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VORWÄRTS/1540: Antifeminismus mittet Ideologien ein


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 39/40 vom 29. November 2019

Antifeminismus mittet Ideologien ein

von Sabine Hunziker


Antifeminismus wie auch Anti-Gender-Rhetoriken spielen eine wichtige Rolle bei der Normalisierung rechter Ideologien. Menschenfeindliche Denkweisen werden Mainstream, ohne dass deren rechte Setzung erkannt wird. An einer Veranstaltung in Bern stellte Franziska Schutzbach ihre Arbeit dazu vor.


Zwar ging es bei der Veranstaltung vom 14. November 2019 im Frauenraum in Bern um die Lage der Gender Studies in Europa, doch durch die Referentin und Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach gab es eine aktuelle Einschätzung zur feministischen Bewegung und deren Gegnern aus dem rechten Lager.

Schutzbach meinte, dass in den vergangenen Jahren - trotz allen Erfolgen bezüglich Frauen*bewegung - Kritik gegenüber der Gender-Theorien, Gleichberechtigung und Feminismus stark zugenommen habe. Dieser Trend steht in einem Zusammenhang mit der globalen Erstarkung von rechtspolitischen Kräften, geht aber auch einher mit der Emanzipation der Frauen*.


Mainstream

Ausgehend von ihrem 2018 publizierten Buch "Die Rhetorik der Rechten. Rechtspopulistische Diskursstrategien im Überblick" beschäftigte sich Schutzbach mit der Rolle von Antifeminismus und Anti-Gender-Rhetorik, die wichtig ist bei der Normalisierung rechter Ideologien. Hier stellen rechte Aktivist*innen und Aktivisten* grundlegende Rechte für alle in Frage, respektive lehnen sie vehement ab. Durch die Vielzahl der Aussagen beispielsweise in den Medien gewinnt diese Denkweise an Akzeptanz und wird Mainstream. Soziale Werte verschwinden. "Beim Angriff auf die Gender Studies und den Feminismus finden viele Männer Gemeinsamkeiten, die sie sonst in anderen Bereichen nicht haben", meinte Schutzbach.


Die Hunde sind los...

Männer aus unterschiedlichen Lagern sind sich beim Thema Antifeminismus einig - damit wird rechte Ideologie "eingemittet". Argumente sind hier oft, die Gleichstellung in der Schweiz sei erreicht. Genderwissenschaften und Feminismus wollen mehr - beispielsweise die Gesellschaft "neu formen". So akzeptieren selbsternannte "liberale Freiheitskämpfer" zwar die gesetzliche Situation, spielen die Errungenschaften aber sogleich gegen andere Länder aus, um sie unter dem Deckmantel "Frauenrechte" zu kritisieren und zu bekämpfen. Auch hier lassen die Rechten ihre Hunde los. Anti-Gender-Hetze ist und bleibt bis heute in der Schweiz mehr oder weniger sanktionslos. Rechte Propaganda ist aber kein Backlash, denn der Alltagsfaschismus war niemals weg - so Schutzbach - sondern lediglich für privilegierte Menschen weniger spürbar. Der allzeit vorherrschende Mythos vom "liberalen Fortschritt" gaukelte der Bevölkerung lange Zeit vor, dass Menschenfeindlichkeit hier kein Thema mehr sei.

Weil in letzter Zeit die feministische Bewegung grösser geworden ist, baut sich eine massive Gegenreaktion auf. Bei Angriffen, so Schutzbach, muss man sich immer wieder neu überlegen, wie man reagieren soll. Hilfreich sind informelle Diskussionen unter Aktivist*innen und Aktivisten*. Was es braucht, ist eine starke Mobilisierung.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 39/40 - 75. Jahrgang - 29. November 2019, S. 10
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Dezember 2019

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