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ROTFUCHS/102: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 148 - Mai 2010


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

13. Jahrgang, Nr. 148, Mai 2010



Inhalt
Arbeitskreis der Linkspartei würdigt 65. Jahrestag der Befreiung
Das Leben als Geschenk
General a. D. Piwowarow: Ein sowjetischer Divisionskommandeur erinnert sich
Wichtige Bücher über den Großen Vaterländischen Krieg
Neustart mit Freundeshilfe
Wer fürchtet Norman Finkelstein?
Ein sorbischer Aktivist der ersten Stunde
Angst vor einer neuen Zukunft
Solidarität in Thüringen: Niemand wurde im Stich gelassen
Lob des Schwarzen Kanals
Chancen und Hindernisse der Aktionseinheit
Wer sich hinter Jonny verbarg
Krokodilstränen und Rohrkrepierer
Adolf Henneckes historische Tat
Rebell und Revolutionär: Max Hoelz
In der Umarmung erwürgt
Reinhold Huhn war mein Genosse
RF-Extra Brandstifter als Feuerwehrleute
RF-Extra Ekel vor Delikatessen?
Sieg in San Jose: Wie Angela Davis gerettet wurde
Als Arzt an der Front: Norman Bethune
KPRF: Dem Genozid ein Ende setzen!
Madrids Terror gegen Basken
Ein Tarnkappenbomber als Amerikas "guter Geist"
Polens und Israels Drohnen
Ungarns Faschisten im Vormarsch
Die Sicht der Tudeh-Partei Irans
Vera Lengsfelds "Einbruch" in die Ladengalerie
Barrikaden haben nur zwei Seiten
Fritz Böttger - nur Herausgeber oder auch Literat?
Eberhard Panitz: Dresdner Novelle 1989
Aufrüttelndes und Entmutigendes
Archies "Bewährung in der Produktion"
Endlich Volks-Zahnbürsten!
Leserbriefe
Grafik des Monats

Raute

Dank Euch, Ihr Sowjetsoldaten!

Das Thema könnte zum Pathos und zum Heroisieren verführen. Denn es handelt sich um das wohl heroischste Kapitel in der Geschichte der Menschheit: den Sieg über den Faschismus, über die "Achse Berlin-Rom-Tokio" im Zweiten Weltkrieg. Aufgrund spezifischer Bedingungen wurde er von einer Koalition konträrer politischer und sozialer Kräfte errungen, wie es sie so noch nie gegeben hatte. Während die einen die faschistische Tyrannei samt ihrer kapitalistischen Wurzeln zerstören wollten, hatten die anderen lediglich die zeitweilige Ausschaltung und möglichst dauerhafte Eingrenzung eines gefährlichen Konkurrenten im Auge, ohne jenes System selbst treffen zu wollen, welches Hitler und seinen Verbrecherstaat hervorgebracht hatte. Im Gegenteil: Sie waren ja selbst Imperialisten.

Doch ohne Frage: Die Männer und Frauen in den sowjetischen, britischen, amerikanischen und französischen Uniformen, die an den Fronten der Anti-Hitler-Koalition kämpften und ihr Blut vergossen, taten das, um der deutschen Nazibestie, den Faschisten Mussolinis und den kaiserlich-japanischen Würgern der Völker Asiens das Genick zu brechen. Von den Soldaten der polnischen Armia Ludowa, den jugoslawischen Partisanen Titos und den Kämpfern der griechischen Befreiungsarmee ELAS, um nur einige zu erwähnen, ganz zu schweigen. Kein Beitrag soll hier ausgegrenzt, geschmälert oder gar geschmäht werden.

Doch die historische Wahrheit darf nicht in Vergessenheit geraten: Die Hauptlast dieses antifaschistischen Befreiungskrieges trug das sowjetische Volk, das die entscheidenden Schläge zur Zerschmetterung des Aggressors führte. Die Rote Armee erzwang mit ihrem Sieg in der Stalingrader Schlacht die Wende des Kriegsverlaufs, bevor die Invasionstruppen der Anglo-Amerikaner in Süditalien und der Normandie an Land gehen konnten. So sehr sich auch die Knopps und andere professionelle Geschichtsfälscher ins Zeug legen, um ihre den klaren Blick trübenden Nebelschwaden aus Halbwahrheiten und Lügen über das wirkliche Geschehen auszubreiten - die Tatsachen können sie damit nicht aus der Welt schaffen. Millionen durch Partisanen unterstützte Sowjetsoldaten haben sich - von der Verteidigung Moskaus über Stalingrad bis zur gigantischen Materialschlacht im Kursker Bogen - nicht nur für die Vertreibung der faschistischen Okkupanten vom Boden des Vaterlandes aufgeopfert, sondern auch vielen anderen Völkern die Freiheit gebracht. Es waren Rotarmisten, die das Siegesbanner auf den Berliner Reichstag trugen. Und auch das soll nicht vergessen werden: In den Reihen der sowjetischen Armee und an ihrer Seite standen deutsche Kommunisten und Antifaschisten, darunter so furchtlose Fallschirmspringer wie Katja Niederkirchner und Rudolf Gyptner oder Frontbeauftragte des Nationalkomitee Freies Deutschland wie der spätere DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler. Was für ein Kontrast zu den Nazigeneralen Speidel und Heusinger, von denen die Bundeswehr aufgebaut wurde, und zu Hitlers Geheimdienstgeneral Gehlen, der die Fundamente für den BND legte!

Den ersten Rotarmisten in Uniform und unter Waffen bin ich selbst Anfang Mai 1945 im Riesengebirgsort Krummhübel (heute Karpacz) begegnet. An jenem Frühlingstag stand unsere Familie mit Eimern voller Trinkwasser am Straßenrand, um Angehörigen der durchziehenden sowjetischen Gardedivision eine Erfrischung zu reichen. Die berittenen, in Panjewagen fahrenden oder marschierenden Soldaten reagierten überwiegend freundlich.

Hier soll indes weder ein Idealbild von den "Russen", wie damals die Angehörigen aller Völkerschaften der UdSSR verkürzend und aus Unkenntnis genannt wurden, gemalt noch Bitteres, was sich mit dem Einmarsch der Sieger verband, wegretuschiert werden. Natürlich war die jahrelange Konfrontation mit Tod, Gewalt und all den Schrecken eines die Menschen verrohenden Krieges auch an den Kämpfern unter der roten Fahne nicht spurlos vorübergegangen. So kam es trotz strenger Befehle der Armeeführung und des Einschreitens der meisten Offiziere zu bedauerlichen Übergriffen.

Doch jene, welche Szenen dieser Art, die jeder kriegführenden Armee zugeordnet werden können, einmal mehr in den Vordergrund rücken, verfolgen damit durchaus kein hehres Ziel: Sie wollen den Eindruck erwecken, nicht die Sowjetunion, sondern allein deren damalige westliche Alliierte seien die moralisch Überlegenen gewesen. Da fragt man sich doch unwillkürlich: Warum heißt eigentlich in Paris - der Hauptstadt eines NATO-Landes - eine viel frequentierte Metro-Station noch immer "Stalingrad"? Selbst wenn sich inzwischen in Rußland die Machtverhältnisse durch die auch dort zum Zuge gekommene Konterrevolution von Grund auf verändert haben, würdigt man in Moskau am 9. Mai 2010 - dem 65. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg - uneingeschränkt die Heldentaten der Rotarmisten. Auch wir deutschen Kommunisten, Sozialisten und linken Demokraten bleiben dabei: Dank Euch, Ihr Sowjetsoldaten!

Klaus Steiniger

Raute

Würdigung durch den Arbeitskreis MOE bei der Partei Die Linke

65. Jahrestag der Befreiung

Die Würdigung des 65. Jahrestages der Befreiung der menschlichen Zivilisation, auch des deutschen Volkes, vom Faschismus ist eine Pflicht für unser Volk, für alle diejenigen, die Lehren aus der verhängnisvollen Naziherrschaft gezogen haben. Das Gedenken an die historische Befreiung durch die Sowjetunion und ihre Armee, an alle Kämpfer der Antihitlerkoalition, des Partisanenkampfes, der Résistance, des illegalen Widerstandes, ist allen fortschrittlichen Menschen ein Herzensanliegen. Um so mehr, da es auch heute gilt, gemeinsam zu handeln im Sinne des Schwures von Buchenwald: "Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel."

Für Die Linke ist ihr initiativreiches Wirken für diese hehren Ziele eine Sache der Ehre, ihrer Identität und ihres Profils als konsequente antifaschistische politische Kraft. Mehr denn je kommt es heute darauf an, der jetzigen und den künftigen Generationen die Wahrheit über die historische opferreiche Befreiungstat der Völker der Sowjetunion, all jener zu vermitteln, die unter Einsatz ihres Lebens im antifaschistischen Widerstand kämpften. Der heute verbreiteten Geschichtsfälschung überzeugend entgegenzutreten erfordert, sich der wahren Geschichte, der objektiven Zahlen und Fakten bewußt zu werden, die den entscheidenden Beitrag der UdSSR bei der Zerschlagung des Faschismus bekunden: über 27 Millionen Tote, d. h. fast jeder zweite Tote des zweiten Weltkriegs, war ein Sowjetbürger (die meisten von ihnen aus der Zivilbevölkerung); von 5 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen starben 3,5 Millionen; unter den Holocaust-Opfern waren 3 Millionen Bürger der Sowjetunion; zur verbrannten Erde, die von der deutschen Wehrmacht hinterlassen wurde, gehörten 17.000 zerstörte Städte und 70.000 zerstörte Ortschaften.

Und was die Entscheidungen an der Front betrifft, sei - ohne den Beitrag der anderen Kräfte der Antihitlerkoalition schmälern zu wollen - folgendes in Erinnerung gerufen: 72 % aller menschlichen Verluste der deutschen Wehrmacht entfielen auf die deutsch-sowjetische Front, von der Sowjetarmee wurden 75 % der faschistischen Panzer und Sturmgeschütze, 75 % aller deutschen Flugzeuge und 74 % der Artillerie vernichtet bzw. erobert.

Das Vermächtnis der Kämpfer gegen den Faschismus und der Millionen Opfer zu erfüllen, erfordert heute, jeglicher Glorifizierung und Verharmlosung faschistischen Gedankenguts und Handelns, allen Versuchen skrupelloser Geschichtsfälschung und der Gleichstellung von Kommunismus und Faschismus entschieden entgegenzutreten. Überzeugende Entlarvung erfordern die antikommunistische Hetze, die Negierung und Verunglimpfung des entscheidenden Beitrags der Sowjetunion zur Zerschlagung des Faschismus. Wer diejenigen Kräfte, die dem Völkermorden, dem Holocaust ein Ende bereitet haben, mit jenen Kräften gleichsetzt, die diese zu verantworten haben, rehabilitiert die alten und verharmlost die neuen Faschisten, deren Triebkräfte und Helfershelfer. Die Schändung antifaschistischer Gräber und Denkmäler, die Verfolgung ehemaliger Partisanen, die Glorifizierung von faschistischen Kollaborateuren in einigen Staaten, der Mißbrauch der Totalitarismusthese, die Lüge von einer zweiten Diktatur sind Zündstoff für neue Konflikte und gefährden die Sicherheit in der Welt. Mit dem Wiederaufleben des Antikommunismus als Grundtorheit auch des neuen Jahrhunderts, den schändlichen Kampagnen gegen alle linken progressiven Kräfte wird eine friedensgefährdende Revision der Geschichte betrieben und politischer Revanchismus geschürt. Im Wesen handelt es sich dabei um einen Generalangriff auf alle sozialen und demokratischen Rechte.

Es bleibt auch für die heute Lebenden eine existentielle Aufgabe, die Wahrheit um Hintergründe, Triebkräfte und Ziele des deutschen Faschismus, des Überfalls auf die Sowjetunion und deren bis in die Gegenwart reichende Folgen von Generation zu Generation weiter zu vermitteln.

Wir, die Unterzeichner, deren Lebensweg in Frieden und Freiheit ohne den Sieg über den Faschismus undenkbar wäre, rufen alle antifaschistischen, demokratischen und linken Kräfte auf, den 65. Jahrestag der Niederschlagung des Faschismus allerorts auf Foren, Kundgebungen und mit würdigen Kranzniederlegungen als Tag der Befreiung zu begehen. Laßt uns gemeinsam in allen Städten und Gemeinden aller antifaschistischen Widerstandskämpfer ehrenvoll gedenken!

Arbeitskreis MOE (Mittel- und Osteuropa) bei der Partei Die Linke

Unterschriften:
Dr. Helmut Ettinger, Dr. Kurt Fenske, Klaus Göttner, Wolfgang Grabowski, Ralph Hartmann, Günter Höll, Andreas Kabus, Sieghard Kosel, Klaus Kukuk, Prof. Anton Latzo, Bruno Mahlow, Dr. Hans Modrow, Dr. Maria Oeser, Gerhard Prokot, Andrej Reder, Harry Richter, Dr. Hans Watzek, Dr. Renate Weiß

Raute

Wie uns Rotarmisten von den Schrecken des Krieges erlösten

Das Leben als Geschenk

Am 16. April 1945 begann die Rote Armee (sie nannte sich ab 1946 Sowjetarmee) ihre Berlin-Offensive. Diese Schlacht - Marschall Tschuikow bezeichnete sie als die Schlacht des Jahrhunderts - sollte die alles entscheidende abschließende Kampfhandlung des II. Weltkriegs in Europa sein. Ihr gingen nach der Weichsel-Oder-Operation (vom 12. 1. bis 3.2.1945) die harten, erbitterten Kämpfe auf den Seelower Höhen voraus.

Den Hauptstoß aus Richtung Osten auf Berlin führte die 1. Belorussische Front unter Marschall G. K. Shukow. Die zu ihr gehörenden Truppen begannen in der Nacht zum 21. April mit einem konzentrischen Sturmangriff auf die deutsche Hauptstadt. Dabei mußten sie einen gestaffelten Verteidigungsring der faschistischen Wehrmacht und der SS durchbrechen.

Die 8. Gardearmee unter dem Befehl von Marschall W. I. Tschuikow griff die Linie Altlandsberg-Ostrand, Hoppegarten-Rüdersdorfer Kalkberge an.

In Mahlsdorf, wo unsere Familie wohnte, waren wir Zeugen, wie von Einheiten der Wehrmacht, der Waffen-SS und des Volkssturms schon in den Monaten März und April Gräben, Panzersperren und weitere Verteidigungsanlagen geschaffen wurden. Nur etwa 50 Meter von unserem Haus entfernt hob man einen Graben für eine solche Stellung aus. Mein Vater, den auch in dieser Situation sein trockener Humor nicht verließ, sagte zu uns: "Geht mal an die Ecke. Da hat jemand eine Grube ausgehoben, in die Kinder und ältere Menschen reinfallen könnten. Schüttet sie mal zu!" Das taten wir auch, denn die Begründung leuchtete uns ein.

Die ständigen anglo-amerikanischen Luftangriffe, die in unserer Gegend schwere Zerstörungen hinterließen, sowie der Einsatz restlicher deutscher und sowjetischer Jagdflugzeuge veranlaßten uns, mehrmals am Tage im Keller unseres schon stark beschädigten Einfamilienhauses Schutz zu suchen. Ich war damals etwa zehneinhalb Jahre alt.

Fliegeralarm. Nach dem Heulen der Sirene eilte Mutter mit dem Opa und uns vier Kindern zum etwa zwei Kilometer entfernten fünfstöckigen Luftschutzbunker, während Vater zu Hause blieb. Viele Leute begaben sich in die gleiche Richtung. Es waren meist Nachbarn. Wir zwängten uns im Dunkeln auf die Bunkereingänge zu, die viel zu eng waren. Als Taschenlampen aufblitzten, ertönten Rufe: "Licht aus!" Es herrschte ein mächtiges Gedränge. Schließlich ergatterten wir in der dritten Etage einen Sitzplatz. Angesichts der Enge und der stickigen Luft weinten und wimmerten Kinder. Frauen hielten sie schützend umschlungen. Ältere Leute flehten: "Hoffentlich kommen wir hier wieder lebend heraus. Lieber immer trockenes Brot essen als diese Bombenangriffe!" Ab und zu fiel flüsternd die Bemerkung: "Was werden die Russen bloß mit uns machen!" Wir hatten Angst. Uns bewegte nur eine Frage: Kommen wir durch?

Das Donnern von Einschlägen wurde immer heftiger. Einige Male nahmen wir an, der Bunker sei getroffen worden. Die Flak auf dem Dach des Betonklotzes begann zu ballern. Dann gab es einen ohrenbetäubenden Knall. Angstvoll zuckten wir zusammen, spürten die Nähe des Todes. Die Mauern vibrierten wie bei einem Erdbeben. Das Licht ging aus.

Da wir nun schon einige Tage im Bunker waren, während die Russen immer näher rückten, gab es weder Ordnung noch Kontrolle. So gelang es mir eines Nachts, den Bau zu verlassen und mich mehr kriechend als laufend in Richtung Elternhaus zu bewegen, um etwas Eßbares und Getränke zu holen. Der Beschuß war äußerst stark, Tiefflieger dröhnten. Hier und dort sah ich Einschläge. An vielen Stellen brannte es. Unser Haus war nur noch 50 Meter entfernt, und ich konnte es infolge des Feuerscheins gut sehen. Der Dauerbeschuß kam aus zwei Richtungen. Während die Russen aus Panzerkanonen feuerten, antworteten die Deutschen mit Geschützen und Maschinengewehren. Unverrichteter Dinge mußte ich zum Bunker zurückrobben. Der Weg dorthin erschien mir wie eine Ewigkeit. Ich glaubte nicht, mein Ziel lebend zu erreichen. Doch endlich war es geschafft. Im Bunker fiel mir ein etwas älterer Junge auf, der in einem deutsch-russischen Wörterbuch las. Er bereitete sich offenbar auf die sprachliche Verständigung mit Angehörigen der Roten Armee vor. Es dauerte nicht lange, da sahen wir die ersten sowjetischen Militärs. Am 22. April drangen ihre Verbände in Mahlsdorf ein. Junge Soldaten und Offiziere erschienen im Bunker, gingen durch die Reihen und sagten in gebrochenem Deutsch: "Gitler kaputt!" Sie verteilten langentbehrtes Brot. Uns Kindern gaben sie aus ihren Feldrucksäcken noch zusätzlich etwas Eßbares. Dann erging der Befehl: "Ab nach Hause!"

Bei uns allen stellte sich eine ungeheure Erleichterung ein. Auf dem Rückweg sahen wir zerrissene Hitlerbilder. Aus vielen Häusern wehten weiße Fahnen. Auf den Straßen versammelten sich bereits Zwangsarbeiter mit polnischen, französischen und anderen Nationalflaggen, die sie eilig genäht hatten. Ihr Ziel waren die in den Jahren der Gefangenschaft oder Verschleppung entbehrten Heimatländer.

Unser Haus hatte es erwischt. Das Dach war abgedeckt, die Vorderfront wies einen Granateinschlag auf. Außerdem Spuren von Geschossen. Aus einem Fenster zur Straße wehte jetzt eine rote Fahne mit Sowjetstern. Sie trug Hammer und Sichel. Dieses Tuch hatte mein Vater schon Wochen zuvor auf dem Boden unseres Hauses gefertigt. Einige Male konnte ich ihn bei seiner riskanten Tätigkeit beobachten. Im Haus gegenüber entdeckten mein Großvater und Nachbarn im stark beschädigten Keller die Leichen von drei flämischen Angehörigen der Waffen-SS. Die hatten wohl geglaubt, dort Schutz zu finden und den Krieg überleben zu können. Die Toten wurden auf einem Feld begraben, ihre Erkennungsmarken der sowjetischen Ortskommandantur übergeben.

Es war für uns ein großes Glück, am Leben geblieben zu sein. Wir hatten den II. Weltkrieg qualvoll überstanden. Nun waren wir vom Hitlerfaschismus und den Schrecken der Bombenangriffe befreit. Die Einnahme Mahlsdorfs durch die Rote Armee stand aber erst am Anfang der Schlacht um Berlin. Auf Hitlers Befehl leisteten SS-Verbände, Wehrmacht und Volkssturm noch fanatischen Widerstand. Die Verluste an Menschenleben und die Zerstörungen waren furchtbar, bevor sowjetische Soldaten am 2. Mai die Siegesfahne auf dem Reichstag hissen konnten. Erst jetzt war Berlin befreit.

Für uns begann ein neues, zunächst allerdings sehr schweres Leben, das vor allem von Hungersnot gezeichnet war. Der II. Weltkrieg, der am 1. September 1939 von den Faschisten zunächst gegen Polen entfesselt worden war, hatte mit aller Brutalität auch auf Deutschland zurückgeschlagen. Der 8. Mai 1945 wurde zum Tag der Befreiung. Er ist es bis heute.

Als ich die gewaltigen Zerstörungen sah, dachte ich: Es dauert bestimmt über hundert Jahre, bis Berlin annähernd wieder aufgebaut sein wird, wenn überhaupt.

Es war bezeichnend für die Haltung der Sieger, daß der Befehl Nr. 1 des ersten sowjetischen Stadtkommandanten, Generaloberst N. A. Bersarin, die Versorgung der Bevölkerung mit elementarsten Lebensmitteln betraf. Der General ist trotz heftigen Widerstandes gewisser politischer Parteien Ehrenbürger Berlins. Auch in dieser Frage unterschieden sich Rückwärtsgewandte von wirklichen Antifaschisten und Demokraten.

Von meinen Eltern im Geiste des Friedens und der Völkerfreundschaft erzogen, betrachte ich es als oberstes Gebot, einen aktiven Beitrag dafür zu leisten, daß wir, unsere Kinder, Enkelkinder und nachfolgende Generationen die hier geschilderten Schrecknisse nie erleben.

Dr. sc. Horst Adam, Berlin

Raute

Auf Wacht für Frieden und Sozialismus auf deutschem Boden

Ein sowjetischer Divisionskommandeur erinnert sich

Als ehemaliger Kommandeur einer Garde-Motschützen-Division, der mehr als fünf Jahre in der DDR diente, möchte ich mich gern an den Diskussionen um den 65. Jahrestag der Befreiung und des Sieges über den Hitlerfaschismus beteiligen. Ich weiß, daß in Deutschland verschiedene Ansichten über den Anteil der UdSSR zur Beendigung des Zweiten Weltkrieges und über die Rolle der sowjetischen Streitkräfte auf deutschem Boden verbreitet werden. Vielleicht kann mein Beitrag helfen zu verstehen, wie es wirklich war.

Unsere Division hatte einen langen, schweren und opferreichen Kampfesweg hinter sich. Aufgestellt 1942 in der schwierigen Zeit der Kämpfe um Moskau, nahm die 39. Garde-Motschützen-Division an der Schlacht um Stalingrad teil. Im Bestand der 8. Gardearmee hatte sie hohen Anteil an der Zerschlagung der 6. Armee der faschistischen Wehrmacht. In schweren Kämpfen befreite sie die Ukraine und Polen, erreichte schließlich Berlin. Dieser lange Kampf kostete viele Opfer. Allein beim Angriff auf die Seelower Höhen im Frühjahr 1945 mußten 9000 Angehörige unserer Division ihr Leben lassen. Der Verband wurde im Verlaufe des gesamten Krieges zwölfmal von der Frontlinie abgezogen, komplettiert und ausgebildet. Er erfüllte bis zum Ende des Krieges ehrenvoll die ihm zugewiesenen Gefechtsaufgaben. Dafür wurde unsere Division mit fünf hohen staatlichen Orden ausgezeichnet, zuletzt mit dem Lenin-Orden für den Sturm auf Berlin. In Verwirklichung der Beschlüsse der Konferenz der Alliierten vom Februar 1945 in Jalta wurde die Division nach Thüringen verlegt und bildete die Garnisonen Ohrdruf, Gotha und Meiningen. Sie blieb dort bis zum Abzug 1992 nach Rußland und war vom Anfang bis zum Ende immer im Bestand der legendären 8. Stalingrader Gardearmee, die einst vom späteren Marschall Tschuikow befehligt worden war.

Wir beschäftigten uns im Laufe von 47 Jahren mit der Gefechtsausbildung, übten in der Anfangsperiode Funktionen der SMAD aus, leisteten der Bevölkerung Beistand bei der Normalisierung des Nachkriegslebens und beim Überwinden von Naturkatastrophen. Die dabei benötigte materielle Hilfe mit einer bestimmten Anzahl von Fahrzeugen, bei der Instandsetzung von Straßen und Brücken, in der Bekämpfung der Waldschädlinge und der Neubepflanzung der befallenen Flächen stellten wir gern zur Verfügung. Als Zeichen der Anerkennung dessen wurde in Oberhof ein Denkmal errichtet, das einen Waldarbeiter, eine Waldarbeiterin und einen Sowjetsoldaten als Symbol der gemeinsamen Aktion "Rettung des Waldbestandes im Thüringer Wald" darstellte. In Suhl halfen wir beim Bau der Schießsportanlage auf dem Friedberg, die sich bei mehreren Europa- und Weltmeisterschaften bewährte. Auf Bitten des Generaldirektors Lothar Kessel vom Kombinat FAJAS in Suhl führten wir mit unseren Soldaten Einsätze in der Produktion durch, um den akuten Arbeitskräftemangel auszugleichen.

Ich hatte das Glück, fünf Jahre als Divisionskommandeur in Ohrdruf zu dienen. Nach Abschluß der Militärhochschule 1957 wurde ich zunächst Zugführer in der Garnison Cottbus. Ich sah die Schwierigkeiten der Nachkriegszeit. In Ohrdruf, wo ich 1976 eintraf, war ich angenehm überrascht, mit welcher Begeisterung das Leben im Lande verbessert wurde. Mit eigenen Augen sah ich, wie der Wohlstand der Menschen in materieller, kultureller, sportlicher und anderer Hinsicht gestiegen war, und wie sich Industrie und Landwirtschaft entwickelt hatten.

Auch ich wurde nicht als Soldat geboren. Alles habe ich mir schwer erarbeiten müssen. Das Leben eines Soldaten war in den Zeiten des Kalten Krieges nicht immer leicht, forderte von uns viele Anstrengungen, Entbehrungen und Stehvermögen. Weit von zu Hause entfernt, spielte auch das Heimweh eine Rolle. Die materiellen Bedingungen in den Kasernen waren nicht immer die besten. Nach den schweren, opfervollen Jahren und unsäglichen Zerstörungen unseres Landes fehlte es oftmals an vielen Dingen, die unsere Soldaten benötigten. Im Umgang mit den Partei- und Staatsfunktionären der Kreise sowie der Bezirke Suhl und Erfurt, den Angehörigen der NVA und der Grenztruppen spürten wir die Hilfsbereitschaft bei der Erfüllung unseres militärischen Auftrages. Bei Manifestationen und anderen feierlichen Anlässen sah ich selbst die Begeisterung der Bevölkerung für unsere gemeinsame Sache. Oft nahm ich persönlich Dankesworte an die Adresse des Sowjetvolkes und seiner Streitkräfte entgegen. Ich spürte immer wieder, daß damit Achtung und Dankbarkeit für die Befreiungsmission im Zweiten Weltkrieg und für die Hilfe beim Aufbau des Sozialismus auf deutschem Boden zum Ausdruck kamen. Niemals und nirgendwo hatte ich das Gefühl, ein "Besatzer" oder "Fremdkörper" in der DDR zu sein. Es war also nicht alles von "oben" verordnet, wie ich es heute oft höre.

Die engen Freundschaftsbeziehungen zwischen Truppenteilen der Division, den volkseigenen Betrieben und Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, Schulen, Einrichtungen der NVA und der Grenztruppen sowie mit den örtlichen Funktionären wurden bewußt entwickelt und gefördert. Stets gab es zu Ehren der Jahrestage der Gründung unserer befreundeten Armeen die Woche der Waffenbrüderschaft. Mit dem "Regiment nebenan" führten wir gemeinsame Übungen und Manöver durch. Auch druckten wir zweisprachige Divisionszeitungen und vieles andere mehr. Der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft galt unsere besondere Aufmerksamkeit. Besuche der Vertreter von Arbeitskollektiven und Freundschaftstreffen von Jugendlichen fanden regelmäßig statt. In den Garnisonen und Truppenteilen bestanden Museen des Kampfesruhms, wo immer viel los war.

Das Regiment in Meiningen wurde 1979 mit der Wanderfahne des Zentralvorstandes der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft ausgezeichnet. Auch die guten Beziehungen mit den Bezirksvorständen der GDSF in Suhl und Erfurt, mit den Kreisvorständen in Schmalkalden, Ilmenau, Meiningen, Gotha und Suhl waren ein großer Gewinn. Gemeinsame Subbotniks hatten immer nachhaltigen Erfolg. Trotz dieser umfangreichen gesellschaftlichen Arbeit haben wir niemals unseren militärischen Auftrag vernachlässigt. Es geschah aber auch, daß wir die Bäckereien in unseren Kasernen in Schwung brachten, um in kalten und schneereichen Tagen Brot für die Bevölkerung zu backen. Diejenigen, die einmal unser frisches Soldatenbrot gekostet haben, werden das nicht vergessen. Dabei stand die Division stets in der vordersten Linie und war bereit, die "Eisenacher panzergefährdete Richtung" zu decken.

Angeregt durch einen ununterbrochenen Gedankenaustausch mit meinem langjährigen Freund und Kampfgefährten Hans Linke aus Suhl habe ich diese Erinnerungen zu Papier gebracht. Mögen sie dazu beitragen, unsere Freundschaft am Leben zu erhalten und zu festigen. Ich gestatte mir, die Leser des "RotFuchs", die Bevölkerung in unseren seinerzeitigen Garnisonsstädten und alle Mitstreiter, die mir in den Jahren des Friedensdienstes in der DDR ans Herz gewachsen sind, aus Anlaß des 65. Jahrestages der Befreiung des deutschen Volkes und des Sieges über den Hitlerfaschismus ganz herzlich zu grüßen und zu beglückwünschen.

Frieden und Gedeihen auf russischem und deutschem Boden!

V. N. Piwowarow, Generalmajor a. D., Moskau

Übersetzung: G. Gorshkow, Oberst a. D.

Raute

Wichtige Bücher über den Großen Vaterländischen Krieg

Die Zerschlagung des deutschen Faschismus und das daraus resultierende mächtige Anwachsen des Lagers der demokratischen Kräfte waren bedeutende Einschnitte der Weltgeschichte. Der grausamste und opferreichste aller Kriege stellte eine unerhörte Herausforderung für die Völker der Antihitlerkoalition, besonders aber für das Volk der UdSSR dar. Die sowjetische Literatur jener Periode zeigt anschaulich den Heldenmut und die Opferbereitschaft der Soldaten der Roten Armee und der im Hinterland operierenden Partisanen sowie aller Völker der Sowjetunion im Kampf gegen die deutschen Faschisten. 65 Jahre nach dem Sieg der damaligen Alliierten sind die in jener Zeit erschienenen Romane wichtige historische Zeugnisse. Ich will drei von ihnen kurz vorstellen.


Alexander Fadejew: "Die Junge Garde"
Die Fabel basiert auf der authentischen Geschichte des bolschewistischen Widerstandes in der zum Donezbecken gehörenden Stadt Krasnodon. Am 20. Juli 1942 wurde sie von den deutschen Faschisten eingenommen. Die Greuel begannen sofort. Im August begruben die Nazi-Okkupanten 58 Menschen lebendig im Stadtpark. Die Stimmung, die unter den in Krasnodon gebliebenen Komsomolzen herrscht, wird durch die Worte des 16jährigen Oleg Koschewoi charakterisiert: "Nein, das kann man nicht länger ertragen!" Im September organisiert er die illegale Gruppe "Junge Garde". Im Oktober zählt sie bereits 103 Mitglieder. Vier Monate lang fügt sie dem Gegner schwere Schläge zu. Sie tötet Soldaten der faschistischen Wehrmacht und Polizisten, sammelt Waffen, um beim Herannahen der Roten Armee einen Aufstand auslösen zu können. Im Januar 1943, nur einen Monat vor der Befreiung, wird die Organisation entdeckt und zerschlagen. Von ihren Kämpfern bleiben nur acht am Leben - einige fallen später in den Reihen der Roten Armee.

Wichtig ist die Tatsache, daß die Widerstandstätigkeit der "Jungen Garde" von der illegalen KPdSU inspiriert wird. "Man muß jedem einzelnen, der zu uns gehört, erklären, daß hinter dem, was wir tun, die Partei steht", wird den Junggardisten von erfahrenen Kommunisten vermittelt. Der Leser erfährt, wie die Komsomolzen politisch und moralisch erzogen, wie ihnen bolschewistische Organisiertheit, Ausdauer und Standhaftigkeit nahegebracht werden, um sich unter ständig wechselnden Bedingungen der Illegalität bewähren zu können.


Konstantin Simonow: "Tage und Nächte"
Der Roman ist die erste Darstellung der Stalingrader Schlacht, des Wendepunktes im Verlauf des II. Weltkrieges. Hier haben der Heldenmut der Sowjetsoldaten und die strategische Leistung der Führung der Roten Armee den deutschen Faschisten militärisch das Genick gebrochen. Simonow kann den Alltag dieser Schlacht besonders fesselnd schildern, da er bereits in den ersten Tagen des Großen Vaterländischen Krieges als Frontberichterstatter in die vorderste Linie gegangen ist und an den Kampfhandlungen selbst teilgenommen hat.

Die literarische Handlung spielt fast ausschließlich in jenen drei Häusern, welche der Trupp des Sowjetoffiziers Saburow den Okkupanten entrissen hat. Was an diesem Kampfabschnitt geschieht, vermittelt eine lebhafte Vorstellung vom Verlauf der ganzen Schlacht um Stalingrad. Simonows Roman wirkt um so eindrucksvoller, als der Autor bei der Beschreibung des Krieges auf äußere Effekte verzichtet. Er schildert wahrheitsgetreu und detailliert die Schrecken des Geschehens, die Tage und Nächte, die erbitterten Kämpfe, die Gedanken und Erlebnisse der Menschen, die an ihnen teilnehmen.


