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BERICHT/175: www.was willst du von mir wissen? (welt der frau)


welt der frau 5/2010 - Die österreichische Frauenzeitschrift

www.was willst du von mir wissen?

Von Andrea Mann


Soziale Netzwerke boomen. Millionen von Menschen weltweit nutzen täglich Facebook, Twitter, Xing, MySpace & Co, um mit anderen in Kontakt zu treten bzw. zu bleiben. Muss man da jedenfalls dabei sein? Ein Trend mit Vorbehalt.


Ilse (Beziehungsstatus: verheiratet) hat heute Muffins gebacken, Thomas (Beziehungsstatus: frisch verliebt) wünscht sich einen Klon, Nici (Beziehungsstatus: zu jung für eine Beziehung) geht mit Daniiii in die City, Markus (Beziehungsstatus: Single) hat zu 97 Prozent einen "Lucky Day" - das gefällt Manuela (Beziehungsstatus: verheiratet), die ein Fan von "Shoes" und jetzt Freundin von Birgit (Beziehungsstatus: frisch getrennt) ist. Täglich trudeln auf diversen Facebook-Seiten solch weltbewegende Neuigkeiten ein. Meist ist es auf dieser Website zur Bildung und Unterhaltung sozialer Netzwerke ein Austausch von Oberflächlichkeiten, wirklich Privates kommt kaum zur Sprache. Doch ganz so uninteressant kann diese Form der Kommunikation nicht sein, denn alleine Facebook hat weltweit 400 Millionen aktive Mitglieder, davon nutzen es täglich 125 Millionen. Nachfolgeformate, wie Twitter, Xing oder MySpace, können auch nicht über User-Mangel klagen.


Vorurteile durch Unwissenheit

Jede/r zehnte ÖsterreicherIn ist bereits aktiver Facebooker, dennoch haben viele Vorbehalte gegenüber solchen Netzwerken. Diese kennt Wirtschaftsinformatikerin Meral Akin-Hecke nur zu gut. Die Unternehmerin ist Gründerin von Digitalks, einem österreichischen Netzwerk für digitale Medien. In Onlineberatungen und bei Vorträgen in ganz Österreich informiert sie EndanwenderInnen und Firmen unter anderem über soziale Medien. "Vorurteile basieren auf Unwissenheit. Viele sind zurückhaltend, da sie es für risikoreich halten. Sie kennen die Bedienung nicht, haben den Zugang noch nicht geschafft. Es besteht Angst, dass etwas passiert, was sie nicht kontrollieren können. Kennt man bereits eine Plattform, weiß man, wie man sich auf einer solchen bewegen soll. Was sind die Grenzen, was sind die Gefahren, worauf soll ich aufpassen? Das sind alles meine Entscheidungen. Es gibt keine Regeln, die für alle gültig sind, die muss jeder für sich selbst aufstellen." Sich ganz und gar neuen Technologien zu verschließen, hält sie für kurzsichtig. "In diesem Bereich kommen immer wieder Neuerungen, die auch neue Möglichkeiten erschließen. Probiert man sie nie aus, kennt man sich irgendwann gar nicht mehr aus."


Überblick ist wichtig

Meral Akin-Hecke empfiehlt EinsteigerInnen, sich vorerst einen Überblick über diverse Plattformen zu verschaffen. Für jeden Zweck, jedes Interesse - ob Hobby oder beruflich - gibt es andere Netzwerke. "Sind dort Menschen, denen ich folgen möchte? Ist das meine Altersgruppe? Teilen sie mein Hobby? Will ich mich mit denen austauschen? Hilft es mir zur beruflichen bzw. privaten Vernetzung? Bin ich beispielsweise in einer Stadt fremd, kann es mir helfen, Kontakte zu knüpfen, über Veranstaltungen informiert zu werden, Leute mit gleichen Interessen kennenzulernen. Auch kann ich mit Leuten über weite Entfernung Kontakt halten."


