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BERICHT/179: Das studentische Projekt Campus-TV ist zehn geworden (uni'kon Uni Konstanz)


uni'kon 37|10 - Universität Konstanz

Studierende
Machen - sehen - bewerten
Das studentische Projekt Campus-TV ist zehn geworden

Von Jürgen Graf


"Campus-TV ist das, was ihr daraus macht!" Nur diese einzige Anweisung gibt der Gesamtleiter Prof. Albert Kümmel-Schnur den Mitgliedern von Campus-TV mit auf den Weg - und fürwahr, sie haben viel daraus gemacht. Ein Kreativitätspool für Filmideen, ein Übungsplatz für Medienkompetenz, ein Vermittler von Praxiswissen neben dem theoriegelagerten Studium, ein soziales Netzwerk - und vor allem eine Plattform, um selbst tätig zu werden. Heute feiert Campus-TV (kurz: CTV) sein zehnjähriges Jubiläum.

"Machen, sehen, bewerten", benennt André Beckersjürgen die Grundpfeiler von CTV - die Betonung liegt auf dem "machen". Das Projekt wird von einem immensen Schaffensimpuls vorangetragen: einfach etwas ausprobieren, eine Idee umsetzen. Wenn es schief geht, ist es nicht weiter schlimm - im Gegenteil: Man lernt aus den Fehlern.

Selbstverantwortlichkeit ist der zentrale Leitbegriff für Campus-TV, denn das Format bietet den Studierenden in erster Linie die Rahmenbedingungen für einen Raum an künstlerischer Freiheit, den sie selbst zu füllen haben - und in dem sie ganz nebenbei das zentrale Know-how für das Berufsfernsehen erwerben. Im Gegensatz zum professionellen Fernsehen werden den CTV-Schaffenden keine redaktionellen Vorgaben gesteckt, es drängt kein hektischer Zeitrahmen, die Formate und die Programmgestaltung können die Mitglieder eigenverantwortlich bestimmen. "Campus-TV war für mich eine Spielwiese, auf der ich drehen, drehen, drehen konnte", bekräftigt Michael Scheyer.

Dabei war die Freiheit hart errungen und keineswegs selbstverständlich. Das studentische Projekt Campus-TV entstand vor einer Dekade als Teil des studentischen Vereins "In Medias Res"; die erste Sendung wurde im November 1999 auf SeeTV - heute Euro3 - ausgestrahlt. Die Kooperation mit dem Lokalsender prägte die frühen Jahre von CTV entscheidend; CTV füllte damals monatlich 20 Minuten Sendezeit aus. Dies bedeutete nicht nur eine zeitliche Limitierung, sondern vor allem auch eine Festlegung des Sendeformats: Einzig journalistische Beiträge wurden gesendet, keine fiktionalen Formate. "Damals hieß es klar: Wir machen keinen Film, sondern Fernsehen", erzählt Michael Scheyer.

Die Kooperation wurde zunehmend schlechter, 2003 sank die Sendezeit auf nur zwei Minuten im Monat - der TV-Sender und CTV beschlossen einvernehmlich, die Zusammenarbeit zu beenden. Eine frustrierende Zeit für die Schaffenden von CTV, denn dem Fernsehprojekt fehlte nun die Sendeplattform: "Ich glaube, eine Zeit lang lief Campus-TV nur auf dem Fernseher im Uni-Café", erinnert sich Scheyer.

Die entscheidende Renaissance erlebte CTV, als Medienprofessor Albert Kümmel-Schnur dazu stieß und Campus-TV in den neugeschaffenen Studiengang Literatur-Kunst-Medien (LKM) integrierte. Erstmals konnten Studierende in dem TV-Projekt auch Credit Points für ihr Studium erwerben. Zudem wurde mit dem Internet eine neue Abspielbasis erschlossen: CTV hörte auf, ein TV-Format zu sein und wurde ein Internetformat. Keine redaktionellen Vorgaben mehr, aber ein gewaltiges Potential - das sich erdrutschartig füllte. Wo dem Projekt wenige Jahre zuvor das Aus drohte, fanden sich nun Dutzende Interessenten ein - einmal gar 120 Studierende zu Semesterbeginn, mehr als das Projekt schultern konnte. Fragt man ein Mitglied, was an CTV lockt, so hört man zumeist dieselbe Antwort: "Der Reiz, im Studium etwas Handfestes zu machen neben dem wissenschaftlichen Teil." Insbesondere die Medienwissenschaften und Campus-TV ergänzen sich naturgemäß wechselseitig: "Wenn ich eine Filmtheorie lese, fällt es mir leichter, sie nachzuvollziehen, wenn ich schon einmal eine Kamera in der Hand hatte, wenn ich weiß: Was steht hinter so einem Dreh, was steht hinter einem Film", erläutert Fabia Straub. Doch nicht nur Medienwissenschaftler stehen hinter CTV, alle Fakultäten sind vertreten: "Es entwickelt sich vom reinen LKM-Appendix zum fachbereichsübergreifenden Projekt", bekräftigt Philipp Fraund.

"Ich bin quasi vom Profi-Fernsehen zu CTV gekommen, habe aber hier gelernt, mit wenig Mitteln gute Beiträge zu machen", umreißt Philipp Fraund. Den Vergleich zum Profi-Fernsehen muss das Studenten-Format übrigens nicht scheuen, macht Fraund deutlich: "Die Sendungskritik ist hier meistens um einiges härter als im großen Fernsehen, wo zwar über Beiträge kurz gesprochen wird, wo man aber längst nicht so weit in die inhaltliche und bildliche Ebene hineingeht wie bei CTV. Hier fehlen vielleicht die großen Kameras, aber man lernt, selber mit der Kamera umzugehen, selber einen Blick für die Bilder zu entwickeln - was die wenigsten Redakteure haben." Seine eigene künstlerische Handschrift hat CTV längst entwickelt. "Campus-TV musste sich in den ersten Jahren zuerst stabilisieren, um dann die Kreativität zu erlangen jetzt den Schritt in die große weite Welt zu nehmen", beschreibt Anne Ganzert die Entwicklung des Projekts. Wie dieser Schritt auch ausfallen mag: CTV wird auch weiterhin das sein, was die Studierenden daraus machen.


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Quelle:
uni'kon 37|10, S. 28-29
Herausgeber: Der Rektor der Universität Konstanz
Redaktion: Claudia Leitenstorfer, Dr. Maria Schorpp
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2010