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PREIS/1786: Auszeichnung "Das unerschrockene Wort" für die "Nowaja Gaseta" (Stadt Magdeburg)


Magdeburg - Pressemitteilung von Dienstag, 17. Mai 2011

Auszeichnung "Das unerschrockene Wort" verliehen

Preis der Lutherstädte für Chefredakteur der russischen Tageszeitung Nowaja Gaseta


Ottostadt Magdeburg. Der russische Journalist Dmitrij Muratow und die gesamte Redaktion seiner Tageszeitung "Nowaja Gaseta" erhielten am 14. Mai 2011 in Heidelberg im Beisein des Magdeburger Oberbürgermeisters Dr. Lutz Trümper den Preis der Lutherstädte "Das unerschrockene Wort". Die Ehrung ist eine Anerkennung für das entschlossene Eintreten für Presse- und Meinungsfreiheit und gegen Korruption.

Für die stiftenden Lutherstädte begründete der Heidelberger Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner die Wahl der Preisträger: "Seit 2000 wurden fünf Mitarbeiter der Nowaja Gaseta ermordet, drei weitere wurden durch gezielte Anschläge verletzt. Herr Muratow und seine Kolleginnen und Kollegen betreiben dennoch weiterhin mutigen Journalismus. Dieser Mut und dieser beispielhafte Einsatz für die Meinungs- und Pressefreiheit sollen heute ausgezeichnet werden."

Als Jurymitglied war auch Magdeburgs Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper zur Preisverleihung nach Heidelberg gereist. Die Landeshauptstadt ist eine der 16 Lutherstädte in Deutschland, die den Preis "Das unerschrockene Wort" gemeinsam vergeben.

Die Laudatio auf die Geehrten hielt Friedrich Schorlemmer. Der Pfarrer und Bürgerrechtler wurde bekannt als eine Leitfigur der friedlichen Revolution im November 1989. In seiner Rede würdigte Schorlemmer den Mut derer, die für die Freiheit lieber ihr Leben riskieren, als sich mundtot machen zu lassen. "Eine kleine Zeitung ist zu einer großen Insel der Freiheit, des freien Wortes geworden", sagte Schorlemmer und erinnerte auch an die ermordeten russischen Journalistinnen und Journalisten der Nowaja Gaseta, deren mutiges Zeugnis Dmitrij Muratow und die Kollegen unter täglich gegenwärtiger Lebensbedrohung fortführten. Mit Nachdruck appellierte der Laudator an einen jeden, selbst für ein freies Wort einzustehen: "Wer unerschrocken das Wort wagt, muss für sich selbst sagen: 'Hier stehe ich. Hierfür stehe ich ein. Dafür übernehme ich die Verantwortung. Mit allen Konsequenzen.'"

In seiner schriftlichen Dankesrede verurteilt Dmitrij Muratow die Korruption als neue Apartheid, die den Völkern die Zukunft raube. Aus aktuellem Anlass berichtete Muratow, die Weißrussland-Korrespondentin der Nowaja Gaseta, Irina Chalip, werde beschuldigt an einer Demonstration gegen die Lukaschenko-Regierung teilgenommen zu haben. Nun solle sie deshalb verurteilt werden.

Ebenfalls am 14. Mai wurde Chalips Ehemann, der Regimekritiker Andrej Sannikow zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Die Lutherstädte reagierten auf die Ereignisse mit einer Resolution an den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko mit folgendem Wortlaut:

"Die Jury der 16 Lutherstädte protestiert gegen das Urteil gegen Andrej Sannikow, der genau am heutigen Tag, dem 14. Mai 2011, in Minsk zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Als Präsidentschaftskandidat hatte Sannikow im vergangenen Jahr friedlich gegen das Lukaschenko-Regime demonstriert. Die Lutherstädte fordern die Justizbehörden Weißrusslands auf, dieses Urteil aufzuheben. Ebenso verlangen sie, den Prozess gegen die regimekritische Journalistin Irina Chalip, die Ehefrau Sannikows, einzustellen; ihr droht in der kommenden Woche eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft wegen 'Störung der öffentlichen Ordnung'. Die europäische Staatengemeinschaft muss den Druck auf das Lukaschenko-Regime erhöhen, um die Einhaltung der Menschenrechte durchzusetzen und um alle Menschen, die unerschrocken ihr Wort erheben, zu schützen."