Kein Schutz vor Missbrauch

Akin-Hecke rät eindringlich, die Nutzungsbestimmungen einer solchen Plattform - denen man schließlich zustimmen muss - zu lesen. Was jemand von sich online preisgeben möchte, ist jedermanns Privatsache. "Ich gebe beispielsweise in keinem Netzwerk mein Geburtsdatum bekannt. Es ist nicht bewiesen, mit welchen Daten welcher Missbrauch gemacht werden kann. Eines ist aber klar: Je mehr Daten jemand über mich hat, desto einfacher kann er meine Identität, beispielsweise bei einer Bank, vorgeben." Einen Schutz vor Missbrauch gibt es grundsätzlich nicht. Kommt es tatsächlich dazu, müssen die Betreiber der Webseite (im Fall Facebook die Firma Facebook Inc. mit Sitz in Kalifornien) verständigt und rechtliche Schritte eingeleitet werden.


Privates soll privat bleiben

Bei der Verbreitung von Kommentaren und Fotos gilt der Grundsatz, online nur das zu veröffentlichen, wozu man im realen Leben auch steht. "Es muss nicht alles von allen gelesen werden können. Was nicht nach außen soll, kann man in direkten Mails kommunizieren." Die Freizügigkeit bei der Weitergabe von privaten Informationen ist sicherlich eine Generationenfrage. Junge Leute, die damit aufwachsen, haben eine andere Sichtweise davon, was privat und was öffentlich ist. Sie gehen freizügiger mit persönlichen Informationen um. In der heutigen Situation kann das allerdings noch von großem Nachteil sein. Beispielsweise bei der Jobsuche. Denn auch Firmen nutzen das World Wide Web, wenn sie Näheres über potenzielle MitarbeiterInnen erfahren wollen. Und da können allzu private Einblicke schnell eine schiefe Optik erzeugen. "Jene Personen, die heutzutage Jobs und Aufträge vergeben, sind nicht mit solchen Netzwerken aufgewachsen und haben in dieser Sache eine andere Einstellung", warnt Akin-Hecke.


Gefahr des Mobbings

Eine Generationenfrage ist auch das Mobbing, das in solchen Foren passieren kann. Meist trifft dies jüngere User. Wenn man eine offene Kommunikation betreibt, ist es - wie im echten Leben - sehr wichtig, starke PartnerInnen um sich zu haben. Das heißt, nicht unwillkürlich vermeintliche Web-FreundInnen um sich zu scharen, sondern wirklich darauf zu achten, wer echte FreundInnen sind, die in einer möglichen Mobbingsituation auch zu einem stehen und den Rücken stärken.

Zudem spielen hier die Eltern eine wichtige Rolle. Es ist ratsam, den fleißigen Onlinekontakten des Nachwuchses Interesse entgegenzubringen. "Sich zeigen lassen, wo sein Kind teilnimmt, wie das geht. Das soll natürlich kein Verfolgen sein, sondern - wie bei anderen Hobbys auch - das Teilhaben am Leben seines Kindes. Somit weiß das Kind beispielsweise im Mobbingfall, dass es nicht alleine ist, sondern sich an die Eltern wenden kann, um Unterstützung und Verständnis zu bekommen", sagt Akin-Hecke.


Meral Akin-Hecke ist Gründerin von www.digitalks.at.


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Wie es funktioniert: Netzwerken auf Facebook

Facebook wurde 2004 von Mark Zuckerberg an der Harvard University ursprünglich nur für die dortigen StudentInnen entwickelt. Später wurde die Website für StudentInnen in den Vereinigten Staaten, Highschools und FirmenmitarbeiterInnen freigegeben. Im September 2006 konnten sich auch StudentInnen an ausländischen Hochschulen anmelden. Im Frühjahr 2008 wurde die Website in den Sprachen Deutsch, Spanisch und Französisch angeboten, Mitte 2008 folgten weitere Sprachen. Monatlich werden eine Milliarde Bilder und zehn Millionen Videos hochgeladen. Die meisten NutzerInnen stammen aus den Vereinigten Staaten und sind jünger als 25 Jahre.

