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GYNÄKOLOGIE/660: Schwangerschaftsabbruch im zweiten und dritten Trimenon - KAST-Studie liefert erste Ergebnisse zur Versorgungslage (pro familia magazin)


pro familia Magazin 03/2022

"Klinische Angebote zum Schwangerschaftsabbruch im zweiten und dritten Trimenon" (KAST)


Ein Schwangerschaftsabbruch nach Ablauf der zwölften Woche nach Empfängnis ist in Deutschland möglich und rechtmäßig, wenn eine medizinische Indikation ausgestellt wird. In pro familia Beratungsstellen berichten ratsuchende Frauen und Paare immer wieder über große Schwierigkeiten, die sie im Kontext der Indikationsstellung sowie der Arztsuche und dem Ablauf beim Schwangerschaftsabbruch erleben. Die Entscheidungsfindung für den Abbruch einer gewünschten Schwangerschaft ist oft eine Lebenssituation im Grenzbereich des menschlich Erträglichen für das Paar, zudem muss es zahlreiche institutionelle Barrieren überwinden und sieht sich einem sehr beschränkten Angebot an Kliniken konfrontiert, die den Eingriff vornehmen.

Bislang gab es keine Forschung oder Befragung zu Angebotsstrukturen in Deutschland. Mit der vom pro familia Bundesverband in Auftrag gegebenen und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Studie der Hochschule Merseburg liegen nun erste Ergebnisse zur Versorgungslage vor. Sie dürften vor allem für Fachkräfte in Schwangerschaftsberatungsstellen eine wertvolle Ressource sein.

Für die Studie wurde medizinisches und psychosoziales Fachpersonal nach der aktuellen medizinischen Versorgungslage für Schwangerschaftsabbrüche nach der 14. SSW in Deutschland und nach dem Handlungsbedarf hinsichtlich einer guten Versorgung befragt.

Die Studienergebnisse zeigen, dass es bisher sehr unterschiedliche und wenig transparente Regelungen zur medizinischen Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen im zweiten und dritten Trimenon gibt. Mit zunehmender Schwangerschaftsdauer reduzieren sich Versorgungsangebote und die regionale Versorgung ist sehr uneinheitlich. Zudem gibt es keine Leitlinien zur medizinischen Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch nach dem ersten Trimenon in Deutschland. Die Ergebnisse der Kast-Studie bestätigen die Erfahrung aus Beratungsstellen, dass Indikationen für Schwangerschaftsabbrüche wegen physischer Gefährdung der Mutter nur sehr schwer zu erhalten sind. Es gibt keine juristisch und medizinisch näher definierten Krankheitsbilder, die eine medizinische Indikation darstellen. Indikationen bei positiven pränatal diagnostischen Befunden werden zwar leichter ausgestellt, aber für einen Schwangerschaftsabbruch nicht immer anerkannt.

Die Studie zeigt viele Problemfelder auf und macht deutlich, dass vertiefende Forschung notwendig ist. Eine bundesweite Liste mit Anbieter*innen, wie sie sich viele Beratungsstellen wünschen würden, liegt zwar nicht vor, aber immerhin sind Kontaktdaten von zehn Kliniken verfügbar und können beim Bundesverband erfragt werden.

Die Studienergebnisse sind in der Reihe "pro familia Hintergrund" erschienen und können über den folgenden Link heruntergeladen werden:

www.profamilia.de/publikationen

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Quelle:
pro familia Magazin 03/2022, 50. Jahrgang, Seite 5
Herausgeber und Redaktion:
pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung,
Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V., Bundesverband
Mainzer Landstraße 250-254, 60326 Frankfurt am Main
Telefon: 069/269 57 79-0, Fax: 069/269 57 79-30
E-Mail: info@profamilia.de
Internet: www.profamilia.de
 
Erscheinungsweise: Vierteljährlich
Einzelheft: 5,10 Euro zuzüglich Versandkosten und einschl. MwSt.
Jahresabonnement: 19,50 Euro (Ausland 21,50 Euro) und einschl. MwSt.

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 1. Oktober 2022

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