(Resolution der Lutherstädte vom 14. Mai 2011)



HINTERGRUND

Die Preisträger

Die "Nowaja Gaseta" ist weltweit bekannt für ihre Beiträge über Korruption und organisierte Kriminalität in Russland. Sie engagiert sich für die Einhaltung der Menschenrechte und eine friedliche Lösung des Tschetschenienkonflikts. Der 1961 geborene Chefredakteur Dmitrij Muratow ist einer der russischen Intellektuellen, die seit der Perestroika für Demokratie und Menschenrechte eintreten. Für die Redaktion der 1993 gegründeten Zeitung arbeiteten unter anderem die ermordeten Journalisten Anna Politkowskaja und Juri Schtschekotschichin. Muratow selbst steht stellvertretend für kritische, unabhängige Journalisten in Russland, die ihr Leben für die Pressefreiheit riskieren.

Der Preis

Den Preis "Das unerschrockene Wort" stifteten die Lutherstädte erstmals anlässlich des Lutherjahres 1996 im Gedenken an den Reformator Martin Luther. Mit dem Preis sollen Frauen und Männer geehrt werden, heißt es im Statut für die Preisvergabe, "die in einer besonderen Situation oder bei einem konkreten Anlass, aber auch beispielhaft über einen größeren Zeitraum hinweg, in Wort und Tat für die Gesellschaft, die Gemeinde, den Staat bedeutsame Aussagen gemacht und gegenüber Widerständen vertreten haben. Dabei soll es weniger um eine Zustandsbeschreibung gehen als um wegweisende zukunftsgerichtete Überlegungen". Die Preisträger können aus Deutschland oder aus dem Ausland kommen. Der Preis wird seit 1999 alle zwei Jahre verliehen und ist mit 10.000 Euro dotiert. Das Vorschlagsrecht liegt bei den an der Stiftung beteiligten Städten und den berufenen Jurymitgliedern. Die beteiligten Lutherstädte rufen im Vorfeld die Bürgerinnen und Bürger über eine Ausschreibung und über die Presse dazu auf, Personen zu benennen, die durch ihr "unerschrockenes Wort" hervorgetreten sind.

Bisherige Preisträger

Preisträger waren bisher 1996 der Philosoph und Theologe Prof. Dr. Richard Schröder, 1999 der Theologe Prof. Dr. Hans Küng, 2001 die Polizeipräsidentin von Eberswalde Uta Leichsenring, 2003 die Theologin Gertraud Knoll, 2005 der Liedermacher Stephan Krawczyk, 2007 die Aktivistin im interreligiösen Dialog Emel Abidin-Algan und 2009 die Politologin und Journalistin Andrea Röpke.

Die Lutherstädte

Der "Bund der Lutherstädte" wurde 1993 in Worms anlässlich des 125. Jubiläums des Wormser Lutherdenkmals gegründet. In ihm sind sechzehn Städte zusammengeschlossen, in denen Luther gelebt oder gewirkt hat. Dazu zählen Augsburg, Coburg, Eisenach, Eisleben, Erfurt, Halle, Heidelberg, Magdeburg, Marburg, Nordhausen, Schmalkalden, Speyer, Torgau, Wittenberg, Worms und Zeitz.


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Quelle:
Pressemitteilung von Dienstag, 17. Mai 2011
Kontaktdaten: Stadt Magdeburg
Frau Dr. Cornelia Poenicke, Büro des Oberbürgermeisters
Alter Markt 6, 39104 Magdeburg
Telefon: (03 91) 5 40 27 69, Fax: (03 91) 5 40 21 27
E-Mail: presse@magdeburg.de
Internet: www.magdeburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2011