So funktioniert Facebook: Jeder Benutzer verfügt über eine Profilseite, auf der er sich vorstellen und Fotos oder Videos hochladen kann. Auf der Pinnwand des Profils können BesucherInnen öffentlich sichtbare Nachrichten hinterlassen oder Notizen veröffentlicht werden. Alternativ zu öffentlichen Nachrichten können sich BenutzerInnen persönliche Nachrichten schicken. FreundInnen können zu Gruppen und Events eingeladen werden. Facebook verfügt zudem über einen Marktplatz, auf dem BenutzerInnen Kleinanzeigen aufgeben und einsehen können. Durch eine Beobachtungsliste wird man über Neuigkeiten, zum Beispiel neue Pinnwandeinträge auf den Profilseiten von FreundInnen, informiert. Die BenutzerInnen auf Facebook sind in Universitäts-, Schul-, Arbeitsplatz- und Regionsnetzwerke eingeteilt.

Eine genaue Anleitung zum Einstieg in Facebook gibt es unter www.facebook-buch.de kostenlos zum Herunterladen.


WWW.FACEBOOK.COM

"Wie ein endlos langer Kaffeeklatsch"
BRIGITTE (47)

Facebook ist für mich ein bisschen wie ein endlos langer Kaffeeklatsch. Jemand schreibt etwas, vielleicht kommentiert es niemand oder es gibt einen lebhaften Austausch, bei dem alle mitmachen. So weiß jeder vom anderen, was er denkt, fühlt - ohne antworten zu müssen. Vergleichbar mit einem Gespräch am Tisch. Wer Lust hat, redet mit, die anderen hören (lesen) nur zu. Ich bin in den USA aufgewachsen, lebe jetzt in München und war kürzlich für vier Jahre in Schanghai. Für mich ist Facebook eine Verbindung zu meinen Lieben auf der ganzen Welt. Mit Briefen, E-Mails oder Telefon könnte ich niemals so intensiv Kontakt halten, am Alltag der anderen teilhaben, etwas über Ereignisse in deren Leben - Urlaube, Krankheiten, Sorgen und Freuden - erfahren. Es fordert keinen großen Zeitaufwand, nur ein wenig Vorsicht. Um diese Art der Verbundenheit und Intimität zu genießen, passe ich sehr auf, wen ich als "Freund" haben will.

"Gemeinsames Hobby verbindet"
KAROLA (42)

Mit einigen meiner Facebook-FreundInnen verbindet mich das gemeinsame Hobby - die Fotografie. Ich sehe mir gerne Fotos an und freue mich, wenn bei meinen ein "gefällt mir" gepostet wird. Auch wenn die Einträge manchmal oberflächlich sind, höre ich von diversen FreundInnen, ArbeitskollegInnen und Verwandten, ob es ihnen gut geht oder nicht so gut, und kann darauf reagieren. Meine Einträge sind bewusst vorsichtig formuliert bzw. als "Insider" verständlich. Fremde können bei meiner Seite nur den Namen und mein Foto sehen.

"Neue Möglichkeiten nutzen"
SUSANNE (27)

Während meines Aufenthaltes in Kanada vor zwei Jahren war mir Facebook sehr hilfreich. Ich hatte kein Handy und habe mir alle sozialen Kontakte (Treffpunkte...) via Facebook vereinbart. Jetzt ist es für mich E-Mail-Ersatz und ein gutes Instrument, um mit meinen Freunden aus dem Ausland in Kontakt zu bleiben. Natürlich auch mit Bekannten aus meiner Umgebung. Inhalte, die auf Facebook ausgetauscht werden, beschränken sich meist auf Oberflächlichkeiten, aber es bietet auch Möglichkeiten, die ich sehr toll finde. Beispielsweise nutzt ein Freund dieses Netzwerk, um sein neu erschienenes Buch zu promoten.


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Quelle:
welt der frau - Die österreichische Frauenzeitschrift,
Mai 2010, Seite 32-35
mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und der Autorin
Herausgeberin: Katholische Frauenbewegung Österreichs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2010