Pjotr Ignatow: "Partisanen"
Die Partisanenabteilung, die den Namen der Brüder Ignatow trägt und deren Geschichte der Roman erzählt, ist im Großen Vaterländischen Krieg etwas Außergewöhnliches gewesen. Denn sie besteht ganz überwiegend aus Vertretern der städtischen Intelligenz. Zu ihr gehören Direktoren der höheren Lehranstalten und großer Industriebetriebe Krasnodars, Parteikader und wissenschaftliche Mitarbeiter, Ingenieure, Ökonomen, aber auch hochqualifizierte Facharbeiter. Ignatows Einheit besitzt ein eigenes, scharf ausgeprägtes Produktionsprofil. Ihre Kämpfer sind spezialisierte Minenleger. Sie sprengen Brücken, Kraftwerke, Lager, bringen feindliche Güterzüge zum Entgleisen. Lastwagenkolonnen mit Panzerbegleitschutz werden in die Luft gejagt oder in Brand gesetzt. Die erste Sprengung eines Eisenbahnzuges der deutschen Faschisten im Kubangebiet erfolgt durch sie. Schließlich besitzt die Abteilung eine eigene große Wirtschaft mit Werkstätten zur Herstellung von Minen, für Schmiede- und Reparaturarbeiten. Tischler, Schuster und Schneider arbeiten nicht nur für die eigenen Leute, sondern auch für benachbarte Einheiten. Es gibt ein Lazarett, in dem Hunderte verwundete Partisanen und Rotarmisten behandelt werden.

Der Abteilung gelingt es, ein ausgedehntes Netz von Partisanengruppen zu schaffen, das sich über das kaukasische Vorgebirge und die Kubansteppen erstreckt. Im Rücken der Okkupanten, in der Einsamkeit der Berge wird eine Minenleger-Schule eröffnet, in der die besten und mutigsten Partisanen benachbarter Abteilungen in Theorie und Praxis dieser Spezialform des Widerstandes unterwiesen werden.

Karl Teichmann,

gestützt auf "Erläuterungen zur Sowjetliteratur", Verlag Volk und Wissen, Berlin/DDR 1953

Weitere Lektüreempfehlungen finden sich in Nyota Thun: Krieg und Literatur, Akademie-Verlag, Berlin 1977

Die beschriebenen Romane wurden in der DDR übersetzt und herausgegeben; sie sind heute nur noch antiquarisch zu erhalten.

Raute

Wie im Berliner Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg der Schulbetrieb wiederaufgenommen wurde

Neustart mit Freundeshilfe

Vom 23. April bis zum 1. Mai 1945 befreite die Sowjetarmee in schweren Kämpfen auch den Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg von der "Weißenseer Spitze" bis zur heutigen Torstraße. Am 2. Mai nahm die Ortskommandantur ihre Arbeit auf. Mit aus KZs, Zuchthäusern, Illegalität und Emigration zurückgekehrten Antifaschisten an der Spitze begann der Aufbau einer neuen Ordnung. Wir lesen, was Schulkinder damals über ihr Erleben berichteten:

Ruth Ramm, Schule Dunckerstraße: "Am Nachmittag des 1. Mai kamen die Russen. Sie nahmen die deutschen Soldaten gefangen. Unter uns Kindern verteilten sie Brot und Schokolade. Ich erhielt eine dicke Butterschnitte."

Helmut Drischmann, Klasse 4 a der Schule Pasteurstraße: "Weiter oben standen sämtliche Häuser in Brand. Sie waren von der SS angesteckt worden." (Diese hatte noch zuletzt, um "Schußfreiheit" gegen die anrückende Rote Armee zu erlangen, das ganze Wohnviertel zwischen S-Bahn, Greifswalder und Kniprodestraße niedergebrannt; es hieß jahrelang "die tote Stadt", bis die Jugendbrigaden des VEB Bau in den 50er Jahren mit neuen Wohnbauten "die grüne Stadt" daraus machten.)

Ella Jung, Schule Mandelstraße, ausgebombt: "Nach 12 Tagen und Nächten im Luftschutzbunker konnten wir wieder in die freie Luft hinaus und standen vor der Ruhe ... wie vor einem Wunder."

Karl-Heinz Thyes, Schinkelschule: "Am 3. Mai erhielten die Hausbewohner vom russischen Kommandanten den Befehl, die Straße so schnell wie möglich aufzuräumen. Das war der erste Schritt zum Wiederaufbau der Stadt."

Ebenfalls am 3. Mai begann das neue Bezirksamt im dichtbesiedelten Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg (226 144 Einwohner) mit den Genossen Degner (KPD), Kreuziger (SPD) und Kautz (KPD) an der Spitze seine Arbeit. Wiederbegehbarkeit der Straßen, Bewohnbarkeit der Häuser, Unterbringung Obdachloser, Kinderspeisung, Reparatur von Wasser-, Gas- und Elektro-Anlagen, Ausgabe von Lebensmittelkarten mußten gewährleistet werden. Max Kreuziger, damals Stellvertretender Bürgermeister, war einer der bedeutenden demokratischen Schulreformer aus der Weimarer Zeit, antifaschistischer Widerstandskämpfer und gerade erst aus dem KZ befreit. Er übernahm die Verantwortung für die Volksbildung. Bereits Mitte Mai wurde in Anfängen der Schulbetrieb aufgenommen.

Sonja Schönrock, Klasse 5 b der Schule Prenzlauer Allee: "Im Mai fing die Schule wieder an - zuerst nur eine Stunde. Während dieser Zeit mußten wir stehen. Danach brachte sich jeder einen Stuhl von zu Hause mit."

Nach der Entfernung der Hitlerfaschisten aus dem Schuldienst standen zur Wiederaufnahme des Unterrichts 140 Lehrer zur Verfügung. Im Juni hatten sich aber bereits fast 16.000 Schüler gemeldet. Schulhelfer und Hilfslehrer mußten gewonnen und Neulehrer ausgebildet werden.

Schulleiter Falk, Schliemann-Schule, im August 45 über einen "Schulhelfer": "Ingenieur Wolfgang Huth ging mit Eifer an die Aufräumung der Schule. Er hat die Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen abgelegt, zugleich kommt ihm seine Lebenserfahrung zugute. Bei den Schülern muß er erst testen, wo es im Stoff fehlt und was fehlt."

Genosse Huth wurde später selbst Schulleiter und dann stellvertretender Direktor des Instituts für Berufsschullehrer-Ausbildung der DDR.

Von 37 Schulgebäuden war nur ein einziges heil geblieben (es wurde als Lazarett genutzt; acht waren völlig zerstört. Der Gesundheitszustand der Kinder war schlecht. 60 % hatten Untergewicht. Viele Erkrankungen hingen mit dem Fehlen von Seife und Bademöglichkeiten zusammen. Im Juni wurde die erste Seife für Kinder unter 14 Jahren ausgeteilt.

Lehrer und Schüler über die Anfangszeit an den Schulen:

Kollege Spindler, Leiter der Schule Pasteurstraße: In den Kellern waren Jauche, Fäkalien; Abfälle übelster Art ... Es wimmelte von Fliegen und Ratten. Erst die Rotarmisten und - auf ihre Anordnung - die Bevölkerung haben Ordnung geschaffen."

Vera Benk, Klasse 7 a der Schule Greifenhagener Straße: "Wir haben die Fenster mit Anschauungsbildern verpappt ... Der russische Kommandant versprach Glas. Es traf auch pünktlich ein. In zwei Tagen wurden 150 Scheiben eingesetzt. Unser Lehrer teilte uns in Gruppen ein. Schüler zählten die fehlenden Scheiben. Danach rechneten sie aus, wieviel Quadratmeter Glas noch fehlten. Durch das Ausmessen und Ausrechnen hatten wir eine praktische Raumlehre-Stunde."

Den Weg für die neue Schule wies der Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945: "Säuberung des gesamten Erziehungs- und Bildungswesens von dem faschistischen und reaktionären Unrat, Pflege eines wahrhaft demokratischen, fortschrittlichen und freiheitlichen Geistes ..."

In Vorbereitung auf das Schuljahr 1945/46 wurden in Prenzlauer Berg 18 740 Schüler erfaßt. 303 Lehrer standen zur Verfügung. Erfahrene Lehrer bildeten die neuen in Kursen aus. Die faschistischen Lehrpläne wurden verboten, jene der Weimarer Republik, aus denen so manches gestrichen und das militaristische Gedankengut entfernt wurden, galten übergangsweise.

In einer Beratung der sowjetischen Militärkommandantur mit unseren Pädagogen benannte General Kotikow das für die neue Schule Erforderliche: "Liebe zum Schüler, grundlegendes Fachwissen der Lehrer, pädagogische Fähigkeiten, entschiedenes Verhalten gegenüber denjenigen, die das Volk in diesen Notstand gebracht haben. Der Lehrer muß seinem ganzen Wesen nach ein Gegner des Krieges sein. Der Lehrer muß sein Fachwissen mit der praktischen Tätigkeit verbinden, und das Wissen darf niemals losgelöst vom Leben sein. Dann werden die Schüler die Lehrer lieben und ehren. Die Schule ist ein wesentlicher Faktor des öffentlichen Lebens."

Das wurde zur Maxime unserer Bildungs- und Erziehungsarbeit. Und das müßte auch heute, 65 Jahre später, so sein.

Egon Bethge

Unser Autor war bis 1986 Stadtbezirksschulrat in Berlin / Prenzlauer Berg. Die im Artikel angeführten Fakten und Zitate sind der Broschüre "Blätter zur Entwicklung im Stadtbezirk. Eine Chronik von 1945 bis zur Gegenwart" entnommen.

Raute

Anprangerung israelischer Verbrechen ist kein Antisemitismus

Wer fürchtet Norman Finkelstein?

Der im August 2009 gedrehte Dokumentarfilm "Aisheen/Still Alive in Gaza" von Nicolas Wadimoff konnte auf der Berlinale dankenswerterweise gezeigt werden. Ein lebensbejahender, wunderbarer, ja humorvoller Film, der einfach den Alltag Gazas, des größten Freiluftgefängnisses der Erde, abbildet. Er zeigt Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen.

Unerwünscht im heutigen Berlin und auch in München war hingegen der US-Politologe und Publizist Norman Finkelstein. Er wollte darüber sprechen, welchen Beitrag die BRD-Regierung zur Aushungerung Gazas leistet. Offenbar ein zu politisches, zu brisantes Thema, an das sich weder die Böll-Stiftung noch die Evangelische Kirche oder die Rosa-Luxemburg-Stiftung heranwagten.

Da hilft es nichts, wenn der Referent sich durch wichtige Veröffentlichungen ausgewiesen hat, auch nicht, daß die "Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost" hinter ihm steht und das frühere Vorstandsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, Prof. Rolf Verleger, seine Autorität und die Kraft seiner Argumente in die Waagschale wirft. "Hilft nichts, der Jude wird verbrannt", möchte man mit Lessing sagen, denn dieser Jude ist geistig unerwünscht. Er soll sich mal nicht damit herausreden, daß beide Eltern Opfer des NS-Regimes wurden, der Hölle von Konzentrationslagern, die Mutter gar Auschwitz entkommen ist.

Wer die aktuelle Politik der Regierung des Staates Israel in Frage stellt, handelt gegen die hiesige Staatsräson. Wer solches tut, verwirkt das Recht, Jude zu sein, bestenfalls ist er ein selbsthassender Jude. Solche "Weicheier" aber kann der Staat Israel nicht gebrauchen. Offenbar besitzt er die Definitionsgewalt darüber, wer Jude zu sein hat und wer nicht. Die BRD aber hält sich dabei genauso zurück, denn schließlich könnte da ja jeder kommen und mit seinem Opferstatus Privilegien einfordern. "Unsere" Schuld ist abgegolten mit Wiedergutmachungszahlungen in Form von Waffen- und Argumentationshilfe für Israel, meint man in Berlin. Diesen Staat zu kritisieren obliegt uns nicht von deutschem Boden aus. Die Juden aus aller Welt haben schließlich das Privileg, dorthin zu emigrieren, wenn es ihnen anderswo nicht paßt. Sie können sogar zwei Staatsbürgerschaften haben, was auch nicht jedem gegeben ist. Soll dieser Finkelstein seine Kritik also dort vortragen ...

Nein, so argumentierte natürlich keiner, das ist blanke Polemik. Vielmehr war es so: Auf Druck israelfreundlicher Kreise, die sich "in ernster Sorge" geäußert haben, wollte die Stiftung, die den Namen der jüdischen Kriegsgegnerin Rosa Luxemburg trägt, Ausgewogenheit walten lassen. Finkelstein sollte also ein andersdenkender Gesprächspartner beigegeben werden, nachdem er bereits aus einer Kirche in Charlottenburg und dann aus der Böll-Stiftung vertrieben worden war. Das ist eben ein demokratisches Prinzip, so viel Toleranz muß sein ...

Ob hier aber der Geist der jüdischen Gerechtigkeitslehre, der lutherische Geist der Opposition oder gar Rosa Luxemburgs Geist richtig begriffen wurde?

"Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!", lautete das antifaschistische Vermächtnis von Buchenwald, die bittere Lehre von Auschwitz. Warum sollte es diesem Vermächtnis gerecht werden, ein Staatswesen kritiklos gewähren zu lassen, das gegen seine Nachbarn pausenlos Krieg führt, das die bekämpften Gegner mit Kind und Kegel einmauert und bei Aufbegehren foltert, das friedlichen Handel und Wandel in der von ihm beherrschten Region unterbindet, ja die Menschen nach religiösen oder ethnischen Gesichtspunkten sortiert und ihnen ihre Existenzgrundlagen raubt?

Kann es denn sein, daß der einstige Opferstatus eines Volkes seinen Herrschenden für alle Ewigkeit jede Handlungsfreiheit einräumt, ihnen die Entscheidungsfreiheit darüber gibt, Völkerrecht außer Kraft zu setzen, humanitäre Rechtsvorschriften zu mißachten? Ein gewisses Verständnis solchem Verhalten gegenüber mag man ja für einen sehr eng begrenzten historischen Zeitraum nachvollziehen können, zumal wenn man der Täternation angehört.

Andererseits: Wie war das mit den anderen Opfergruppen, etwa mit Sinti und Roma oder mit den vielgeschmähten "Russen"? Haben denn Bürger mit jüdischer Identität mehr Recht als andere, Sicherheit zu beanspruchen, Verständnis einzuklagen? Sowjetischen Menschen, die immerhin in jeder Hinsicht die größten Opfer im Zweiten Weltkrieg gebracht haben, wurde solche Toleranz nie und nimmer zuteil, ihnen wurde auch Wiedergutmachung vorenthalten.

Warum sind ausgerechnet die Palästinenser, die keine Mitschuld am Völkermord trifft, haftbar gemacht worden für das Leid, das jüdischen Menschen durch das NS-Regime und dessen Duldung durch andere Staaten zuteil wurde? Warum wird jeder, der solche Fragen aufwirft, gebrandmarkt und in die Nähe von wirklich üblen Holocaust-Leugnern gerückt, während wiederum solche von Papstes wegen salonfähig gemacht werden?

Da stimmt einiges nicht an solcher Art, die Geschichte zu betrachten.

In der Tat aber erwächst auch uns Nachgeborenen eine Verantwortung für das, was frühere Generationen an Verbrechen auf sich geladen haben. Wir können uns nicht aus der Geschichte stehlen, auch wenn wir das liebend gerne täten.

Wahrheit und Lüge sind unterscheidbar, und Tatsachen sind wie Blutflecken: Sie lassen sich nicht wegwaschen. Die Frage ist nur: Wie werden wir dieser Verantwortung gerecht? Wenn Menschenrechte unteilbar sind und wenn sie für alle Erdenbürger gleichermaßen gelten, dann müssen doch auch die Maßstäbe für alle gleich sein.

Wenn ein durchaus nicht unparteiischer Mensch wie der südafrikanische jüdische Richter Goldstone, der im Umfeld der Vereinten Nationen hohes Ansehen genießt, für seine im Auftrag der UN-Menschenrechtskommission vorgelegte Dokumentation von Kriegsverbrechen während des "Gazakrieges" nicht gewürdigt, sondern denunziert wird, ist Alarm angesagt. Richter Goldstone nahm den Auftrag voller Sympathie für die israelische Seite an. Warum sollen wir ihm nicht glauben, was er belegt hat? Warum sollen wir uns nicht damit befassen und Anklage erheben? Wer hat ein Interesse daran, die Tatsachen zu verschweigen?

Im April 2009 fand in Genf die Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen statt. Dort hätten die damals schon bekannten Untaten in Gaza, etwa der Einsatz von Phosphor und Dime-Munition in einem der dichtestbesiedelten Gebiete der Erde, zu Sprache gebracht werden müssen. Das wurde schon im Vorfeld hintertrieben. Der einzige Staatsmann, der die Kühnheit besaß, dort aufzutreten und Israels Völkerrechtsverbrechen zur Sprache zu bringen, mußte mit den übelsten Verleumdungen und Behinderungen rechnen, während die Staatsoberhäupter mancher westlicher Länder gar nicht erst erschienen waren.

Wer Verbrechen schützt, ist selbst ein Verbrecher, wer anderen dazu verhilft, Recht zu beugen, ist selbst ein Rechtsverletzer.

Lernen wir aus der Geschichte, gegen Unrecht nicht taub zu sein, sondern Halt zu schreien, wenn gegen Völkerrecht verstoßen wird. Eilen wir dem Schwächeren zu Hilfe, lassen wir uns kein X für ein U vormachen. Wir müssen begreifen, daß es gewissenlose Kräfte gibt, die über Leichen gehen, und daß ihre Vorgehensweise einer Gesetzmäßigkeit geschuldet ist, die nichts mit Religion zu tun hat, selbst wenn sie unter deren Flagge segelt; dafür aber um so mehr mit Profitinteressen, mit Absatzmärkten und Rohstoffpreisen. Bei allen Verbrechen geht es am Ende um die Frage "Wer wen?"

Edith David

Raute

Salzenforsts Bürgermeister Karl Domschke

Ein sorbischer Aktivist der ersten Stunde

Salzenforst (Slona Borsc) gehört heute zu Bautzen. Für Kraftfahrer ist die Autobahnabfahrt mit der Raststätte "Oberlausitz" ein Begriff. Es handelt sich um einen Ort, in dem Geschichte geschrieben wurde. Diese aber geht von Menschen aus.

Einer ist der hier geborene und 1972 verstorbene sorbische Nationaldichter Handrij Zejler (Andreas Seiler). Er schrieb die Hymne seines Volkes. An ihn erinnert ein zu DDR-Zeiten geschaffenes Denkmal im Ort. Ein anderer Unvergessener ist Karl Domschke, der am 31. August 1914 in Cölln (Chelno) geboren wurde.

Das Leben der Familie Domschke konnte auf der 1,8-ha-Wirtschaft nur bescheiden sein. Um einen Zusatzverdienst zu haben, arbeitete der Vater auch noch in der Bautzener Papierfabrik. Karl besuchte die achtklassige Schule und wurde Maurer. Nach Abschluß der Lehre durfte er noch ein Jahr im Beruf arbeiten, bevor er erwerbslos wurde. 1934 bewarb er sich an der Bauschule in Zittau. Hier wurde er zum Eintritt in die NSDAP und den NS-Studentenbund gedrängt. Da er dazu nicht bereit war, lehnte man seine Bewerbung ab. Diese Haltung war Karl Domschke gewissermaßen vom Elternhaus vorgegeben. Der Vater gehörte seit 1924 der SPD an. Ihn verband eine lange Freundschaft mit dem in der Region bekannten Kommunisten Karl Jannack. Seit 1931 war der junge Domschke in der SAJ und bereits zuvor im Bauarbeiterverband organisiert.

Ihn prägten frühe Erlebnisse. Im Juni 1933 wollte Karl Jannack aus Hamburg kommend seine Mutter in Cölln besuchen. SA-Sturmführer Wenzel versuchte ihn abzufangen. Doch Vater und Sohn Domschke verhinderten das. Vom Vater informiert, warnte Karl den Gesuchten, so daß dieser entkommen konnte. Das kam ihn teuer zu stehen. Er wurde verhaftet und im Bautzener "Schutzhaftlager" Kupferhammer, das 1933 bestand, gefangengehalten. Anschließend folgte Polizeiaufsicht. Nach dem Militärdienst von 1935 bis 1937 arbeitete Karl Domschke wieder in seinem Beruf. 1938 verzog die Familie nach Salzenforst. 1942 wurde Karl für Hitlers Raubkrieg eingezogen. Zwei Jahre später kam er schwerverwundet zurück. Er verlor seine linke Hand und zwei Finger der rechten, die Oberschenkel waren durchschossen.

Doch ihn sollte noch anderes tief treffen. Vor dem Ansturm der Roten Armee und polnischer Verbände flüchtend, räumten die Faschisten ihre Konzentrationslager im Osten. Die Häftlinge mußten Todesmärsche antreten. Unter ihnen waren am 12. Februar 1945 auch 54 wehrlose Frauen, die sich - durch zwölf SS-Männer angetrieben - von Auschwitz in Richtung Buchenwald schleppten. Vor Salzenforst verließ 43 von ihnen die Kraft. SS-Leute trieben sie in eine Kiesgrube und ließen sie eine Senke ausheben, die ihr Grab werden sollte. Die anderen elf Frauen hatten dann den ausgehobenen Sand über die Leichen zu werfen.

Karl Domschke, der in Bautzen Verbandsmaterial für sein Lazarett besorgt hatte, kam gegen elf an der Sandgrube vorbei. Da er Uniform trug, nahmen die SS-Leute zunächst keine Notiz von ihm. Dann forderten sie ihn zum Weitergehen auf. Er sah die Bluttat, hörte die Schüsse. Nur weil die Jüdinnen aus Polen, Ungarn, Frankreich, der Tschechoslowakei und Deutschland nicht mehr weitergekonnt hatten, wurden sie bestialisch ermordet.

Dieses Erlebnis begleitete Karl Domschke bis zu seinem letzten Tag. Es ließ aus ihm einen antifaschistischen Kämpfer werden. Gerade erst aus dem Lazarett entlassen, half er polnischen Soldaten, Widerstandsnester der SS auszuräuchern, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.

Karls Sohn Joachim erinnerte am 10. September 2005 auf einer Kundgebung in der Salzenforster Gedenkstätte an das seinerzeitige Geschehen: "Zweimal ging die Front durch unseren Ort. Im Frühjahr 1945 vergruben die Einwohner das durch den Krieg getötete oder verendete Vieh. Da kam ein Mann des Weges und fragte, was sie täten. Als ihm geantwortet wurde, es müsse doch irgendwie weitergehen, meinte er, dies sei die richtige Einstellung. Wenige Tage später war er - es handelte sich um Jan Cyz (Johann Ziesche) - der erste Bautzener Landrat nach der Befreiung. Am 25. Mai 1945 wurde mein Vater zur Kommandantur in die Kreisstadt geholt. Als er wieder nach Hause kam, war er Bürgermeister von Salzenforst." Karl Domschke hatte den Raum der Kommandantur als Maurer betreten und verließ ihn mit einer Armbinde als Zeichen der Macht.

Wie aber sollte er regieren, konnte er das überhaupt? Eigentlich hatte er schon damit begonnen. Zerstörtes Kriegsgerät und Tierkadaver mußten beseitigt, Gebäude repariert werden. Da hatte er zugepackt. Außerdem ging es um die verzögerten Bestellarbeiten auf den Feldern, die Sicherung der Ernährungsgrundlage. 24 Stunden am Tag reichten nicht aus. Die sowjetischen Befreier, welche die Vertreter der neuen deutschen Selbstverwaltungsorgane anleiteten und kontrollierten, erwiesen wertvolle Hilfe. In Salzenforst gab es nur noch sechs Kühe und ein Pferd, aber kein einziges Schwein. Domschke beschaffte Vieh auch aus größeren Entfernungen. Dann ging es um die Bodenreform. In der Gemeinde waren ein Rittergut, der Ortsbauernführer, ein Nazi-Mittelbauer und Teile eines weiteren Rittergutes zu enteignen. Das Land ging an Neubauern.

Karl Domschke unterstützte aktiv die Vereinigung von KPD und SPD zur SED. Mitglieder beider Parteien hatten bereits längere Zeit gemeinsam anstehende Probleme gelöst. Es folgte der Volksentscheid über die Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher.

Die Ernte 1946 konnte mit sowjetischer Unterstützung erfolgreich eingebracht werden. Die Gemeindewahlen erbrachten im gesamten Kreisgebiet eine absolute Mehrheit für die SED. Von den 1946 gewählten Bürgermeistern gehörten ihr 104, zwei der LDP, drei der CDU an, während neun parteilos waren. 1949 begrüßte die Mehrzahl der Salzenforster die Gründung der DDR. In ihrer Gestalt entstand das wahre Vaterland für Deutsche und Sorben.

Als ab 1952 die ersten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) gegründet wurden, kamen neue und hohe Anforderungen auf Karl Domschke zu. Einige Jahre arbeitete er in der Landwirtschaftsabteilung beim Rat des Kreises. In Salzenforst wurde eine hervorragende Infrastruktur geschaffen. Der umsichtige Maurer und Bürgermeister spielte dabei eine herausragende Rolle. Als Domschke 1981 in den Ruhestand trat, übernahm einer seiner beiden Söhne das Amt des Vaters, während der andere es bis zum Kreisbaudirektor brachte. Natürlich unter DDR-Bedingungen. In anderen Tätigkeiten erreichten sie dann das Rentenalter.

Karl Domschke starb - hochdekoriert und mit vielen Ehrungen bedacht - am 29. März 1989. Sein Grab auf dem Salzenforster Friedhof wird ständig mit frischen Blumen geschmückt.

Helge Tietze, Bautzen

Raute

Angst vor einer neuen Zukunft

Wo sind sie geblieben, deine Weggefährten, alle waren sie ein Teil deines Lebens geworden, deine zweite Familie in schweren und fröhlichen Zeiten, Freude und Frohsinn waren die Begleiter des Tages genauso wie die Arbeit, die uns alle für diese Lebenszeit geprägt hat.

Wie schnell ist unsere Zeit vergangen, deine wie meine flog durch die Weiten dieser Welt, die der "Zeitgeist" tief gespalten hatte, von der Zukunft ging es schnell in eine scheinbar endlose Vergangenheit, am Horizont leuchtete nur kurz ein Hoffnungsstern, ihn schluckte die Vergangenheit mit ihrer Angst vor einer neuen Zukunft.

Wie wurde das Recht für jedermann und Schuld mit Sühne aufgeteilt von jenen, die vom Haß geprägt die Vergangenheit als Zukunftsbild für diese Welt und dieses Volk im Sinne führen und nur die Macht als Ware, versteckt im Wörtchen Freiheit, ihren Bürgern präsentieren.

Werner Alex, Beetzsee

Raute

Koordinierungsgruppe gegen politische Strafverfolgung zieht Bilanz

Solidarität in Thüringen

Als sich Anfang der 90er Jahre zeigte, daß eine Reihe von politischen Hoheitsträgern der DDR von strafrechtlicher Verfolgung durch die neuen Machthaber bedroht war, wurde darüber beraten, wie der einzelne Betroffene - von der Beschuldigtenvernehmung über die Anklageerhebung bis zur Durchführung einer Hauptverhandlung - unterstützt werden könne. Dem lag die Erkenntnis zugrunde, daß diese Art von "Geschichtsaufarbeitung" politisch und juristisch fragwürdig ist. Wer auf der Grundlage der geltenden Gesetze der DDR eine hoheitliche Tätigkeit ausgeübt hat, durfte dafür nicht kriminalisiert werden.

Es stellte sich heraus, daß es auch bei uns in Thüringen etliche Betroffene gab, gegen die Ermittlungsverfahren liefen, so daß sie damit rechnen mußten, vor Gericht gestellt zu werden. Insofern ging es bereits sehr früh darum, den ins Visier Genommenen auf verschiedenen Ebenen zur Seite zu stehen. Dabei wurden juristische Hilfe und politische Argumentation zur Entkräftung jener Positionen, welche der Strafverfolgung zugrunde lagen, in Erwägung gezogen. Natürlich durfte auch die menschliche Solidarität nicht fehlen.

Es liegt auf der Hand, daß so Kriminalisierte in aller Regel einer starken psychischen Belastung ausgesetzt sind. Das traf auch auf diese Menschen zu, zumal anfangs noch völlig offen blieb, welchen Verlauf die Prozesse nehmen und wie lange sie dauern würden. Je mehr sich das Verfahren von der ersten Vernehmung bis zur Anklageerhebung hinzog, um so stärker war der einzelne davon belastet. In diesem Zusammenhang wurde überlegt, Betroffene aus Thüringen zusammenzubringen, um ihnen die Möglichkeit einer gemeinsamen Inanspruchnahme konkreter Rechtshilfe zu schaffen. Das sollte sich nicht nur auf Personen beziehen, die bereits Kenntnis von eingeleiteten Ermittlungsverfahren besaßen, sondern auch auf solche früheren DDR-Bürger, die mit ihrer Kriminalisierung rechnen mußten. Es ging zugleich um die Gewinnung von Fachleuten, die durch besondere Sachkenntnis über die jeweilige Tätigkeit der Angeklagten als zur Aufklärung verpflichtete Entlastungszeugen zur Wahrheitsfindung beitragen konnten. Unser Anliegen bestand vor allem darin, die Verfolgten spüren zu lassen, nicht auf sich allein gestellt zu sein.

Eine Mitte der 90er Jahre gebildete Koordinierungsgruppe stellte die politische Strafverfolgung von Beginn an in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Ihr erster Leiter war Hans Dieter Fritzschler, der damals hauptamtlich beim PDS-Landesvorstand arbeitete. Mit viel Geschick und Engagement hat HDF, wie wir ihn nannten, diese Aufgabe angepackt. Auf regelmäßigen Zusammenkünften wurden die Lage jedes einzelnen analysiert und die allgemeine Entwicklung auf dem Gebiet der strafrechtlichen Verfolgung von DDR-Hoheitsträgern bewertet. In solchen Verfahren mitwirkende Anwälte gaben wertvolle Hinweise.

Man berücksichtigte auch die in bereits durchgeführten Prozessen gegen ehemalige Angehörige der Grenztruppen der DDR - sie fanden in Berlin und Potsdam statt - gesammelten Erfahrungen. Anwesenheit im Gerichtssaal bildete einen festen Bestandteil des Wirkens der Gruppe. Bei den Verfahren, die zwischen 1996 und 2003 in Thüringen über die Bühne gingen, waren die Zuschauerreihen stets gefüllt, so daß der jeweilige Angeklagte nicht nur den Verteidiger an seiner Seite hatte. Nach Beendigung der zuletzt erwähnten Prozesse löste man die Koordinierungsgruppe nicht auf, obwohl sie ihren ursprünglichen Zweck eigentlich erfüllt hatte. Nach wie vor kam sie etwa alle zwei Monate zusammen. Sie wird seit einigen Jahren von Jochen Traut geleitet. Noch immer beschäftigt sich der Teilnehmerkreis mit aktuellen Fragen und Problemen der Vergangenheit, zu denen er Stellung bezieht. Zahlreiche Prominente haben in den letzten Jahren vor diesem Gremium und einem erweiterten Teilnehmerkreis referiert. Unter ihnen befanden sich der bekannte Bremer Rechtsanwalt Dr. Heinrich Hannover, der bereits 1960 zusammen mit Prof. Dr. Friedrich Karl Kaul (DDR) das westdeutsche Friedenskomitee in Düsseldorf verteidigt hatte. Prof. Dr. Jürgen Nitz, ehemals Unterhändler der DDR in Wirtschaftsfragen, war ebenso zu Gast wie der Essener Kommunist Karl Stiffel, der über die Verfolgung von Antifaschisten durch die Adenauer-Justiz berichtete. Im Mittelpunkt seines Beitrags standen die Bemühungen zur Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges in Westdeutschland. Honecker-Anwalt Dr. Friedrich Wolff berichtete im Zusammenhang mit einer Buchlesung über seine Erfahrungen bei der Verteidigung in politischen Prozessen. Wiederholt war auch Egon Krenz bei uns in Erfurt.

Vor einiger Zeit hat die Koordinierungsgruppe ein Informationsblatt erarbeitet, das sich mit dem in der Rhön befindlichen einstigen US-Grenzstützpunkt "Point Alpha" und der dort Tag für Tag praktizierten Geschichtsklitterei auseinandersetzt.

RA Ralph Dobrawa, Gotha

Raute

Lob des Schwarzen Kanals

Verschreckt hört das Volk, der große Lümmel
Von Tod und Verderben an Kundus' Himmel -
Ihr wart doch gewarnt, wir hatten einmal
Am Montagabend den Schwarzen Kanal!

Was blieb von all den Vereinigungsphrasen
Nach Abwicklung, Krise, Gewalt auf den Straßen,
Berufsverboten allzumal -
Das kannten wir aus dem Schwarzen Kanal!

Die Reisefreiheit - drei Wochen im Jahr,
Für den, der ein Leben in Arbeit war,
Mit Beamtenerlaubnis - ist das nicht "feudal"?
Das hörten wir nicht mal im Schwarzen Kanal!

Der Schloßherr kehrt wieder - wer sitzt zu Gerichte?
Es sterben Orchester, Museen, Geschichte ...
Der Kapitalismus, ganz real,
Ist schwärzer als der im Schwarzen Kanal!

Begreifst du, da kein Versprechen mehr zählt,
Prolet, hast selber dich abgewählt,
Im neunziger März, bei Kohl- und Mißwahl,
Da gab's ihn schon nicht mehr, den Schwarzen Kanal!

Revanche, Lüge und Schönrednerei,
Ein Kanzler log blühende Landschaft herbei.
Was wir jetzt brauchten, ist - Teufel noch mal -
Roter Pfeffer und Schwarzer Kanal!

Betrogen, geplündert von untreuer Hand,
Sind wir Asylanten im eigenen Land?
Doch wird einst die Szene zum Tribunal,
Dann ist er gefordert - ein Schwarzer Kanal!

Karl-Heinz Bernhard

Raute

Ist die Aktionseinheit der Linkskräfte ein Luftschloß?

Chancen und Hindernisse

Die Aktionseinheit ist ein Weg zur Überwindung der Spaltung der Arbeiterklasse als Folge des bürgerlichen Einflusses in der Arbeiterbewegung, der sich besonders in opportunistischen, aber zunehmend auch in nationalistischen und anderen rechten politischen und ideologischen Erscheinungen äußert. Deshalb hängen die inhaltliche Ausrichtung der Aktionseinheit und ihr Erfolg in großem Maße von der Stärke der Kommunisten in ihr ab.

