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MELDUNG/236: Uni Hohenheim fördert Open Access Publikationen (idw)


Universität Hohenheim - 04.04.2011

Freier Zugang zu freien Forschungsergebnissen: Uni Hohenheim fördert Open Access Publikationen

• Universität verabschiedet eigene Richtlinien
• DFG fördert Unterstützungs-Fonds
• Ziel: Weltweit offener Online-Zugriff auf Forschungsaufsätze von Hohenheimer Wissenschaftlern


Forschung ist der Motor der Zukunft. Damit der Motor läuft, müssen Forscher ihre Ergebnisse als wissenschaftliche Publikationen veröffentlichen und verbreiten. Die bisherige Praxis: Verbreitung über Fachartikel in subskriptionspflichtigen Zeitschriften kommerzieller Verlage, die sich über kostenintensive Abonnements finanzieren. Starke jährliche Preissteigerungen bei gleichzeitig sinkenden Budgets der Universitäten ließen in den 90er Jahren den Open-Access-Gedanken reifen: Er fordert einen für Leser kostenlosen und weltweit uneingeschränkten Online-Zugang zu über öffentliche Träger finanzierten wissenschaftlichen Publikationen. Die Universität Hohenheim unterstützt diesen Gedanken mit einer eigenen Open-Access-Policy: Wissenschaftler sollen verstärkt eigene Publikationen mit Open-Access-Option veröffentlichen. Dafür richtet sie eigens einen neuen Publikationsfonds ein, der Gelder für Gebühren von Open-Access-Verlagen zur Verfügung stellt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) lobt einen entsprechenden Antrag der Universität und bewilligt fürs Erste 33.000 Euro.

Weltweit uneingeschränkter und kostenfreier Zugriff auf wissenschaftliche Veröffentlichungen plus individuelle Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Download, Ausdruck und Vervielfältigung) - das ist eine der zentralen Forderungen der Open-Access-Bewegung. In den Naturwissenschaften laufen Veröffentlichungen meist über Fachartikel in wissenschaftlichen Zeitschriften. Die klassischen kommerziellen Zeitschriftenverlage sind daran interessiert, ihre Artikel über möglichst hohe Abonnementspreise zu verkaufen.

Diese Preise müssen die Universitäten als Zeitschriften-Abonnenten trotz äußerst knapper Budgets zahlen, um die Versorgung der Wissenschaftler mit aktueller Forschungsliteratur zu gewährleisten. "Einige große Verlage verfügen über eine erhebliche Marktmacht.", erläutert Karl-Wilhelm Horstmann, Leiter des Kommunikations-, Informations- und Medienzentrums (KIM). "Das hat zu starken jährlichen Preissteigerungen geführt: Derzeit sind es ca. 8 %." Dieses für die Verlage einträgliche Geschäft behindere aber die Verbreitung von Forschungsergebnissen in der Wissenschaftsgemeinschaft stark.

Die Universität Hohenheim will mit einer eigenen Richtlinie dieser Entwicklung entgegenwirken: Eine nun verabschiedete Open-Access-Policy ermutigt ihre Wissenschaftler nachdrücklich, verstärkt eigene Publikationen unter einer Open-Access-Option zu veröffentlichen. Zur Anlaufförderung hat die Universität eigens einen neuen Fonds eingerichtet. Er stellt Gelder für Gebühren von Open-Access-Verlagen zur Verfügung, die wissenschaftliche Ergebnisse ohne Zugriffsbeschränkungen publizieren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat einem entsprechenden Antrag der Universität Hohenheim zugestimmt und bewilligt für das erste von insgesamt fünf möglichen Förderjahren 33.000 Euro. Die Universität selbst stellt 11.000 Euro Eigenmittel bereit.


