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VORWÄRTS/1108: Erfolgreicher "March against Monsanto"


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 21/22 vom 5. Juni 2015

Erfolgreicher "March against Monsanto"

Von Michi Stegmaier


Rund 4000 Menschen beteiligten sich am "March against Monsanto". Sie haben in verschiedenen Schweizer Städten gegen den US-Agrarmulti protestiert und sich für eine zukunftsfähige Landwirtschaft stark gemacht.


In Bern, Basel und an verschiedenen anderen Orten sind am 23. Mai Tausende für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und gegen die Profitgier der Grosskonzerne auf die Strasse gegangen. Allein in Basel taten über 1200 Personen ihren Unmut kreativ und lautstark kund. Im Rahmen des internationalen Aktionstages "March against Monsanto" forderten die Demonstrierenden das Ende des Diktats durch Agrarmultis.

Der "March against Monsanto" hat seinen Ursprung in der internationalen Grassroots-Bewegung und wurde Ende Mai 2012 das erste Mal in den USA durchgeführt. In diesem Jahr fand er weltweit in 390 Städten statt, erstmals auch in grösserem Rahmen in der Schweiz. Mit den Protesten wurde ein deutliches und eindrückliches Zeichen gegen die Machenschaften der Agrarmultis und ihre aggressive Vermarktung von Pestiziden, Gentechnologie und Patenten gesetzt.


Syngenta und Basler Regierung in der Kritik

Während in Bern Traktoren das Strassenbild prägten, stand in Basel vor allem der vor Ort ansässige Grosskonzern Syngenta im Mittelpunkt. Hier wurde der "March against Monsanto" von MultiWatch mit Unterstützung eines breiten Bündnisses mit über dreissig Organisationen zum ersten Mal durchgeführt. Vogelscheuchen, Bienen, viele farbige Transparente und Schilder schmückten die Demo, welche durch die Basler Innenstadt zog. Doch nicht nur der umstrittene US-Agrarmulti Monsanto stand im Fokus der Proteste. "Syngenta ist um nichts besser als Monsanto und hat den Hauptsitz in Basel. Daher war es an der Zeit, den Unmut in der Bevölkerung auch hier auf die Strasse zu bringen", so Hans Schäppi von MultiWatch Basel gegenüber der Presse. Hinzu kommt, dass Monsanto Syngenta Anfang Mai ein Übernahmeangebot gemacht hat. Durch diese Megafusion würden die Jahreseinnahmen von Monsanto auf rund 30 Milliarden US-Dollar anwachsen und der Konzern würde auf einen Schlag über 35 Prozent des weltweiten Saatguthandels kontrollieren.

Wie aggressiv die Agrarmultis bisweilen ihre Interessen durchzusetzen wissen, zeigte Mitorganisator Hannes Reiser in seinem Redebeitrag auf. Reiser erinnerte an die Ermordung von Valmir Mota. Der 34-jährige Aktivist der brasilianischen Landlosenbewegung MST wurde am 21. Oktober 2007 nach einer symbolischen Landbesetzung durch gezielte Schüsse von Angestellten einer Sicherheitsfirma ermordet, die von Syngenta angeheuert wurden. Damals besetzten 200 Familien ein Versuchsgelände von Syngenta und wollten so verhindern, dass mitten im Iguaçu-Naturpark ein Versuchsfeld mit genetisch manipuliertem Soja und Mais entsteht, obwohl gemäss brasilianischem Gesetz Versuche mit Gentechnik in Naturschutzgebieten ausdrücklich verboten sind. Doch statt sich an lokale Gesetze zu halten, schickte der Schweizer Grosskonzern seine Kettenhunde los, um den AktivistInnen des MST eine Lektion zu erteilen. Obwohl es bei dieser Aktion einen Toten und mehrere Schwerverletzte gab, weigert sich der Konzern bis heute die Verantwortung dafür zu übernehmen. Während sich die offizielle Schweiz bei den Angehörigen entschuldigte, verweigert Syngenta ein Schuldeingeständnis und die Zahlung einer Entschädigung. Mehrere Personen sind seit dem brutalen Übergriff invalid.


"Say no to GMO"

Der Basler "March against Monsanto" führte vom Barfüsserplatz durch die Innenstadt bis zum Hauptsitz der Syngenta beim Badischen Bahnhof. Dort hörte man bis in die oberen Etagen des Syngenta-Hauptsitzes den energischen Sprechchor der Demonstrierenden: "Syngenta raus!" Heftig kritisiert wurde aber auch das unterwürfige Verhalten der Stadt gegenüber dem Grosskonzern. "Die Basler Regierung muss sich für eine umweltverträgliche und faire Landwirtschaft einsetzen statt für die Profite skrupelloser Konzerne wie Syngenta", fordert etwa Tonja Zürcher, Co-Präsidentin von "Basels starker Alternative" (BastA!). Zürcher kritisiert ebenso die neoliberale Standortpolitik der Basler Regierung und ist wie viele empört, dass sich die Stadt Basel gemeinsam mit Syngenta an der Expo in Mailand beteiligt. "Es ist nicht nur peinlich, sondern geradezu zynisch, dass Basel als Partnerin für den Auftritt zum Thema Welternährung ausgerechnet Syngenta wählt: Die Weltmarktführerin bei den Pestiziden und Nummer drei bei der Patentierung und Privatisierung des Saatguts", kritisiert die Co-Präsidentin von BastA! den bürgerlich geprägten Basler Regierungsrat.

Auch in Bern gingen über 1000 Leute auf die Strasse. Unter die TeilnehmerInnen mischten sich viele Bäuerinnen und Bauern aus der Region, welche in der Berner Innenstadt den Slogan "Say no to GMO" (Sag nein zu gentechnisch modifizierten Organismen) skandierten. "Der Bund plant eine Koexistenz zwischen Gentechlandwirtschaft und konventioneller sowie biologischer Landwirtschaft, die niemand will", so Paul Scherer von der schweizerischen Arbeitsgruppe Gentechnologie. Zudem wurde der Marsch von vielen Traktoren begleitet, was eine eindrückliche Atmosphäre erzeugte. Auch in der Romandie bewegt das Thema. So beteiligten sich in Morges unter dem Motto "Ni ici, ni ailleurs!" rund 1600 Menschen am dortigen "March against Monsanto", der von den Greenpeace-Regionalgruppen Waadt und Genf organisiert wurde.

Wie bitter notwendig der Widerstand gegen die Agrarmultis und eine kritische Gegenöffentlichkeit sind, zeigte sich unlängst im Grossen Rat in Basel. Eine vom Grünen Bündnis eingebrachte Resolution, welche die Syngenta dazu auffordern wollte, in der Schweiz verbotene Pestizide und Herbizide auch nicht mehr im Ausland zu vertreiben, wurde am 21. Mai abgeschmettert und der Grosse Rat setzte mit 44 zu 41 Stimmen die Resolution nicht einmal auf die Tagesordnung.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 21/22 - 71. Jahrgang - 5. Juni 2015, S. 8
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2015

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