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MELDUNG/707: Agatha Christie - Medienwissenschaftler erforschen Miss Marple und Co in Film, Fernsehen und Theater (idw)


Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg - 14.03.2016

Agatha Christie: Medienwissenschaftler erforschen Miss Marple und Co in Film, Fernsehen und Theater


Hercule Poirot und Miss Marple: Die Romane von Agatha Christie zählen zu den meist verkauften Büchern der Welt und beeinflussen noch heute zeitgenössische Krimi-Autoren. Wie die Romanvorlagen in Film, Fernsehen und Theater umgesetzt werden, steht im Zentrum eines neuen Buchs von Medienwissenschaftlern der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität Leipzig. Das Buch erscheint anlässlich des 40. Todestages von Agatha Christie und wird erstmals auf der Leipziger Buchmesse vom 17. bis 20. März präsentiert.


Agatha Christie (1890 - 1976) zählt zu den beliebtesten und erfolgreichsten Krimi-Autoren der Welt: In ihrer 60-jährigen Schaffensperiode hat die Britin 84 Geschichten und Romane veröffentlicht. Ihre Werke wurden mehr als vier Milliarden Mal verkauft und in 109 Sprachen übersetzt. "Viele ihrer Werke wurden für Film, Fernsehen, Hörfunk und die Bühne, aber sogar auch für Comics und Videospiele adaptiert", sagt Dr. Judith Kretzschmar von der Universität Leipzig, und ergänzt: "Insgesamt ist es jedoch erstaunlich, dass ihre Bücher seltener filmische Vorlage waren als die anderer Krimi-Autoren."

Ein Grund dafür ist, dass Christie häufig verschiedene Charaktere in einem in sich geschlossenen Raum zusammen bringt. "Bei 'Tod auf dem Nil' etwa passiert ein Mord auf einem Schiff, auf dem sich auch Poirot aufhält. Der Leser weiß sofort: Der Mörder ist unter den Passagieren, er kann nicht fliehen. Bei 'Mord im Orientexpress' gibt es eine ganz ähnliche Situation, dieses Mal nur in einem Zug", so Kretzschmar. Außerdem haben Christies Geschichten immer einen sehr ähnlichen Ablauf: Nachdem ein Mord geschieht und die Hauptcharaktere zum Ort des Geschehens gekommen sind, entspinnt sich eine Geschichte mit vielen Verdächtigen. Am Ende wird der Fall durch clevere Detektivarbeit gelöst - bis zu diesem Zeitpunkt weiß der Leser aber nicht, wer der Mörder ist. Das stelle die Filmemacher vor eine besondere Herausforderung: Die ähnlichen Handlungsmuster und -schauplätze müssen in den Filmen unterschiedlich umgesetzt werden, um das Publikum nicht zu langweilen.

"Agatha Christie stand den meisten Adaptionen jedoch sehr kritisch gegenüber", sagt Dr. Sebastian Stoppe von der Universität Leipzig. So porträtierte die Schauspielerin Margaret Rutherford etwa die Figur der Miss Marple als eine sehr launische und dominante Frau. Christie habe zwar die Arbeit von Rutherford geschätzt, sie jedoch als Besetzung der zierlichen, leisen und etwas altjüngferlichen Miss Marple jedoch als denkbar ungeeignet empfunden. Aber selbst ihre eigenen Figuren waren ihr zuweilen lästig. "Obwohl Hercule Poirot beim Publikum sehr beliebt war, mochte Christie den Detektiv immer weniger, nannte ihn sogar einen widerlichen und egozentrischen Menschen", so Stoppe weiter. "Als Christie den Poirot-Roman 'Rendezvous mit einer Leiche' selbst für die Bühne adaptierte, schrieb sie deshalb kurzerhand den Detektiv aus dem Stück völlig heraus."

Das Buch befasst sich auch mit der Rolle und Darstellung homosexueller Charaktere sowie feministischer Ansätze in Christies Werk. "Frauen werden in den Büchern häufig als starke und für die damalige Zeit moderne Charaktere dargestellt. Dazu gehört zum Beispiel Tuppence Beresford, die der treibende Teil der Familie ist", sagt PD Dr. Susanne Vollberg vom Department für Medien und Kommunikation der MLU. Die Beresfords, Tommy und Tuppence, sind ein Ermittler-Ehepaar, das gemeinsam Kriminalfälle löst. In vier Romanen und mehreren Kriminalgeschichten begleitet Christie das Paar über verschiedene Lebensabschnitte: vom ersten Kennenlernen über die Hochzeit der beiden, bis hin zur Familiengründung und dem gemeinsamen Altwerden. "So lief die neueste BBC-Adaption von Tommy und Tuppence erst im Sommer 2015, was zeigt, dass Christie immer noch aktuell ist", meint Vollberg.

Der Band erscheint im Rahmen der Schriftenreihe "MedienRausch" des Zentrums für Wissenschaft und Forschung | Medien Leipzig und ist im Buchhandel erhältlich.

Zur Publikation:
Judith Kretzschmar / Sebastian Stoppe / Susanne Vollberg (Hg.):
Hercule Poirot trifft Miss Marple: Agatha Christie intermedial.
Büchner Verlag. ISBN 978-3-941310-48-3, 34,90 Euro



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution167

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
Manuela Bank-Zillmann, 14.03.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2016

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