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OFFENSIV/103: Ausgabe Mai-Juni 2012 5/12


offen-siv 5/2012
Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

Ausgabe Ausgabe Mai-Juni 2012 5/12


INHALT

Redaktionsnotiz

Syrien und Iran
- Abou Hassan/Michael Opperskalski: Die Kriegsgefahr besteht fort!
- Stephen Lendmann: NATO kopiert das Libyen-Modell
- German.irib.ir: Deutschland verbietet Press-TV

Europa und der BRD-Imperialismus
- Redaktion offen-siv: Einige Thesen zur ökonomischen Situation
- German-Foreign-Policy: Verelendung made in Germany - Kampf dem Kapitalismus

Italien
- Gerhard Feldbauer: Vor 25 Jahren erlitt die PCI eine schwere Wahlniederlage
- Gerhard Feldbauer: Wahlsieg von Mitte Links stört Pferdewechsel des Kapitals

Kommunistische Partei Schwedens (Vormals KPML(r))
- Redaktion offen-siv: Vorbemerkung
- Teddy John Frank: Kommunistische Parteiarbeit unter sozialdemokratischer Hegemonie
- Kommunistische Partei Schwedens: Parteiprogramm

Debatte

- Hermann Jacobs: Über Neues Denken - über Revisionismus
- Frank Flegel: Gorbatschows "Neues Denken" ein neuer Faktor in der Weltgeschichte?

*

REDAKTIONSNOTIZ

Die Kriegsgefahr wächst weiter, auch wenn es zwischendurch in unseren bürgerlichen Medien etwas ruhiger wurde: Syrien und der Iran sind akut bedroht. Und die BRD mischt mit im Chor der Imperialisten. Wir bringen einige Schlaglichter zu diesem Themenbereich.

Gleichzeitig erleben wir einen dramatischen Umbau Europas, es entsteht ein mächtiges Zentraleuropa und eine europäische Peripherie, die in einigen Jahren den Zuständen in den ausgebeuteten und deshalb unterentwickelten Ländern des Trikont ähneln wird. Wir bringen Einschätzungen und Fakten aus Griechenland, Spanien und Italien.

Die Widersprüche verschärfen sich. Eine starke kommunistische Bewegung könnte sie nutzen und Widerstand organisieren. Nur: wir haben sie nicht. Um die Notwendigkeit zu unterstreichen und die Vorteile der Klarheit deutlich zu machen, drucken wir das neue Programm der Kommunistischen Partei Schwedens ab. Über Kommentare bzw. Meinungsäußerungen dazu würden wir uns freuen.

Am Schluss des Heftes findet Ihr eine Antwort von Herman Jacobs auf die in Heft 4-2012 veröffentlichten Kritiken und einige Anmerkungen zu dieser Antwort von Frank Flegel. Daran wird einmal mehr deutlich, wie wichtig die genaue marxistisch-leninistische Analyse der Geschichte des Sozialismus ist, denn in deren Anwendung bestimmt sich die Politik der Zukunft.

Wir müssen Euch auf eine Korrektur aufmerksam machen: Heft 4-2012, S. 33. INKOTA-Netzwerk, Chinesische Investoren, Punkt 14: Dort muss es bei China-Kambodscha in der Rubrik "Ausmaß" richtig heißen: 130.000 ha (1.300 km²) und nicht: (13.000 km²). Wir bitten um Entschuldigung für diesen Druckfehler.

Wir bitten Euch um Spenden, denn erfahrungsgemäß entwickelt sich gegen Mitte Juli bis Ende August ein "Sommer-Spendenloch". Um dies gut zu überstehen, brauchen wir jetzt ein kleines Polster. Bitte denkt an unser Spendenkonto!

Red. offen-siv, Hannover

Spendenkonto Offensiv:
Inland:
Konto Frank Flegel, Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Offensiv
Ausland: Konto Frank Flegel, Internat. Kontonummer(IBAN): DE 10 2505 0180 0021 8272 49,
Bankidentifikation (BIC): SPKHDE2HXXX; Kennwort: "Offensiv".

*

SYRIEN UND IRAN

Abou Hassan/Michael Opperskalski: Die Kriegsgefahr besteht fort!