Die Geschichte der Partei Die Linke ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten von widersprüchlichen Entwicklungen gekennzeichnet. Im Programm der PDS von 1993 bekannte man: "Wir sind uns (...) einig, daß die Herrschaft des Kapitals überwunden werden muß. Die Menschheit muß bei Strafe ihres Untergangs in historisch kurzer Zeit einen Ausweg aus ihrer bisherigen zerstörerischen Entwicklungslogik finden."

In seinem Vorwort zum Sammelband "Wir brauchen einen dritten Weg" aber sprach Gregor Gysi schon im Sommer 1990 davon, daß die PDS auf "dem Weg nach Deutschland" sei und diesen Weg "als einen dritten Weg jenseits bisheriger realsozialistischer und realkapitalistischer Gesellschaftsentwicklungen, die die Menschheit und die Individualitätsentwicklung in eine existentielle zivilisatorische Krise geführt haben", betrachte.

Es wurden eine konzeptionelle Sicht und eine Politik forciert, die weg von den ursprünglichen sozialistischen Zielsetzungen des Außenordentlichen Parteitags und des Parteiprogramms von 1993 und hin zu einem neuen Programm führte, das dann 2003 in Chemnitz verabschiedet wurde und das einen "Bruch in der Programmatik und Politik der PDS" vollzog (André Brie).

Schon 1999 hat Brie in einem Interview verkündet, daß für Gysi "demokratischer Sozialismus eine Art dritter Weg" ist. "Gescheitert ist der staatssozialistische Versuch im Osten. Der sozialdemokratische Versuch (...) hat großartige Ergebnisse gebracht. (...) Sie haben (...) den Kapitalismus zivilisiert, reform- und innovationsfähig gemacht. Gysi sucht neue Antworten, die darauf gerichtet sind, den sozialdemokratischen Entwicklungspfad fortsetzen zu können." Und in "Eckpunkte I" stellen beide "Quellenparteien" der Partei Die Linke fest, daß sie "eine linke Partei bilden (wollen), wie es sie in Deutschland seit 1914 nicht mehr gegeben hat".

Das zeigt sich bei der Partei Die Linke dahin gehend, daß weiterhin verschiedene Seiten der Politik der Regierungen des Kapitals kritisiert werden. Die gesellschaftlichen Grundlagen, die diese Politik mit Notwendigkeit hervorbrachten und hervorbringen, bleiben aber unangetastet. Programm und Politik der Partei werden von der Akzeptanz der sozialökonomischen Grundlagen der kapitalistischen Gesellschaft geprägt. Immer weniger ist die Absicht zu erkennen, vom grundlegenden Widerspruch zwischen den Interessen des Kapitals einerseits und der Arbeiterklasse andererseits auszugehen. Die marxistische Begründung von Programm und Politik wird entsorgt. Allein für eine reformkapitalistische Sicht und Politik bleiben noch Platz. Wenn es nach dem Willen der Führungsköpfe geht, wird die Partei bestenfalls zu einer zentristisch ausgerichteten sozialdemokratischen Partei geformt.

Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage: Läßt sich der Kurs der Kommunisten auf die Aktionseinheit mit der Kritik an der reformistischen, opportunistischen Ideologie und Politik vereinbaren? Die Frage muß aus mehreren Gründen mit "ja" beantwortet werden.

Die Mitglieder der DKP und ein großer Teil der Partei Die Linke sind in der Tradition der deutschen Arbeiterbewegung, die sich von Anfang an als marxistisch begründete Bewegung konstituiert hat, ebenso verwurzelt wie die anderer marxistischer, kommunistischer und sozialistischer Gruppen. Sie haben eine langjährige gemeinsame Vorgeschichte.

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, daß die deutsche und die internationale Arbeiterbewegung eine der größten Niederlagen ihrer Geschichte erlitten hat, die ihre Einheit bis in die Grundfesten erschütterte. Das hebt aber ihre positiven Erfahrungen nicht auf. Der Weg zur Herstellung der Einheit der Arbeiterbewegung führt über den ernsten ideologischen Kampf. Er führt ebenso über die Aktionseinheit als Kampf gegen das kapitalistische System und als Feld zur Überprüfung und Annäherung der ideologischen und politischen Positionen aller Teile der Arbeiterbewegung.

Die Aktionseinheit - selbst eine solche in begrenztem Maße - erweitert ihrerseits gleichsam das Forum, von dem aus die ideologische Auseinandersetzung geführt wird, und bezieht breite Massen in diese ein. Aus der politischen und ideologischen Diskussion gewinnen die Akteure jene Kraft, die sie zur Bündnis- und Aktionsfähigkeit benötigen und die vermeiden läßt, daß sie sich gegenseitig bekämpfen. So vermögen die Werktätigen nicht nur die Angriffe der Bourgeoisie abzuwehren, sondern auch zum Gegenangriff mit Aussicht auf Erfolg überzugehen.

Aus den in der Geschichte der Arbeiterbewegung gesammelten Erfahrungen ergibt sich, daß die Formen der Aktionseinheit und die konkrete Gestaltung der Forderungen zur Durchsetzung der Interessen der Arbeiterklasse der Spezifik der jeweiligen Situation, dem Kräfteverhältnis zwischen den Hauptkräften, dem Stand des Klassenbewußtseins und der Reife des subjektiven Faktors entsprechen müssen. Die Lösung der dabei auftretenden ideologischen und politischen Fragen wird ohne Auseinandersetzung am konkreten Gegenstand nicht zu realisieren sein.

Die von der Partei Die Linke vorgeschlagenen Verbesserungen oder gestaltenden Veränderungen am gegenwärtigen Kapitalismus reichen zwar nicht aus, um ein alternatives Gesellschaftsziel zu erreichen. Sie können aber Ansätze bieten, um die sozialen Verwerfungen der herrschenden Profitlogik einzuschränken, den systematischen Abbau der Demokratie zu bekämpfen und das Abgleiten in eine irreparable militärische und ökologische Katastrophe zu verhindern, wenn es gelingt, Klassenkämpfe für ihre Durchsetzung in Gang zu bringen.

Es ist allerdings nicht zu übersehen, daß sich bestimmende Gruppen in der Partei Die Linke immer stärker politisch auf die SPD und ideologisch auf den Reformismus eingestellt haben und die Mitgliedschaft in diese Richtung lenken. Sie haben das ambitiöse Ziel, die SPD zu "re-sozialdemokratisieren". Um das zu erreichen, sind führende Genossen der Linkspartei in der Zwischenzeit erklärtermaßen bereit, sich sogar mit der SPD zu vereinigen (Bisky zum Beispiel).

Unter solchen Bedingungen dürfte es schwer fallen, ein Bündnis auf Bundes- und auch auf Landesebene zu realisieren. Zur Abwehr der Abwälzung der Krisenfolgen auf die Arbeiterklasse wäre es jedoch dringend erforderlich.

Die meisten Mitglieder der Linkspartei gehen noch davon aus, daß wir nicht in der besten aller möglichen Welten leben. Das führt teilweise zu antikapitalistischen Einstellungen, die vor allem von Genossen der Basis vertreten werden. Sie folgen der Führung im Taumel des Aufwinds bei den Wahlen ohne größeres Aufbegehren, begraben jedoch nicht ihre eigenen Vorstellungen von der künftigen Partei.

Die prinzipielle, konkrete und zugleich differenzierte kritische Auseinandersetzung ist eine wichtige Bedingung für die Bestimmung einer realistischen Strategie und Taktik im Kampf um die Aktionseinheit.

Prof. Dr. Anton Latzo

Der leicht gekürzte Artikel ist in Nr. 20 / Mai 2010, der von Marxisten-Leninisten in der DKP herausgegebenen Zeitschrift "Theorie und Praxis" (T & P) unter der Überschrift "Unser Verhältnis zur Partei Die Linke" erschienen.

Raute

Heute Kapitalismus, morgen Sozialismus, übermorgen ...

Gysis "Wechselbad"-Theorie

Viele Jahre warteten die Mitglieder der damaligen PDS auf die Ausarbeitung und Annahme eines schlagkräftigen, die Linke mobilisierenden Programms: Was will die Partei, worin bestehen ihre Ziele, mit welchen Methoden wird sie darum ringen, diese zu erreichen? Vom "demokratischen Sozialismus" war seit jeher die Rede, wobei völlig unklar blieb, wie dieser denn aussehen solle. Gregor Gysi warf sich für einen "dritten Weg" ins Gefecht, für einen "modernen Sozialismus" als Alternative zum "neoliberalen" Kapitalismus.

"Eine Überwindung dieser kapitalistischen Verhältnisse", schrieb er, "kann und muß in einer Demokratie enden und auf demokratischem Weg erfolgen, mit dem Risiko, auf demokratischem Weg auch wieder abgewählt zu werden. Dann waren die Vorschläge der Sozialistinnen und Sozialisten eben nicht gut genug", verkündete er im Gleichklang mit sozialdemokratischen Auffassungen zu dieser Frage. Das bedeutete die Preisgabe der marxistischen Revolutionstheorie und die Option für einen "Wechsel-Sozialismus". Mal ist er da, mal ist er weg. Und das geschieht in steter Fortsetzung. Ist jemals ein wirklicher Sozialist auf einen derart absurden Gedanken verfallen?

Inzwischen hat sich die PDS längst mit der WASG vereinigt. Aus der Fusion ist die Partei Die Linke entstanden. Vor einigen Monaten wurde die Erarbeitung eines Programms für 2010/2011 angekündigt. Inzwischen liegt ein von Oskar Lafontaine stark geprägter Entwurf vor, der eine Reihe beachtenswerter Aspekte enthält und dessen weiteres Schicksal man aufmerksam verfolgen sollte.

Auch das gehört zum Thema: Anfang 2010 wurde ein "Institut Solidarische Moderne" gegründet, das man als eine Art "Denkfabrik" vorstellte. Diese Bezeichnung ist in der deutschen politischen Terminologie bisher unbekannt gewesen. Dem Institut gehören Experten (Wissenschaftler, Gewerkschafter, Politiker aus SPD und Linkspartei sowie von den Grünen und weitere Interessenten) an. Manche "Experten" sind übrigens solche, die sich nur dafür halten.

Eine "Denkfabrik" dieses Typs ist ein wenig belastbares Experiment, das wohl kaum zur Übereinstimmung in bezug auf eine Art Sozialismus gelangen und irgendwann sang- und klanglos untergehen dürfte. Sowohl in der Partei Die Linke als auch im "Think Tank" (amerikanischer Originalname) steht der "politische Pluralismus" hoch im Kurs. Er gilt geradezu als Panier.

Heinz Niemann hat hierzu im ND vom 6.7.2009 festgestellt: "Bisher wurde der pluralistische Charakter damit begründet, daß sie (die damalige PDS - R.D.) weder Klassen- noch Weltanschauungspartei sei und auch kein Monopol auf die Wahrheit beanspruche." Das treffe auch auf die "Denkfabrik" zu. Der Pluralismus-Begriff habe indes - so Niemann - "eine Inhaltserweiterung erfahren", und zwar "um die Pluralität politischer Positionen". Wie soll das gehen? Können die einen für und die anderen gegen die Privatisierung ... sein? Können die einen Hü und die anderen Hott sagen?

Es ist durchaus legitim, sich über Wege, Formen und Methoden eines anzustrebenden Sozialismus zu streiten und unterschiedliche Lösungen anzubieten. In diesem Sinne wäre eine politische Pluralität durchaus denkbar. Aber die Zielsetzung des gemeinsamen Ringens um gesellschaftlichen Fortschritt muß eindeutig definiert sein. Dies läßt keinen Pluralismus zu. Es muß Übereinstimmung darin bestehen, daß das auf Ausbeutung beruhende und zu Aggressionen in aller Welt bereite kapitalistische System durch eine sozialistische Ordnung ersetzt werden muß.

Diese beruht auf sozialer Gerechtigkeit, Arbeit für alle, Gleichstellung der Geschlechter, einer gesicherten Perspektive für Junge, entschiedener Zurückweisung jeder Form von Faschismus und verläßlicher Friedenspolitik. An solchen Fragen scheiden sich die Geister. Maßstab ist die Erkenntnis, daß es einer von wissenschaftlichen Prinzipien geleiteten Führungskraft bedarf. Der Hinweis Heinz Niemanns auf das Kommunistische Manifest, daß eine sozialistische Umwandlung in jedem Falle "nur von einer der marxistischen Tradition verpflichteten Gesellschaftstheorie geleistet werden kann", sollte dabei beachtet werden. Es versteht sich von selbst, daß dies nur unter Einschluß der Lehren und Erkenntnisse aus dem fast 100jährigen Ringen um Sozialismus Sinn macht.

Hat die Linkspartei etwa Angst vor der Verteufelung ihrer Zielsetzung, wenn sie das historisch Notwendige und Unvermeidliche auf ihre Fahnen schreiben würde? Eine Partei, die sich von marxistischen Positionen unter Einbeziehung neuer Erfahrungen leiten läßt, darf sich vor Angriffen aus bürgerlicher Richtung nicht fürchten. Meinungsverschiedenheiten sind stets in sachlicher, überzeugender und kameradschaftlicher Art auszutragen.

Zu Lenins Lebzeiten gab es keinen Parteitag, auf dem nicht nach diesen Grundsätzen gehandelt worden wäre. Die wichtigste Eigenschaft einer sozialistischen Partei sah der Fortsetzer der Lehre von Marx und Engels in der "Fähigkeit, sich mit den breiten Massen der Werktätigen, in erster Linie mit der proletarischen und nichtproletarischen Masse, zu verbinden, sich ihnen zu nähern, ja, wenn man will, bis zu einem gewissen Grade mit ihnen zu verschmelzen, in der Richtigkeit der politischen Führung, ihrer Strategie und Taktik unter der Bedingung, daß sich die breiten Massen durch eigene Erfahrung von dieser Richtigkeit überzeugen". (LW, Band 31, S.9)

Diese Hinweise des Strategen der Oktoberrevolution sind für wahre Sozialisten wohl wichtiger als Debatten über die "Vorzüge" des Pluralismus, antimarxistische "dritte Wege", gesellschaftliche "Wechselbäder" und die Ersetzung des klassischen Sozialismusbegriffs durch die nebulöse Godesberg-Formel vom "demokratischen Sozialismus".

Dr. Rudolf Dix

Raute

Wer sich hinter Jonny verbarg

Es war Mitte der 30er. Ich war 13 oder 14 Jahre alt und lebte in einem Ort der Tschechoslowakei, der nur 8 bis 10 km von Klingenthal entfernt ist (Rothau/Rotava). Bei uns kamen damals viele Emigranten aus Deutschland durch, aber auch so mancher Genosse aus Prag, der im Auftrag der KPD über die Grenze ging.

Eines Tages erschien ein junger Mann mit einer nackenlangen Frisur. Er stellte sich als Jonny vor.

Da mein Vater gerade die Lenin-Schule in Moskau besuchte, wurden durchreisende Genossen wie Jonny zur Übernachtung bei uns einquartiert, obwohl wir selbst sehr beengt wohnten.

Jonny hatte eine Kamera und fotografierte mich. Er versprach, das Bild beim nächsten Mal mitzubringen. Doch er vergaß es und versicherte, die Aufnahme gleich nach der Heimkehr in seine Brieftasche zu stecken.

1938. Bevor Hitler das Sudetengebiet an sich riß, mußten mein Vater und seine Familie auf Weisung der Partei in das tschechische Gebiet flüchten. Nachdem wir uns kurz in Kladno aufgehalten hatten, holte uns Vater nach Prag. Wir befanden uns gerade auf dem dortigen Wilson-Bahnhof, als ich Jonny - es handelte sich um Jan Koplowitz - über die Gleise gehen sah. Ich rief seinen Namen. Er hörte mich und kam zu uns. Ich überfiel ihn sofort mit der Frage: "Hast Du mein Foto bei Dir?" Er schaute mich erst etwas nachdenklich an, dann holte er seine Brieftasche heraus und gab mir das Bild. Ich besitze es noch heute. Es war mit in Schweden und in der UdSSR, wo wir uns während des Faschismus befanden.

Anna Köhler, Petershagen

Raute

"Koslowski" las Briefe "in die Freiheit entkommener" DDR-Bürger

Krokodilstränen und Rohrkrepierer

Kürzlich las Jochen Stern, bekannt auch als Ekel Alfreds Kumpel Koslowski aus der TV-Kult-Serie "Ein Herz und eine Seele", einmal mehr in der "Gedenkstätte politischer Gewaltherrschaft" in Frankfurt (Oder), als deren Beiratsvorsitzender er unlängst mit dem Bundesverdienstkreuz dekoriert worden ist, aus Unterlagen der Birthler-Behörde. Ihm assistierte deren Außenstellenleiter Sielaff. Die "Märkische Oderzeitung" berichtete, Stern und Sielaff hätten "Briefe aus einem freien Land - Rückverbindung in die Diktatur" vorgetragen. Zellenräume, Musterakten sowie die Dauerausstellung "Eingesperrt - Untersuchungshaft bei der Staatssicherheit" seien zuvor in Augenschein genommen worden.

Mir - einem Augen- und Ohrenzeugen der Show - stieg das in die Nase. So spottete ich in einem natürlich unveröffentlichten Leserbrief an die "MOZ": "Keine Inhaltsangabe! Ort und Titel der Brieflesung ... sollen wohl für sich sprechen. Ich wünschte mir, daß die Birthler-Behörde die ausgewählten und gekürzten Briefe, wie verlesen, publizierte. In ihnen widerspiegeln sich neben Euphorie über die gewonnene 'Freiheit' und Konsumvorfreuden im Westen fast immer auch wehmütige, teils reuevolle Erinnerungen an die verlassene Familie, an Freunde und Kollegen, die Aufgabe einer zwar bescheidenen, aber gesicherten Existenz. Hingegen gibt es in diesen Briefen kaum Hinweise auf politische Verfolgung oder 'Drangsalierung' in der DDR."

Die gerade im "Goldenen Westen" angekommenen Absender äußerten sich zu den Motiven ihrer Flucht oder Ausreise, zu ihrem Verständnis von Freiheit, aber auch schon zu ersten Zukunfts- und Existenzängsten. Da war zum Beispiel von gezielt begangenen Straftaten die Rede, um inhaftiert und abgeschoben zu werden, vom Strafvollzug im Frauengefängnis Hoheneck ohne Hinweise auf Folter, Drangsal und Entwürdigung, von Fluchthelfern an der ungarischen Grenze zu Österreich, von einer als Unterkunft erkämpften Besenkammer in der Prager BRD-Botschaft im Sommer 89 oder von unhaltbaren Zuständen im völlig überfüllten Auffanglager Gießen.

"Koslowskis" Stimme schien vor "Rührung" nur noch zu hauchen, als eine Frau, die mit 48 Koffern ausgereist war, berichtete, sie habe nach dem Passieren der Grenze 7 ½ Stunden ununterbrochen heulen müssen. Nun mache sie sich Sorgen um den zurückgelassenen Kater. Einige Zentimeter schien der kleine Mann bei der Wiedergabe erster "Freiheits"-Eindrücke der Ausgereisten in seinem Stuhl zu wachsen, so bei Berichten über die Einfahrt in den "strahlend hell erleuchteten Bahnhof von Hannover" und den Gang durch die unterirdische, schillernde Ladenstraße, das überwältigende Glücksgefühl, das einer beim Betreten eines Buchladens empfand, weil er dort endlich "Die Zeit" und den "Spiegel" kaufen konnte. Oder aber bei der Schilderung des Rauschzustandes, in den jemand verfiel, als er die unzähligen blitzenden Autos vorbeigleiten sah ... Und schließlich: "Action, Action überall"... Wieder verhaltener hörte sich Sterns Lesung an, wenn von ängstlicher Hoffnung auf einen Arbeitsplatz die Rede war oder beim Vergleich zwischen gesicherter Arbeit, guten Freunden und Kollegen in der "Heimat" und den neuen Eindrücken Unsicherheit aufkam. Eine junge Frau schrieb: "Wir haben uns in vielen Sachen früher nicht so einen Kopf gemacht ... was haben wir manchmal gelacht ... So etwas gibt es hier nicht. Hier arbeitet man anders! Manchmal habe ich so eine böse Befürchtung, daß noch irgend etwas schiefgeht ..."

In zwei Fällen hatten Familienväter Frau und Kinder einfach im Stich gelassen. Bei dem einen klang das so: "Juliane, ich will an dieser Stelle keine Analyse unserer Ehe machen. Aber glaube mir, so hart, wie es im Moment erscheinen mag, ist es nicht. Es ist das Beste für uns beide. Auch wenn Du beim Lesen dieser Zeilen schockiert bist. Ohnmacht und Wut werden in Dir hochsteigen. Aber bitte laß keinen Haß in Dir aufkommen. Daß Du nun nicht mehr neben oder gar hinter mir stehst, ist mir vollkommen klar." Und an die Kinder gewandt säuselte der liebreizende Vater: "Fred und Charlotte, Ihr zwei werdet im Moment gar nicht verstehen, was passiert ist. Aber es ist wahr, Vati hat Euch verlassen. Ich kann an dieser Stelle nur die Bitte aussprechen, daß Ihr mir verzeiht und mich nicht aus Eurem Herzen verstoßt - Lebt wohl!"

Ein anderer fürchtet wenigstens noch um den Erhalt seiner Ehe, beteuert, den Ehering bisher nicht einen Augenblick abgesetzt zu haben, und appelliert an das Gewissen seiner Frau ... Von Trennungsfällen habe er schon genug gehört und in seinem Bekanntenkreis werde geunkt, daß es ihm genauso ergehen könne. Auch er macht sich "Sorgen" um die Kinder: "Marvin stellt bestimmt viele Fragen und Yvonne fragt auch nach ihrem Papa." Er wolle nun aber "in die Kirche gehen und für alle beten".

Der Brief einer jungen Frau, Sielaff titulierte ihn mit "Sehnsucht nach zu Hause", schien Jochen Stern zu irritieren. Da heißt es wörtlich: "Liebe Gritti, lieber Jürgen! Ich kann immer wieder nur bestätigen, es war nicht richtig, daß ich diesen Weg gegangen bin. Es ist schon schwer. Meine Reue bringt mich in Depressionen, so daß ich nur mit Medizin einschlafe und jetzt auch schon am Tage Tropfen nehmen muß ... Morgens, wenn ich erwache, ist es immer das Gleiche, der erste Gedanke: Du bist nicht mehr daheim! Mich mit dieser Tatsache abfinden zu müssen, macht mich unglücklich ... Ich wollte, ich könnte die Zeit zurückdrehen, aber das geht nicht. Und ich schäme mich immer, diesen Weg gegangen zu sein. Ich habe damit meinen guten Ruf zerstört. Nicht nur das, ich habe mein Leben ruiniert. Warum habe ich das nur getan?"

An dieser Stelle hob der Mime zum wiederholten Male spöttelnd die Stimme und fuhr fort: "Ich hatte so viele gute Bekannte, die mich jetzt sicher verachten und verschmähen. Und schon der Gedanke daran macht mich fertig. Für alle Fälle wäre es besser, wenn ich noch da wäre, bei Euch. So bin ich nicht zufrieden, und ich weiß, daß meine Mutter auch sehr darunter leidet. Ihr nicht so. Ihr seid gute Partner und habt Eure Arbeit ... . Ihr merkt es sicherlich nur im Garten oder im Haushalt, daß ich fehle ... Die vollen Läden, die Zeitschriften, nichts reizt mich hier ... Der Mensch braucht Ruhe und Harmonie in seinem alten Bekanntenkreis. Den habe ich verschenkt. Die neuen Bekannten sind zwar alle nett, aber, wenn ich schon höre, wie manche von der 'Zone' sprechen, macht mich das fertig!

Sehnsüchtige Grüße Euch beiden - Eure Gerti - November 1977"

Anstelle einer Diskussion vergoß Birthlers Sielaff noch ein paar Krokodilstränen und zog über die "Stasi" sowie deren angeblich flächendeckende Postüberwachung her. Darüber, daß es nach Angaben der Bundesregierung seit 1951 auch in der BRD eine massenhafte Überwachung von DDR-Post gegeben hat und Millionen Sendungen zensiert oder gar vernichtet worden sind, sprach er nicht.

Volker Link, Frankfurt/O.

Raute

Adolf Hennecke und die Anfänge der Aktivistenbewegung in der DDR

Eine historische Tat

Jenen, die in der DDR zur Schule gingen, sind Namen wie Adolf Hennecke und Begriffe wie Aktivistenbewegung durchaus geläufig. Nachgeborenen sagen sie kaum noch etwas oder gar nichts. Ein Grund genug, daran zu erinnern, zumal der einstmals legendäre Bergmann Hennecke vor 105 Jahren geboren wurde und vor 35 Jahren verstorben ist. In der Sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, war er einer der Bahnbrecher des Neuen auf dem Gebiet der Arbeitsorganisation unter nichtkapitalistischen Bedingungen. Am ehesten maß er sich an dem gleichaltrigen sowjetischen Steinkohlenkumpel Alexej Stachanow, der großartige Leistungssteigerungen in der UdSSR erreicht hatte, von denen man auch im Ausland sprach.

In der östlichen Besatzungszone Deutschlands war man noch im Begriff, die Kriegswunden zu heilen. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD), erließ dazu Befehle wie den mit der Nummer 234 vom 9. Oktober 1947. Er befaßte sich mit "Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und zur weiteren Verbesserung der materiellen Lage der Arbeiter".

Allgemein wurde er als "Aufbauplan 234" bekannt. Kurz zuvor hatte die SED auf ihrem II. Parteitag im September jenes Jahres ein Programm über Inhalt und Wege zum wirtschaftlichen Aufstieg beschlossen. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) setzte sich für Gratifikationen, also die Belohnung von Sonderleistungen, und Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsergebnisse, ein. Er rief die Bewegung "Aktivist für 234" ins Leben.

In der SBZ nahm die Kohleindustrie einen besonderen Stellenwert ein. Vom ZK der KPD wurde das schon auf Wirtschaftskonferenzen Ende 1945 und Anfang 1946 betont. Ein Großteil diesbezüglicher deutscher Ressourcen, besonders die Steinkohle, befand sich nämlich in den westlichen Besatzungszonen oder auf inzwischen nicht mehr deutschem Boden. Und ohne Brennstoffe geht bekanntlich nichts! Also mußten Lösungen gefunden werden.

In diesem Sinne beschloß die 2. Zonenkonferenz der Kohleindustrie im Februar 1948 in Leipzig, wobei sie sich auf die Beschlüsse des II. Parteitags der SED stützte, die Arbeitsproduktivität im Industriezweig bis Ende 1948 um mindestens 15 % zu erhöhen. Dazu sollten alle Arbeitsprozesse durch neue Methoden revolutioniert und eine kontinuierliche Produktion erreicht werden. In der Steinkohle wie in der Braunkohle versuchten die dort Beschäftigten, diesen Vorgaben gerecht zu werden. Die meisten taten es allerdings nicht aus hochfliegenden politischen Gründen, sondern im Interesse ihres eigenen Überlebens. Es ging darum, das Kriegstrauma zu überwinden und durch der eigenen Hände Arbeit ein besseres Lebensniveau zu erringen.

Eine der spektakulärsten Taten vollbrachte hierbei der Hauer Adolf Hennecke, als er am 13. Oktober 1948 im Oelsnitzer Steinkohlenwerk "Karl Marx" eine Normerfüllung von 387 Prozent erreichte, was einer Abbaumenge von 24,4 Kubikmetern Steinkohle in einer Schicht entsprach. Das geschah nach einer außergewöhnlich akribischen Arbeitsvorbereitung und unter Nutzung aller Reserven und technischen Hilfsmittel. Insofern war das eine hervorragende, nicht aber ohne weiteres in anderen Bereichen nachvollziehbare Leistung. Sie diente als Beweis für Mögliches und stellte eine Initialzündung besonderer Art dar.

Bald schon sprach man vielerorts von Hennecke-Schichten. Hunderte Nacheiferer gab es nicht nur im Bergbau, sondern auch in anderen Industriezweigen. Erinnert sei hier an die legendäre Spinnerin Frieda Hockauf.

Selbst in meiner Heimat, dem Schipkauer Tagebau, wollte man nicht zurückstehen. Im Bereich der Braunkohleentwässerung unter Tage brachten es der Steiger Alwin Schönborn und der Hauer Paul Schwandt in einer siebenstündigen Hennecke-Schicht vor Ort auf 4,20 m Vortrieb anstelle von 2,60 m, die als üblich galten. Die Aktivistenbewegung war zur Realität geworden. Und sie war mit dem Namen ihres Oelsnitzer Wegbereiters eng verbunden.

Adolf Hennecke blieb nach seiner Spitzenleistung indes kein schlichter Bergmann mehr. Er wurde nicht nur mit dem Nationalpreis ausgezeichnet, sondern auch ein zu jeder Zeit verfügbarer Prototyp des modernen sozialistischen Werktätigen. Die Möglichkeiten für seinen Einsatz unter Tage reduzierten sich damit drastisch. Irgendwann wurde der einfache Mann ohne eigenes Zutun auf ein hohes Podest gestellt. Man berief ihn als wissenschaftlichen Mitarbeiter in das Ministerium für Grundstoffindustrie nach Berlin. Dort wurde er u. a. in die Vorbereitung und Durchführung des jährlich in unterschiedlichen Bergbauzentren durchgeführten "Tages des Deutschen Bergmannes" einbezogen.

Bei einer solchen Gelegenheit lernte ich ihn in Senftenberg kennen. Der hagere und hochaufgeschossene 60jährige hatte auf Grund seiner früheren Arbeit in niedrigen Stollen einen nach vorn gebeugten Gang. Die Falten in seinem Gesicht verliehen ihm einen Zug von Spitzbübigkeit. Er wirkte keineswegs wie eine "Obrigkeit", sondern strahlte Vertrauen und Einfachheit aus. Das kollegiale Du gegenüber jedermann war für ihn in Gesprächen und bei Beratungen selbstverständlich. So normal war auch sein Durst auf Bier und die Lust, nach einem anstrengenden Tag bis in die Nacht hinein dem Skat zu frönen. Ich war natürlich stolz darauf, unter Leitung eines Mannes wie Hennecke in der "Zentralen Kommission zur Vorbereitung und Durchführung des Tages des Deutschen Bergmannes" mitarbeiten zu können. Die Erinnerung daran steckt noch gut in den grauen Zellen und liegt in meinem Album in Form eines kleinen Ausweises mit Henneckes Unterschrift vor.

Das alles ist schon über 40 Jahre her. Es gibt kaum noch Zeitzeugen aus dieser Anfangsphase des Ringens um eine neue Einstellung zur Arbeit in volkseigenen Betrieben. Und es gibt auch kaum noch Bergbau im Osten, von einem Tag der Kumpel ganz zu schweigen, den ich einst zusammen mit den Einwohnern meiner Bergarbeitergemeinde als Kind und Jugendlicher, aber auch später oft genossen habe. Unsere Erinnerungen sollten aufbewahrt und an die Enkel weitergegeben werden.

Eberhard Rebohle

Raute

Größe und Tragik des Kommunisten Max Hoelz

Rebell und Revolutionär

Mit dem vergangenen Jahr wäre Max Hoelz sicherlich sehr zufrieden gewesen. Er hatte sich von einem kleinen, rechtlosen Arbeiterjungen über das englischsprachige Mitglied des Tugendvereins "Weißes Kreuz" bis zum gefeierten "Heros der Arbeiterklasse" durchgekämpft und entwickelt. All das fand 2009 anläßlich seines 120. Geburtstages und seines 75. Todestages in linken und regionalen Publikationen Würdigung und Bewertung.

Schon zu Lebzeiten hat Hoelz Bezeichnungen wie Robin Hood und Roter General akzeptiert. In der Sowjetunion wurde er dadurch weithin bekannt. Bei zahlreichen Fahrten durch das Riesenland wurde er von Arbeitern und jungen Leuten gefeiert. Am 1. Mai 1930 stand er auf der Ehrentribüne in Leningrad an der Seite Kirows.

Max Hoelz wurde am 14. Oktober 1889 in einer Landarbeiterfamilie geboren. Er war ehrgeizig und hartnäckig, arbeitete zunächst als Tagelöhner bei Gutsbesitzern, wanderte dann als 17jähriger nach London aus, wo er Kenntnisse im Eisenbahnbau und in Vermessungstechnik erwarb. Dreieinhalb Jahre später kehrte er nach Deutschland zurück. Im Vogtland wurde er Landvermesser und Filmerklärer. Er begeisterte das Publikum und schulte seine Rhetorik.

Der erste Weltkrieg, den er vier Jahre lang als Freiwilliger mitmachte, verhalf ihm zu neuen Einsichten. 1917 kam er erstmals mit kommunistischen Ideen in Berührung. Unter dem Einfluß der Oktoberrevolution trat er der USPD bei und setzte sich für die Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates ein. Ab 1919 KPD-Mitglied, gründete er Ortsgruppen der Partei und geriet bald in das Visier der Reichswehr, die wiederholt Unruhen im Vogtland niederschlug. Hoelz stand 1920 in vorderster Front gegen die Kapp-Putschisten. Als populärer "Roter General" führte er die Arbeiter in den Kampf. Er hatte ungeheuren Zulauf und wurde zum Schreckgespenst der Bourgeoisie, aber auch zum Gejagten. 50.000 Reichsmark setzte man steckbrieflich auf seine Ergreifung aus. 1923 verlieh ihm die Sowjetunion als erstem Deutschen den Rotbannerorden.

Zwei Jahre zuvor war Hoelz als Kommandeur von Arbeiterkampfgruppen an den bewaffneten Aufständen in Mitteldeutschland beteiligt. Dann gelang es der Reichswehr, seiner habhaft zu werden. In einem spektakulären Prozeß wurde er zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Fast acht Jahre dauerte sein Martyrium.

Außerhalb der Kerkermauern geschah Erstaunliches: Seine von Wilhelm Pieck ausgewählte "Gefängnisbraut" Traute Löbinger begab sich sofort nach der Eheschließung auf eine ausgedehnte Agitationstour durch ganz Deutschland. Sie sammelte Geld für den Hoelz-Fonds, aus dem die Kosten für seine Vertretung vor Gericht und zugleich für die Kampagne zur Freilassung aller politischen Gefangenen bestritten wurden. Thomas Mann, Albert Einstein, Heinrich Zille und viele andere Namhafte unterzeichneten einen Solidaritätsaufruf. Erich Mühsam schrieb ein leidenschaftliches Pamphlet, das landesweit von der Roten Hilfe verbreitet wurde.

