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VORWÄRTS/1314: Stadtlandschaften massakrieren?


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 29/30 vom 14. Sept. 2017

Stadtlandschaften massakrieren?

von Damian Bugmann


Eine breite Bewegung gegen den A5-Westast, der in die Stadt Biel gebaut werden soll, fordert "Bäume und Häuser statt Autobahn". Die Demo "Biel wird laut! Bienne debout!" findet statt am Samstag, 23. September in der von neoliberalen SuperzerstörerInnen bedrohten Stadt.


Wird die vierspurige Autobahn mit Anschlüssen realisiert, wäre das, wie wenn in Bern der Wankdorf-Autobahnanschluss neben dem Bahnhof gebaut worden wäre. Die gigantische und teure A5-Westast-Umfahrung soll Biel und Nidau zwischen Stadt und See verschandeln und alibimässig mit Grünzonen und Langsamverkehr kaschiert werden. 2020 soll Baubeginn sein. Für den A5-Westast sollen gegen hundert Häuser und 745 Bäume dem Mobilitätsgott geopfert werden. 2,2 Milliarden sind für das megalomane Bauwerk budgetiert, die schweizweit teuersten 6,7 Autobahn-Kilometer mit zwei Anschlüssen sind projektiert; drei Anschlüsse hat bereits der fast fertiggestellte A5-Ostast. Einmal mehr sollen Tunnelbauten ins Grundwasser gebolzt und Viadukte, Ein- und Ausfahrten betoniert werden. Aus zwei riesigen, 14 Meter tiefen Löchern an der Parkanlage auf dem Strandboden und am Hauptbahnhof werden Lärm und Abgase aufsteigen.


Velodemo und Plakataktionen

Die Begleitplanung A5-Westast der Städte Biel und Nidau will eine schlimme Bausünde im Stil der 60er Jahre und eine zügige Gentrifizierung der Stadt verschleiern. Bei der Vorstellung dieses Planungsprojekts im vergangenen Mai traten die GegnerInnen zum ersten Mal an die Öffentlichkeit mit Flugblättern und kritischen Fragen. Der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr (SP) und die Nidauer Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP) wollten die CitoyenNes eigentlich beruhigen oder sogar für ihr pharaonisches Jahrhundertprojekt begeistern, doch das gelang nicht so recht. Seither ist der Widerstand gewachsen.

An der Velodemo im Mai mit 1200 TeilnehmerInnen waren viele überrascht über die Grösse des Widerstands. Unter dem Motto "Bäume und Häuser statt Autobahn" standen drei Plakataktionen im Sommer, an denen jeweils die zum Fällen vorgesehenen Bäume markiert wurden, die letzte für die 1.-Augustfeier am betroffenen Strandboden. Viele "graue Panther" beteiligten sich an diesen Aktionen. Die Büttel der Stadtverwaltung waren jeweils schon bald da, um die störenden Plakate abzureissen. Sie hatte es auch abgelehnt, die betroffenen Bäume und Häuser zu markieren.


650 Einsprachen

Der Mitwirkungsbeitrag der PdA Biel zur Städtebaulichen Begleitplanung A5-Westast (vorwärts vom 7. Februar 2017) verzichtet auf konstruktive Detailkritik und spricht sich klar und begründet gegen die Realisierung aus. Der Eingang der insgesamt 309 Mitwirkungsbeiträge wurde von den Stadtverwaltungen Biel und Nidau bestätigt, aber noch nicht beantwortet. Eine Gemeinde, 13 politische Parteien, 21 Vereine und Quartierleiste, 13 öffentliche und private Betriebe und 261 Privatpersonen gaben Stellungnahmen ab. Die Beantwortung soll laut den Verwaltungen vor Jahresende erfolgen, allerdings in eher pauschaler und zusammenfassender Form. VCS Kanton Bern und WWF Bern machten Einsprache gegen das Nationalstrassenprojekt A5-Westast Biel. Insgesamt 650 Einsprachen gingen beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation ein.


Aktionen und eine Petition

Die PdA Biel ist in der gesellschaftlich sehr breiten Gegenbewegung vernetzt und engagiert. Die Grünen Kanton Bern fordern den Regierungsrat in einer Resolution für eine Verkehrswende auf, sich beim Bund für den Stopp des Projekts einzusetzen und mit der Bevölkerung in einem demokratischen Prozess eine Lösung zu finden. Die Gruppe "Biel wird laut! Bienne debout!" organisiert die Demo, weiter sind in Biel der Verein "Westast so nicht!", die IG "Häb' Sorg zur Stadt" und der regionale VCS gegen das Projekt aktiv. Mit vielen Standaktionen und einer Petition wurde Kontakt mit der Bevölkerung geknüpft und politischer Druck aufgebaut. "Westast so nicht!" macht weiterhin seine geführten Stadtwanderungen zu den Stadtlandschaften, die massakriert werden sollen. Die bevorstehende Demo soll ein weiteres grosses Zeichen setzen.

Demo "Biel wird laut! Bienne debout! - Für eine sinnvolle Westast-Alternative" vom Samstag, 23. September, 14.00 Uhr, Walserplatz Hinterausgang Bahnhof. Demozug zur Esplanade zwischen Kongresshaus und Gaskessel, dort findet die Schlusskundgebung statt mit Konzert, Essen und Trinken.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 29/30 - 73. Jahrgang - 14. September 2017, S. 3
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
Redaktion: vorwärts, Postfach 2469, 8026 Zürich
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Internet: www.vorwaerts.ch
 
vorwärts erscheint 14-täglich,
Einzelnummer: Fr. 4.-
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Probeabo: 4 Ausgaben gratis


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. September 2017

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