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MELDUNG/696: Guter Kommentar, schlechter Kommentar (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 18.01.2016

Guter Kommentar, schlechter Kommentar

Kommunikationswissenschaftlerin der Universität Jena untersucht die Qualität der Leserkommentare auf Nachrichtenwebsites


Vorbei die Zeiten, in denen Leser Journalisten noch per Brief die eigene Meinung zu Themen und Artikeln mitteilten und unsachliche Kommentare noch im Redaktionsmüll verschwanden. Das Internet macht es möglich, dass jeder ganz direkt auf journalistische Inhalte eingehen, mit den betreffenden Autoren Kontakt aufnehmen und zudem mit anderen Leserinnen und Lesern in den Meinungsaustausch treten kann. Abgesehen von den Sozialen Netzwerken wird an kaum einem anderen virtuellen Ort so viel kommentiert und diskutiert wie auf den Nachrichtenwebsites der großen überregionalen Zeitungen. Anders als bei Leserbriefen besteht hier die Möglichkeit, sich nicht nur an journalistische Redaktionen zu richten, sondern immer auch an ein Mit-Publikum. Das ermöglicht die massenmedial vermittelte Beteiligung an öffentlichen Diskursen. Die Beiträge sind dabei allerdings von ganz unterschiedlicher Qualität.

Wie umfangreich und mit welcher Qualität Nutzer in den Kommentarbereichen auf professionellen Nachrichtenwebsites miteinander diskutieren, untersucht nun Dr. Ines Engelmann vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Das Projekt zur "Interaktion und Deliberation von Nutzerkommentaren auf Nachrichtenwebsites" wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die nächsten drei Jahre mit einer Gesamtsumme von 310.000 Euro gefördert.


Was begünstigt oder verschlechtert die Qualität der Kommentare?

"Qualitativ gut ist ein Leserbeitrag zum Beispiel dann, wenn er eine Meinung nicht nur darlegt, sondern sie auch begründet, wenn er beim Thema bleibt oder aber auch auf sein Gegenüber eingeht", sagt Engelmann, die am Lehrstuhl für Grundlagen der medialen Kommunikation und der Medienwirkung tätig ist. Ebenfalls untersucht werden in diesem Zusammenhang die Einflussfaktoren, die die Qualität begünstigen oder verschlechtern. Anders als in Sozialen Netzwerken, in denen bestenfalls "Netiquette" den respektvollen Umgang miteinander regeln, moderieren Nachrichtenwebsites die Debatten der Nutzer und können gut gelungene Kommentare würdigen oder Verstöße gegen die Regeln bestrafen. "Jede Zeitung legt eigene Umgangsregeln auf solchen Seiten fest. Außerdem besteht in Deutschland inzwischen überall die Pflicht, sich vorher zu registrieren", sagt Ines Engelmann. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Qualität der Berichterstattung selbst. Bildet der Journalist bei einem Konfliktthema beide oder mehrere Positionen ab, kann dies zu einer Verbesserung der Qualität der Kommentare führen, so die Annahme.

Auch die Ziele, die von den Medien mit den Kommentarbereichen verfolgt werden, beeinflussen das Verhalten der Nutzer. Geht es ihnen allein darum, Nutzer an die eigene Website zu binden oder suchen sie nach neuen Perspektiven auf ein Thema, die sich aus dem öffentlichen Diskurs ergeben? "Letztlich spielt natürlich auch das unterschiedliche Leserklientel der verschiedenen Zeitungen selbst eine wichtige Rolle", fügt die Jenaer Kommunikationswissenschaftlerin hinzu.

Zunächst besteht die Arbeit von Dr. Ines Engelmann nun darin, Daten zu sammeln. Bisher hat sie dafür bei 15 Zeitungen Newsfeeds - abonnierbare elektronische Nachrichten im Internet - abonniert und sammelt journalistische Beiträge zu jeweils ähnlichen Ereignissen, zum Beispiel zur Flüchtlings- oder Klimapolitik, um die Artikel- und Nutzerkommentarinhalte später vergleichen zu können. Umfang und Qualität der Nutzerkommentare erfasst sie so mit einer relationalen Inhaltsanalyse. Zudem analysiert sie den Einfluss der Rahmenbedingungen auf die Qualität der Beiträge und führt Interviews mit den Redaktionen zu deren Strategien im Umgang mit Nutzerkommentaren.

"Das Thema ist nicht zuletzt wegen der massiven Debatten zur deutschen Flüchtlingspolitik im Netz sehr aktuell. Diskussionsverläufe und Publikumspräferenzen werden künftig auch journalistische Inhalte mitbestimmen", so Engelmann.


Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution23

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Bianca Wiedemann, 18.01.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2016

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