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VORWÄRTS/996: Solidarität mit Margaretta D'arcy


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 7/8 vom 28. Februar 2014

Solidarität mit Margaretta D'arcy

von Margaretta Abú



In Irland sitzt die 79-jährige Margaretta D'Arcy in Haft, weil sie sich an einer Antikriegs-Aktion beteiligt hatte. Im letzten Herbst besetzte die 1934 geborene D'Arcy zusammen mit dem 60-jährigen Niall Farrell - dem Bruder der von den Briten exekutierten PIRA-Kämpferin Mairéad Farrell - eine Startbahn des Flughafens Shannon im County Clare. Sie protestierten damit gegen die militärische Nutzung des Flughafens und eine befürchtete Intervention in Syrien.


Die beiden machten eine solche Aktion nicht zum ersten Mal. Schon im Jahr zuvor schafften sie es, den Sicherheitszaun um den Flughafen zu überwinden, um auf eine Startbahn zu gelangen. Für diese Aktion wurden sie im Dezember 2013 zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.

Das Gericht bot D'Arcy einen Handel an: Wenn sie eine Erklärung unterschreibt, nie mehr auf dem Gelände des Flughafens zu protestieren, würde die Haft ausgesetzt. Sie lehnte ab und wanderte prompt ins Gefängnis. Im Februar wurde sie von Limerick in die Hauptstadt Dublin verlegt, ins Mountjoy-Gefängnis. D'Arcy ist krank: Sie leidet an Krebs, an Arthritis und an Parkinson.


Drehscheibe Shannon

Der Flughafen Shannon wird seit längerem für militärische Transitflüge benutzt. Mit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak nahm die Nutzung durch das US-Militär allerdings stark zu. In den ersten fünf Jahren seit der Invasion des Irak wurden etwa 1,2 Millionen US-SoldatInnen durchgeschleust. Heute sind es in der Regel ein bis zwei Truppentransporte pro Tag. Auch der CIA benutzte Shannon: Man schätzt, dass etwa 50 der CIA-Flüge, mit denen der Geheimdienst extralegal Personen in geheime Gefängnisse verschleppte, über den Flughafen liefen.

Gegen die irische Komplizenschaft an den US- und NATO-Kriegen regte sich in Shannon bald praktischer Widerstand: Im Februar 2003 zerstörte Mary Kelly, mit einer Axt bewaffnet, Tankstutzen und -leitungen für Militärflugzeuge. Einen Monat später brachen die "Pitstop Ploughshares, beseelt vom Motto "Schwerter zu Pflugscharen", in einen Militärhangar ein und machten sich daran, mit Hämmern eine US-Transportmaschine zu zerlegen. Mary Kelly und die "Pitstop Ploughshares" wurden zum Ärger der irischen Regierung in mehreren Prozessen freigesprochen. Der ansonsten per IWF-Diktat eine erbarmungslose Sparpolitik betreibende irische Staat griff fortan tief in die Tasche, wenn es um die Verhinderung von Protesten in und um Shannon ging. In den letzten neun Jahren gab man laut dem Justizministerium allein für Sicherheitseinsätze über 17,3 Millionen Euro aus. 2013 rief die Polizei dabei nicht weniger als 324 mal das Militär zu Hilfe - mitunter, um Proteste zu unterbinden.


Aufrechter Gang

Margaretta D'Arcy ist eine Schauspielerin, Schriftstellerin, Theater- und Filmemacherin, die sich stets in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einmischte und nicht davor zurückschreckte, auch unbequeme Positionen einzunehmen. Seit den frühen 1960er als Antikriegs-Aktivistin aktiv, war ihr künstlerisches Schaffen stets mit emanzipatorischen Bewegungen verbunden. So schrieb und produzierte sie Mitte der 1970ern, auf dem Höhepunkt der irischen Befreiungsbewegung im britisch besetzten Norden, das mehr als einen Tag dauernde Theaterstück "The Non-Stop Connolly Show" über das Leben des im Osteraufstand 1916 hingerichteten Sozialisten James Connolly. Zu Beginn der 1980er fand sich D'Arcy im berüchtigten Frauengefängnis von Armagh wieder, wo die Kämpferinnen der irischen Guerillas interniert waren. Der Grund für die Inhaftierung: Sie hatte an einer 8. März-Demo in Solidarität mit den in Armagh einsitzenden Frauen teilgenommen.

Später betrieb sie von ihrem Haus aus das "Women's Sceal Radio", einen Piratensender für Frauen, und beteiligte sich am Greenham Common Women's Peace Camp im englischen Berkshire. Über den letzlich erfolgreichen Widerstand der Frauen in Greenham Common gegen die Stationierung von Cruise Missiles drehte sie ebenso einen Film ("Yellow Gate Women", 2007), wie über Mary Kelly, die in Shannon mit der Axt in der Hand zur praktischen Abrüstung schritt ("Big Plane, Small Axe", 2005).


Solidarität

Margaretta D'Arcy ist nachweislich schwerkrank. Dennoch schloss der konservative Justizminister Alan Shatter eine Freilassung aus humanitären Gründen kategorisch aus. Auch Appelle von Teilen des irischen Establishments, wie der Ehefrau des irischen Staatspräsidenten, eines ehemaligen hohen UN-Funktionärs oder der Sinn Féin-Parteileitung, vermochten bislang nicht, den Minister umzustimmen.

Eine internationale Mobilisierung von Feministinnen, Friedensbewegten, linken BasisaktivistInnen und KünstlerInnen fordert die bedingungslose Freilassung von D'Arcy - nicht nur, weil ihre Inhaftierung an sich schon ein Skandal ist. Sondern vor allem auch, weil D'Arcys kämpferisches Engagement gegen imperialistische Kriege als richtig und wichtig verstanden wird.



INFOS: www.shannonwatch.org
schreibt an: Margaretta D'arcy
Dóchas Centre, Mountjoy Prison,
North Circular Road, Dublin 7, Ireland

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 7/8/2014 - 70. Jahrgang - 28. Februar 2014, S. 9
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2014