Nach der Freikämpfung 1928 setzte Hoelz seine propagandistischen Auftritte für RH und KPD zunächst fort. Tausende und Abertausende strömten zu Kundgebungen, um ihn zu sehen. Doch er war angeschlagen. 1929 zog er sich zurück, um seine Autobiographie "Vom Weißen Kreuz zur Roten Fahne" zu schreiben. Hoelz erkannte, daß pseudorevolutionäre Husarenstücke ebensowenig wie reformistische Bestrebungen dazu geeignet waren, das kapitalistische System zu überwinden. Doch seine politische Bildung reichte noch nicht aus, um Spontaneität und Bravour zu zügeln. Er litt zeitlebens darunter.

Im August 1929 begab sich Hoelz zur Erholung in die Sowjetunion. Hier kam nicht nur sein psychisches Gleichgewicht wieder ins Lot, er lernte auch den Arbeitsenthusiasmus und die Begeisterung der sowjetischen Menschen kennen. Das stärkte in ihm die Überzeugung, daß sich der Kampf lohne. Bei zahlreichen Auftritten wurde er begeistert gefeiert. Diesen Elan nahm er mit nach Deutschland, wo er sich im Sommer 1930 in den Reichstags-Wahlkampf der KPD einschaltete.

Die Nazis verfügten nun über organisierte Schlägertrupps, die Terror verbreiteten. Obwohl die KPD bei den Wahlen 4,6 Millionen Stimmen erhielt, vermochte sie Hoelz nicht zu schützen. Bei einem Auftritt in Bad Elster wurde er brutal zusammengeschlagen. Danach begab er sich ins sowjetische Exil. Herbert Wehner holte ihn im Auftrag des ZK der KPD aus Falkenstein ab.

Nach entsprechender Ausbildung in Moskau und Leningrad betätigte sich Hoelz als Agitator und Propagandist im weiten Land. Unterdessen trugen Schulen, Betriebe und Brigaden der UdSSR stolz seinen Namen. Es war die Zeit des großen Aufbruchs. Doch Hoelz übersah nicht offenkundige Schwachstellen. So wurmte es ihn, daß die in großer Zahl begeistert angereisten deutschen Fachleute oft zu völlig unqualifizierten Arbeiten eingesetzt wurden. Seine Bemühungen um Hilfe bei übergeordneten Leitungen und der Komintern in Moskau, ja selbst von ihm verfaßte Presseberichte brachten keinen Wandel. Doch Hoelz blieb engagiert. Tagebücher aus dieser Zeit zeigen ihn noch immer als leidenschaftlichen Verteidiger und Mitgestalter des sozialistischen Aufbaus. Doch seine Alltagserwartungen an die Sowjetunion erfüllten sich nicht. So wurde aus dem Enthusiasten mit der Zeit ein Enttäuschter. Seine eindringlichen Briefe an die GPU, an Volkskommissare und selbst an Stalin blieben nun unbeantwortet. Hoelz wurde kaltgestellt und war ein Jahr lang ohne Arbeit.

Er wollte wieder nach Hause. Das ging aber nicht. So schob man ihn nach Gorki (Nishni Nowgorod) ab, wo er unter einem anderen Namen auf einem Gut arbeitete. Am 16. September 1933 barg man ihn tot aus der Oka. Es konnte nicht geklärt werden, ob er auf Grund eines Herzversagens ertrank, sich aus Verzweiflung das Leben nahm oder als unbequemer Nörgler beseitigt wurde. Hoelz blieb das Grab an der Kremlmauer ebenso versagt wie eine Aufbahrung in Moskau.

Nachdem man sich zu DDR-Zeiten in Film und Literatur wiederholt mit Hoelz beschäftigt hatte (auch im RF erschienen bereits mehrere Artikel über ihn), wurde im Jahr 2008 erneut an den proletarischen Helden erinnert. Damals berichtete ich über Hoelz in der "jungen Welt". Nachhaltig wirkte in diesem Sinne der "Geschichtsverein Freundeskreis Max Hoelz Falkenstein". Unter Leitung des Genossen Peter Giersich setzten sich interessierte Persönlichkeiten für die Sache ein. Im Max-Hoelz-Jahr 2009 fanden Foren und Stadtrundgänge statt. Eine repräsentative Ausstellung mit einem eindrucksvollen Begleitheft "Max Hoelz. Rebell. Revolutionär" wurde erstmals in Falkenstein gezeigt. Sie soll durchs Land gehen.

Viele wollen, daß die Erinnerung an Max Hoelz wachgehalten wird. Im Februar 2010 standen Leben und Wirken des Klassenkämpfers beispielsweise auf der Tagesordnung der Linken Senioren in Oranienburg.

Weitere Interessenten melden sich bitte telefonisch oder per Fax unter der Nummer 03301/54078.

Bibliotheksrat Hanna Spiegel, Oranienburg

Raute

Wie die DDR zum Schlachtopfer des Helsinki-Prozesses wurde

In der Umarmung erwürgt

Als Günter Schabowski am 9. November 1989 "versehentlich" die "neue Grenzregelung der DDR" bekanntgab, dürften nur wenige geahnt haben, daß damit auch die Ergebnisse des Helsinki-Prozesses beerdigt würden.

Die Konferenz von Helsinki (KSZE) und die dort verabschiedete Erklärung galten bis dahin als Grundlage für die Politik der friedlichen Koexistenz von Staaten unterschiedlicher sozialer Systeme. Das symbolträchtige Foto - USA-Präsident Ford, BRD-Kanzler Schmidt und DDR-Staatsratsvorsitzender Honecker saßen nach dem französischen Alphabet als Staatschefs nebeneinander - wurde ungezählte Male veröffentlicht.

Die am KSZE-Prozeß beteiligten Mächte UdSSR und USA verfolgten mit der Helsinki-Politik konträre Interessen und Ziele.

Richard von Weizsäcker schrieb 2009 in seinen Erinnerungen: "Vor allem die Sowjetunion drängte in Richtung einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Sie erwartete eine internationale Anerkennung des von ihr erreichten und nun auch bilateral durch Bonn akzeptierten Nachkriegs-Status quo. Erst nach einer zunächst durchaus zögernden Haltung ließen sich auch die USA am Ende auf den Plan ein.

In Helsinki wurden wichtige Entscheidungen getroffen. Es kam zu einer Bestätigung der sowjetischen Weltkriegsgewinne. Vereinbart wurden ein Gewaltverzicht und ein Kooperationsabkommen. Das waren die ersten beiden Konferenzergebnisse, die sogenannten Körbe.

Ein dritter Korb aber handelte von Bürger- und Menschenrechten. Da ging es um Meinungsfreiheit, Informationsaustausch und Reiseerleichterungen. Das hatte sich Moskau so nicht vorgestellt. Diese Verabredungen hatten die Gestalt von Absichtserklärungen. Einklagbar waren sie nicht. Dennoch bildeten sie die Grundlage für die nun entstehenden Freiheitsbewegungen von Bürgern im Warschauer-Pakt-Bereich. Hier wuchsen die Kräfte heran, von der Solidarnosc-Bewegung in Polen über die Charta 77 in Prag bis zu den ersten Dissidentengruppen in der DDR.

Die Summe dieser Vereinbarungen und ihre immer weiter wachsenden Folgen machten die Helsinki-Konferenz zu einem wahren historischen Wendepunkt."

Aus den Überlegungen Weizsäckers ergibt sich, daß es sich um zwei einander ausschließende Strategien im Umgang mit den Helsinki-Prinzipien handelte. Diese waren kein Vertrag und besaßen keinen völkerrechtlich verbindlichen Charakter. Die DDR war der Auffassung, daß nun der politische Status quo und damit ihre Existenz gesichert seien.

In der BRD entdeckten selbst die reaktionärsten Kräfte der CDU Chancen aus "Korb III". Die Helsinki-Prinzipien bargen in ihren Formulierungen viele Widersprüche. Nehmen wir nur die Grenzfrage. Im Artikel I wird über die "einvernehmliche" Grenzregelung gesagt: Die Unterzeichnerstaaten "sind der Auffassung, daß ihre Grenzen, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, durch friedliche Mittel und durch Vereinbarung verändert werden können".

Im Artikel III wird die Unverletzlichkeit der Grenzen verkündet. "Die Teilnehmerstaaten betrachten gegenseitig alle ihre Grenzen sowie die Grenzen aller Staaten in Europa als unverletzlich und werden deshalb jetzt und in Zukunft keinen Anschlag auf diese Grenzen verüben."

Wie kann die politische Landkarte von heute erklärt werden?

Wer hat die feierlich beschworenen Helsinki-Prinzipien in den Abfallkorb geworfen und warum? Ehrhart Neubert, Pfarrer, "Dissident" und Historiker, fand: "Der Status quo, wie er sich in der Nachkriegsordnung von Jalta herausgebildet hatte, garantierte zusammen mit dem moderneren Konzept der Sicherheitspartnerschaft bzw. in östlicher Lesart der 'Koalition der Vernunft' den Bestand der DDR."

In der Tat: Im "Haus Europa", das in den Helsinki-Prinzipien seine Fundamente hatte, gab es auch Wohnungen für sozialistische Staaten. Aber in eben diese wollte der Imperialismus eindringen. "Wiedervereinigung in Freiheit" bedeutete für die BRD auch unter SPD-Kanzlern stets die Beseitigung der DDR.

Allerdings war die tatsächliche Lage zu berücksichtigen. Helmut Schmidt sah sie als Kanzler 1978 so: "Unsere Deutschlandpolitik baut auf der Realität auf, daß die deutsche Einheit nicht durch einen Aufstand gegen die bestehenden Machtverhältnisse erzwungen werden kann."

Wenn kein "Aufstand" Erfolg verhieß, dann füllte "Wandel durch Annäherung" das Vakuum. Es galt, den Sozialismus "in der Umarmung zu erwürgen" - auf welchem Wege und mit welchen Mitteln, das haben inzwischen "Dissidenten" bei der Schilderung ihrer Ruhmestaten tausendfach beschrieben.

Ex-Bundespräsident von Weizsäcker listete in seinem "Weg zur Einheit", den er 2009 überblickte, oppositionelle Gruppen auf, von denen er feststellte: "Die Organisation lag bei kirchlichen Basisgruppen, deren Arbeit überdies auch innerhalb der Kirchen nicht immer unumstritten war."

Er stellte fest: "Für uns im Westen, die wir die innerdeutschen Verbindungen brauchten und suchten, blieben die Kirchen in der DDR weiterhin von unersetzlichem Wert. Denn trotz allem Druck und Einfluß, denen sie von seiten der politisch-ideologischen Staatsführung ausgesetzt waren, blieben sie die einzigen staatsfreien und zugleich auch über die ganze DDR verteilten großen Einrichtungen. Damit waren sie für uns die zuverlässigste Informationsquelle über die Entwicklung der ostdeutschen Lebensverhältnisse ..."

Widersprüchlichkeit und Doppelzüngigkeit sind unverhüllt und zynisch auch in den "Erinnerungen" Helmut Kohls zu finden: "Der KSZE-Prozeß war und blieb Herzstück der gesamteuropäischen Architektur und mußte energisch vorangetrieben werden. Die Frage nach der Bündniszugehörigkeit eines vereinten Deutschlands klammerte ich bewußt aus. Natürlich war mir klar, daß diese Frage früher oder später auf uns zukommen würde, und für mich stand fest, daß ein NATO-Austritt niemals der Preis für die Wiedervereinigung sein durfte. Aber dieses Thema in diesem Augenblick hochzuspielen wäre tödlich gewesen und hätte den Kreml möglicherweise dazu veranlaßt, die Notbremse zu ziehen."

In Kohls Augen sollte also der KSZE-Prozeß Kulisse, Nebelwand und Instrument zur Erreichung seines Ziels sein, die DDR zu beseitigen. Der Helsinki-Partner sollte Schlachtopfer werden.

Der KSZE-Prozeß, der 1975 als "historischer" Einschnitt in Richtung Frieden, Entspannung und friedliche Koexistenz in Ost und West gerühmt worden war, schleppte sich nach 1990 fort. Es gab einige Erklärungen führender Politiker der Mitgliedstaaten, darunter Abrüstungsversprechen. Diese sind inzwischen weitgehend Makulatur. Feierliche Gelöbnisse verwandelten sich in miese Tricks.

Erich Honecker landete in Moabit. Daß der einstige Partner Helmut Schmidt dagegen protestiert hätte, als sein "deutscher Bruder" inhaftiert wurde, ist nicht bekannt.

Prof. Dr. Horst Schneider

Raute

Ich bin stolz darauf, 25 Jahre die Grenzen der DDR geschützt zu haben

Reinhold Huhn war mein Genosse

In Breslau 1941 geboren, wuchs ich als Halbwaise auf. Mein Vater fiel 1945 für den deutschen Imperialismus und seinen gedungenen Psychopathen Hitler. Mein Großvater war Kommunist und hat mich dementsprechend erzogen. Dafür bin ich ihm und all jenen Antifaschisten dankbar, die schon in den Jahren 1945/46 gemeinsam mit sowjetischen Genossen den Wiederaufbau organisierten.

Alle Männer der drei Schwestern meiner Mutter waren aus dem II. Weltkrieg zwar heil zurückgekehrt, hatten daraus aber keine Lehren gezogen. Sie gingen allesamt in den Westen. Laufend wurden auch wir aufgefordert, in die dortige "Wohlstandsgesellschaft" zu übersiedeln. Mein Großvater, der bei uns wohnte, verhinderte das mit der Kraft seiner kommunistischen Argumente.

Mit der Gründung der DDR konnte die Arbeiterklasse ihre neu gewonnene politische Macht nutzen, um "der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staates, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren". So heißt es im "Kommunistischen Manifest" von Marx und Engels. Die DDR setzte diesen Gedanken in die Tat um.

Als Jugendlicher habe ich die historische Tragweite ihrer Gründung natürlich noch nicht begriffen. Doch ehrliche und aufrichtige Lehrer klärten uns in der Schule sowie bei Pionier- und FDJ-Nachmittagen über den Charakter des neuen Staates auf. Hinzu kamen Schilderungen von Genossen, die den Naziterror überlebt hatten.

Bei Verwandtenbesuchen in Tübingen und Kassel beeindruckte mich die Warenfülle der westdeutschen Kaufhäuser sehr. Schon als Kind war ich die 2 km nach Grasleben bei Helmstedt gelaufen und hatte die vielen schönen Spielsachen in den Auslagen der Geschäfte bestaunt. Andererseits gewann ich aber auch erste positive Erkenntnisse. Als Kinder durch mein Dorf Weferlingen liefen und Unterschriften gegen die atomare Aufrüstung im Westen sammelten, war ich dabei. Unter uns entstand ein regelrechtes Wettbewerbsklima.

Wir taten dies ohne jeden Zwang und voller Begeisterung. Hubertus Knabe, Marianne Birthler und andere Gestalten aus dem politischen Abseits werden sicher herausfinden, daß wir damals unter Strafandrohung zur Teilnahme an dieser Aktion gezwungen worden sind ­...

In der Jugend war ich dann etwas flatterhaft, was dazu führte, daß ich die Oberschule bereits nach der 10. Klasse verließ, obwohl mein Klassenlehrer mich inständig bat, doch bis zum Abitur zu bleiben. Ich sah nur mein Lehrlingsentgelt, nicht aber die mir gebotene Chance des Studiums. Eines wußte ich jedoch unbedingt: Jeder Jugendliche besaß in der DDR einen Rechtsanspruch auf Ausbildung. Heute haben Heranwachsende in der BRD das Recht, "ihre Stelle frei zu wählen". Was eine solche Freiheit wert ist, wissen alle, die bei der Lehrstellenvergabe leer ausgegangen sind. Als ehemaliger Berufsschullehrer habe ich die Flickschusterei der sogenannten staatlich geförderten Ausbildung, der sinnlosen Berufsvorbereitungsbeschulung und vieler anderer Unsinnigkeiten bis 2006 persönlich erlebt. Von meiner Herunterstufung wegen Systemnähe und sich daraus ergebender "mangelnder Qualifikation", der Androhung von Rückzahlungsforderungen und entwürdigenden Anhörungen durch den Personalchef aus dem Westen ganz zu schweigen. Nach einer 25jährigen Dienstzeit bei den bewaffneten Organen der DDR hatte ich 1984 ein postgraduales viersemestriges Berufsschullehrerstudium an der TU Dresden abgeschlossen.

Doch noch einige Worte zu meinem Dienst bei der VP und den Grenztruppen, den ich 1959 an der Sektorengrenze zu Westberlin antrat. Ich habe dort Tag für Tag erlebt, wie man mein Vaterland in großem Stil ausbluten lassen wollte. Beim Postendienst sah ich ständig, wie man das organisierte. Etwa um 6 Uhr früh begann der Strom der Arbeiter nach Westberlin, gegen 16 Uhr setzte der Rückfluß ein. Viele Bürger der DDR-Hauptstadt und des Umlands hatten sich im Westen verdingt, nahmen aber bei uns alle sozialen Vorteile in Anspruch. Mit dem massenhaften Umtausch von DM-West in DDR-Mark zum Schwindelkurs untergruben sie systematisch unsere Währung. Die Mauer setzte diesem Treiben ein Ende.

Zusammen mit meinen Genossen war ich immer wieder Zielscheibe wüstester Beschimpfungen. Wir wurden als "Ulbricht-Knechte", "Mauerjäger", "Kommunistenschweine" und "Mörder" verunglimpft. In einem Fall hatte mich ein betrunkener Westberliner so sehr provoziert, daß ich ohne Genehmigung meines Leutnants eine Nebelkerze auf ihn warf. Das blieb nicht ohne Konsequenzen. Haarscharf schrammte ich am Arrest vorbei. Unschöne Erinnerungen verbinde ich auch mit bestimmten Kleintransportern auf der anderen Spreeseite. Sie fuhren mit starken Lautsprechern auf und attackierten uns in der oben geschilderten Weise. Nach den Hetztiraden wurden wir bei anderer Gelegenheit dann wieder als "Opfer" bemitleidet, als jung und verführbar bezeichnet und zum "Sprung in die Freiheit" aufgefordert. Einige knickten ein und verrieten die Sache. Ideologische Hilfe gaben uns ältere Genossen, die im Rahmen eines Parteiaufgebots aus Volkspolizei-Kreisämtern an die Grenze entsandt worden waren. Sie verhielten sich reifer und gesetzter, taten mit uns gemeinsam Dienst und wirkten klassenmäßig auf uns ein.

Der Mord an einem Genossen aus meinem Regiment ist mir in furchtbarer Erinnerung: Reinhold Huhn war in der 1., ich in der 7. Kompanie. Wir haben uns persönlich gekannt.

Später ehrte ich ihn durch ein Bild in meinem Klassenzimmer der Berufsschule. Daneben hängte ich ein Foto von Peter Göring, der ebenfalls erschossen wurde. Leider fielen beide Aufnahmen der Konterrevolution zum Opfer. Zu den Bilderstürmern gehörten auch diplomierte Fachidioten, darunter einige "Genossen"-Karrieristen, denen der Arbeiter-und-Bauern-Staat zu hoher Bildung verholfen hatte. Beim Schlagabtausch im Lehrerzimmer konnte man dann hören: "Schau Dir doch mal die verlogene Einleitung in Deiner Diplomarbeit an und vergleiche sie mit Deinem heutigen Verhalten!"

Als ich im Sommer 2009 in Berlin unter dem Brandenburger Tor entlangging, erblickte ich die Kreuze für erschossene Grenzverletzer. Ich frage mich immer wieder: Wann wird es endlich Kreuze für Reinhold Huhn, Peter Göring und andere im Klassenkampf gefallene Grenzer geben?

Klaus Nischang, Haldensleben

Raute

RF-Extra

Licht am Ende des Tunnels - eine Fata Morgana

Brandstifter als Feuerwehrleute

Im September 2008 und danach wurde mehr und mehr Realität, was Politiker und versierte Ökonomen linker Parteien und Bewegungen schon seit langem vorausgesagt hatten: Eine umfassende Krise des kapitalistischen Weltsystems brach aus. Hinzu kamen andere Erschütterungen des Reproduktionsprozesses. Kommunisten und Sozialisten verwiesen auf die Jagd nach immer mehr Profit ohne jegliche Deckung durch die materielle Produktion als Wurzel des alle bisherigen Dimensionen sprengenden Übels.

Wer von uns angesichts dieser Entwicklung einen raschen und stürmischen Aufschwung des Widerstandes gegen die bestehende Gesellschaftsordnung, einen Aufbruch der arbeitenden Klassen für ihre eigenen Interessen erwartet hatte, ging indes fehl. Zwar sind die Erfolge der PDL bei den Bundes- und Landtagswahlen keineswegs geringzuschätzen, aber mit dem Blick auf eine umfassende soziale Alternative reichen solche Ergebnisse nicht aus.

Wie aber kommen wir zu wirklich tiefgreifendem antikapitalistischem Widerstand? Dazu wäre eine schrittweise Brechung des Meinungsmonopols der bürgerlichen Desinformationsmedien, vor allem ihrer antikommunistisch-antisozialistischen Speerspitze gegen die linken und gewerkschaftlichen Kräfte eine der Voraussetzungen. Von Aktionseinheit der Gegner des Kapitalismus kann in Deutschland vorerst keine Rede sein. Das dürfte auf längere Frist noch so bleiben. Im politischen Alltag zeigt sich eine schmerzliche Zersplitterung jener Kräfte, welche dem Kapital Paroli bieten müßten. Dabei weiß doch jeder in diesem Spektrum aus der Geschichte Deutschlands, zu welchen fatalen Folgen die Spaltung der Arbeiterbewegung und der Linkskräfte geführt hat.

Demgegenüber beobachtet man national wie international - und zwar trotz erbitterter Konkurrenz - ein Zusammenwirken von Finanzindustrie, weltweit operierenden Konzernen, Monopolen und deren Dienstleistern in den Regierungen kapitalistischer Länder. Die Europäische Union ist eine Fronde selbsternannter "Eliten" der besitzenden Klassen. Selbst aus der gegenwärtigen Systemkrise schlagen deren Verursacher noch Maximalprofite zu Lasten heutiger und künftiger Steuerzahler heraus. Die Brandstifter haben sich über Nacht in Feuerwehrleute verwandelt.

Natürlich bedeutet Aktionseinheit auf der Linken keineswegs, faule Kompromisse mit Reformisten auf der einen oder sektiererischen Revoluzzern auf der anderen Seite einzugehen oder eine künstliche Nivellierung von Ansprüchen zu erreichen. Doch Zusammengehen und gemeinsame Projekte, Publikationen, Veranstaltungen, Kongresse und Basis-Informationen sind durchaus förderlich. Man denke nur an die jährlichen Demonstrationen sehr unterschiedlicher linker Kräfte zu den Gräbern von Karl und Rosa. Dabei ist eine Bilanz von Berührungspunkten durchaus angebracht, um eingefahrene Gleise zu verlassen und ungute Positionen gegen bessere zu vertauschen. Darüber hinaus sollten massive Angriffe des Gegners auf die marxistische Weltanschauung und deren Träger durch alle Linken solidarisch zurückgewiesen werden. Taktische Anpassungsversuche an die derzeit Herrschenden liegen allein in deren Interesse.

Enorm vertieft sich in der Welt des Kapitals die Kluft zwischen arm und reich, zwischen hochindustrialisierten Staaten und Entwicklungsländern. Dabei führt besonders die deutsche Finanz- und Wirtschaftsoligarchie einen rabiaten Klassenkampf von oben. Ihr ist es gelungen, die Arbeiterklasse in ihren Beschäftigungs- und Entgeltformen weiter zu zersplittern und dadurch deren Handlungsfähigkeit noch mehr einzuschränken. In den meisten Betrieben stehen an der Seite von Beschäftigten mit befristeten - und weitaus seltener - unbefristeten Arbeitsverträgen Leiharbeiter ohne jeglichen Kündigungsschutz mit untertariflichen Löhnen, Praktikanten mit unredlichen Zukunftsvertröstungen bei äußerst niedriger Vergütung und eine wachsende Zahl von Minijobbern. Die Scheinselbständigkeit mit magerem Einkommen liegt ebenso im Trend wie die weitere Aufweichung des Kündigungsschutzes.

Aus dieser Sicht ist das Ringen um flächendeckende Mindestlöhne ein wichtiger Kampfabschnitt. Ihre Einführung muß als entscheidende Voraussetzung gelten, um das Ergebnisniveau von gewerkschaftlichen Tarifverhandlungen zu heben. Wenn mittlerweile in 21 von 27 EU-Ländern der gesetzliche Mindestlohn von 8,40 Euro Realität ist, so wird auch damit die besonders brutale Ausbeutung in der BRD offenkundig.

Es ist von einem ununterbrochenen Generalangriff der ökonomisch Mächtigen auf das Lebensniveau der Arbeitenden zu sprechen. Um jedoch eine wirksame Gegenwehr in der BRD zu unterbinden, wurde der Generalstreik als Waffe der Werktätigen durch das Grundgesetz explizit ausgeschlossen.

Es ist nur schwer zu begreifen, daß selbst in dieser zugespitzten Systemkrise gewisse Erfolge des Kapitals und seiner Regierung bei der Herbeiführung eines ihnen dienenden "Wir"-Gefühls unverkennbar sind. Doch die reale Existenz einer Diktatur der Finanzoligarchie bei gleichzeitigem Bestehen einer angeblich repräsentativen bürgerlichen Demokratie war selten so anschaulich zu erleben wie in der Nacht des Ausbruchs der Finanzkrise: Buchstäblich im Nu konnten von der Merkel-Regierung Milliardensummen aus Steuergeldern lockergemacht und den bankrotten Banken in den Rachen geworfen werden. Für systemtragende Geldhäuser flossen plötzlich Milch und Honig. Aber für eine entschiedene Armutsbekämpfung fehlt es angeblich am Allernötigsten. Nirgends wurden die überführten Krisenverursacher wegen erwiesener Veruntreuung gesellschaftlichen Reichtums und krimineller Spekulation verurteilt und aus Gründen sozialer Hygiene in Haftung genommen. Ganz im Gegenteil! Nach wie vor erfolgen Bonuszahlungen. Faule Kredite werden wie bisher allzuoft verschleiert. Es gibt keinen TÜV für Finanzprodukte. Schwülstige und nebulöse Parlamentsdebatten sollen Aktivitäten vortäuschen. Wer nach der Wahl der schwarz-gelben Rechtsregierung die Zeche zu bezahlen hat, ist unterdessen offenkundig.

Deshalb lautet unser demokratisches Credo: Die Arbeitenden müssen jährlich abrechenbar und in zunehmendem Maße an der wachsenden Produktivität ihres Tuns beteiligt werden, sonst entbehrt jegliches Wachstumsstreben der Stabilität. In einem längeren Zeitraum sind in der BRD die Reallöhne jedoch gesunken, während die Profite bei abnehmenden Lohnkosten massiv weiter ansteigen. Eine Posse aus dem ideologischen Tollhaus der Marktradikalen ist in diesem Zusammenhang die bereits überall eingeführte Aufstockung von Hungerlöhnen, damit deren Bezieher wenigstens ihr Dasein auf Hartz-IV-Niveau bestreiten können. Unternehmer, die davon keinen Gebrauch machen, werden als nostalgische Vertreter der christlichen Soziallehre diffamiert. Andererseits wird diese Aufstockungspraxis von einigen Sprechern des Kapitals als konkurrenzschädigend angegriffen.

Die Ausdehnung der Mitsprache und Mitbeteiligung der Arbeitenden bei der Produktion und Verteilung der Erträge sind Eckpfeiler einer funktionierenden Wirtschaftsdemokratie. Die Praxis der BRD demonstriert indes immer wieder: Weder Appelle an die "Moral" von Profiteuren noch substanzarme Scheinkontrollen werden an der antidemokratischen Verfaßtheit des kapitalistischen Systems etwas ändern. Nur eine tatsächliche Demokratisierung ist gesellschaftlicher Fortschritt, zugleich aber auch Vorbote tiefergehender demokratischer Umbrüche. Um die Mehrheit des Volkes für eine objektiv überfällige sozialistische Alternative zu gewinnen, wäre eine konstruktive Diskussion aller linksgerichteten Parteien und Bewegungen über ein Sozialismusbild als gesellschaftliche Perspektive sicher von großem Nutzen.

Besonders in der BRD wird in berüchtigter antikommunistischer Tradition alles dafür getan, auch nur den Gedanken an eine sozialistische Ordnung zu diskreditieren. Sie wird als unmenschliche Horrorvision dargestellt. Fern von jeder sozialökonomischen Realität bezeichnet man sogar die jüngst erfolgte Verstaatlichung von Banken durch den kapitalistischen Staat als "sozialistischen Übergriff".

Außerdem ist in Betracht zu ziehen, daß die seit nunmehr 20 Jahren anhaltende Verteufelung der DDR bei weitem nicht so gefruchtet hat, wie das strategisch angedacht war. Immer mehr selbstbewußte Bürger im Osten lassen sich von westlichen "Zeitzeugen" nicht vorschreiben, wie sie angeblich in der DDR gelebt haben sollen. Eines steht fest: Der sozialistische deutsche Staat war bedeutend mehr als ein Versuch. Er schuf gesellschaftliche Tatsachen, wobei die Bevölkerung keineswegs den Status von passiven Beobachtern eines "Tests" besaß.

Jene, welche die DDR als die bisher größte Errungenschaft in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bezeichnen, sind zugleich die schärfsten Kritiker eigener Unzulänglichkeiten, fehlerhafter Führungsentscheidungen und unverzeihlicher Versäumnisse, ohne deren gründliche Analyse man die Komplexität aller Ursachen unserer Niederlage nicht erfassen kann. Auf diesem Weg ist noch viel zu tun. Indes steht eines schon fest: Nicht unsere marxistische Weltanschauung war die Ursache eigener Fehler, sondern ihre unzureichende, oftmals undialektische und voluntaristische Anwendung. - Im Köcher der Ideologen und Medienmacher des Imperialismus fehlt es nicht an vergifteten Pfeilen. Zu solchen Geschossen gehört die berüchtigte Doktrin von den zwei deutschen Diktaturen, also die gewollte Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus sowie der Rückgriff auf die von Hitler geprägte demagogische Wortschöpfung Nationalsozialismus.

Stets wird auch so getan, als sei der Aufbau der neuen Gesellschaft in der DDR bereits vollendet gewesen. Dabei befanden wir uns trotz gewisser realitätsferner Prognosen und des Wunschdenkens führender Genossen noch immer auf dem langen Weg zu einer entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Von Kommunismus konnte in diesem Stadium keine Rede sein. Weder der Entwicklungsstand der Produktivkräfte noch die Verankerung sozialistischer Produktionsverhältnisse im Denken und Handeln der Menschen hatten bereits das notwendige Niveau erreicht. Zudem mußten wir beispielsweise aus Gründen der Landesverteidigung zu Maßnahmen greifen, die den Lebensstandard erheblich beeinträchtigten, aber nicht sozialistischer Motivation, sondern der Systemauseinandersetzung geschuldet waren.

Auch mit dem "Unrechtsstaat DDR" ist das gerade aus der Sicht des Ökonomen so eine Sache. War es etwa Unrecht, das Leistungsprinzip bei der Produktion und Verteilung zunehmend anzuwenden und individuelle Fähigkeiten kollektiv zu nutzen? Noch heute schwärmen Bauern aus den LPGs der DDR vom gerechten Leistungsdreiklang, der aus Entgelt der Arbeitseinheiten, Jahresendvergütung und Erträgen aus der persönlichen Hauswirtschaft bestand.

Ständig werden vom Klassenfeind in bezug auf die DDR Diffamierungsbegriffe wie Unfreiheit, Zwang, Willkür, staatliche Bevormundung u. a. verwendet. Die Zustände in der BRD gibt man demgegenüber als "freiheitlich-demokratische Grundordnung" aus. In jedem gesellschaftlichen Bereich läßt sich diese irreführende Charakterisierung durch Systemvergleiche mühelos ad absurdum führen.

Nehmen wir die Volksbildung. Bereits am Vorabend der Gründung der DDR wurden Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten geschaffen, um jahrzehntelanges Bildungsunrecht zu beseitigen. Ich selbst bin Absolvent einer solchen ABF. Studiengebühren waren in der DDR ein Fremdwort. Weder das Einkommen der Eltern noch die soziale Herkunft errichteten unserer Jugend irgendwelche Schranken. Wer von freiheitlich-demokratischer Grundordnung spricht und zugleich den Wissenserwerb des Volkes in erbärmlicher Weise deformiert, hat weder Freiheit noch Demokratie gepachtet!

Die Konturen des künftigen Sozialismus als Handlungskompaß herauszuarbeiten, ist sicherlich ein Gemeinschaftsprojekt aller linken Parteien und Bewegungen. Dabei steht er noch keineswegs auf der Tagesordnung. Zunächst geht es um die Verbesserung der Lebenslage der arbeitenden Klassen und Schichten. Dabei sollte man sich von der Illusion freimachen, es gäbe einen "Kapitalismus mit menschlichem Gesicht".

Eines sollte man wissen: Die Theorie beginnt nicht bei Null. Entsprechend der Methodologie von Marx und Engels und ihrer Einschätzung der Pariser Kommune sowie der Oktoberrevolution durch Lenin gehören Siege und Niederlagen gleichermaßen zum kollektiven Erfahrungsschatz. Vor allem aber auch die Lehren aus dem Aufbau des ersten sozialistischen Weltsystems sollten bei weiterführenden Überlegungen Berücksichtigung finden. Natürlich vermittelt nicht zuletzt die Entwicklung in China, Kuba und Lateinamerika wertvolle Impulse für die Zukunftsgestaltung.

Die Herolde des kapitalistischen Systems werfen sich in die Brust und wollen den Anschein erwecken, sie sähen bereits das Licht am Ende ihres Krisentunnels. Sind die bereits aufblinkenden Signale nicht eher die eines auf sie zukommenden Gegenzuges? Wie auch immer: Am Ausgang des Tunnels erwarten das Kapital und seine Politiker die herannahende Endlichkeit gewohnter Rohstoffe, eine Klimakrise ungeahnten Ausmaßes und an Schärfe zunehmende Konflikte in aller Welt. Heftige Sturmzeichen deuten sich an. Zu ihnen gehört der sukzessive Verfall der bürgerlichen Demokratie und die immer offenere faschistische Bedrohung. Ein Grund mehr für junge Leute, die Augen offenzuhalten.