Medial erscheint die Region des Nahen Ostens wie entrückt. Noch vor wenigen Wochen drohte jeden Tag der Ausbruch eines neuen Krieges - sei es durch einen israelisch-zionistischen Angriff auf den Iran, einen Aggressionskrieg der USA gegen Teheran, Krieg gegen Syrien, den Libanon oder ein allumfassendes Schlachten unter Miteinbeziehen Frankreichs, der BRD, arabischer Vasallenstaaten des Westens. Die Apokalypse schien jeden Tag auszubrechen, um dann völlig außer Kontrolle geraten zu können.

Jetzt erscheint alles ruhiger. Entsprechende Meldungen sind auf nachfolgende Seiten der Zeitungen und eher im Kleinformat verbannt, Fernsehen und Radio berichten derzeit relativ kurz. Gleichzeitig wird verbreitet, dass erste Gespräche zwischen Teheran und der so genannten internationalen Gemeinschaft in Istanbul in einer eher positiven Atmosphäre verlaufen sind. Ist also jetzt Entspannung angesagt? Haben sich jene, die eindrücklich vor einer heraufziehenden Katastrophe mit unvorhersehbaren Konsequenzen warnten, geirrt oder haben sie gar übertrieben?

Nichts ist vom Tisch

Doch schon ein leichtes Kratzen an der medial zusammengeschusterten und verbreiteten "Ruhephase" werden die Realitäten deutlich. (...)

So hatte die syrische Regierung einer Waffenruhe zugestimmt, die von der UNO vermittelt und als "Annan-Plan" bekannt geworden war. Entsprechend verhandelte Verpflichtungen wurden von Damaskus umzusetzen begonnen.

Vor allem jene Teile der syrischen Opposition, die vom Westen einschließlich Israel abhängig sind, haben sofort jede Art von Verhandlung kategorisch ausgeschlossen. Von Beginn an setzte die bewaffnete syrische "Opposition" alles daran, die UNO-Vereinbarungen platzen zu lassen. Dies geschieht durch gezielte terroristische Anschläge, an deren logistischer Vorbereitung westliche Geheimdienste beteiligt sind.

Der Strom von Söldnern, die in das Land geschickt werden, reißt ebenfalls nicht ab, denn die vergangenen Wochen haben auch belegt, dass die terroristischen Kreise der syrischen Opposition nicht in der Lage sind, den von Washington, London, Paris und Berlin avisierten regime change ohne massive Unterstützung von außen herbeizubomben. Die Mehrheit des syrischen Volkes steht ganz einfach hinter der Regierung und alle Versuche, die Sicherheitskräfte zu spalten, haben sich als vergeblich erwiesen. Eine internationale Konferenz jagt allerdings die andere, um diese Tatsache zu vertuschen und immer intensivere materielle, logistische, politische und propagandistische Unterstützung für alle Anstrengungen in Richtung regime change zu unterstützen, Bomben, Morde und gezielte Anschläge eingeschlossen. Flankiert wird dies durch immer engmaschigere internationale Sanktionen, die zum Ziel haben, Syrien wirtschaftlich zu erdrosseln.

Desinformation

Wie wir erfahren haben, sind besonders der nordamerikanische, britische und französische Geheimdienst mehr als überrascht darüber, dass ihnen inzwischen auch eigene Erkenntnisse deutlich gemacht haben, dass die syrische Regierung in der Bevölkerung weitaus mehr Unterstützung genießt als zu Beginn der orchestrierten Rebellion angenommen. Auch die massiven Desinformationen haben hieran nicht das Geringste ändern können - ganz im Gegenteil.

Erfundene, verzerrte, tendenziöse Berichterstattung dominiert inzwischen die westlichen Medien und soll die öffentliche Stimmung reif machen für eine immer weitere Eskalation der Ereignisse. Von der Desinformation zur aktiven Kriegspartei ist es ein immer kleinerer Schritt.

Militärische "Berater" - sprich Geheimdienstagenten - vor allem aus den USA, Großbritannien, Frankreich und der BRD führen ihre Sonderoperationen immer öfter als Journalisten getarnt durch. (...)