Gegen die Privatisierung öffentlich finanzierten Wissens

KIM-Leiter Horstmann: "Die Veröffentlichungspraxis über kostenpflichtige wissenschaftliche Zeitschriften stellt im Grunde eine Privatisierung von der Allgemeinheit finanzierten Wissens dar. Denn um Zugriff zu erhalten, kaufen wissenschaftliche Bibliotheken die Forschungsergebnisse der eigenen Institutionen oftmals über teure Zeitschriftenabonnements zurück." Dabei zahle die öffentliche Hand im Vorfeld mehrfach: Universitäten, ihre Wissenschaftler sowie deren Forschungsprojekte würden aus öffentlichen Mitteln finanziert, ebenso Verlagsgebühren, die zur Veröffentlichung eines Forschungsbeitrags anfallen. Dieses System führe oftmals zu einer grotesken Situation: "Wenn die Universität aus Kostengründen eben diese Zeitschrift nicht lizenziert hat, bekommt ein Wissenschaftler auf seinen eigenen veröffentlichten Beitrag keinen Zugriff", so Horstmann. Demgegenüber argumentierten die Zeitschriftenverlage, dass sie Abonnenten verlieren, wenn sie Forschungsartikel von Anfang an öffentlich zugänglich machten und befürchten hohe Umsatzeinbußen. Die Open-Access-Bewegung möchte genau das verhindern: Wissen, das bereits mehrfach aus öffentlichen Mitteln bezahlt wurde, soll bei den Verlagen nicht über Abonnements zurückgekauft werden müssen.

Politische und institutionelle Entscheidungsträger von der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen über die Hochschulrektorenkonferenz bis hin zur Europäischen Kommission und der deutschen UNESCO-Kommission unterstützen Open Access und ermutigen Wissenschaftler seit Jahren, sich dieser Publikationskultur zu öffnen.


Förderung der neuen Publikationsform

Natürlich ist auch Publizieren via Open Access nicht kostenlos. Vielfach würden hier die Artikel über zum Teil hohe Autorengebühren finanziert. "Allerdings stehen dann die Inhalte der betreffenden Zeitschriften für alle potenziellen Nutzer vollständig und kostenfrei zur Verfügung und jedermann kann uneingeschränkt weltweit online zugreifen", erläutert Dr. Andreas Janßen, Fachreferent für Naturwissenschaften und Open-Access-Beauftragter am KIM Hohenheim.

Wissenschaftliche Autoren stellen so ihre Forschungsergebnisse einer breiten Leserschaft zur Verfügung und sorgen für eine maximale Sichtbarkeit, Verbreitung und Verfügbarkeit ihrer Arbeiten in der wissenschaftlichen Fachgemeinschaft. Rektor Prof. Dr. Hans-Peter Liebig: "Ohne das individuelle Engagement der universitären Autoren sind ein Erfolg und die dauerhafte Verankerung dieses Publikationsmodells in der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht möglich."


Fördergelder durch Open-Access-Fonds

Die Universität Hohenheim hat Ende 2010 erstmals einen Fonds zur Finanzierung von reinen Open-Access-Publikationen eingerichtet. Sie fördert wissenschaftliche Veröffentlichungen in originären Open-Access-Verlagen wie BioMed Central oder der Public Library of Science (PLoS), indem sie die anfallenden Autorengebühren für einen Artikel übernimmt. Publikationen nach "Hybridmodellen" sind nach den DFG-Regularien nicht förderwürdig. Damit sind Modelle aus dem klassischen Verlagsbereich (z.B. Springer OpenChoice) gemeint: Auf Wunsch werden einzelne Artikel einer Subskriptionszeitschrift durch Zahlung einer zusätzlichen Autorengebühr von bis zu 3.500 Euro pro Artikel zusätzlich Open Access zur Verfügung gestellt.

Mit der Einrichtung des Publikationsfonds stellt sich die Universität Hohenheim ausdrücklich hinter den Gedanken von Open Access und unterstützt die eigenen wissenschaftlichen Autoren, sich verstärkt dieser Publikationsmöglichkeit zuzuwenden. Alle Hohenheimer Autoren können sich bei der Wahl dieses Publikationsweges um Fondsmittel bewerben.


Förderlinie der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Zur Finanzierung von Open-Access-Publikationen schrieb die DFG 2009 erstmals eine Förderlinie aus. Der Antrag der Universität Hohenheim zur Einrichtung eines Open-Access-Fonds ist einer der ersten von insgesamt 12 deutschen Universitäten, der positiv bewertet wurde.

Die DFG hebt beim Hohenheimer Antrag besonders die solide Datenbasis für Hohenheimer Publikationen und den Spitzenwert von 10 % im Netz frei zugänglicher Publikationen (bezogen auf das gesamte Hohenheimer Publikationsaufkommen in Jahr 2009) hervor. Der Fonds verfügt für den Zeitraum Oktober 2010 bis September 2011 über 44.000 EUR. 75 % der Mittel sind DFG-Gelder. Die Universität finanziert 25 % des Fonds aus eigenen Mitteln.

Links
Link zur Policy:
https://ub.uni-hohenheim.de/86374.html

Link zum Publikationsfonds:
https://ub.uni-hohenheim.de/85176.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution234


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 04.04.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2011