Prof. Dr. Harry Milke

Raute

Wer beim Rückblick auf 40 Jahre Sozialismus einen Eimer braucht ...

Ekel vor Delikatessen?

Die Verfaßtheit des ehemaligen Innenministers von Brandenburg, Jörg Schönbohm (CDU) macht einem wirklich Sorgen. Allen Ernstes behauptet der, in den "neuen Bundesländern" gebe es "eine verbreitete Stillosigkeit - im Umgang wie bei der Kleidung". Aufgrund der "Entchristlichung" in der DDR fehle vielen Menschen außerdem "ein geistlicher Halt". Ein Politiker bemerkte treffend, dieser Mann könne seinen "Ekel vor Ostdeutschen nicht mehr verbergen".

Der arme Schönbohm! Wie muß er sich während seiner Amtszeit nur gequält haben! Lauter Ossis um sich herum. Es dürfte wohl ein starkes Gegengift in ihm gewesen sein, so etwas überhaupt auszuhalten. Offenbar steckt ein Virus in ihm, der nicht totzukriegen ist. Schönbohm fühlt sich speiübel. Also her mit einem Eimer ...

Wenn man die Berichte der Medien des Kapitals und die Reden der meisten Politiker unter die Lupe nimmt, weiß man, wie hundsmiserabel den heute Machtbeflissenen zumute sein muß. Sie deckeln alles ab, was einmal der andere Teil Deutschlands gewesen ist. Deshalb lassen sie auch nach 20 Jahren kein gutes Haar an der DDR. Dabei haben ihre Auftraggeber aus den oberen Rängen des Kapitals an der Vereinnahmung Ostdeutschlands glänzend profitiert. Sämtliches Volkseigentum fiel ihnen in die Hände, mit der Annexion der DDR eroberten sie neue Absatzmärkte.

"Vom Volkseigentum profitierten zu 85 Prozent Westdeutsche, zu zehn Prozent internationale Konzerne und nur zu fünf Prozent DDR-Bürger. Das Eigentum der DDR wurde durch die Treuhand verschleudert. Das alles nenne ich nicht Revolution. Es ist die Restauration des Kapitalismus, die im Herbst 1989 keine Forderung des Volkes war", konstatierte Egon Krenz in einem Gespräch mit der "jungen Welt" am 10. September 2009.

Harry Nick stellte dazu zwei Monate später im ND fest: "In den vom Zeitgeist so sehr bemühten Wende-Erinnerungen hätte auch an das Schicksal der ostdeutschen Industrie erinnert werden müssen. Deren Absturz in den Jahren 1990/92 ist schließlich der spektakulärste Vorgang in der Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit: Mitten in Europa und mitten im Frieden wurden über zwei Drittel des Industriepotentials brachgelegt. Das hatte es selbst im Gefolge der Weltkriege nicht gegeben."

Die Inbesitznahme Ostdeutschlands nach dem Ende der DDR - das massenhafte Verschlingen von Delikatessen - kann doch bei Schönbohm und seinesgleichen keinen Ekel erregt haben. Oder?

Es muß da etwas geben, was Haßprediger seines Schlages nicht vereinnahmen konnten. Das ist offenbar der ehrliche Blick vieler früherer DDR-Bürger zurück, die sich nicht mit Halbwahrheiten und Lügen abfinden, sondern den Entstehungsprozeß ihres Landes als einzigartige Alternative zum deutschen Kapitalismus betrachten. Kann es nicht sein, daß bei den Berichten der Älteren, also der Zeitzeugen, Wertvolles zu Tage gefördert wird, das man heute nicht mehr wahrhaben will und das auch kaum noch zu finden ist? Kann es da nicht passieren, daß wachsende Unzufriedenheit mit Bestehendem aufkommt? Könnte da nicht irgendwann ein Dakapo am Himmel aufleuchten? Ein Wiederaufleben humanistischer Gesellschaftsideen?

Herbert Willner zieht in dem Buch "Kundschafter im Westen" (edition ost) folgendes Fazit: "Selbst die Erinnerung muß so gründlich wie möglich getilgt werden. Es gilt, die Menschen zu entsozialisieren, zu entsolidarisieren und zu entpolitisieren, um sie beherrschen und jegliche gesellschaftsverändernden Aktivitäten ausbremsen oder verhindern zu können."

Die Furcht davor wäre immerhin denkbar, jagt doch ein in die Geschichte eingegangenes Gespenst seit der Mitte der 19. Jahrhunderts den Geldmachtbeflissenen Angst und Schrecken ein. Und nun revanchieren sie sich: Nie wieder Sozialismus! Dessen Niederlage sei auch das Ende der Geschichte, behaupten sie.

Aber kann eine Idee so leicht untergehen? Sind denn auch die Ursachen für ihr Entstehen zu Grabe getragen worden? Wer zählt die Vernunftbegabten, die dem widersprechen? Einer von vielen ist der Regisseur Wolfgang Kohlhaase. Er sagte in einem ND-Interview: "Das damals prognostizierte Ende der Geschichte ist ja nicht eingetreten, die Geschichte geht weiter, ein großes unbekanntes Abenteuer. Und der östliche Gesellschaftsversuch ist ja nicht gescheitert, weil sich die Gründe für den sozialistischen Weltverbesserungsentwurf aus dem 19. Jahrhundert erledigt haben. Die Gründe sind noch da."

Eine britische Studie, die sich auf Befragungen in 27 europäischen Ländern stützen konnte, ergab, daß sich 87 Prozent der Beteiligten eine humanere Gesellschaftsordnung vorstellen können.

Geradeheraus: Alte "Ossis" haben manches in petto, was einfach unbezahlbar ist. Mir gefiel diese Feststellung von Generalmajor a. D. Heinz-Joachim Calvelage im Dezember-RF. Man kann sogar von einem Reichtum der inneren Werte sprechen, der Menschlichkeit, der Draufsicht auf ein Leben in Frieden und gegenseitiger Achtung, auf die angestrebte - aber nicht immer praktizierte - Würde jedes einzelnen. So waren unsere Anfangsbemühungen ...

Ist das an die Nachfolgenden zu vererben? So einfach liegen die Dinge leider nicht. Inge von Wangenheim schrieb 1981 in der "neuen deutschen literatur", daß die Kinder der ersten Generation, die die DDR aufgebaut hat, damals bereits die Früchte dieses Sieges genießen konnten, "ohne sich über sein Zustandekommen noch viel Gedanken zu machen. Warum sollten sie auch? Ständige Verbeugungen vor Eltern und Großeltern beschränken den Blick für die Weite des eigenen Horizonts." Wie aber kann man eine Hoffnung, eine Idee, eine Fackel weiterreichen? Wenigstens aber Antennen, sprich Neugier, für das erzeugen, was da politisch gespielt wird. Wer will davon überhaupt noch etwas wissen?

Ich zitiere noch einmal Egon Krenz; dem wir es vor allem zu verdanken haben, daß 1989 kein Schuß gefallen ist. "In der Erinnerung vieler wird bleiben, was Menschen heutzutage so schmerzlich vermissen: eine solidarische Gemeinschaft, in der der Mensch des Menschen Freund und nicht sein Wolf ist, in der nicht das Geld diktiert und soziale Angst über den Tag hinaus regiert, in der es Arbeit für alle gibt und gleiche Bildungschancen unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Ohne Arbeit kann es keine wirkliche Freiheit geben. DDR-Bürger kannten ein hohes Maß an sozialer Gerechtigkeit. Es gab gleichen Lohn für gleiche Arbeit, die Gleichberechtigung der Geschlechter und der Generationen war selbstverständlich. Solange die DDR bestand, kamen keine deutschen Soldaten aus Kriegsgebieten in Särgen nach Deutschland."

Wer soll den Enkeln und Urenkeln Rede und Antwort stehen, falls Fragen nach dem Bewahrenswerten aus der DDR irgendwann einmal gestellt werden? Harry Nick verwies auf "ein Land, in dem Minister und Generaldirektoren großer Kombinate höchstens das vierfache und nicht wie manche Konzernbosse im heutigen Deutschland das vielhundertfache Einkommen des Durchschnittsverdieners erhalten.

Wie lebt es sich in einem Land ohne Bildungsprivilegien? Wie lebt es sich, wenn Gesundheitsleistungen kostenlos sind? Wie lebt es sich ohne organisierte Kriminalität und Drogenkriminalität in einem Land, in welchem die Kriminalitätsrate nur ein Sechstel im Vergleich zum benachbarten kapitalistischen Staat beträgt? Gab es in der DDR nicht in der Tat mehr menschliche Wärme ..., mehr Hilfsbereitschaft, mehr Kinderfreundlichkeit?"

Ja, Herr Schönbohm, die Ekel-Ossis!

Wohl niemand macht sich da etwas vor: Sowohl die vererbungswürdigen Schätze an DDR-Erfahrung als auch die subjektiv-dummen, unverzeihlichen sowie teilweise größeren Zusammenhängen geschuldeten Fehler - sie sind unter einem Dach großgeworden. Widersprüche, die zu ernsten Konflikten zwischen oben und unten führten. Was einst als sozialistische Persönlichkeit aus der Taufe gehoben werden sollte, verkam mitunter zum Spießbürger. Was sollte man denn davon halten, daß in den letzten Jahren vor 1989 kaum noch heikle Fragen gestellt werden durften? Weder in den Schulen noch in den Betrieben. Gespräche zu politischen Widersprüchen nur hinter der vorgehaltenen Hand? Das ist unwürdig. So erzieht man nur Jasager und keine reifen, kritikfähigen Mitstreiter in einer Gesellschaft, die ja etwas ganz Neues in der deutschen Geschichte darstellen sollte. Das und vieles andere mehr konnte nicht gutgehen.

Und es ging nicht gut. Mit Recht platzte etlichen Bürgern irgendwann der Kragen. Das kann man ihnen nicht verübeln. Wer zweifelt daran, daß die meisten von ihnen eine im Sinne des Sozialismus reformierte DDR wollten? Ob das 1989 allerdings noch möglich gewesen wäre, sei dahingestellt. Der Zusammenbruch der DDR und aller sozialistischen Staaten Europas trieb die Unzufriedenen jedoch nicht in das erhoffte Paradies, sondern in die gesellschaftliche Sackgasse.

Was dem "Ossi" nach der "Maueröffnung" übergestülpt, ja zugemutet wurde, war mehr als nur eine Deformation der Persönlichkeit. Er fand sich plötzlich im Konsumrausch, was natürlich Fröhlichkeit einschließt, sah sich aber zugleich, ob er es sofort bemerkte oder nicht, in einem Labyrinth aus neuen, ungekannten Ängsten.

Jetzt herrschte auf einmal der Zwang, nach "außen" leben zu müssen, sich zu präsentieren, sich zum höchstmöglichen Preis zu verkaufen! Eine die Gesellschaft entfremdende Genügsamkeit zog ein: Meine Arbeit, mein Haus, mein Garten, mein Mann, mein Glück hieß es nun. Maßlose Gier und Verschwendungssucht der Geldleute gaben den Ton an. Ein solcher Lebensstil kann nicht zukunftsträchtig sein, erst recht können es nicht die Kriege sein, die im Interesse weltweit operierender Profitjäger geführt werden.

Mir gefiel, was Counter-Tenor Jochen Kowalski hierzu am 14. November 2009 dem ND erklärte: "Für nichts ist mehr Ruhe, Zeit und die nötige Freiheit von Druck da. Man hat Angst, nicht mehr besetzt, gar entlassen zu werden, die Menschen sind in einem erbärmlichen Maße damit beschäftigt, sich wichtig und unentbehrlich zu machen. Das ist doch irre: Alle fühlen sich frei, und jeder geht zum Psychiater."

Was will denn eigentlich der normale Bürger? Man denke an die Geschichte von Leo Tolstoi "Wieviel Erde braucht der Mensch?" Darin geht es um die Gier eines Bauern, mehr Land haben zu wollen, als er bearbeiten kann. Damit richtet er sich zugrunde. Heute sind die Läden zwar voll mit allem, was das Herz begehrt, aber das, was den Menschen erst zum Menschen reifen läßt und seine Würde unterstreicht, ist die Arbeit. Und eine bezahlbare Wohnung, kostenlose ärztliche Betreuung. Und Liebe. Und das in einem Gesellschaftssystem, welches dies alles durch eine andere Verteilung des Reichtums als Rahmenbedingung garantiert.

Zur Zeit der Jubelfeiern über das "Jubiläum des Mauerfalls" im November 2009, als auch der letzte Ruf nach einer Debatte über grundsätzliche gesellschaftliche Alternativen erstickt werden sollte, versammelten sich Historiker, Politologen, Schriftsteller und Informatiker an der FU Berlin zu einer Podiumsdiskussion. Sie debattierten über den Sozialismus, über "die Aktualität einer Utopie", wie einige meinten. "Wir wollen darüber reden", stellten sie fest, "wie eine Gesellschaft aussehen könnte, in der nicht Profit und Markt, sondern gesellschaftliche Bedürfnisse die Produktion bestimmen, in der die Verteilung von Arbeit und Ressourcen demokratisch geplant wird. Eine Gesellschaft ohne selbstproduzierte Sachzwänge, die willens und fähig ist, der ökologischen Katastrophe zu entgehen. Eine historische Analyse des sogenannten real existierenden Sozialismus ist dabei unverzichtbar."

Sicher, Liebe, verbunden mit andauernder herzlicher Kameradschaft, verändert nicht die Welt - aber sie gibt Halt und Kraft, im Leben zu bestehen und manchmal mehr zu tun, als verlangt wird. Dann erst wächst einer über sich selbst hinaus. Nicht die Funktion, der Besitz materieller Dinge, das Getue - dieses ganze Blendwerk der Macht und Ehrgeizgierigkeit - nicht das ist es, was die Reife eines Menschen zeigt, seine Seele aufdeckt, ihn zum Menschen macht. In ihrem eindrucksvollen Buch "Meine ersten drei Leben" zeichnet Ingeborg Rapoport ein sehr schönes Bild: "Aber ist nicht jeder besonders, und leuchtet nicht jeder in der Berührung mit einem anderen auf, vielleicht nur für kurze Zeit - wie das Laub draußen im Garten, wenn die Sonnenstrahlen hindurchgehen? Und hat nicht jeder das Recht, mit Liebe aus der Erinnerung geholt zu werden für eine kleine flüchtige Wiederkehr ins Leben?"

Kulturgeschwätz? Hirngespinste der Alten? Wer winkt da ab? Klarsicht und Vernunft stünden den Deutschen besser zu Gesicht ... Eimer ade? Ganz stilvoll überlassen wir dieses Gerät dem General der Bundeswehr a. D.

Harry Popow, Schöneiche bei Berlin

Ende RF-Extra

Raute

DDR-Kinder sandten Angela Davis eine Million Rosen ins Gefängnis

Sieg in San Jose

Nicht wenige "RotFuchs"-Leser oder deren Kinder, vielleicht sogar Enkel werden sich erinnern: Sie hatten 1972 Postkarten mit selbstgemalten roten Rosen und den Worten "Freiheit für Angela!" in die USA geschickt. Eine Million Rosen wurden "zu Schlüsseln, die meine Zellentür öffneten", sagt Angela Davis heute.

Aufgewachsen in einer afroamerikanischen Lehrerfamilie in Birmingham (Alabama), erlebte sie schon in der Kindheit Sprengstoffanschläge des Ku Klux Klan auf Schwarze und Bürgerrechtskämpfer. Später schloß sie sich in New York einer marxistischen Jugendgruppe an. Als Studentin flog sie zu den Weltfestspielen in Helsinki. Nach ergänzenden Studien an der Pariser Sorbonne und der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, wo sie in Kontakt mit dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) kam, wurde Angela Davis in den Lehrkörper der Universität von Kalifornien, Campus Los Angeles, aufgenommen. Vor 2000 begeisterten Zuhörern hielt die junge Philosophin ihre Eröffnungsvorlesung. Bald darauf begannen erste, zunächst erfolglose, Versuche der um den damaligen Gouverneur des US-Bundesstaates, Ronald Reagan, gescharten Reaktion, sie zu diffamieren und aus dem Lehramt zu vertreiben.

Die herrschende Klasse der USA hat sich immer wieder ihrer Justiz bedient, um politisch Unliebsame und vor allem Kommunisten zu terrorisieren und zum Schweigen zu bringen. 1927 wurden die italienischen Einwanderer und anarchistischen Gewerkschaftsführer Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti wegen eines Mordes, den sie nachweislich nicht begangen hatten, hingerichtet. 1953 starben Ethel und Julius Rosenberg - zwei aufrechte Antiimperialisten - wegen angeblicher Atomspionage aufgrund der Aussagen eines meineidigen Zeugen auf dem elektrischen Stuhl. Gegen Angela Davis heckte man einen besonders infamen Plan aus. Obwohl sich ihr Prozeß unzweifelhaft gegen die KP der USA richtete, zu der sie sich mutig bekannte, wurden ihr drei Kapitalverbrechen - Mord, Menschenraub und Verschwörung - zur Last gelegt. Auf jedes stand die Todesstrafe. Konstruierte "Indizien" sollten ihre Schuld an einer versuchten Gefangenenbefreiung mit Geiselnahme, bei der vier Menschen von der Polizei erschossen worden waren, "beweisen". Angela Davis wurde auf die "Liste der zehn am meisten gesuchten Verbrecher" gesetzt. Nach ihrer Festnahme verbrachte "Amerikas prominenteste politische Gefangene" 488 Tage in Untersuchungshaft. Ihre Freilassung auf Kaution war mit diskriminierenden Auflagen verbunden.

Klaus Steiniger erlebte den am 28. Februar 1972 im kalifornischen San Jose eröffneten Prozeß als Gerichtssaalreporter des ND. Sein Buch darüber liest sich spannender als jeder Krimi. Blitzlichtartig wird das System politischer Justiz in den USA erhellt: Versuche der Auswahl "williger Geschworener", um den angestrebten Schuldspruch sicherzustellen, Zusammenspiel von Staatsanwalt und Medien bei der Vorverurteilung der Angeklagten, Unterdrückung und Fälschung von Beweisen, Einsatz gekaufter Provokateure, Bedrohung von Zeugen - all das gehörte zum Repertoire.

Schon bei der Befragung der Geschworenen-Kandidaten mischte sich Angela, die auch als Verteidigerin in eigener Sache zugelassen worden war, direkt ein. "Ihre sachliche Art, ihr ruhiger Ton, ihre geistige Disziplin und ihr bestimmtes Auftreten" brachten ihre Verfolger zur Weißglut. "Lächelnd, überlegen, ja sogar bisweilen in einen scherzhaft-ironischen Ton verfallend", wies sie diese in die Schranken.

Mit fast heiterer Gelassenheit parierte sie die Behauptung des Anklägers, es handle sich in ihrem Fall um Kriminalität, die mit "politischen Dingen" nichts zu tun habe. Ihr Vortrag am 29. März 1972 war, wie Klaus Steiniger schreibt, "eine der großen Reden, die in der Chronik politischer Prozesse des Imperialismus vom Platz angeklagter Revolutionäre aus gehalten wurden". Der in der Haft erblindete Henry Winston, damals Nationalvorsitzender der KP der USA und selbst Enkel schwarzer Sklaven aus Mississippi, sprach in San Jose davon, die inzwischen in das ZK der Partei gewählte Genossin Angela gehöre "zur Vorhut des Kampfes für die demokratischen Rechte und Traditionen aller Amerikaner und zugleich zur Avantgarde der schwarzen Befreiungsbewegung".

Eine der Stärken des Berichts von Klaus Steiniger besteht in der Fähigkeit des Autors, Menschen mit wenigen Strichen treffend skizzieren zu können. Die Schilderung der Geschworenen-Befragung steht dafür. Das Buch ist "einem beherzten Mann des anderen Amerika: Robert (Bob) Seidel aus San Jose" gewidmet. Ihm wird bescheinigt, "sich als Geschworener furchtlos für die Wahrheit eingesetzt" zu haben. In einer Imbißstube hatte der schon vor 1933 emigrierte Deutsch-Amerikaner den ND-Sonderkorrespondenten angesprochen, als er an dessen Jacke einen "Free Angela"-Button erblickte. Im Verlauf einer längeren Unterhaltung erwähnte Seidel plötzlich, daß er zu den noch nicht ausgelosten Geschworenen-Anwärtern gehöre. Er stehe aber nicht zur Verfügung und wolle den Richter aus Alters- und Krankheitsgründen um Entlastung bitten. Zugleich äußerte der pensionierte Service-Ingenieur seine Besorgnis über politische Entwicklungen in den USA, die explodierende Kriminalität und den ausufernden Rassismus. Klaus Steiniger hielt es für richtig, die Davis-Verteidigung von seiner Begegnung in Kenntnis zu setzen. Diese bemühte sich daraufhin um Seidels Aufnahme in die Jury. Am Ende gehörte er ihr an. Seidel spielte eine bedeutende Rolle im Prozeß. Er war es, der die Friedenskämpferin Mary Timothy als Vorsitzende des Geschworenen-Gremiums vorschlug, das sich am Ende nach langen Debatten einstimmig für Freispruch entschied.

Der reaktionäre preußische Historiker Heinrich von Treitschke prägte einst den Satz: "Männer machen Geschichte." Als Marxisten wissen wir indes: So ist es nicht. Historische Abläufe sind stets das Ergebnis des Handelns von Volksmassen, was keineswegs besagt, daß dieses immer dem gesellschaftlichen Fortschritt dient. Zugleich aber können einzelne Persönlichkeiten den Gang der Geschichte spürbar beeinflussen, wenn ihr Handeln den grundlegenden Interessen der von ihnen repräsentierten sozialen und politischen Kräfte entspricht. Klaus Steinigers Buch beweist, was der Zusammenklang von klugem und mutigem Handeln einer marxistisch gebildeten Revolutionärin wie Angela Davis mit einer durch sozialistische Staaten und kommunistische Parteien angeführten weltweiten Solidaritätsbewegung zu bewirken vermochte.

Eine solche Bewegung wird immer eine geschichtsbildende Kraft sein. Die Million roter Rosen auf den Postkarten der Kinder aus der DDR hat es bewiesen. Auch fast vier Jahrzehnte nach dem Geschehen in San Jose sind sie nicht verwelkt.

Dr. Ernst Heinz

Klaus Steiniger: Angela Davis - Eine Frau schreibt Geschichte - mit einem Vorwort von Angela Davis.
Verlag Neues Leben. Berlin 2010. 176 Seiten, 20 Fotos. 12,95 Euro. ISBN 978-3-355-01767-1

Raute

Ein beispielhafter Humanist: Kanadas Norman Bethune

Als Arzt an der Front

Dr. Norman Bethune ist eine der anziehendsten und bedeutendsten kanadischen Persönlichkeiten der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Dennoch brachten ihm sein Wirken, sein Denken und seine Hingabe für die Sache der Unterdrückten nur ein, in seiner Heimat systematisch verschwiegen zu werden und deshalb der Mehrheit seiner Mitmenschen unbekannt zu sein. Ich sage dies nicht aus Verwunderung, sondern um die Logik der ideologischen Apparate des bürgerlichen Staates zu unterstreichen. Die ihm zugehörigen Historiker des Establishments und des ganzen kulturell-politischen Gerüsts, das für den Bau der kanadischen Geschichte benötigt wird, hätten Bethune niemals für das hervorheben können, was er war: ein beispielhafter Humanist.

Der Held unseres Berichts wurde 1890 in Gravenhurst, einem kleinen Dorf der Provinz Ontario, geboren. Von früher Jugend an fühlte er sich dazu berufen, die Härte des Lebens der Arbeiter zu teilen. 1911 brach er sein Studium der Medizin in Toronto zeitweilig ab, um freiwillig als Lehrer in den Minen- und Forstgebieten des Nordens von Ontario zu wirken. Sein Auftrag bestand darin, den Arbeitsimmigranten und kanadischen Analphabeten Englisch beizubringen.

Bei Ausbruch des I. Weltkrieges und sicherlich mit einer guten Dosis Chauvinismus versehen, heuerte er als Krankenpfleger eines Lazaretts an der französischen Front an. Er wurde verletzt, erholte sich drei Monate in England und kehrte von dort aus nach Kanada zurück, wo er 1916 das Arztdiplom erwarb. 1917 ging Bethune zur Königlichen Marine und arbeitete als Schiffschirurg im Range eines Leutnants.

Frisch mit Frances Penny vermählt und nach einer abenteuerlichen Rundreise durch Europa, übersiedelte Bethune nach Detroit im Mittelwesten der USA, wo er als Folge seines ärztlichen Einsatzes für die Ärmsten selbst an Tuberkulose erkrankte, einem Leiden, welches die industrielle Arbeiterklasse im neuralgischen Zentrum des nordamerikanischen Kapitalismus buchstäblich auslaugte. Er rettete sein Leben durch beharrliche Selbstbehandlung mit der Pneumothorax-Methode. Wieder genesen, begab er sich ins kanadische Montreal, wo er sich an der Seite von Dr. Edward William Archibald auf Thorax-Chirurgie spezialisierte. Der engagierte Arzt entwickelte und modifizierte mehr als ein Dutzend chirurgischer Instrumente, von denen heutzutage noch die Bethune-Klammer in Gebrauch ist.

Trotz seiner beruflichen Fortschritte nahm der Mediziner die gesellschaftliche Begrenztheit seiner ärztlichen Praxis wahr. Fortan konzentrierte er seine Aufmerksamkeit auf die sozialökonomischen Aspekte von Krankheitsbildern. Während der Jahre der Großen Depression gewährte er Tausenden mittellosen Patienten eine kostenlose Versorgung. Zugleich forderte er seine Kollegen und das Gesundheits-Establishment von Montreal wie auch die kanadische Regierung heraus, indem er selbst radikale Reformen verwirklichte. Bethune war der Erste, welcher die sozialisierte Medizin vorschlug. Er gründete die "Gruppe der Gesundheitsversicherung des Volkes von Montreal".

1935 reiste Bethune in die Sowjetunion. Er trat der Kommunistischen Partei Kanadas bei. Der Beginn des Bürgerkrieges in Spanien bestärkte ihn in seinen revolutionären Überzeugungen. So nahm er die Einladung des Hilfskomitees für das demokratische Spanien an und leitete eine medizinische Einheit aus Kanadiern in Madrid. Bethune schloß sich der Internationalen Brigade Mackenzie-Papineau an, die aus kanadischen Kommunisten, Sozialisten und Anarchisten bestand.

Häufig wurde der Tod auf dem Schlachtfeld durch hohen Blutverlust verursacht. So beschloß der Arzt, Bluttransfusionen an Ort und Stelle vorzunehmen. Bethune entwickelte die erste mobile Einheit für Blutübertragungen, die Elemente zur Behandlung von 500 verschiedenen Verletzungen sowie Medizin und Ausstattung zur Durchführung zahlreicher chirurgischer Eingriffe ergänzten. Er richtete auch einen Blutspendedienst ein und sorgte für den Transport der Konserven auf das Schlachtfeld, wodurch unzählige Leben gerettet wurden. Was Bethune in Spanien mit seiner Einheit vorwegnahm, hieß später in der britischen Armee Mobile Chirurgische Einheit (MASH). Der kanadische Kommunist kehrte 1937 mit der Absicht, eine Reihe von Konferenzen über den antifaschistischen Kampf in Spanien abzuhalten, Geld für die republikanische Sache zu sammeln und Freiwillige zu gewinnen, in seine Heimat zurück.

1938 reiste Bethune nach China und schloß sich der von Mao Tse-tung geführten Roten Armee in deren Kampf gegen die kaiserlichjapanischen Invasoren an. Auch in China leistete er eine unermüdliche Arbeit zur Vervollkommnung chirurgischer Notoperationen auf dem Schlachtfeld. Er führte Training für Ärzte und anderes medizinisches Personal ein, wobei er festlegte, daß chinesische und japanische Verwundete die gleiche Behandlung erfahren sollten. Bethune starb am 12. November 1939 an den Folgen einer schweren Blutinfektion, die er sich während eines chirurgischen Eingriffs zugezogen hatte.

Internationale Anerkennung erwarb der Arzt aus Kanada, als Mao Tse-tung seinen Essay "Zur Erinnerung an Norman Bethune" veröffentlichte, worin der Führer der chinesischen Revolution die letzten Monate des Mediziners und Revolutionärs in dem fernöstlichen Land dokumentierte. "Wir alle sollten von seinem Geist absoluter Entschlossenheit lernen. Mit diesem können wir uns und den anderen helfen. Die Fertigkeit eines Menschen mag größer oder geringer sein, aber wenn er diesen Geist hat, ist er bereits ein nobler und reiner Geist, eine moralisch integre Person und steht über den vulgären Interessen, ein Mensch von großem Wert für das Volk", schrieb Mao über Norman Bethune. Er ist eine der wenigen Persönlichkeiten aus dem Westen, die in China mit Denkmälern und Statuen geehrt wurden. Bethune begrub man auf dem Friedhof der revolutionären Märtyrer in Shijiaz-huang, Provinz Hebei. Die Universität der Medizinischen Wissenschaften, die medizinische Schule, die militär-medizinische Schule, die spezial-medizinische Schule und das Internationale Friedenshospital tragen seinen Namen.

In Kanada konnte man das Wirken Bethunes angesichts der chinesischen Ehrung auf Dauer nicht totschweigen. Sein Geburtshaus in Gravenhurst wurde zu einem Museum, und in Montreal gab man einem öffentlichen Platz in der Nähe der stark frequentierten Metrostation Guy-Concordia seinen Namen. Dort steht auch eine ihm zu Ehren errichtete Statue. In Spanien weihte die Stadt Málaga im Jahre 2006 einen "Paseo de los Canadienses" zu seinem Gedenken ein. Die parallel zum Mittelmeer verlaufende große Straße in Richtung Almería erinnert an das solidarische Handeln von Dr. Norman Bethune und seiner Mitarbeiter. Sie hatten auch der Bevölkerung Málagas während der faschistischen Bombardierung im Bürgerkrieg Hilfe erwiesen.

Am 12. November 2009 jährte sich Bethunes Todestag zum 70. Mal. Sein Beispiel, sein internationales Wirken und seine ideologische Standhaftigkeit sind unvergessen. Er lebt heute in den kubanischen Ärzte-Brigaden weiter, die im Geiste der Solidarität auf allen Kontinenten Großes vollbringen.

Erasmo Magoulas in "Rebelión"

Übersetzung: Isolda Bohler


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Dr. Bethune operiert einen verwundeten Soldaten

Raute

Die KP der Russischen Föderation zur sozialen Misere im Lande

Dem Genozid ein Ende setzen!

Anläßlich des 1. Gesamtrussischen Kongresses der Vertreter der Arbeitskollektive veröffentlichte die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF), die bei den jüngsten Regionalwahlen 19,94 % der Stimmen errang und im sibirischen Irkutsk (600.000 Einwohner) mit einem Anteil von 62 % den Bürgermeisterposten eroberte, folgende Einschätzung der sozialen Lage Rußlands:

Soziale Ungerechtigkeit
Die langjährige verderbliche ökonomische Politik der Führung des Landes hat zu einem völligen Ungleichgewicht auf sozialem Gebiet geführt. Durch eine minimale Finanzierung der Institutionen im Gesundheitswesen mußten in den letzten acht Jahren 3500 Krankenhäuser und 2500 Polikliniken geschlossen werden. Dadurch hat sich die Erkrankungshäufigkeit der Bevölkerung wesentlich erhöht. Der Sterblichkeitsrate nach befindet sich Rußland heute bereits an 22. Stelle in der Welt, nach der Lebensdauer belegt es den 157. Platz. Viele Medikamente sind heute für die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr bezahlbar, die Korruption drang sogar bis in den Bereich der qualifizierten ärztlichen Betreuung vor.

Rußland stirbt aus
Nach 1991 erlebte Rußland einen drastischen Bevölkerungsrückgang um etwa 15 Millionen Menschen. Zudem kommen infolge von Verkehrsunfällen am Tag durchschnittlich 66 Menschen ums Leben. Die jährliche Zahl der Morde beträgt 22 auf je 100.000 Einwohner. Das sind zwanzigmal mehr als in westeuropäischen Ländern. Das Risiko, jung zu sterben, besteht in Rußland für 32 Prozent der Menschen - im übrigen Europa ist es dreimal geringer. Die russische Nation bewegt sich auf eine Katastrophe zu.

Das Bildungssystem wird zerstört
Durch das neu eingeführte einheitliche Staatsexamen hat sich die Qualität des Wissens der Absolventen nicht verbessert, sondern es führte im Gegenteil zu enormer Korruption. Die Unterteilung der Hochschulabschlüsse in Bachelor und Magister verminderte das Niveau der Hochschulbildung erheblich und entzog dem Land massenhaft vollwertige Fachkräfte. Völlige Unordnung herrscht auch im Bereich der Grundschul- und mittleren Bildung. Etwa 10.000 Schulen wurden im Laufe der letzten 20 Jahre geschlossen, was dazu führte, daß 3 Millionen Kinder keine Möglichkeit mehr haben, eine Schule zu besuchen. Da die Schulen aus drei verschiedenen Quellen finanziert werden, herrscht bei den für die Volksbildung zuständigen Beamten völlige Verantwortungslosigkeit. Es gibt im Land einen katastrophalen Mangel an Kindergärten und Lehrkräften. Zu geringe Bezahlung zwang viele Lehrer dazu, sich eine andere Arbeit zu suchen.

Ein Leben unter dem Existenzminimum
Mit jedem Jahr wird es schwieriger, in Rußland zu leben. So wurde das föderale Programm zur sozialen Entwicklung der Dörfer nicht erfüllt, die finanzielle Unterstützung von Jahr zu Jahr reduziert. In den letzten fünf Jahren wuchs das Realeinkommen der Bevölkerung um kaum weniger als die Hälfte, während sich die Preise um das Zweieinhalbfache erhöhten. Die Renten liegen teilweise weit unter dem Existenzminimum, was eigentlich das elementare physische Überleben schon nicht mehr garantiert. In den letzten neun Jahren wurden die Tarife für kommunale Dienstleistungen 15 mal erhöht. Rund 40 % der russischen Bürger verbrauchen dafür mehr als ein Viertel des Familienbudgets. Jeder siebente Einwohner Rußlands wendet für die Wohnung 50 bis 75 % des Einkommens auf.

Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer
In galoppierendem Tempo vertieft sich die Spaltung der Gesellschaft: Die Reichen werden immer reicher, und die Armen ärmer.

Im Jahre 2009 eigneten sich 20 % der reichsten Menschen Rußlands 47 % der gesamten Geldeinnahmen an. während 20 % der ärmsten Bürger über nur fünf Prozent aller finanziellen Mittel verfügten. Die Einkommen der reichsten 10 Prozent übertrafen das durchschnittliche Einkommen der Ärmsten um das 16fache. Diese Disproportionen nahmen weiter zu. Besonders schlimm steht es um die Verteilung der Ergebnisse der Arbeit. Je nach Industriezweig unterscheiden sich die mittleren Gehälter um das 4- bis 5fache. Ein Top-Manager in einem Unternehmen erhält oft das Hundertfache eines Arbeiters. Während sich der durchschnittliche Monatslohn von 19.100 Rubel (etwa 470 €) im Jahre 2009 gerade mal um 4,8 % erhöhte, stiegen die Preise um 12 %. Somit verringerte sich die Lebensqualität der Bevölkerung um 7 Prozent. Infolge ausbleibender Gehaltszahlungen ist auch ein deutlicher Zuwachs bei der Verschuldung der Bevölkerung in Höhe von mehr als 5 Mrd. Rubel zu verzeichnen. Vor diesem Hintergrund verordnen sich die jeweiligen Leiter der staatlichen Banken Bonusse in Höhe von 13 Millionen bis zu 43 Millionen Rubeln.

6 Millionen Arbeitslose suchen nach einer Existenzgrundlage, weitere 4 Millionen arbeiten verkürzt oder wurden in unbezahlten Urlaub geschickt.

Im Land herrscht die Willkür
Die Bürger Rußlands fühlen sich demgegenüber machtlos. Die regionalen Haushaltsmittel für 2010 wurden im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte gekürzt, ebenso die Anzahl der Beschäftigten. Man schickte die Angestellten in unbezahlten Urlaub und kürzte den Lohn der Arbeiter gegenüber 2009 um das 2- bis 3fache. Mit einem solchen Einkommen zu existieren, ist einfach unmöglich. Die Krise wurde vom Staat auf die Bevölkerung abgewälzt. Das kriminelle Regime rettet die Bankiers, das Volk soll sich allein retten.

Die Forderungen der Arbeiter

• Der gesamtrussische Kongreß der Vertreter der Arbeitskollektive verlangt von der Führung des Landes, den Genozid des russischen Volkes unverzüglich zu beenden und die Voraussetzungen für normale Lebensverhältnisse und für die Beschäftigung eines jedes Bürgers entsprechend der Verfassung der Russischen Föderation und der Normen des internationalen Rechts zu schaffen.

• Der Kongreß fordert, die Devisenmittel ins Land zurückzuholen und sie zur Ergänzung der regionalen Haushalte, für die Erhöhung der Lebensqualität des Volkes und die Bedürfnisse der Wirtschaft einzusetzen. Er fordert die Einführung einer Mehrwertsteuer auf die Supereinkommen der russischen Oligarchie sowie die staatliche Regulierung der Entlohnung der Arbeit in der Wirtschaft. Die künstlichen Preiserhöhungen für Energie, eine Hauptquelle der Inflation, sind aufzuhalten. Es ist eine staatliche Regulierung der Verbraucherpreise, einschließlich bei Medikamenten, einzuführen. Die Kosten für kommunale Dienstleistungen sollen 10 % des privaten Haushaltseinkommens nicht übersteigen.

• Der Kongreß fordert eine Rückkehr zum staatlichen Gesundheitssystem, um es für alle Bürger bezahlbar zu machen. Die Entlohnung des medizinischen Personals ist zu verbessern.

• Das einheitliche System des Staatsexamens im Bildungswesen ist aufzuheben. Das verfassungsmäßige Recht der Bürger auf kostenlose Bildung in staatlichen Bildungseinrichtungen ist wieder einzuführen. Den Lehrern und Erziehern ist ein mittleres Gehalt zu zahlen, das nicht niedriger sein sollte als mittlere Gehälter in der Industrie.

Der Gesamtrussische Kongreß der Vertreter der Arbeitskollektive ruft die Bürger des Landes dazu auf, die Forderungen des Kongresses zu unterstützen.

Unsere Rechte sind verfassungsmäßig, unsere Forderungen sind gesetzlich!

Wer die Russische Verfassung verletzt, muß zurücktreten!

Moskau, den 30. Jan. 2010

Raute

Ein argentinischer Journalist zur Verfolgung junger Basken

Madrids Terror gegen Euskadi

Im Argentinien der finsteren Militärdiktatur war Denken ein Verbrechen. Deshalb galten wir alle von vornherein als Verdächtige. Niemand verkörperte diese paranoide Sicht eindeutiger als General Ibérico Saint Jean, der im Mai 1957 zum Massenmord aufforderte, indem er sagte: "Zuerst töten wir alle Umstürzler, dann töten wir ihre Helfer, danach ... ihre Sympathisanten, daraufhin ... jene, welche indifferent bleiben, und schließlich töten wir die Zaghaften."

Diese düstere Erinnerung kommt bei uns hoch, wenn wir die Nachricht über eine Razzia von mehr als 650 Beamten der spanischen Polizei und der Guardia Civil lesen, die mit der Festnahme von 34 als "Terroristen" angeklagten jungen Leuten aus dem Baskenland endete, welche die Häscher nach Madrid überführten. Es stellt sich heraus, daß im überschwenglich als Beispiel eines erfolgreichen Übergangs vom Faschismus zur Demokratie gefeierten Spanien der Sammelbegriff "Terroristen" auf alle angewandt werden kann, die nicht konform denken oder handeln. Es geht um Menschen, die es in Euskadi wagen, für eine Verhandlungslösung in dem seit Jahrzehnten das Baskenland erschütternden politischen Konflikt einzutreten und eine Amnestie zu verlangen. Noch einfacher: die sich erdreisten, ein Ende der Folter zu fordern. Diese wird nämlich routinemäßig - trotz aller internationalen Proteste - gegen jene angewandt, welche das Pech haben, in die Hände der bewaffneten Kräfte des spanischen Staates gefallen zu sein.

Diese Haltung Madrids faßte unlängst Zapateros Innenminister mit folgenden an die baskischen Unabhängigkeitskämpfer gerichteten Worten zusammen: "Auch im Falle, daß die Izquierda Abertzale (Baskische Linke) sagte, sie verurteile die Gewalt und fordere ihre Legalisierung, wird die Antwort ein radikales 'Nein' sein." Dieselbe Person stellte zuvor die Anhänger der Unabhängigkeit (Independentistas) vor die Wahl: "Entweder Wahlstimmen oder Bomben". Als diese daraufhin "Wahlstimmen" sagten und die Kandidatur der linksgerichteten Iniciativa Internacionalista für das Europäische Parlament präsentierten, wandte dieser Demokrat bis ins Mark die Garotte (das mittelalterliche Würgeeisen) des Parteiengesetzes an und verurteilte sie zu ständiger Illegalität.

Nachdem für diejenigen, die anders als Madrid denken, alle legalen Wege verschlossen sind, dürfte sich die Option vieler Basken, die nicht auf das Selbstbestimmungsrecht verzichten wollen, für außergesetzliche Kampfformen verstärken. Das Recht auf Selbstbestimmung ist eine historische Errungenschaft der Völker, deren Anerkennung der spanische Staat verweigert.

Die für die argentinischen Militärs so teure allgegenwärtige Terrorismus-Doktrin wurde diesmal gegen die baskische Jugendorganisation Segi angewandt. Das Tragikomische daran schildert einmal mehr die Madrider Tageszeitung "El País", welche unverdientermaßen als seriöses Blatt eingestuft wird. Sie desinformierte ihre Leser, Segi habe versucht, den Druck zu erhöhen, um den Aufbau eines baskischen Staates und den Kampf gegen den Hochgeschwindigkeitszug, das Erziehungsmodell in Euskadi sowie die Immobilienspekulation zu forcieren. Wie der Leser erkennen kann, hatten die gefangenen jungen Basken nicht nur einen revolutionären Terminkalender, sondern auch einen terroristischen: Gegen den Hochgeschwindigkeitszug zu sein, der ganze Gebiete des Landes teilen wird, ist eine unleugbar zerstörungswütige und terroristische Handlung. Das gleiche gilt für die Diskussion über das äußerst fragwürdige Erziehungsmodell und die Bekämpfung der überall wuchernden Immobilienspekulation, die in Spanien und dem Baskenland enorme Probleme verursacht.

In Segi sind überwiegend junge Independentistas der Universität organisiert, die sich mit verschiedenen gesellschaftlich aktiven Gruppen verbunden haben. Als ob das eine Staatsbeleidigung wäre, teilten die offiziellen Medien mit, einige dieser Vandalen hätten "Polizeiposten als Studentenvertreter auf dem Universitätsgelände begleitet". Erklärungen aus dem Innenministerium zufolge wurden die jungen Basken festgenommen, weil sie "mutmaßlich verantwortliche Funktionen in Segi ausübten". Mit anderen Worten: Man unterstellt die Begehung einer Straftat, ohne Beweise vorzulegen. Das genügt, die Verdächtigen bei einer wie im Argentinien der Diktatur durchgeführten Razzia im Morgengrauen und von vermummten Beamten festzunehmen. Es reicht aus, mit irgendeiner Person oder Organisation, die in der Vergangenheit legal handelte, aber das später verbotene Unabhängigkeitsprojekt verteidigt, in Beziehung gesetzt zu werden, um als Terrorist zu gelten. Es reicht aus, ein strategisches Projekt der Unabhängigkeit und des Sozialismus zu bejahen, auch wenn gewalttätige Methoden zu ihrem Erreichen abgelehnt werden und man statt dessen auf die Taktik von Mahatma Gandhi setzt, damit das ganze Gewicht der Justiz auf die Angeklagten zurückfällt.

Die Menschenrechtsverletzungen, welche Madrid täglich in Euskadi begeht, sind nicht wiedergutzumachen und mit den Vorstellungen von Demokratie völlig unvereinbar. Beweise: Erstens, der den Fall der jungen Leute verhandelnde Richter lehnte den Antrag der Verteidiger ab, für die Festgenommenen das "Protokoll Garzón" anzuwenden. Es sieht vor, daß sie von einem Arzt ihres Vertrauens betreut, die Festnahmeperiode aufgezeichnet und die Familienangehörigen jederzeit über den Aufenthaltsort und den Zustand der Verhafteten informiert werden. Zweitens: Es verwundert, konstatieren zu müssen, daß die spanische Regierung unter gewissen Aspekten das macht, was nicht einmal die argentinische Diktatur zu tun wagte. Das Verbot des öffentlichen Zeigens von Fotografien der Opfer der Repression ist eine subtile Art, Personen "verschwinden" zu lassen. Sie ist zwar weniger kriminell als jene, welche wir in Argentinien kennen, doch auch sie verletzt die Menschenrechte. Deshalb wurden in vielen Kneipen Euskal Herrias die Bilder der in spanischen Gefängnissen einsitzenden Independentistas durch deren Silhouetten ersetzt.

Indem Madrid das politische Andersdenken und das legitime Verlangen nach Unabhängigkeit kriminalisiert, sackt es wieder in schlimmste Traditionen ab, die durch die unheilvolle Verbindung von Kreuz und Schwert verkörpert wurden. Traditionen, die drei Jahrhunderte lang die Völker Lateinamerikas nach der spanischen Eroberung erlitten und die in Argentinien mit der Praxis der Militärdiktatur wieder auftauchten: die Subversiven, ihre Helfer, ihre Sympathisanten, die Indifferenten und die Zögerlichen zu töten. Eine höllische Eskalation des Todes und der Zerstörung, die unser Land in einem Blutbad versinken ließ, aber auf Dauer durch den Widerstand und den Kampf der Opfer besiegt werden konnte.

Madrid stünde es gut an, die Geschehnisse in Argentinien zu studieren und aus den Lektionen seiner Geschichte zweierlei zu lernen: Erstens, daß die Repression steigende Kosten und eine fallende Abschreckungswirkung mit sich bringt, also nicht zur Lösung sozialer und politischer Probleme wie der baskischen Frage geeignet ist. Zweitens, daß man die Anwendung der blutrünstigen Formel des Generals Saint Jean stoppen muß, da sie den Unabhängigkeitsbestrebungen der Basken nicht den Boden zu entziehen vermag und die Zukunft der Völker und Nationen Spaniens, die auf schwierige Weise und konfliktreich in einem Staat zusammenleben, in beispielloser Weise belastet.

Atilio A. Boron in "Rebelión"

Übersetzung: Isolda Bohler

Raute

US-Tarnkappenbomber B-2 zogen Todesspur nicht nur in Serbien

Amerikas "guter Geist"

Unter der Schlagzeile "B-2 Spirit - Amerikas 'guter Geist'" veröffentlichte das der Bundesluftwaffe und der BRD-Rüstungsindustrie nahestehende Konzernblatt "Fliegerrevue" im Juli 2009 einen aufschlußreichen Artikel. Er erschien anläßlich des 20. Jahrestages der Erstauslieferung des vom USA-Waffengiganten Northrop entwickelten und gebauten US-Tarnkappenbombers B-2 Spirit (Geist).

Am 17. Juli 1989 hob die Vorserienmaschine AV-1 zum Erprobungsflug ab. Nach dem Ende der Blockkonfrontation mit der UdSSR und den sozialistischen Ländern Europas blieben von der zunächst geplanten Großserie nur noch 21 Stealth-Bomber übrig. Deren Zahl reduzierte sich um eine B-2, als am 23. Februar 2008 die "Spirit of Kansas" bei einem Startunfall auf Guam verunglückte. Heute besteht die B-2-Flotte der U.S. Air Force aus 16 Serienmaschinen und 5 nachgerüsteten Bombern aus der Vorserie. Wie die "Fliegerrevue" berichtete, steht dieser Typ "an vorderster Front jeder großen US-Luftoperation".

Ursprünglich in der Absicht gebaut, bei einem bewaffneten Konflikt mit der Sowjetunion deren Interkontinentalraketenbasen ausschalten zu können, erfolgte nach 1989/90 eine Umrüstung der strategischen Mittel des Pentagons. Die B-2, die auf ihrer Heimatbasis Whiteman im USA-Bundesstaat Missouri zu weltweiten Einsätzen bereitsteht, wurde atomar und konventionell bestückt. Wie verschiedene unbemannte Drohnen und die von Lockheed gelieferte SR-71 A (Blackbird) ist die B-2 mit radarabsorbierendem Material verkleidet. Die Maschine besitzt keinen klassischen Rumpf und vier Strahltriebwerke. An der Flächenunterseite befinden sich die beiden Bombenschächte mit Aufhängevorrichtungen für besonders große Todbringer. Neben der 1-Tonnen-Bombe MK 84 gehören die nuklearen Freifallbomben B 61 und B 63 sowie mit atomaren Sprengköpfen versehene Cruise-Missiles zur für die Auslöschung beliebiger Gegner bestimmten Fracht. Die B-2 kann bis zu 18 Tonnen Waffen an Bord nehmen. Ohne Luftbetankung besitzt sie eine Reichweite von 10.800 km in einer Flughöhe von 15.000 m.

Amerikas "guter Geist" hat sich als Washingtons Mordmaschine bereits "bestens bewährt". Beim NATO-Überfall auf Jugoslawien im Frühjahr 1999 flog sie im Rahmen der "Operation Allied Force" zahlreiche "scharfe Einsätze" gegen Ziele in Serbien. Der verbrecherische Angriff auf Frauen und Kinder lief unter der harmlosen Chiffre "Kosovo-Krise". Von ihrer Einsatzbasis Whiteman flogen B-2 mit mehreren Luftbetankungen ohne Zwischenlandung bis auf den Balkan. In der "Fliegerrevue" heißt das mit imperialistischer Selbstverständlichkeit: "Nach Angaben der US-Luftwaffe zerstörten sie bei diesen Angriffen in den ersten acht Wochen 83 % aller Ziele in Serbien. Die 'Missionen' dauerten jeweils 20 bis 22 Stunden."

Um die riesigen Mordapparate dicht am potentiellen Einsatzort stationieren zu können, wurden bei American Spaceframe Fabricators geräumige Spezialhangars in Auftrag gegeben. Sie sind längst samt und sonders aufgestellt worden. Vier befinden sich auf der Basis Diego Garcia im Indischen Ozean, fünf auf der Anderson Air Force Base (Guam) und einer im britischen Fairford.

Natürlich wurden nicht nur Serben von Bomben zerfetzt, sondern auch Iraker. Während der "Operation Iraqi Freedom" flogen B-2-Piloten im Jahr 2003 von Diego Garcia aus 22 Einsätze. Und was Afghanistan betrifft, so gab es da sogar einen "Streckenrekord": Einmal Missouri-Afghanistan und zurück.

Zitieren wir noch einmal die bundesdeutsche "Fliegerrevue": "Die US-Luftwaffe rechnet mit einer Einsatzdauer der B-2 bis mindestens 2025. Weitere Verluste wären verkraftbar, solange die Zahl verfügbarer Maschinen nicht unter 16 sinkt. Wird die B-2 aber in einen Konflikt mit einem gut entwickelten Gegner verwickelt, könnte diese Zahl rasch erreicht werden."

Ein Super-Terrorbomber als Amerikas "guter Geist"! Leute, die so etwas als Riesen-Spielzeug ausgeben, sind tatsächlich von allen guten Geistern verlassen.

RF

Raute

Warschau baut militärische Zusammenarbeit mit Tel Aviv aus

Polens und Israels Drohnen

Unlängst verlautete offiziell aus Kreisen der Polnischen Armee, Warschau beabsichtige sieben unbemannte Aerostar-Drohnen, die in der englischen Abkürzung als UAV bezeichnet werden, von Israel zu beziehen. Welchem militärischem Zweck sie zugeführt werden sollen, wurde nicht verschwiegen: Ihr Einsatz werde die "Stabilisierungs-Mission" Polens in Afghanistan voranbringen.

Auf dem UAV-Markt führen die USA, dicht gefolgt von Israel, das 2009 im internationalen Waffenexport mit einem Volumen von 6,75 Mrd. Dollar den dritten Rang einnahm. Als Drohnen bezeichnete Fluggeräte gehören heute zu den gefährlichsten Killer-Maschinen. Die beiden US-Typen "Predator" und "Reaper", die eine tödliche Fracht von jeweils 200 kg mit höchster Präzision ins Ziel bringen können, kommen derzeit fast täglich über Afghanistan und Pakistan zum Einsatz.

Israels Drohne "Hermes 450" spielte bei den verheerenden Angriffen auf die palästinensische Bevölkerung Gazas - von der Armeeführung des Rassistenregimes in Tel Aviv als "Operation Gegossenes Blei" bezeichnet - eine maßgebliche Rolle. "Hermes" kann wie die erwähnten US-Drohnen beliebige Objekte mit Raketen unter Beschuß nehmen. Obwohl behauptet wird, UAV seien lediglich zur "Gefechtsfeld-Aufklärung" bestimmt, forderten in Gaza von ihnen abgefeuerte Raketen während der 23tägigen israelischen Invasion die meisten Todesopfer. Nach Angaben der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Al Mezan töteten UAV 519 Menschen - ein Drittel der durch Israel in dieser Zeit umgebrachten Einwohner Gazas. Weitere 473 Männer, Frauen und Kinder der Stadt im Würgegriff wurden von aus den USA gelieferten israelischen Kampfflugzeugen des Typs F-16 ermordet.

Warschaus Militärs haben den Weg einer "Polonisierung" beschritten, indem sie Israels Waffenherstellungstechnologie mit polnischer Arbeitskraft und Rohstoffen kombinieren. Polens Bumar-Gruppe schloß einen 10-Jahres-Vertrag über 400 Mio. Dollar mit Israels Rafael Advanced Defense Systems zur gemeinsamen Herstellung von Spike-Raketen für Drohnen und Hubschrauber ab. Danach muß Rafael aus Polen gelieferte Teile in seine eigenen Systeme einbauen. Spike-Raketen werden derzeit in den südpolnischen ZM-Mesko-Werken gefertigt.

Nach Angaben des Militärattachés der israelischen Botschaft in Warschau stellt die Zusammenarbeit mit Mesko das bisher erfolgreichste Beispiel einer "Polonisierung" der israelischen Technologie dar.

Die derzeit von Israel an Polen gelieferten UAV sind zwar unbewaffnet, aber dafür bestimmt, Bombenmissionen von F-16-Maschinen in Afghanistan sicher ins Ziel zu lenken.

Mit einem Kontingent von 2600 Mann im Land am Hindukusch rangiert Polen derzeit unter den zehn ausländischen Hauptempfängern von US-Militärhilfe. Bei der Umsetzung eines bereits 2003 abgeschlossenen 3,8-Milliarden-Dollar-Vertrags über die Lieferung von 42 Kampfmaschinen des Typs F-16 werden polnische Piloten an diesen Flugzeugen ausgebildet.

Der erste im Land an der Weichsel hergestellte S-70i-Blackhawk-Helicopter wird noch 2010 zum Start rollen. Er ist das Ergebnis dreiseitiger Zusammenarbeit zwischen Israels Elbit Systems, der United Technology Corp. aus den USA und Polens PZL Mielec.

Israel berät das polnische Oberkommando überdies ständig in strategischen und militärischen Fragen. Nach Informationen aus dem Warschauer Verteidigungsministerium fanden zwischen 1995 und 2009 mehr als 200 diesbezügliche Aktivitäten statt. Kurse, Seminare, Symposien und Analysen werden von einer polnisch-israelischen Arbeitsgruppe durchgeführt und gefertigt. Ihr gehören Mitarbeiter der Verteidigungs- und Außenministerien beider Länder an. Im Herbst 2009 nahm Polens am 10. April bei Smolensk tödlich verunglückter Generalstabschef Gagor an einer Übungsberatung mit israelischen Verteidigungsexperten teil.

RF,
gestützt auf einen Beitrag aus "Le Monde Diplomatique" (polnische Ausgabe)

Raute

Ungarns Faschisten im Vormarsch

Anfang März wurde in Budapest die alljährliche "Traditionsveranstaltung" ungarischer und deutscher Neofaschisten abgehalten. Sie dient der Verherrlichung des Zusammenwirkens der rabiat antisemitischen Pfeilkreuzler Horthys mit Hitler-Deutschland im II. Weltkrieg. Außer Angehörigen der Ungarischen Garde (HUNHIR) und anderen rechtsradikalen Magyaren beteiligten sich an der Zusammenrottung einmal mehr Abgesandte der faschistischen NPD und weiterer legaler Neonazigruppen aus der BRD. Der "Tag der Ehre", wie das Treffen von seinen Regisseuren genannt wird, soll den Zusammenschluß der extremen Rechten Europas und vor allem die von Budapest und Berlin gleichermaßen geförderte "Volksgruppen-Politik" vorantreiben. Sogenannte völkische Bestrebungen von "Auslandsungarn" und "Auslandsdeutschen" werden in diesem Rahmen gezielt unterstützt. In letzter Zeit nehmen die Nachfolgebewegung der Pfeilkreuzler (Jobbik) und andere ungarische Stoßtrupps faschistischen und faschistoiden Charakters einen stürmischen Aufschwung. Die jüngsten Wahlergebnisse haben es bewiesen.

RF

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Irans Kommunisten gegen imperialistische Anmaßungen und brutale Diktatur

Die Sicht der Tudeh-Partei

Der Nachfolger des Kriegstreibers George W. Bush unterläßt nichts, um die in ihn gesetzten Hoffnungen zu enttäuschen. Die reale Situation einer sich zuspitzenden gesamtgesellschaftlichen Krise in Iran verkennend oder bewußt ignorierend wird das Aufbegehren des Volkes im Sinne der strategischen Ambitionen der USA zu einer auf den Westen orientierten Bewegung fehlgedeutet. Unter demagogischer Aufblähung der vom iranischen Regime angeblich ausgehenden nuklearen Gefahr unterstützen die Vereinigten Staaten monarchistische, separatistische sowie prowestliche und andere volksfeindliche Kräfte inner- und außerhalb des Landes. Blind für die iranischen Realitäten leisten europäische Verbündete, allen voran Deutschlands Kanzlerin, Washington dabei vorbehaltlos Schützenhilfe.

Am 11. Februar beging das iranische Volk den 31. Jahrestag seiner Revolution von 1979, die von den herrschenden Geistlichen zur "islamischen Revolution" usurpiert wurde.

Die Tudeh-Partei Irans wandte sich aus Anlaß dieses Jubiläums an die iranische und internationale Öffentlichkeit. In einer Erklärung charakterisiert sie den durch die Volksbewegung herbeigeführten Sturz des korrupten und von den USA ausgehaltenen Schah-Regimes als eines der "bedeutendsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts.

Es hat das Schicksal des iranischen Volkes entscheidend geprägt ... Das diesjährige Jubiläum wird von einem mächtigen gesellschaftlichen Kampf begleitet, der die Grundpfeiler des rückständigen Rechtsgelehrten-Regimes erschüttert und neue Perspektiven für die Zukunft des Landes eröffnet ... Die iranische Gesellschaft war in den 60er und 70er Jahren ... mit einer tiefgreifenden Strukturkrise konfrontiert, die sich mit der Durchsetzung kapitalistischer Verhältnisse und der sich damit vertiefenden Abhängigkeit vom Imperialismus zuspitzte. Parallel zum Wachstum des Großkapitals und der zunehmenden Beherrschung der iranischen Wirtschaft durch amerikanische und andere westliche Monopole kam es zum Bankrott des traditionellen Kleinbürgertums und zur Schwächung wirtschaftlicher und politischer Positionen von Teilen der nationalen Bourgeoisie.

Die Arbeiterklasse ... hatte eine wichtige gesamtgesellschaftliche Bedeutung erlangt. Sie war jedoch systematischer Unterdrückung ausgesetzt und mit den Bauern und den armen Zwischenschichten der Gesellschaft durch die kaiserliche Despotie politisch geschwächt, ihre gewerkschaftlich-politischen Interessen wurden ignoriert und Repressionen ausgesetzt.

Die Entwicklung des vom ausländischen Monopolkapital abhängigen Kapitalismus hatte die tiefe Kluft zwischen dem Schah-Regime einerseits und den zu demokratischen Verhältnissen strebenden Klassen und Schichten der Gesellschaft andererseits verschärft, so daß der Fortbestand des Marionetten-Regimes der Pahlawi nur noch mittels verschärften Terrors zu erhalten war. Vor dem Hintergrund dieser umfassenden Krise konnte sich die revolutionäre Bewegung schrittweise entwickeln und schließlich zum Sieg der Februar-Revolution führen ..."

Es ging um die Beseitigung der Herrschaft imperialistischer Monopole, um die Sicherung der politischen Selbständigkeit des Landes, die Abschaffung der Überreste vorkapitalistischer Strukturen, um Demokratisierung des politischen und kulturellen Lebens, um soziale Gerechtigkeit sowie um demokratische Freiheiten und das Selbstbestimmungsrecht des Volkes.

Die Erklärung charakterisiert das Ergebnis der Volksbewegung als nationale und demokratische Revolution, die jedoch von Khomeini und seinen Vertrauten zu ihrer Alleinherrschaft umfunktioniert werden konnte. Diese Repräsentanten der obersten schiitischen Geistlichkeit und "höchsten Rechtsgelehrten" errichteten in den drei Jahrzehnten seit der Revolution ein Regime der geistigen und politischen Knebelung, der Unterdrückung und Repression. Sie schufen ein System der militärisch-theokratischen Diktatur. Die Revolutionsgarden und paramilitärische Verbände verfolgen gnadenlos jegliche Opposition ...

Trotz aller Versuche der Tudeh-Partei als einziger organisierter politischer Kraft, die - gestützt auf wissenschaftliche Analysen - das Programm einer nationalen und demokratischen Regierung vorgelegt hat, ist es nicht gelungen, eine Einheitsfront aller antidiktatorischen und patriotischen Kräfte für die Fortsetzung und Vertiefung des revolutionären Prozesses zur Sicherung der demokratischen Rechte und Freiheiten und für tiefgreifende Veränderungen des Wirtschaftssystems mit dem Ziel sozialer Gerechtigkeit zu schaffen.

Der Widerstand breiter Massen aus unterschiedlichen Klassen und Schichten gegen den Wahl-Putsch Ahmadinedschads von 2009 entwickelte sich zur nachhaltigen Willenserklärung des Volkes gegen die Rechtsgelehrten-Despotie. In den seitdem vergangenen acht Monaten erreichte sie ein Ausmaß, das die Diktatur ernsthaft erschütterte. In dieser antidespotischen Bewegung manifestieren sich die Wünsche und Ziele der gescheiterten Februar-Revolution, die unter der Rechtsgelehrten-Despotie begraben ist.

Die antidespotische Bewegung in Iran erlangte breite internationale Solidarität. Ende Januar 2010 verständigten sich Vertreter von mehr als 50 kommunistischen und Arbeiterparteien aller Kontinente auf Initiative der KP Griechenlands über eine Erklärung zu Iran: "Wir verfolgen die Ereignisse der letzten Monate in Iran unmittelbar und besorgt. Wir bringen unsere Solidarität mit den Kommunisten, mit den Mitgliedern und Sympathisanten der Tudeh-Partei und den Werktätigen Irans im Kampf für Demokratie, Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt zum Ausdruck.

Wir verurteilen auf das schärfste alle Maßnahmen und Repressalien, für welche die iranische Regierung und ihre Sicherheitsorgane die Verantwortung tragen, und denen zufolge bis jetzt acht Menschen ermordet und Tausende Aktivistinnen und Aktivisten der Volksbewegung verhaftet worden sind.

Nach vorliegenden Informationen sollen einige der Verhafteten hingerichtet werden. Unter ihnen befinden sich auch bekannte Kämpfer der Frauen-, Studenten- und Arbeiterbewegung. Wir fordern die sofortige Einstellung der Hinrichtung politischer Gefangener, die Freilassung aller aus politischen Gründen Inhaftierten, die sich für die Interessen des Volkes eingesetzt haben. Gleichzeitig wenden wir uns gegen jegliche Aktivitäten, die unter Ausnutzung der Situation eine Einmischung des Imperialismus in der Region ermöglichen sollen, und verurteilen diese entschieden. Nur das iranische Volk hat das Recht, die zukünftige Entwicklung seines Landes zu bestimmen!

Das Anwachsen des antiimperialistischen Kampfes in diesem Raum mit der Arbeiterklasse in vorderster Reihe ist die notwendige Bedingung dafür, den imperialistischen Plänen und sonstigen kapitalistischen Bestrebungen, die darauf abzielen, eine positive Veränderung der Situation in der Region zugunsten der Völker zu verhindern, eine Abfuhr zu erteilen."

Bernd Fischer, Vorbeck / Ghassem Niknafs, Hamburg

Raute

Vera Lengsfeld entblößte sich einmal mehr

"Einbruch" in die Ladengalerie

Am 4. März war ich bei der Buchvorstellung "Fragen an das MfS" von Werner Großmann und Wolfgang Schwanitz zu Gast in der jW-Ladengalerie. Ich interessierte mich sehr für das Thema, die Autoren und das Publikum. Ich bin in der DDR aufgewachsen. 1965 wurde ich in ihr geboren, erlebte die ausgezeichnete Schulbildung, das Gefühl sozialer Geborgenheit und die Art von Freiheit, die nur dort möglich ist, wo nicht das Geld und die Angst um die nackte Existenz den Alltag bestimmen. Aber da war auch immer eine gewisse geistige Enge, fehlende Offenheit und mangelnde Kritikakzeptanz, die mich als jungen Menschen mitunter verzweifeln ließen. "Stasi" - das war ein Begriff, der zwar im täglichen Leben bekannt war, aber nicht die herausragende Rolle darin spielte, die diesem Wort und der Behörde, die dahinter steckte, heute angedichtet werden. Dennoch gab es das Gefühl, daß alles, was man in der Schule oder bei der Berufsausbildung im Unterricht äußerte, irgendwie registriert werden könnte.

Also, was haben diese Leute zu sagen, die einer Behörde, welche das Klima in der DDR mitgeprägt hat, in führenden Positionen dienten? Ich war neugierig.

Um es kurz zu sagen, mich beeindruckte die Souveränität derer, die da auf dem Podium saßen. Ich war auch deshalb positiv für sie eingenommen, weil sie nicht mit Selbstkritik sparten. Da saßen keine selbstgerechten "Und wir hatten trotzdem immer recht"-Typen vor mir, sondern nachdenkliche Menschen, die ernsthaft daran interessiert waren, ihre Rolle in der DDR ungeschönt darzustellen - und zwar mit all ihren Erfolgen, aber auch Irrtümern. Mir wurde klarer, daß ein kleines Land, welches eine Grenze mit einem Todfeind teilt, ungewöhnliche Sicherheitsbedürfnisse hat. Ich verstand besser als bisher, daß man auf der westlichen Seite diese DDR tatsächlich vernichten wollte. Das war Realität und keine Paranoia. Und ich begriff ein wenig mehr, warum der daraus resultierende Selbstschutz zuweilen unnötig ausuferte.

Irgendwie half mir diese Veranstaltung, mit einigen unschönen DDR-Erinnerungen abzuschließen. Ich verstehe jetzt besser und nehme es den Generalen auf dem Podium ab, daß sie ihre Arbeit damals nicht getan haben, um unsere geistige und körperliche Freiheit zu ersticken, sondern weil sie uns schützen wollten. Sie waren nicht meine Feinde und sind es heute erst recht nicht. Für mich ganz persönlich ist das Thema "Stasi" abgeschlossen - jedenfalls, was den Teil angeht, der mein Leben in der DDR betrifft. Ich bin niemandem mehr böse.

Erfreut war ich auch, daß so viele Menschen die Veranstaltung besuchten. Etliche Redebeiträge waren interessant und klug oder machten mich nachdenklich.

