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ARBEITSMEDIZIN/469: Smarte Schutzausrüstungen im Feuerwehreinsatz (DGAUM)


Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. - 19. September 2018

Smarte Schutzausrüstungen im Feuerwehreinsatz


München, 9. Oktober 2018 - Einsätze der Feuerwehr sind oft lebensgefährlich, insbesondere bei der Brandbekämpfung. Um Einsatzkräfte besser zu schützen wird "smarte" Persönliche Schutzausrüstung (PSA) entwickelt, die vor gesundheitskritischen Zuständen warnen soll, indem sie physiologische Parameter auswertet. Doch was bei Sportlern z.B. mit Hilfe von Fitness-Trackern gut gelingt, gestaltet sich für Feuerwehrkräfte im Brandeinsatz wesentlich komplizierter.

Feuerwehrkräfte haben ein hohes Unfallrisiko

Einsatzkräfte der Rettungsdienste und freiwilligen Feuerwehren haben ein deutlich höheres Unfallrisiko als andere Beschäftigte. Das belegen Unfallquoten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung 2017. Besonders gefährlich ist die Brandbekämpfung, wenn zum Beispiel Löschkräfte unter Atemschutz in das Innere eines brennenden Gebäudes eindringen müssen. Hier verletzten sich fast 40% aller betroffenen Einsatzkräfte. Neben mechanischen Verletzungen, Verbrennungen und Rauchgasvergiftungen müssen Einsatzkräfte auch aufgrund von Stress oder völliger körperlicher Erschöpfung behandelt werden. Letzteres kann im schlimmsten Fall tödlich enden.

Smarte Schutzausrüstung

Um Feuerwehrkräfte während der Brandbekämpfung noch besser zu schützen, entwickeln Forschung und Industrie "smarte" Persönliche Schutzausrüstungen (PSA). Zu PSA gehören zum Beispiel Schutzhelme, Schutzbrillen, Schutzschilde, Atemschutzgeräte, Sicherheitsschuhe, Schutzhandschuhe, Auffanggurte und Rettungswesten. Smarte PSA sollen nun nicht nur passiv, sondern auch durch aktive Funktionen schützen. Sensoren und Mikroprozessoren auf der Schutzkleidung beispielsweise erfassen physiologische und physikalische Parameter der Umgebung und stellen dadurch den Gesundheitszustand des Trägers fest. Im gesundheitskritischen Fall könnte so eine Warnung an die Einsatzkraft oder Einsatzleitung gesendet werden.

Wichtig ist die Auswahl der richtigen physiologischen Parameter

Für die Analyse des Gesundheitszustands ist die richtige Auswahl der physiologischen Parameter ausschlaggebend. Körperliche Belastung kann z.B. anhand von Körperkerntemperatur, Herzschlagfrequenz, Blutdruck, Atemfrequenz, Sauerstoffaufnahme und Blutwerte gemessen werden. Einzelne Werte alleine geben aber noch keine konkreten Rückschlüsse auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung. Dies hängt auch von Alter, Gewicht, Fitnesslevel und Tagesform ab. Herzschlag und Körperkerntemperatur zeigen sich bislang als praxistaugliche Indikatoren für PSA. Schwankungen dieser Werte weisen auf große körperliche Belastungen hin. Außerdem lassen sich die Sensoren besonders gut in die PSA integrieren. Das ist wichtig, da insbes. smarte PSA für den Brandeinsatz schnell und unkompliziert zu handhaben sein müssen.

Dynamische Bedingungen im Feuerwehreinsatz erschweren Gesundheitsanalysen mit PSA

Eine Herausforderung für Gesundheitsanalysen mit smarter PSA sind die dynamischen Bedingungen bei der Brandbekämpfung. Oft sind die Räumlichkeiten eines brennenden Gebäudes unbekannt, so wie die Anzahl möglicher Verletzter oder die genaue Position des Brandherdes. Hinzu kommen hohe psychische Belastungen durch Zeitdruck, Temperaturen bis zu 1000°C und die durch Brandrauch stark eingeschränkte Sicht. PSA schützt die Einsatzkraft zwar vor Atemgiften und Stichflammen, wird aber mit ihrer hohen Wärmeisolierung und einem Gewicht von ca. 20kg zur zusätzlichen Belastung. Je nach Fitnesslevel und Einsatzerfahrung können Feuerwehrkräfte sehr unterschiedlich auf diese Beanspruchungen reagieren.

