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INTERNATIONAL/110: Honduras - gefährliches Pflaster für Journalisten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Juli 2013

Honduras: Gefährliches Pflaster für Journalisten - Jüngster Mord schockiert Öffentlichkeit

von Thelma Mejía



Tegucigalpa, 15. Juli (IPS) - Der Mord an dem Journalisten und Hochschuldozenten Anibal Barrow im vergangenen Monat hat in Honduras eine Schockwelle ausgelöst. Das Opfer war zerstückelt, Teile der Leiche waren an verschiedenen Stellen in der Nähe eines Sees in der nördlich gelegenen Provinz Cortés gefunden worden. Beobachter sprechen von dem Eintritt des zentralamerikanischen Landes in eine neue Phase verschärfter Gewalt, die sich vor allem gegen Medienberichterstatter und andere gesellschaftlich einflussreiche Kreise richtet.

Barrow war am 24. Juni während einer Autofahrt in San Pedro Sula, etwa 450 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tegucigalpa, entführt worden. Seine Angehörigen und sein Fahrer wurden von den bewaffneten Männern unversehrt freigelassen. Das Fahrzeug konnte mehrere Stunden später sichergestellt werden. In einer der Türen fand sich ein Einschussloch, und im Wagen stießen die Ermittler auf Blutspuren. Die Leichenteile wurden zwei Wochen später in einem Sumpf nahe der Ortschaft Siboney in der Region Villanueva entdeckt.

"Wir erleben zurzeit eine Form von Gewalt, wie sie seit 15 Jahren nicht mehr vorgekommen ist", meinte dazu der Historiker Rolando Sierra. "Doch anders als vorher dringt sie in Schichten vor, die einen größeren Einfluss auf die Gesellschaft haben als normale Bürger. Sie richtet sich gegen bekannte Journalisten, evangelische Pfarrer, Rechtsanwälte und Menschenrechtsaktivisten." Allein in den vergangenen dreieinhalb Jahren wurden 29 Medienberichterstatter bei der Ausübung ihres Berufs getötet.


Eskalation der Gewalt

Der Menschenrechtsbeauftragte Ramón Custodio sprach von einem "grausamen und abscheulichen Verbrechen". Barrows sichtlich erschütterter Freund Jorge Oseguera erklärte, dass "wir Mitarbeiter der Medien zwar inzwischen an Gewalt gewöhnt sind. Doch wenn jemand betroffen ist, der uns nahe steht - ein Kollege oder Freund - merken wir erst richtig, dass diese Tötungsmaschinen keine Gnade kennen."

Vier Verdächtige wurden bisher verhaftet. Ein geschützter Zeuge, der zu den Killern gehöre, habe insgesamt zehn Personen belastet, sagte der leitende Staatsanwalt Roberto Ramírez. Über das Tatmotiv wurde nichts bekannt.

In Honduras werden im Schnitt 20 Menschen pro Tag getötet. In dem Staat mit fast acht Millionen Einwohnern lag die Mordrate im vergangenen Jahr bei 85,5 pro 100.000. Damit ist sie etwa zehn Mal höher als der globale Durchschnitt von 8,8 pro 100.000. Honduras gilt somit als eines der Länder mit der weltweit höchsten Gewaltrate.

Das Ministerium für Sicherheit hat nach eigenen Angaben vor, die Mordrate in diesem Jahr auf 80 pro 100.000 Einwohner zu senken. Seit zwei Monaten haben die Behörden eine Informationssperre für die Presse verhängt. Verbreitet werden nur offizielle Mitteilungen ohne neue Statistiken.


36 Reporter seit 2002 ermordet

Nach Angaben der Nationalen Menschenrechtskommission sind seit 2002 36 Journalisten ermordet wurden, allein 29 seit der Amtsübernahme des rechten Präsidenten Porfirio Lobo im Januar 2010. Honduras ist berüchtigt für die verbreitete Straffreiheit.

Die Morde an den Journalisten konzentrieren sich vor allem auf zehn der 18 Provinzen. In den meisten dieser Gebiete ist die Drogenmafia aktiv. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.conadeh.hn/
http://www.ipsnoticias.net/2013/07/asesinatos-de-alto-perfil-conmueven-a-honduras/
http://www.ipsnews.net/2013/07/honduras-shaken-by-high-profile-murders/

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IPS-Tagesdienst vom 15. Juli 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2013