Friedlich gestimmt ging ich dennoch nicht heim. Aber das lag nicht an Werner Großmann, Wolfgang Schwanitz und den anderen Männern auf dem Podium. Seltsam, ich hatte es schon vorher geahnt, daß sie da auftauchen würde! Ich hatte es meiner Begleitung sogar vorausgesagt. Und in der Tat, da war sie: Vera Lengsfeld. Ihr Auftritt wirkte von Beginn an eher peinlich. Das zeigte sich bereits darin, daß sie, die Demokratin, sich nicht an die Spielregeln der Diskussion hielt. Sie redete unaufgerufen und fiel anderen ins Wort. Inhaltlich waren ihre Beiträge auf erbärmlichem Niveau. Das belustigte mich. Aber etwas anderes rief Unfrieden in mir hervor. Mir wurde klar, daß alles, was Frau Lengsfeld der "Stasi" vorwirft, nämlich Intoleranz, geistige Bevormundung, Haß auf Andersdenkende und Unfreiheit, durch sie selbst verkörpert wird! Mir wurde beim Anblick dieser Frau, die nur noch Gift versprüht, schlagartig bewußt, daß es solche Menschen sind, die heute das geistige Klima in der BRD wesentlich mitprägen. Und das ist, wenn es um den Umgang mit linken Andersdenkenden geht, unglaublich haßerfüllt. Es ist dieser Haß, der Unfreiheit und Intoleranz in einem Maße, wie ich es noch nie gekannt habe, auch in mein Leben trägt. Mir wurde in Gegenwart von Frau Lengsfeld, die ich persönlich für krank halte, besonders deutlich, daß solche Menschen auch eine Art von Meinungsdiktatur verkörpern. Wir erleben seit Jahren, daß jede Form differenzierter und an der historischen Wahrheit orientierter Darstellung der DDR unterdrückt wird. Das staatstragende Bild von ihr zeichnen Leute wie Vera Lengsfeld. Sie wollen gar nichts hinzulernen, sich überhaupt nicht mit neuen Erkenntnissen bereichern und erst recht nicht die historische Wahrheit erfahren. Das ist unerwünscht. Es wäre aber nicht weiter schlimm und höchstens ihr eigenes Problem, würden diese Personen nicht öffentliche und politische Ämter bekleiden und Macht ausüben.

Wenn alle "Bürgerrechtler" von einst plötzlich blind und stumm sind, wenn dieses Land heute Kriege führt und Menschen massenhaft in Armut und Ausweglosigkeit stürzt, dann ist das schlimm. Es zeichnet ein Bild ihrer Unaufrichtigkeit von damals wie von heute. Das sollen die mit ihrem Gewissen abmachen. Mir bleibt da nur Verachtung. Aber es ist noch schlimmer und unverzeihlich, daß sie einer geistigen Enge den Weg bereiten, die vor allem in die Köpfe kommender Generationen Zerrbilder setzt, die nur Unheil hervorbringen können. Haß, wie ich ihn bei Frau Lengsfeld sehen, ja fast körperlich spüren konnte, baut nichts Gutes auf. Er ist allein zerstörisch. Man kann da nur mit der Wahrheit dagegenhalten. Das Buch "Fragen an das MfS" ist ein wichtiger Beitrag dazu. Ich habe es inzwischen mit Gewinn gelesen.

Ein Wort des Dankes an Frau Lengsfeld bleibt mir dennoch: Ich habe es lange nicht begriffen, aber heute ist mir klar, daß es auch Leute wie sie waren, die aus mir einen Linken gemacht haben. Ihre Intoleranz, diese Atmosphäre der Engstirnigkeit und die jahrelange Beschmutzung meiner Heimat, der DDR, zwang mich geradezu, Antworten zu suchen. Ich wollte der Propaganda nicht hilflos ausgeliefert sein. Also las ich und lernte, traf mich mit Menschen, die sich auch nicht das Denken verbieten lassen wollten, die offen waren für neue Erkenntnisse. Heute bin ich Mitglied der DKP und glücklich, eine geistige Heimat zu besitzen. Auf gewisse Weise trugen Menschen vom Schlage einer Vera Lengsfeld dazu bei. Daher meinen aufrichtigen Dank!

Ich wünsche mir, daß der Meinungsdiktatur in der "demokratischen" BRD irgendwann die Luft ausgeht. Ich wünsche mir viele Bücher, die dieser Unfreiheit den Kampf ansagen. Die brauchen aber natürlich Leser. Da hilft nur eins, nämlich eine gute alte DDR-Gewohnheit nicht verkümmern zu lassen: den "Buschfunk"! Weitersagen, verborgen und darüber reden!

Ulrich Guhl

Raute

MfS-Autorenkollektiv spuckt Hexenjägern in die Suppe

Barrikaden haben nur zwei Seiten

Im Mittelalter genügte es, einen Menschen der Hexerei zu verdächtigen, um alles weitere Denken auszuschalten. Einer vermeintlichen Hexe konnten die absonderlichsten und abscheulichsten Taten zugeordnet werden. Jegliche Nachfragen unterblieben aus Angst oder Unwissenheit und nicht zuletzt, um die so Bezichtigte gnadenlos ins Feuer zu schicken.

Die Verteufelungsvokabel "moderner" Hexenjäger - gleichermaßen auf Vernichtung zielend - heißt "Stasi". Mit diesem Bannfluch ist jeder Rivale - gleich ob in der Politik oder auf beruflicher Ebene - fast automatisch aus dem Rennen zu schlagen.

Und wie dem einzelnen das "Maulhalten!" und "Stillgestanden!" entgegengeschleudert wird, versucht ein ganzes Heer von Finsterlingen, die geringsten Ansätze gesellschaftlichen Fortschritts mit dem heutigen BRD-Schmähwort "Stasi" auszulöschen. Nicht ganz erfolglos, wie man weiß. Dazu trägt auch die Tatsache bei, daß selbst Linke oder sich dafür Haltende gern in verschwörerisches Flüstern verfallen, sobald dieser Begriff auch nur in die Debatte geworfen wird. Nicht wenige tauchen gar in ängstliches Schweigen ab.

Es ist also dringend geboten, sich sachkundig, erhellend und kritisch mit der Arbeit des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR - denn dafür steht die auf Herabsetzung zielende Abkürzung "Stasi" - auseinanderzusetzen.

Pünktlich zum 60. Gründungstag des Ministeriums hat ein Autorenkollektiv um Werner Großmann und Wolfgang Schwanitz gerade diese Aufgabe mit dem Buch "Fragen an das MfS" überzeugend gelöst. Generaloberst a. D. Werner Großmann (Jahrgang 1929) war seit 1986 Stellvertretender Minister für Staatssicherheit der DDR und Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung - des DDR-Auslandsgeheimdienstes. Generalleutnant a. D. Dr. Wolfgang Schwanitz (Jahrgang 1930) war ebenfalls seit 1986 Stellvertretender Minister. Im Dezember 1989 wurde er von der Modrow-Regierung als Leiter des Amtes für Nationale Sicherheit berufen, das am 31. März 1990 seine Tätigkeit einstellte. Beide Herausgeber sind kompetente, kritische und keinesfalls betriebsblinde Zeugen.

Mit bestechender Akribie und Präzision werden Geschichte und Einordnung des MfS in die politischen und gesellschaftlichen Strukturen des sozialistischen Staates dargestellt, wobei nationale und internationale Aspekte Berücksichtigung finden. "Wozu brauchte die DDR überhaupt einen Geheimdienst?" So ist der erste Fragenkomplex überschrieben. Mit Hilfe vieler Unterfragen wie der darauf erteilten Antworten wird eine scharfsichtige Geschichtslektion vermittelt, die neben dem Wirken des eigenen Organs auch Grundfragen des Schutzes und der Verteidigung jeder Revolution betrifft. Hier geht es um das Entstehen der DDR, ihre Entwicklung, den Einfluß des "Großen Bruders" UdSSR. Zugleich aber ist von den Stör-, Sabotage- und Spionageaktionen der durch die BRD-Schutzmacht USA angeführten gegnerischen Seite die Rede. Sie werden durch die offizielle Geschichtsschreibung heute fast gänzlich ausgeblendet.

Daß die gesamte Tätigkeit des MfS und der Geist seiner Mitarbeiter von profundem Antifaschismus durchdrungen waren, steht außer Frage. Doch selbst dümmlichen Unterstellungen, das Organ sei von alten Nazis gegründet worden oder mit ihnen bestückt gewesen, begegnen die Autoren gelassen. Sie tun das nicht ohne Verweis auf die Traditionen der BRD-Geheimdienste, die sich zu Gehlens Zeiten tatsächlich aus Nazikadern rekrutierten.

Mit der exakten Beantwortung von nahezu 200 teils heiklen Fragen wird das MfS in einer Weise durchleuchtet, wie das wohl von keinem anderen Geheimdienst der Welt auch nur ansatzweise gesagt werden kann. Es geht dabei um Strukturen und Operationen, die selbst Mitarbeitern des Ministeriums zur Zeit seines Bestehens nur in eingeschränktem Maße bekannt gewesen sein dürften.

Aber das ist kein verschämtes Enthüllen oder sensationslüsternes Entblößen. Hier wird selbstbewußt die Arbeit des ersten sozialistischen Geheimdienstes auf deutschem Boden dargestellt. Mit Erfolgen und Defiziten.

Die im Buch aufgeworfenen Fragen haben wir oft genug gehört. Teils wurden sie in provokatorischer Absicht lanciert, meist aber aus dem Bedürfnis gestellt, eine sachliche und prägnante Auskunft zu erhalten. Ohne Scheu, offen und ehrlich stehen die Autoren Rede und Antwort. Wie war das mit der flächendeckenden Überwachung in der DDR? Wie stand man zur Roten-Armee-Fraktion - der RAF -, hat die DDR Terroristen wie Carlos unterstützt? Wie gestaltete sich das Verhältnis zur Kirche, zu oppositionellen Kräften? Darüber wird hier ebenso freimütig gesprochen wie über Postkontrollen, die Situation in den Haftanstalten und das Verhältnis des MfS zur Partei- und Staatsführung. Auch die IM betreffende Fragen werden nicht ausgespart. Nach Berichten der bürgerlichen Medien gab es ja deutlich mehr Inoffizielle Mitarbeiter des MfS als DDR-Bürger, wobei andererseits fast jeder von ihnen fünfmal am Tag bespitzelt wurde! Bei diesem Thema knallt die "Stasi"-Peitsche besonders laut. Peter-Michael Diestel - ein nüchterner Beobachter des Geschehens - urteilte: "Man hat die IM aufs Schafott geführt, um mit dem Osten abrechnen zu können."

Bei dem Thema Geheimdienst kann man von Beginn an Dramatik erwarten. Doch die Untersuchung will mehr sein als spannende Kolportage des Geschehens in der untergegangenen DDR. Es knistert buchstäblich von der ersten bis zur letzten Seite. Und es fasziniert, wie schnell die Autoren geschaltet haben. Selbst die aktuellsten Themen wurden von ihnen aufgegriffen. Am Ende des Dialogs mit dem Leser animiert man diesen, weitere Fragen aufzuwerfen, um sie in Nachauflagen berücksichtigen zu können.

Die dargebotenen Argumente sind Stolpersteine für jene, welche sich auf dem ausgetretenen Pfad der Dummheit bewegen. Sie bringen die Verleumder und deren Kulis aus dem Tritt.

Beabsichtigen Großmann und Schwanitz, das eigene Haus schöner darzustellen, als es war? Wer das Buch unvoreingenommen liest, wird das ehrlichen Herzens verneinen. Es geht um ein konfliktreiches Kapitel des Klassenkampfes auf deutschem Boden. Auch hierzulande haben Barrikaden nur zwei Seiten.

Bernd Gutte, Görlitz

Werner Großmann/Wolfgang Schwanitz (Hg.): Fragen an das MfS - Auskünfte über eine Behörde.
edition ost, Berlin 2010, 400 Seiten, 17,95 Euro

Raute

Fritz Böttger war mehr als ein feinsinniger Schatzgräber

Nur Herausgeber oder auch Literat?

Er hat nie einen Roman, ein Gedicht oder eine Novelle aus seiner Feder veröffentlicht. Dennoch bereicherte er mit seinem Lebenswerk die Literatur der DDR beachtlich. Fritz Böttger zählte zu den "dienstältesten Herausgebern der DDR". Seine besondere Vorliebe galt dem kleinen und großen literarischen Porträt, der deutschen Romantik und dem literarischen Schaffen von Frauen.

Böttger wurde am 31. Januar 1909 in Leipzig geboren und starb am 18. Juni 1994 in seiner Vaterstadt. Er studierte dort Germanistik, Geschichte und Philosophie und war im Schuldienst tätig, bevor er zur faschistischen Wehrmacht eingezogen wurde. Als Kriegsgefangenen in Lettland delegierte man ihn 1947 zur Antifa-Schule in Riga. Nach seiner Rückkehr 1948 wurde er Mitarbeiter im Schulbuchverlag Volk und Wissen. Er veröffentlichte Fernunterrichtsbriefe und Erläuterungsbände zur deutschen und sowjetischen Literatur. In den 50er Jahren begann er belletristische Werke der Vergangenheit herauszugeben, wenigstens vierzig Titel. Darunter befanden sich Arbeiten von Börne, Raabe, Eichendorff, Gutzkow, Immermann, Storm und E.T.A. Hoffmann. Böttger editierte Bertha von Suttners "Lebenserinnerungen" (1968) mit einer Einleitung. 1979 lag das Buch in 6. Auflage vor.

Es wird behauptet, erst seit den 80er Jahren sei die Romantik wiederentdeckt worden. Beachtliche Beiträge leisteten hierzu Autoren wie Christa Wolf ("Kein Ort. Nirgends", 1979, über Karoline von Günderrode), John Erpenbeck ("Heillose Flucht", 1984, über Clemens Brentano) Christa und Gerhard Wolf ("Ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht. Gesprächsraum Romantik", 1985), Volker Ebersbach ("Caroline", 1987) Brigitte Struzyk ("Caroline unterm Freiheitsbaum", 1988) und Klaus Günzel ("Romantikerschicksale", 1987). Schon wesentlich früher widmete sich Fritz Böttger der Hinterlassenschaft der deutschen Romantik. In einem Interview wurde er gefragt, warum er sich früh bevorzugt dem Erbe der Romantik zugewandt habe. Er bekannte: "Ich fühlte mich stets besonders zu den Autoren hingezogen, die, aus welchen Gründen auch immer, glücklos, zu Unrecht vergessen oder vernachlässigt schienen." Sein Auswahlband "Erbe der Romantik" (1955) erreichte bis 1968 sechs Auflagen.

Diesem folgte seit 1972 im Verlag der Nation die vierbändige Romantik-Anthologie mit Einleitungen und Erläuterungen von Böttger. Die vier mehrfach verlegten Bände mit Novellen und Erzählungen der deutschen Romantik sind "Das Wunderbare" (1972), "Der Zauberbrunnen" (1974), "Die blaue Blume" (1978) und "Flügelschlag der Zeiten" (1984). Mit jener Tetralogie liegt eine beeindruckende Auswahl romantischer Erzählkunst vor, die im deutschsprachigen Raum ihresgleichen sucht. Fritz Böttger hat in der DDR viel für die Neubewertung der deutschen Romantik geleistet. Die vier oben genannten Bände - wie auch die ausgewählten Erzählungen in der Epochenanthologie "Kaisermanöver" (1975) - illustrierte Werner Klemke.

Eine zunehmende Rolle spielten in Böttgers Editionsthematik bedeutende Frauen. Er gab zwei Bände mit Briefen heraus: "Frauen im Aufbruch" (1977) und "Zu neuen Ufern" (1981), in denen Zeitzeugnisse aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1918 vereint wurden. Böttger zeichnet für die Herausgabe und wissenschaftliche Aufarbeitung solcher Werke verantwortlich, wie: "Aus den Memoiren einer Idealistin" von Malvida von Meysenbug, "Lebenserinnerungen" von Bertha von Suttner und "Frauenbilder" von Marie von Ebner-Eschenbach.

Der Schriftsteller Fritz Böttger legte fünf umfangreiche, mehrfach verlegte, vielfach beachtete Biographien bzw. Monographien vor, die sich nicht in erster Linie an die Fachwelt, sondern an einen großen Leserkreis wandten, wie "Theodor Storm und seine Zeit" (1958), "Grabbe - Glanz und Elend eines Dichters" (1963) und "Karl Immermann - Im Schatten des schwarzen Adlers" (1967). 1990 erschien Böttgers umfängliche Monographie "Hermann Hesse. Leben, Werk und Zeit" (1974) in einer stark veränderten 7. Auflage. Der Biograph vermittelte das Gesamtbild einer Epoche, in der sich eine Vielzahl historischer und privater Probleme Hesses bis in die Jahre nach 1945 reflektierten, wobei auch dessen Werke akribisch analysiert wurden. Nachdem drei Auflagen von Böttgers Monographie "Bettina von Arnim - Ihr Leben, ihre Begegnungen, ihre Zeit" (1986) im Verlag der Nation erschienen waren, brachte der Scherz-Verlag München 1990 eine Lizenzausgabe heraus. Der Autor erlag nicht der Materialfülle und wußte ein differenziertes Bild der "romantischen Briefschreiberin" zu vermitteln, die außerdem zahlreiche sozialkritische Schriften verfaßte und sich trotzdem nicht als Frauenrechtlerin empfand.

1990 erschien Böttgers biographischer Essay über den Leipziger Kunsthändler Heinrich Barchfeld in einem Band "Künstlerbriefe". Der Schriftsteller und Herausgeber errang vornehmlich mit seiner Hesse- und Bettina-Monographie auch international Beachtung. Sein sensibles Gespür für Wiederzuentdeckendes, für differenzierte Neubewertung machte ihn zu einem literarischen Schatzsucher. Als Herausgeber war Böttger vorrangig bemüht, mit Kommentaren und Interpretationen Lesehilfen zu geben und letztlich als Mittler zu wirken.

Dieter Fechner

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Eberhard Panitz: Dresdner Novelle 1989

Die DDR brachte eine ganze Generation namhafter und populärer Schriftsteller mit festen Standpunkten hervor. Einer von ihnen ist Eberhard Panitz. Viele ältere DDR-Bürger kennen seine Bücher, von denen mehrere durch den Deutschen Fernsehfunk verfilmt wurden. Nach 1989 mußte sich Panitz "selbst neu finden". Er blieb der Sache des Fortschritts treu.

Anfangs veröffentlichte er kleinere Arbeiten, dann griff er wieder geschichtsträchtige Themen auf.

In der "Dresdner Novelle 1989" geht es um die Ereignisse jenes Herbstes. In der Rahmenhandlung erzählt der Autor das Schicksal der blinden Inge Jonas, die kurz vor Kriegsende als Fünfjährige erlebte, wie die Mutter vom eigenen Vater angeschossen wird. Die Kugel trifft sie zwar nicht tödlich, zerstört aber den Sehnerv. Ihre Mutter stirbt.

Dieses Schicksal war kein Einzelfall. Aus Furcht vor Vergeltung brachten viele Nazigrößen ihre ganze Familie um. Rotarmisten fanden Inge, sowjetische Ärzte operierten sie, ohne ihr das Augenlicht wiedergeben zu können. In der DDR studierte sie und schrieb auch Märchen.

Der Vater setzte sich nach dem Mord in den Westen ab und galt fortan als "gefallen". Im Frühherbst 1989 stand er plötzlich wieder vor Inges Tür. Er witterte Morgenluft und wollte die Behörden der Noch-DDR zur Herausgabe ihn belastender Akten nötigen.

Inges Journalistenfreunde stehen ihr in Momenten des Zweifelns und der Angst zur Seite. Panitz bringt deren Gedanken und Überzeugungen feinfühlig zum Ausdruck, was den Wert des Buches ausmacht. Übrigens beging der Vater nicht nur in der Nazizeit Verbrechen, sondern stand auch als Fotoreporter im Vietnamkrieg auf der Seite von Henkern. Seine Untaten konnten vom MfS der DDR zwar noch aufgeklärt werden, eine Ahndung war aber nicht mehr möglich.

Die Bücher des Eberhard Panitz haben das Zeug zu Bestsellern. Doch an Prinzipien festhaltende Literatur hat hierzulande und heutzutage kaum eine Lobby. Gerade deshalb verdient die "Dresdner Novelle 1989" nachhaltige Erwähnung.

Rosemarie und Wolfgang Nicolas, Stralsund

Eberhard Panitz, Dresdner Novelle 1989, Berlin 2009, 14,90 €,
Verlag Am Park in der edition ost, ISBN 978-3-89793-232-6

Raute

Inhaltsreiche Verse und sinnentleerte Reime

Aufrüttelndes und Entmutigendes

Ich hör den Herzschlag der Oktobertage!
Es ist dein Herz, das so gewaltig schlägt.

(Max Zimmering über Lenin)


Was ist die Zeit verdreht, überall wird gegen etwas gestreikt und für etwas demonstriert, aber alles ganz ohne Soundtrack. Was konnten die Bundesbürger doch in den 70er Jahren für herrliche Melodien mitschmettern. Da gab es die politischen Wichtigtuer BAP und Lindenberg, die Sprachgesellen Bots und erst recht die singenden Barden Degenhardt, Wader, Wecker und auch ein bißchen Mey. Der andere deutsche Staat, DDR genannt, war regelrecht ein Paradies für Fans der politischen Melodien. Jede Rockcombo hatte einen Politsong. Außerdem gab es die verschiedensten Singegruppen - erwähnt seien der Oktoberklub, Jahrgang 49 und der Singeclub Ernesto Che Guevara in Dresden.

Zunächst trat noch Wolf Biermann auf. Nach seinem Übertritt in den gelobten Westen war es mit der wohltuenden Stille gleich wieder vorbei, zumal ihn der "Spiegel" für sich entdeckte - eine Art Zentralorgan sich liberal gebender Konservativer. Der Westen durfte ihn nicht abschalten, aus Gründen der "Demokratie".

Wurde während allgemeiner Proteste in Mikrophone gerufen, konnten die Akteure immer damit rechnen, daß nach ihnen besonders rote Gedichte an die Hörer herangetragen und begeistert bejubelt wurden. Man streckte die Faust gen Himmel und verkündete:

Bei uns hat jeder die Freiheit
Reich zu werden, wenn er Geld hat
Bei uns hat jeder die Freiheit
Sein eigener Herr zu sein,
wenn er Friedrich Flick heißt

Oder sogar beide Fäuste gen Mond und Sonne bei:

Dem Morgenrot entgegen,
ihr Kampfgenossen all!
Bald siegt ihr allerwegen,
bald weicht der Feinde Wall!

Wer außerdem das Herz ganz links trug, der rief mit lauter Stimme:

Partei heißt Leidenschaft und Glut
und an der Spitze gehen,
heißt Wissenschaft, Elan und Mut
und kühn vorauszusehen.

Was brauchte der Demonstrant mehr?

Auf die Dichter und Denker, deren Namen immer noch wie Donnerhall klingen, war Verlaß, ob nun Johannes R. Becher, Max Zimmering, Erwin Strittmatter, Claus Hammel oder Karl-Heinz Thiele, dessen Worte unvergessen sind:

Lernt im Geiste Thälmanns kämpfen für
die junge Republik / Unsere Zeit braucht
Herz und Hände, und der Frieden braucht
den Sieg.

Daß in der heutigen Zeit noch politische Gedichte entstehen können, wollte Tom Schulz beweisen, der in dem Band "Alles außer Tiernahrung" (Rotbuch-Verlag) neue Verseschmiede dieses Genres zusammenführte. Natürlich kommen irgendwie die typischen Worte zum Vorschein, die ein politisches Gedicht erst so richtig gewichtig machen: rot, Kapitalismus, Kampf, Rüstung, Krieg, Frieden, dazu allerdings auch Windpocken und die Neuschöpfung "Mediendemokratie-Mastschwein".

Anfangen kann aber kein Kampfschwein etwas mit diesem neumodischen Kram, er reimt sich nicht, bereits der erste Redner würde grandios scheitern:

Well, kulturmanagement, so neues pfaffentum
auf dörfern, also
übernahmephantasien, traurige
augen, die menschenscheiße, psychedelic

Erst recht bei:

Es ging darum, eine molekulare
Heimat zu finden.
Und darum, für den Weg dorthin
atheistische Propheten
Anzufordern, sie und ihre schmackhaft
bitteren Oblaten
Aus Essenz. Und sich vorzubereiten
auf die Ankunft in
Einer semanitischen oder einfach
nur echten Nova.

Und rasch noch ein weiteres Beispiel für "Neuschöpfungen" dieser Art:

Grüne Gespräche, Glatteis, kein Durchkommen.
Regalbretter bis China, handgefertigt
und mit Fremdsprachkenntnissen,
Weltfrieden und Fernsehempfang

Verdammte dieser Erde, wer kann denn nach solchen Zeilen auch nur einen Schritt marschieren, seinem Gegner die Faust zeigen oder laut eine Botschaft rufen? Revoluzzer würden nach den ersten Worten scheitern und sich freiwillig von der mitgereisten Polizei verhaften lassen. Die für dieses Büchlein zusammengeklaubten "politischen Poeten" haben im wirklichen Leben wohl kaum etwas mit Kampf und Revolution zu tun. Sie arbeiten friedlich und versöhnt als Buchhändler, Übersetzer, Yogalehrer, Dichterin und Mitbegründer irgendwo am Stadtrand von Augsburg. Leben können sie von gut dotierten, aber weithin unbekannten Preisen: Joseph-Breitbach-Preis, Reinhard-Prießnitz-Preis, Wolfgang-Weyrauch-Preis und dem Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium. Oder sie stehen eben in einer Anthologie mit neuen "Werken". Warum ich das überhaupt erwähne? Na, weil dies Büchlein viel mit unfreiwilliger Komik zu tun hat und mich beim Lesen und Blättern öfters laut auflachen ließ, obwohl ich eigentlich hätte kämpfen müssen.

Thomas Behlert, Gotha

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Archies "Bewährung in der Produktion"

Es war nach 1945. Vom großen Fenster seiner Schulbank im Lausitzer Industrie-Dorf aus war der riesige Viadukt, diese ihm gigantisch erscheinende Eisenbahnbrücke, zu sehen. Dahinter erhob sich ebenfalls beeindruckend und mit dichtem Nadelwald bestanden der Klosterberg. An seinen Fuß geschmiegt lag das Häuschen, in dem Archies Eltern die obere Etage bewohnten, zwangsweise eingewiesen sozusagen, als sich die Familie wieder komplettiert hatte, da der Vater nach langem Umherirren wieder zu ihnen gestoßen war und einstweilen Arbeit auf eben diesem Viadukt und dem Güterbahnhof gefunden hatte. Er war nicht im Krieg, sondern bei den Faschisten inhaftiert, hatte die Gestapo-Keller jedoch überlebt, war dadurch hart geworden, auch zu seinem Sohn.

Nach Abschluß der Volksschule in diesem von Steinbrüchen geprägten Dorf hatte Archie eine Delegierung zur Oberschule in der Kreisstadt unterm Arm. Der Vater war jedoch dagegen, zeigte das aber nicht offen vor seinen Genossen. Er hatte schlechte Erfahrungen mit Sozialdemokraten und Intellektuellen gesammelt. Insgeheim verachtete er sie, ohne dabei unsachlich zu werden. Doch die Abneigung saß tief. Er hielt Intellektuelle für politisch wankelmütige Weicheier, die beim ersten Windstoß umzufallen drohten, Sozialdemokraten gar für Speichellecker zu Füßen der Reichen, für aalglatt und doppelzüngig. Hätte er den Begriff "Madenhacker des Kapitals" schon gekannt, wäre ihm dieser bestimmt sympathisch gewesen.

Und nun schickte sich ausgerechnet sein eigener Sohn an, ein Intellektueller zu werden, wollte er doch auf die Oberschule, wo früher nur Bürgersöhnchen mit bunten Mützen zu finden waren. Gymnasiasten eben. An eine eigene sozialistische Intelligenz dachte er damals nicht. Er erzählte von der harten Schule des Lebens, die er in Breslau als Ofensetzerlehrling durchlaufen mußte, mit Schamottesteinen auf einer Trage im Kreuz ständig die Treppen hinauf bis in den 6. Stock. Da fingen die Knochen an sich zu verbiegen. Den bescheidenen Verdienst mußte er zu Hause als Kostgeld abgeben. Sein Sohn Archie möge doch auch einmal etwas zum Familienbudget beisteuern, ganz einfach.

Eine ähnliche Haltung fand Archie später bei bestimmten Funktionären wieder, und es wurden in der Folgezeit oftmals Studenten in die Produktion geschickt, die - aus welchen Gründen auch immer - irgendwie in Mißkredit geraten waren. Sie sollten bei der Arbeiterklasse in die Schule gehen.

Archie erzählt das ohne Häme. Dem Vater steckte noch der Knast in den Knochen, das Geld war knapp, als Flüchtlingen fehlte es ihnen fast an allem. Mutter hatte noch keine Arbeit als Zuverdienst gefunden und der Herr Sohn wollte weiter die Schulbank drücken, Däumchen drehen sozusagen - jedenfalls in den Augen des Vaters. Aber der Schornstein sollte rauchen, Holz mußte her, an Kohle war nicht zu denken in diesen ekelhaft bitterkalten Nachkriegswintern. Schuhe, eine warme Joppe wurden gebraucht und vieles mehr. Später, als Volkspolizist, konnte sein Vater als unbestechlicher Vertreter der neuen Staatsmacht bei der Bevölkerung auch nicht immer mit Entgegenkommen rechnen.

Archie wollte sich auf die Oberschule vorbereiten, kam sich aber wie ein Schmarotzer vor und entschied, für einige Zeit in den Steinbruch als Hilfsarbeiter zu gehen. Der Vater schickte ihn quasi in die Produktion, nötigte ihn moralisch dazu. Heute kann Archie natürlich die Haltung des Vaters zur Sozialdemokratie in gewisser Weise nachvollziehen. Es legt sich einem schwer auf den Magen, wenn man die Vertreter der SPD in Polit-Talkshows erlebt, wie sie dabei mitmachen, dem Volk die Augen zu verkleistern. Ohne Erbarmen.

Die Mutter hatte Angst um Archie, weil in den Steinbrüchen damals immer wieder Arbeitsunfälle passierten - wegen veralteten Geräts, mangelnder Materialqualität und ungenügender Erfahrung. Die alten Fachkräfte waren meist im Krieg geblieben oder noch in Gefangenschaft, aber Granit wurde beim Wiederaufbau gebraucht.

Als er das erste Mal an der Talsohle des großen Steinbruchs "Bolbritz" stand, so hieß der, kam er sich wie eine Ameise vor. Bislang hatte er nur stillgelegte Brüche voller Grundwasser gekannt, zugewachsen mit Birken und anderem Grün, die als Badeseen auf eigene Gefahr dienten. Es war so, als wollte der Klosterberg die Wunden, die man ihm geschlagen hatte, wieder schließen.

Jugendliche ließen sich zu haarsträubenden Mut- und Kraftproben hinreißen, sprangen vom obersten Rand tief hinunter, rutschten beim Anlauf dabei oft ab, drehten sich, machten schmerzhafte "Bauchklatscher". Auch lag noch Munition in den Wäldern um den Klosterberg verstreut. Jede Sprengung war riskant. Es rankten sich Legenden um die geheimnisvollen Orte. So war die Zeit damals.

Als Archie vor der großen "Bolbritz" stand, dem Bruch, der noch in Betrieb war, wußte er nicht, worauf er sich da einließ. Es war ein Knochenjob, so würde man heute sagen, draußen bei Wind und Wetter, körperlich hart und anstrengend, mit ständiger Verletzungsgefahr, wenn die plumpen Handschuhe verrutschten. Dazu kamen Krach, in alle Poren dringender Feinstaub, riesige Dreckwolken bei Sprengungen mit viel Schwarzpulver, dessen Transport der Volkspolizist, Archies Vater, überwachen mußte. Beim Abendbrot sagte dieser: "Der Sprengmeister meinte, mein Sohn macht sich gar nicht so schlecht. Er hat ein gutes Auge für den Stein und seine Maserung ..."

Archie war gerade dabei, seine Unterarme zu kühlen, die von der Berührung mit dem scharfkantigen Granit, eigentlich hieß dieser Stein anders, völlig zerschrammt waren, auch vom Aufladen der schweren Pritschen auf die Hunte, die Förderwagen. Dazu taten ihm Nacken und Rücken höllisch weh. Ohne die Solidarität der Kumpel hätte er nicht durchgehalten. Als sie sahen, wie er sich quälte, bauten sie ihn langsam mit Rat und Tat auf, ließen ihn bisweilen pausieren, arbeiteten für ihn mit, wenn er besonders durchhing. Immerhin hielt Archie die vier Wochen durch und verdiente Kostgeld, das die Mutter gar nicht haben wollte. Trotzdem war die Erfahrung im Steinbruch für ihn äußerst lehrreich. Es handelte sich gewissermaßen um seine "Bewährung in der Produktion".

Manfred Hocke

Raute

Leserbriefe an ROTFUCHS

Die westlichen Medien haben Kubas Hilfe für Haiti einfach ignoriert, doch langsam sickert die Wahrheit durch. Schon vor dem fatalen Erdbeben arbeiteten mehr als 300 kubanische Mediziner in Haiti und bildeten dort einheimisches Personal aus. Inzwischen haben kubanische Ärzte drei haitische Hospitäler und fünf Diagnostik-Zentren wieder funktionsfähig gemacht. Kuba lieferte 400.000 Ampullen Tetanus-Impfstoff in den von der Naturkatastrophe betroffenen Staat. 200 Ärzte, die in Havanna ausgebildet wurden, kamen aus 24 Ländern Afrikas und Südamerikas nach Haiti, um dort mit den Kubanern zusammenzuarbeiten.

Als Washington um die Erlaubnis ersuchte, den kubanischen Luftraum zu überfliegen, um Verwundete aus Haiti nach Florida zu transportieren, gab Raúl Castro sofort seine Zustimmung. Nach Auffassung von Richard Gott, früher Auslandsredakteur der britischen Wochenzeitung "The Guardian", sind die westlich kontrollierten Medien vorprogrammiert, alle Hilfsleistungen außer eigenen totzuschweigen.

David Sanders, Professor an der Universität Western Cape in Südafrika, bezeichnete es als eigenartig, daß die Anwesenheit Hunderter kubanischer Mediziner von den Berichterstattern einfach "übersehen" wurde. Die Haitianer wissen, wem viele von ihnen ihr Leben zu verdanken haben - ungeachtet der Nebelvorhänge imperialistischer Medien und ihrer Auftraggeber aus der Hochfinanz.