Beanspruchungsgrenzen mit Algorithmen definieren

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) versucht in einem Forschungsprojekt die Beanspruchungsgrenzen von Feuerwehrkräften mittels Algorithmen zu definieren. In einem sehr realistischen Einsatztraining wurden zunächst die Vitalparameter professioneller Einsatzkräfte erhoben. Gleichzeitig bewerteten diese ihre subjektiv wahrgenommene Belastung anhand einer Skala. Die objektiven Messgrößen wurden dann mit den subjektiven Bewertungen verknüpft und mittels Algorithmen ausgewertet. Dadurch konnten unabhängig von festgelegten Grenzwerten und individuellen Eigenschaften Erschöpfungszustände erkannt werden. Die richtige Interpretation von physiologischen Parametern bei Feuerwehrkräften könnte damit also bewältigt werden. Um praxistaugliche Modelle zu entwickeln bedarf es allerdings weiterer Messreihen unter kontrollierten Bedingungen und im Realeinsatz.


Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Beitrag "Smarte Schutzausrüstungen im Feuerwehreinsatz" von Dipl.-Ing. Marie Pendzich in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin (ASU) unter:
https://www.asu-arbeitsmedizin.com/Archiv/ASU-Heftarchiv/article-840362-110576/smarte-schutzausruestungen-im-feuerwehreinsatz-.html

Über ASU - Zeitschrift für medizinische Prävention:

Die Zeitschrift Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin ist das Leitmedium der deutschsprachigen Arbeitsmedizin. Das Publikationsorgan der Fachinstitutionen DGAUM, ÖGA, SGARM, VDBW, Vereinigung Deutscher Staatlicher Gewerbeärzte e.V. sowie der arbeitsmedizinischen Akademien und richtet sich an Betriebsärzte, Arbeitsmediziner und Akteure in wichtigen Schnittstellenbereichen zur Arbeitsmedizin. Die Zeitschrift ist peer reviewed. 1965 gegründet, erscheint ASU monatlich und erreicht nahezu alle arbeits- und präventionsmedizinisch orientierten Akteure im deutschsprachigen Raum. Weitere Informationen unter
www.asu-arbeitsmedizin.com

Über DGAUM:

Die DGAUM wurde 1962 gegründet und ist eine gemeinnützige, wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft der Arbeitsmedizin und der klinisch orientierten Umweltmedizin. Ihr gehören heute über 1000 Mitglieder an, die auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin und Umweltmedizin arbeiten, vor allem Ärztinnen und Ärzte, aber auch Angehörige anderer Berufsgruppen wie etwa Natur- und Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Die Mitglieder der Fachgesellschaft engagieren sich nicht nur in Wissenschaft und Forschung, um so bereits bestehende Konzepte für die Prävention, die Diagnostik und Therapie kontinuierlich zu verbessern, sondern sie übernehmen die ärztliche und medizinische Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an der Schnittstelle von Individuum und Unternehmen. Darüber hinaus beraten die Mitglieder der DGAUM alle Akteure, die ihren Beitrag zu der medizinischen Versorgung leisten und auf Fachwissen aus der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention, der arbeits- und umweltbezogenen Diagnostik und Therapie, der Beschäftigungsfähigkeit fördernden Rehabilitation sowie aus dem versicherungsmedizinischen Kontext angewiesen sind. Weitere Informationen unter www.dgaum.de.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.
Pressemitteilung Nr. 26/2018 vom 19. September 2018
Schwanthaler Straße 73 b, 80336 München
Telefon: 089/330 396-0, Fax: 089/330 396-13
E-Mail: gs@dgaum.de
Internet: www.dgaum.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2018

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