der Isar um PD Dr. Florian Bassermann bestätigen diesen Zusammenhang: Dem Münchner Team ist es gelungen, zu zeigen, dass das eiweißabbauende Protein FBXO9 in den entarteten Zellen in erhöhter Konzentration vorkommt (Fernandez-Saiz, et al 2013). Ein weiteres, beim Multiplen Myelom im Übermaß vorhandenes Protein ist FBXO3. In Vorarbeiten haben Dr. Bassermann und Dr. Engel aus der Klinik für Hämatologie und Onkologie gezeigt, dass dieses Protein PARP-1 abbauen kann. PARP-1 ist einerseits für die Reparatur von Erbgutschäden zuständig. Andererseits leitet es bei Zellen mit einer zu großen Ansammlung von Erbgutschäden den programmierten Zelltod ein. Bei übermäßigem Abbau von PARP-1, z.B. durch FBXO3, kann die (Krebs-)Zelle nun ihre Erbgutschäden nicht mehr effizient reparieren. Durch nicht reparierte Mutationen kann das Krebswachstum weiter gefördert werden. Andererseits wird das Zugrundegehen schwer beschädigter Zellen auf diese Weise verhindert, es kommt zu unkontrolliertem Wachstum.

In einem von der Wilhelm-Sander-Stiftung geförderten Projekt wollen die Forscher die Rolle des Zusammenspiels von FBXO3 und PARP-1 bei der Entstehung und in der Therapie des Multiplen Myeloms näher untersuchen. "Wir wollen mit verschiedenen zellbiologischen und biochemischen Methoden herausfinden, wie FBXO3 den Abbau von PARP-1 herbeiführt, ob dieser von der zellulären Abbaumaschine, dem Proteasom, abhängig ist und durch welche weiteren äußeren Einflüsse er beeinflusst wird", erläutert Dr. Bassermann das Forschungsvorhaben. Darüber hinaus sollen Multiple-Myelom-Zellen auf ihre Abhängigkeit von diesem Mechanismus hin untersucht werden. Dabei ist eine wichtige Frage, ob die Ausschaltung von im Übermaß vorhandenem FBXO3 die Myelomzelle sterben lässt und also als medikamentöses Ziel in Frage kommt. Schließlich werden die Forscher in Kooperation mit Pathologen eine Reihe von Patientenproben auf diese Fragestellung hin untersuchen.


Kontakt (Projektleitung):
PD Dr. Florian Bassermann
III. Medizinische Klinik (Hämatologie/Onkologie)
Klinikum rechts der Isar der TU-München
Ismaninger Str. 15, 81675 München
Email: Florian.Bassermann@lrz.tu-muenchen.de

Literaturhinweis:
Fernandez-Saiz, V., Targosz, B.S., Lemeer, S., Eichner, R., Langer, C., Bullinger, L., Reiter, C., Slotta-Huspenina, J., Schroeder, S., Knorn, A.M., Kurutz, J., Peschel, C., Pagano, M., Kuster, B. & Bassermann, F. (2013) 
SCF-Fbxo9 and CK2 direct the cellular response to growth factor withdrawal via Tel2/Tti1 degradation and promote survival in multiple myeloma.
Nature Cell Biology, 15, 72-81.


Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 130.000 Euro.
Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist. Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution890

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Wilhelm Sander-Stiftung, Bernhard Knappe, 03.09.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2013