Dr. Vera Butler, Melbourne


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Ich schreibe diese Zeilen unter dem "Kreuz des Südens". Wir leben jetzt auf der zu Frankreich gehörenden und im Indischen Ozean gelegenen Insel La Réunion. Dieser Brief erreicht Euch also aus einer Entfernung von rund 11.000 km. La Réunion, wo die jüngsten Regionalwahlen aufgrund getrennten Auftretens der Linksparteien die Rechte begünstigten, gilt dessenungeachtet als "rote Hochburg". Es gibt sieben kommunistisch und fünf sozialistisch verwaltete Kommunen, hinzu kommen noch neun mit von beiden Parteien tolerierten Bürgermeistern. Die letzte Europawahl gewann für die Übersee-Departments Frankreichs übrigens ein Kommunist aus La Réunion: Elie Houraou.

Ein Wort zur BRD: Man sollte jeden Abgeordneten der Partei Die Linke einmal fragen, wer von ihnen noch den Kapitalismus wirklich total abschaffen will. Ich denke dabei an Dr. Gesine Lötzsch und noch ein paar andere, auch an den Grünen Christian Ströbele. Der überwiegende Teil will sich mit der Sozialdemokratie an seinem "Krankenbett" engagieren.

Meine Mutter war eine tschechische Kommunistin. Sie hat mir rückblickend auf die Ereignisse im Sudetenland 1938, als nicht wenige ausländische und tschechoslowakische Sozialdemokraten eine üble Rolle spielten, gesagt: "Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten." Dabei zolle ich vielen Sozialdemokraten, die im Geiste August Bebels und Wilhelm Liebknechts oder des 1914 ermordeten Franzosen Jean Jaurés einen verzweifelten Kampf gegen das raffgierige Kapital führten und führen, meine Hochachtung. Jenen ehemaligen PDSlern aber, die heute im "Ringen" mit dem "verfaulenden" Kapitalismus kungeln, sei gesagt: "Wer mit dem Teufel essen will, muß einen langen Löffel haben."

Major a. D. der NVA Dr. med. Hans-Dieter Hoffmann, Piton-Saint-Leu, La Réunion


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Ich erhalte den "RotFuchs" regelmäßig und lese die sehr eindrucksvollen, vielseitigen Materialien mit großem Interesse. Leider habe ich inzwischen Deutsch etwas verlernt, so daß ich öfter das Wörterbuch zur Hand nehmen muß. Das erschwert natürlich meine Arbeit mit der Zeitschrift. Ich schicke Ihnen einige Ausgaben unserer Publikation. In Nummer 3-4/2009 erschien auf der Titelseite meine Übersetzung des RF-Artikels von Dr. Rudolf Dix "Klassiker des Marxismus".

Einen besonders herzlichen Gruß an Genossen Klaus Steiniger und natürlich Dank für die herrliche Zeitschrift. Ich bin Vorsitzende des Koordinierungsrates der Gesellschaft "Lenin und das Vaterland" und Redakteurin der gleichnamigen Zeitung.

Irma Nikolajewna Kowaljowa, Moskau


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Ich kann Euch mitteilen, daß wir in Bochum unser DDR-Kabinett eröffnet haben. Pünktlich zum Tag der NVA, am 1. März, ging damit ein Traum in Erfüllung. Wir hoffen, daß das reichlich ausgestattete Kabinett dazu beiträgt, ein Stück DDR in den Köpfen und Herzen der Menschen zu bewahren. Die ersten Besucher, Bochumer Genossinnen und Genossen, waren sehr angetan. Als Hintergrundinformation läuft in einem der Räume auch die RF-Filmdokumentation zum 60. Gründungstag der DDR.

Die Arbeit geht natürlich weiter. Es gibt noch viel zu sichten und zu archivieren, außerdem fehlt vorerst so manches.

Die Ausgaben des RF liegen natürlich aus, und wir hoffen, daß es uns gelingt, neue Leser und Förderer für diese unentbehrliche Zeitschrift zu finden.

Andreas Maluga, Bochum


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Ich freue mich, jetzt auch zu den RF-Abonnenten zu gehören. Mit großem Interesse las ich den Artikel "Wem ich meine Freiheit verdanke ... Angela Davis schrieb des Vorwort zum Prozeßbericht Klaus Steinigers." Auch wir in Bremen-Nord haben Anfang der 70er Jahre Flugschriften verteilt und Solidaritätsspenden für unsere Angela gesammelt. Einfach phantastisch war die umfassende Solidarität der Menschen in der DDR.

Um so empörter war ich, daß der Dresdner Schriftsteller Durs Grünbein eine Ehrung in der Frankfurter Paulskirche mißbrauchte, um den jüdischen Kommunisten und Widerstandskämpfer Hermann Axen zu beleidigen. "Ein echter Bonze mit Schmalzgesicht", gab er von sich. Grünbein gehört übrigens der Akademie der Künste in Berlin an.

Anfang Mai 1986 habe ich als Gast des Hamburger Parteitags der DKP Hermann Axen, der dort die SED vertrat, erlebt. Auf seinem Unterarm sah ich die eingebrannte Häftlingsnummer des Vernichtungslagers Auschwitz.

Gerd-Rolf Rosenberger, Bremen


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Im Oktober 2009 hielt ich zum ersten Mal den RF in Händen. Das war für mich wie ein kleines Wunder: Da gibt es eine Zeitschrift, deren Artikel und Leserbriefe meine Meinung widerspiegeln. Ich hatte noch nie zuvor etwas vom RF gehört. Plötzlich fühlte ich mich mit meinen Ansichten nicht mehr so allein. Nun warte ich jeden Monat ungeduldig auf die neue Ausgabe. Zuerst lese ich die letzten Seiten, dann den Rest.

Im März-RF fand ich den Artikel "Dichtung und Wahrheit" von Dieter Dethloff. Ich möchte ihn um eine Anekdote ergänzen. Zur Zeit der "Wende" saßen wir täglich vor dem Fernseher und verfolgten bangen Herzens die Entwicklung. In einem Interview oder einer Gesprächsrunde tauchte ein uns bis dahin völlig unbekannter Herr Gauck auf. Er schwadronierte über "den Westen". Ganz vorsichtig fragte ihn der Moderator, was er vom Neofaschismus in der BRD halte. Die Antwort kam prompt: "Aber das ist doch nur eine lächerliche Randerscheinung!" Wir schauten uns an, und meine damals 72jährige Mutter sagte ganz ruhig: "Dieser Bursche macht seinen Weg. Der wird etwas ganz Großes. Solche Leute brauchen die."

Als einige Zeit danach im Westen ein Haus mit türkischen Bewohnern angezündet wurde und viele Menschen, darunter auch Kinder, starben, meinte meine Mutter: "Das ist so eine 'lächerliche Randerscheinung'." Seit jener Zeit wurde der Name Gauck bei uns nie mehr genannt. Er hieß nur noch: "Die lächerliche Randerscheinung."

Ingrid Lämmrich, Dessau-Roßlau


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Ich bin seit Jahren ein treuer Leser des RF und fiebere schon immer der nächsten Zusendung entgegen. Artikel und Leserbriefe begeistern mich stets aufs neue. Obwohl ich erst 42 bin, kann ich bereits auf ein bewegtes und schönes Leben in der DDR zurückblicken. Die Forderung der vorgeblichen Ultra-Feministin Alice Schwarzer, den Internationalen Frauentag abzuschaffen, finde ich empörend. Die Frauen in der DDR feierten diesen Tag nicht nur so, sondern beteiligten sich auch aktiv am Aufbau des Landes. Meine Mutter war Aktivistin der sozialistischen Arbeit. Für mich ist sie eine Frau, auf die ich sehr stolz bin. Leider starb sie viel zu früh.

Ich möchte gern Mitglied des RF-Fördervereins werden.

Mario Landgraf, Greußen


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Ein Wort zur Rezension Arno Reinholds "Eine Heldin der Arbeit".

Renate Fölsch war eine hervorragende Eisenbahnerin und die einzige Frau an der Spitze einer Reichsbahndirektion. Doch so wie sie gab es im Ergebnis der DDR-Frauenförderung weitere Eisenbahnerinnen in leitender Position. Meine Frau war z. B. als Ingenieur-Ökonom des Transportwesens und Reichsbahn-Hauptrat an der Seite weiterer tüchtiger Kolleginnen in verantwortlichen Funktionen des Ministeriums für Verkehrswesen und anderer Dienststellen tätig.

Dr. Werner Ettelt, Berlin


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Das rote Füchslein ist mittlerweile zu einem nicht mehr wegzudenkenden Teil meines Lebens geworden. Dank allen, die daran mitarbeiten!

Brunhilde Notroff, Seewald-Besenfeld


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Sehr gerne möchte ich Ihr Magazin monatlich lesen, da der "RotFuchs" eine Bereicherung für meine politische Arbeit ist und andererseits zur Auffrischung, Aufarbeitung und Intensivierung meines geschichtlichen Hintergrundwissens beiträgt, einschließlich meiner Kinder- und Jugendzeit, die ich bis zum 24. Lebensjahr in der DDR verbracht habe, worauf ich heute mit Stolz zurückblicke.

Kerstin Sterzenbach, Heidelberg


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Manchmal, wenn ich im RF Beiträge lese wie die von Ulrich Guhl ("Die Würde des alten Krans") und Dr. Hermann Roth über den einstigen VEB Elektrokohle, kommen mir die Tränen. Was haben Gier und Dummheit nur vernichtet! Mich packt die Wut, wenn ich mir dann immer noch das Geschwätz vieler ehemaliger DDR-Bürger anhören muß, die keine passende oder unpassende Gelegenheit auslassen, Negatives "aus tiefsten DDR-Zeiten" aufzuzählen. Am liebsten würde ich den Artikel "Dichtung und Wahrheit" von Dieter Dethloff über Einkommen und Preise in der DDR auf Flugblätter drucken und vom Himmel regnen lassen. Aber nützen würde das auch nur bei echter Unwissenheit, nicht aber bei jenen, welche sich die Grundeinstellung "Wes Brot ich ess', des' Lied ich sing'" zu eigen gemacht haben.

Ewa Babarnus, Berlin


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Meine Meinung zu dem Artikel Ulrich Guhls "Aufstieg um jeden Preis ­..." im März-RF. Eine interessante Betrachtung, die viel Wahrheit enthält. Mir fehlt jedoch ein Aspekt. Die Förderung von Kadern erfolgte in vielen Fällen mehr unter dem Gesichtspunkt persönlicher Ergebenheit und weniger unter Berücksichtigung fachlicher, menschlicher und politischer Eignung. Das ging so bis in die höchsten Stellen. Darin sehe ich einen wesentlichen Grund dafür, daß sich die "jeweiligen Funktionäre", wie Ulrich Guhl formuliert, entwickeln und halten konnten. Sie waren mit Lippenbekenntnissen zufrieden und konnten in aller Ruhe ihr Beziehungsgeflecht ausbauen.

Solche Gestalten stellten eine schwere Belastung für alle Menschen dar, die ihr Herzblut für unsere Gesellschaft gaben und heute dafür büßen müssen. Nicht wenige aus dem Kreis dieser "jeweiligen Funktionäre" haben sich inzwischen in der neuen alten Welt trefflich eingerichtet.

Otto Karl, Dresden


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Zu dem Beitrag von Ulrich Guhl im März-RF: Ich stimme bei vielen kritischen Bewertungen negativer Entwicklungen in der DDR mit ihm überein. Jedoch teile ich nicht die zur Überbetonung tendierende Ansicht des Autors, Angela Merkel sei "ein Kind der DDR" gewesen. Nach ihren eigenen Aussagen gegenüber Günter Gaus gab die in Hamburg gebürtige Pfarrerstochter zu Protokoll, daß Anpassung von klein auf, maßgeblich durch die Mutter anerzogen, zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden sei. Sie, die in der DDR aufwuchs, lernte durch ihr Elternhaus weniger den Alltag der DDR in seinem inneren Zusammenhang kennen, sondern mehr die vordergründige Anpassung.

Sie wollte nicht wie die anderen Pfarrerskinder Theologie studieren. Dank staatlicher Förderung konnte sie in der DDR promovieren und am Zentralinstitut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin eine Stelle finden. Die Tatsache, daß Angela Merkel eine zusätzliche Ausbildung in der UdSSR in Anspruch nahm, zeugt von ihrem ausgeprägten Aufstiegsbewußtsein. Ja, "Aufstieg um jeden Preis".

E. Rasmus, Berlin


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Die RF-Regionalgruppe Schwerin und die dortige Arbeitsgemeinschaft Cuba si hatten am 6. März gemeinsam zu einer Veranstaltung mit dem Kulturattaché der Republik Kuba in der BRD, Nelson Varona Rodriguez, eingeladen. Über 50 Teilnehmer verfolgten die Ausführungen des Gastes. Trotz massiven politischen und wirtschaftlichen Drucks der USA bleibt Kuba der Sache des Sozialismus treu. Der Diplomat versprach zu prüfen, ob im Rahmen der anstehenden 850-Jahr-Feier Schwerins auch ein kubanisches Kulturprogramm angeboten werden kann. Die Anwesenden spendeten 156 Euro für die Insel der Freiheit.

Ursula Marek, Schwerin


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Man läßt nichts unversucht, uns hinters Licht zu führen. Der am 17. März in der ARD gezeigte Film über Rosa Luxemburg ist ein weiteres Beispiel. Ein Pathologe, der sich als Historiker ausgibt, will die Kommunistin jetzt an einem Torso identifiziert haben. Ein Radiologe schloß das einwandfrei aus, da der Torso deutlich größer als der Rosa Luxemburgs sei. Auch andere Experten bestätigten diese Aussage. Die Bourgeoisie will uns einreden, wir wären 90 Jahre lang zum Grab einer Unbekannten gepilgert und hätten uns dort verneigt. Das Ziel liegt auf der Hand: Man will uns die proletarischen Gedenktage nehmen.

Liesel Bauer, Dormagen


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Mitte April jährte sich zum 85. Mal die Eröffnung des Kinderheims der MOPR in Elgersburg. Heute ist es das "Haus am Wald". Der Freundeskreis des Kinderheims MOPR i. G. hatte aus diesem Anlaß am 17. und 18. April zum Besuch des traditionsreichen Hauses eingeladen. Unter dem Motto "Erinnern heißt Zukunft" trafen sich interessierte Freunde der wechselvollen Geschichte des Hauses und seiner Bewohner im Rahmen eines kleinen Programms zu Gesprächen und Diskussionen. An der Wiege des Kinderheims standen Albert Einstein und Clara Zetkin, Thomas Mann, Hermann Duncker und Wilhelm Pieck. Vor allem jedoch Hunderttausende Frauen und Männer der Internationalen Roten Hilfe, deren russische Abkürzung MOPR lautet. Sie waren es, die mit ihren solidarischen Geld- und Sachspenden sowie handwerklichen Leistungen die Existenz des Heims ermöglichten.

Elke Pudszuhn, Zella-Mehlis


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Zwei Beiträge in der März-Ausgabe des RF ("Bei Leuna sind viele gefallen ..." und "Vor 90 Jahren scheiterte der Kapp-Putsch") berühren mich ganz persönlich. Mein Vater, der Schmied Alfred Pütter, war einer der Kämpfer gegen die Arbeitermörder in der Weimarer Republik. Bereits 1911 nahm er als 18jähriger an einem Fabrikarbeiterstreik teil. Der Erfolg blieb aus. Gemeinsam mit seinem Bruder Max und vielen anderen wurde er ausgesperrt. 1913 befahl man ihn zum Militär. Ein Jahr später mußte er für Kaiser und Reich seine Haut zu Markte tragen.

Aus dem Krieg heimgekehrt, war er maßgeblich an der Gründung des Spartakusbundes im Bitterfelder Raum beteiligt. Er organisierte gemeinsam mit seinem Bruder und anderen Genossen die Zerschlagung der Kapp-Putschisten in Bitterfeld und Delitzsch. Schließlich kämpfte er im Raum Halle-Leuna in den Reihen der mitteldeutschen Arbeiter gegen die schwerbewaffneten Polizeitruppen jener Zeit.

Dr. Wolfgang Pütter, Berlin


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Der "RotFuchs" ist nicht nur ein Lichtblick im überwiegend finsteren Blätterwald der BRD. Er ist vor allem auch eine Plattform konstruktiven Meinungsstreits zu Fragen der aktuellen Klassenauseinandersetzung. Der RF knüpft aber auch gedankliche Kontakte zu und zwischen ehemaligen Weggefährten.

Gleich zwei alte Bekannte, vor mehr als 40 Jahren Berufsbegleiter in Neubrandenburg, habe ich im Heft 146 wiedergetroffen. Von dem einen nahm ich etwas von seiner zupackenden Polemik mit (Manfred Bewersdorf); der andere half mir mit seiner geduldigen Beharrlichkeit bei Überzeugungsprozessen (Horst Parlow). Damals war ich der vorwiegend Lernende. Heute fühle ich mich ihnen als Gleichgesinnter und Mitstreiter verbunden. Ihre Beiträge im "RotFuchs" finden meine volle Zustimmung.

Hans-Dietrich Grundmann, Eberswalde


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Erstaunt las ich eine im ND vom 6./7. März erschienene Anzeige, mit der Deutschland-Radio Kultur für eine Hörspielproduktion Personen suchte, "die von der Stasi beobachtet wurden und deren Lebensmittelpunkt damals Berlin war". Diese sollten auch bereit sein, sofern noch nicht erfolgt, einen Antrag auf Akteneinsicht bei der Birthlerbehörde zu stellen.

Es ist ebenso unverständlich wie unverantwortlich, wenn sich ein Blatt, das als "Sozialistische Tageszeitung" firmiert, mit dem Abdruck einer Anzeige des Klassengegners als dessen Erfüllungsgehilfe erweist. Oder will das ND 20 Jahre nach der Vereinnahmung der DDR etwa so zur "Vergangenheitsbewältigung" beitragen?

Rolf Richter, Leipzig


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Im ND vom 15. März fand ich eine Zehn-Zeilen-Meldung mit der Überschrift: "Birthlers Material an den Schulen." Die BStU-Chefin und SPD-Schulsenator Zöllner von der "rot-roten" Berliner Stadtregierung haben inzwischen ein Kooperationsabkommen unterzeichnet, wonach die Firma Birthler Berliner Lehranstalten mit "Unterrichtsmaterial" zu unterstützen beabsichtigt. Warum will ausgerechnet diese Haßzentrale in den Schulbetrieb eingreifen? Ganz einfach: Gerade in ostdeutschen Familien erfahren die Kinder, daß das von den Fälschern dieses Schlages in die Öffentlichkeit getragene DDR-Bild nicht stimmt. Im BRD-Geschichtsszenarium besteht die DDR allein aus "Stasi, Mauerbau und SED-Diktatur".

In Frau Birthlers Schulmaterial dürften kostenlose medizinische Betreuung, niedrige Mieten, günstige Lebensmittelpreise und Tarife ebensowenig vorkommen wie die Abwesenheit von Arbeits- und Obdachlosigkeit.

Wilfried Steinfath, Berlin


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Auf dem Flohmarkt in Hannover entdeckte ich unlängst ein Straßenschild mit einer deutsch-sorbischen Aufschrift und dem Namen Dr. Richard Sorge. Seine in der DDR erschienene Biographie steht in meinem Bücherschrank. Im RF wurde von einem Moskauer Sorge-Museum berichtet. Mit diesem will ich Kontakt aufnehmen.

Edwin Wesemann, Hannover


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Wie viele andere Bezieher erwarte ich den RF Monat für Monat mit großer Spannung und lese trotz meiner schlechten Augen fast alle Beiträge. Die Leitartikel sind immer eine Wucht! Daß Frau Göring-Eckardt im Märzheft die Leviten gelesen wurden, hat mein volles Einverständnis. So oft ich sie im Fernsehen wahrnehme, geht mir der Hut hoch. Sie gehört wirklich in eine Reihe mit Birthler, Gauck und Knabe.

P. S.: Mein RF-Exemplar lesen nach mir noch mehrere andere. Bei meinem Urologen Dr. Slomka, einem Schüler von Moritz Mebel, liegt immer die neueste Nummer aus und findet reges Interesse.

Gernot Bandur, Berlin


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Ich habe heute den Leitartikel des neuen "RotFuchs" (Görings Rat) gelesen und dazu einige Fragen. Zuerst einmal heißt sie Katrin und nicht Karin, wie sie in Ihrem Artikel fälschlicherweise bezeichnet wurde. Ob Sie an dieser Stelle eine noch drastischere Verbindung zu Reichsfeldmarschall Göring aufbauen wollen, da seine Gattin Karin hieß, frage ich nicht.

Auch wird Frau Göring-Eckardt nur einmal ausgeschrieben und im folgenden Göring-E. genannt. Dies halte ich für volle Absicht und nicht etwa, um Zeichen zu sparen. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß Frau Göring-Eckardt lediglich den Namen ihres Mannes angenommen hat, ihren eigenen jedoch behalten wollte. Sie wurde als "Eckardt" geboren, und es läßt sich keinerlei Zusammenhang zu "Göring" herstellen. Auch ihr Ehemann, der nun Göring heißt, hatte nachweislich nichts mit dem oben erwähnen NS-Minister zu tun.

Mich würde interessieren, wie Sie dazu kommen, einen Artikel in einer frei zugänglichen Zeitschrift so miserabel zu recherchieren.

Johannes Göring, E-Mail


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Ohne den Wert anderer Artikel schmälern zu wollen, möchte ich besonders den Leitartikel "Görings Rat" und den Beitrag "Diener zweier Herren" von Prof. Meißner hervorheben. Solche Anpasser und "Jeder ist sich selbst der Nächste"-Typen gibt es leider in dieser Gesellschaft zuhauf.

Edith Döring, Leipzig


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Ich habe mich seit einiger Zeit mit der Frage beschäftigt, warum eine deutliche Mehrheit der DDR-Bürger den Anschluß an die BRD als problemlos eingeschätzt hat, wobei sie die seinerzeitige Arbeitslosenzahl-West von gut zwei Millionen überhaupt nicht störte. Diese Menschen glaubten offenbar, daß es sich bei den Erwerbslosen um eine fest umrissene Gruppe handelte, die einfach "keinen Bock" auf Arbeit hatte und auch so sehr gut leben konnte. Jeder, der im Westen Arbeit wolle, bekomme sie auch bei guter Bezahlung, glaubte man.

Bei meinen Nachforschungen habe ich nun festgestellt, daß dieser Irrtum auf dem raffiniertesten Statistiktrick der BRD-Medien beruht, den weder die Leute im Osten noch im Westen zu erkennen vermochten und vermögen. Nehmen wir das Jahr 2009: Monatlich wurden im Schnitt 3,3 Millionen Arbeitslose als "Bestand" erfaßt. Arbeitslos gemeldet haben sich hingegen im Vorjahr insgesamt 9,25 Millionen Personen, also 6 Millionen mehr, als die bürgerlichen Medien angaben. Addiert man diese "Vergessenen" über Jahre und Jahrzehnte, dann ergeben sich enorme Zahlen, welche die Mär von einer Stabilität der Firmen widerlegen.

Johannes Jakob vom DGB-Bundesvorstand antwortete mir auf meine diesbezügliche Anfrage am 9. Februar: "Sie haben völlig recht. Die Zahl der Menschen, die von Arbeitslosigkeit direkt oder indirekt betroffen sind, ist natürlich um ein Mehrfaches höher als die Zahl, die "runterfrisiert" monatlich veröffentlicht wird."

Joachim Spitzner, Leipzig


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In der Märzausgabe habe ich dankbar den Bericht zur Geschichte des Internationalen Frauentages gelesen. Der RF ist eines der wenigen linken Blätter, welche die diesbezüglichen Daten richtig übermittelten. Selbst die Partei Die Linke gab falsche Jahreszahlen an, was ich in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Tages für die Arbeiter- und Frauenbewegung, einst wie heute, bedauerlich finde.

Cornelia Noack, Beeskow


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Am 1. März, dem 54. Jahrestag der NVA-Gründung, veröffentlichte das ND unter der Überschrift "Militärverlag bei Eule" einen interessanten Bericht. "Der ehemalige Militärverlag der DDR ist zurück in seiner Heimat", heißt es in einer dort zitierten Erklärung von Generalen, Admiralen und Obersten a. D. der NVA. Es wird mitgeteilt, daß das 1956 gegründete Editionshaus von einem westdeutschen Unternehmen mit allen Rechten durch den Verlag Das Neue Berlin erworben wurde und innerhalb der Eulenspiegel-Verlagsgruppe fortgeführt wird. Der Militärverlag wolle sich auf die Wiederauflage von Werken fortschrittlicher deutscher und internationaler Militärs, die Geschichte der NVA und des Warschauer Vertrages, Autobiographien sowie die Auseinandersetzung mit der aktuellen Militärund Sicherheitspolitik konzentrieren, verlautete aus Kreisen der Eulenspiegel-Gruppe. Das wird von ehemaligen Berufssoldaten der NVA sehr begrüßt.

Oberst a. D. Dr. Dieter Langer, Königs Wusterhausen


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Die Anführer der kalten Krieger aus der BRD erklären jeden Tag, die DDR sei ein "Unrechtsstaat" gewesen. Im Umkehrschluß versichern sie uns, bei der BRD handele es sich um einen ausgesprochenen Rechtsstaat. Das stimmt: Die BRD ist tatsächlich ein Rechts-Staat. Dem gegenüber war die DDR stets ein Nicht-Rechts-Staat. Faschistische Umtriebe wie die der NPD und der Straßennazis wurden nicht geduldet. Das eigentliche "Unrecht" der DDR bestand ausschließlich in der Tatsache, daß sie dem Kapital in einem Drittel Deutschlands 40 Jahre lang Macht und Eigentum entzog. Es ging um Krupp und Krause!

Klaus Baunack, Berlin


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Frau Birthler hat sich dazu durchgerungen, die Notwendigkeit der Existenz des MfS der DDR anzuerkennen. Im Tätigkeitsbericht ihrer "Behörde" (BStU) für 2009 heißt es auf Seite 7: "... die BStU trägt dazu bei, Wissenslücken zu schließen ..., mit welchen Methoden ... das MfS tatsächliche und vermeintliche Feinde der DDR bekämpfte."

Der Rest des 167 Seiten umfassenden Berichts wimmelt von altbekannten Banalitäten.

Hans Schneider, Erfurt


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Heute ist ein besonderer Tag für mich. Soeben habe ich meinen Mitgliedsausweis vom RF-Förderverein erhalten. Ich verspreche Euch, mich im Rahmen meiner Möglichkeiten für unsere Sache einzusetzen. Endlich - nach 20 Jahren - habe ich wieder eine Aufgabe, die mir Spaß macht und uns allen dient.

Hans-Jürgen Langer, Pöhl


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Im Januar-RF wurde der von mir sehr geschätzte DDR-Schriftsteller Wolfgang Schreyer, dessen Bücher auch von uns "roten Brüdern" im Westen verschlungen wurden, gewürdigt. Allerdings geschah das in der Vergangenheitsform, und die Aufzählung seiner Werke endet mit dem 1987 erschienenen Roman "Der sechste Sinn". Schreyer veröffentlichte jedoch mit seinem Sohn Paul im Herbst 2006 den brisanten und höchst aktuellen Roman "Die Legende", in dem verschiedene Aspekte des Anschlags auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001 spannend beleuchtet werden. Der früher für ein Millionenpublikum schreibende Autor mußte den unbequemen Roman im Selbstverlag herausbringen.

Heinz W. Hammer, Essen

Bemerkung der Redaktion: Eine "Die Legende" betreffende Passage im Beitrag Dieter Fechners mußte aus Platzgründen leider gestrichen werden.


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Mit Freude habe ich den Beitrag Dieter Fechners über Joachim Wohlgemuth gelesen. Im Mai 1959 arbeitete ich mit einer FDJ-Brigade aus dem Kreis Prenzlau vier Wochen im Jugendobjekt "Friedländer Große Wiese". Zur selben Zeit befand sich auch Joachim Wohlgemuth im Lager. Als ich den Film "Egon und das achte Weltwunder" im DDR-Fernsehen sah, empfand ich das als eine detailgetreue Würdigung unserer Arbeit.

Klaus Feldhacke, Berlin


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Den Artikel über Joachim Wohlgemuth im März-RF habe ich mit großem Interesse gelesen. Ich selbst war an der Trockenlegung der Friedländer Großen Wiese beteiligt. Allerdings bin ich davon überzeugt, daß Wohlgemuth die Ereignisse der Jahre 1989/90 weder als "Wende" noch als "gesellschaftliche Rückwende" betrachtet haben dürfte, sondern als Konterrevolution, die leider für das kapitalistische Gesindel siegreich ausging.

Wolfgang Zierold, Oelsnitz/E


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Wie immer freue ich mich über jede neue Ausgabe des RF. Im März sprach sich Kai Bergmann aus Mahlow für die Einführung einer Rubrik "Marxistisches Grundwissen" in der Zeitschrift aus. Diesen Vorschlag möchte ich nachdrücklich unterstützen. Besonders für junge Menschen sind manche RF-Beiträge vielleicht zu wissenschaftlich angelegt oder setzen Dinge voraus, die sie gar nicht wissen können. Deshalb würde es den "RotFuchs" weiter aufwerten, wenn er eine ständige Folge nach dem Motto "Abc des Marxismus" einführen würde.

Dr. Manfred Graichen, Berlin


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Im RF 145 berührt den ahnungslosen Leser erst nach mehrmaliger Lektüre "Der Song vom allerschönsten Sterben". Beim zweiten Mal begreift man, wovon die Rede ist. Dann aber erschauern Mark und Bein!

Rudi W. Berger spricht uns direkt an: "Wovon ich rede? Du hast keine Ahnung? Schont Dich Deine Jugend oder die Gnade des Vergessens? Mich nicht!"

Die Jugend hat mich in der Tat davor bewahrt, doch vergessen habe ich das als Kind in Krieg und Nachkrieg Erlebte nicht. Ich lernte später viele "Helden" des II. Weltkrieges kennen, die wie Rudi W. Berger im "ärgsten Dreck" gelegen haben.

Beim Weiterlesen schweiften meine Gedanken vom Text ab. Ich sah mich in den 50er Jahren mit anderen Studenten auf einem Friedensmeeting in Dresden. Einer der prominenten Redner war der kleine Otto Buchwitz mit der großen Stimme. Seine aufrüttelnden Worte habe ich nicht vergessen: "Imperialismus, imperialistische Raub- und Eroberungskriege sind ein Meer aus Blut und Tränen! Menschen aller Länder, vergeßt das nie! Denkt immer daran!"

Hans Morgenstern, Dresden


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Presseartikel informieren ständig über die Ursachen des Ärztemangels in den sogenannten neuen Bundesländern. Er schlägt sich in Behandlungsausfällen und Therapieverzögerungen mit zum Teil ernsten Folgeschäden ebenso nieder wie in der den Krankenhäusern aufgezwungenen Fließbandmedizin. Die Probleme können auf unterer Ebene nicht gelöst werden. Die Neuzugänge bremsende Ärztevergütung im Osten richtet sich unmittelbar gegen Leben und Gesundheit der Bürger. Statt in Afghanistan Kapitalinteressen mit Bundeswehrsoldaten abzusichern, sollten sich Abgeordnete aller Fraktionen lieber darum kümmern, dem krankenden BRD-Gesundheitswesen auf die Sprünge zu helfen.

Arndt Näser, Riesa


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Die Mitteilung über den Zusatzbeitrag der Kassen empörte mich zutiefst. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, daß einerseits mit Getöse die Bürokratie abgebaut werden soll, andererseits aber jeder Versicherungsnehmer seinen Obolus zu entrichten hat. Durch die Registrierung entsteht eine zusätzliche Bürokratie, für deren Finanzierung wir aufzukommen haben. Und überdies: Wozu gibt es überhaupt die Unmenge von Krankenkassen: "Wenn es Ihnen nicht paßt, können Sie ja die Kasse wechseln!" Eine dümmere Ausrede kann man wohl nicht gebrauchen. Früher oder später erhöhen alle ihre Beiträge, so daß dabei überhaupt kein Vorteil entsteht. Es herrscht der Grundsatz: "Der Rubel rollt, Kerenski lacht, es jubeln die Banditen!" - in diesem Falle das Kapital.

Volker Kretzschmar, Potsdam


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Als Wolfgang Harich am 15. März 1995 starb, hinterließ er ein reiches politisches Vermächtnis. In den letzten Jahren seines Lebens widmete er sich vor allem der Verteidigung der Erfahrungen und Leistungen der DDR gegen die Verleumdungen und Lügen der staatlich honorierten Eppelmänner.

1992 war er Mitbegründer der "Alternativen Enquete-Kommission Deutsche Zeitgeschichte", deren Vorsitzender er wurde. In dieser Eigenschaft beklagte er sich in einer Rede im November 1993 über die mangelnde Unterstützung durch die PDS und deren gravierende Fehler auf dem Feld der "Aufarbeitung" der Geschichte. Harich tadelte, daß diese Partei MfS-Mitarbeiter ausgrenzte: "Das war nach meiner Überzeugung menschlich unanständig, rechtlich unhaltbar und historisch-gesellschaftswissenschaftlich falsch gedacht. Damit ist der späteren Siegerjustiz der Weg gebahnt worden."

Wolfgang Harich kritisierte auch "den Mangel an Solidarität mit von der Siegerjustiz verfolgten, verhafteten, verurteilten Genossen der alten SED-Führung. Es kann Genossen was auch immer vorzuwerfen sein. Sobald sich die Schergen des Klassenfeindes ihrer bemächtigen, darf es ihnen gegenüber nur noch Solidarität geben. Ohne Wenn und Aber. Und es ist zu fragen, warum es so sehr an Unterstützung des Solidaritätskomitees für Erich Honecker, für Keßler, Streletz und Mielke in der - entschuldigt bitte - Führung der PDS gefehlt hat." Schließlich forderte Harich die Würdigung des besonnenen Handelns von Egon Krenz im Herbst 1989.

Er beendete seine Rede mit folgendem Satz: "Im übrigen bin ich der Meinung, die PDS sollte mit der Eppelmann-Kommission brechen, welche die ideologische und zeitgeschichtliche Grundlage für die Siegerjustiz schafft, und sie sollte ausschließlich und bis an die Basis ihrer Parteiorganisationen mit der Alternativen Enquete-Kommission Deutsche Zeitgeschichte zusammenarbeiten."

Prof. Dr. Horst Schneider, Dresden

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RotFuchs Nr. 148, 13. Jahrgang, Mai 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2010