Auch der Iran weiterhin bedroht

(...) Noch gilt es, einige Widersprüche unter den westlichen Kriegstreibern auszubügeln. Dies benötigt noch ein klein wenig Zeit und die Verhinderung eines Alleingangs Tel Avivs den Obama bereits im Februar geblockt hatte, da dieser ein unkontrolliertes Abrutschen auch Anderer zu einem nicht koordinierten Zeitraum bedeuten würde.

Zudem plant man, den Iran intern weiter zu destabilisieren, um den geplanten Krieg für ein mögliches internes Auseinanderbrechen nutzen zu können. Dafür - so Berlin und Washington - reichen die bisher eingeleiteten scharfen Sanktionen noch nicht aus. Selbstanbieter aus dem Iran mit Einfluss werden da dankbar angenommen.

Wieder einmal sind es in dieser Hinsicht die Einflussagenten des Westens im Iran, die ungebrochen aktiv und als altbekannte, in allen Fragen erbitterte Gegner des iranischen Präsidenten Ahmadinedjad bekannt sind: Ali Akbar Rafsandjani, Mohsen Rezai und Konsorten. Sie führen inoffizielle Parallelverhandlungen über das iranische Nuklearprogramm und ersterer verkündete ganz offiziell und schriftlich einen Schulterschluss des Iran mit Saudi-Arabien. Wer so handelt, redet und schreibt, öffnet den Aggressoren die Tore für das Hinterland.

All das bedeutet: der Krieg ist ganz und gar nicht vom Tisch und dieser geplante Krieg kann tatsächlich zur Apokalypse eines Dritten Weltkrieges führen.(1)

Abou Hassan, Michael Opperskalski.

Quelle und ungekürzter Text: Geheim 1-2012

Kontakt: abo-probeexemplar@geheim-magazin.de


Anmerkung

(1) Die Richtigkeit dieser Einschätzung bestätigen die Ereignisse zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Ausgabe: für das Massaker in Haula trägt nach Herrn Westerwelles Auffassung "das syrische Regime die Verantwortung", der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Polenz, sagte: "Die UNO wird ihren Aufgaben nicht gerecht" (SZ, 30.5.12), der neue französische Präsident fordert den Einsatz militärischer Mittel gegen Syrien, die BRD und mehrere weitere europäische Staaten weisen die Botschafter Syriens aus, ein US-General meint, die NATO könne "nahezu risikolos" Luftangriffe gegen Syriens Truppen fliegen und Hilary Clinton hält Russland und China zum wiederholten Male vor, mit ihrer "Blockadehaltung" im UN-Sicherheitsrat den Bürgerkrieg in Syrien zu befördern. (D. Red.)

*

Stephen Lendmann: NATO kopiert das Libyen-Modell

Westlicher Geheimkrieg in Syrien. Britische Spezialkräfte unterstützen die Rebellen.

Im Januar berichtete Michel Chossudovsky, britische Medien bestätigten, UK/CIA/MI6-Einsatzkräfte bildeten in Syrien westlich-unterstützte Anti-Assad-Aufständische aus. Sie versorgten diese auch mit Waffen, Munition und Ausrüstung.

Diese Berichte bestätigen eindeutig, sie mischen sich (illegal) in die Angelegenheiten eines souveränen Staates ein. Dies ist nicht eine breite Erhebung. Der Aufstand wie auch das Töten von Zivilisten wurde von Anfang an von westlichen Mächten unterstützt.

Die Ereignisse wiederholen das Modell Libyen vom Jahr zuvor. Im Februar 2011 begannen US-, UK- und französische Spezialkräfte und Geheimdienstagenten aktiv mit der Unterstützung von militanten NATO-geförderten Anti-Gaddafi-Kräften. Ein bewaffneter Aufstand folgte, einschließlich Bombardierungen Wochen danach.

Ein Jahr später bestätigte dies die BBC, indem sie sagte: "... Britische Spezialkräfte wurden nach Libyen entsandt, um den Verbündeten des Vereinigten Königreiches - den libyschen Revolutionären, oft auch als Nationaler Übergangsrat oder NTC (National Transitional Council) bekannt, zu helfen."

Gut informierte Kreise sagten, "sie machten eine extrem gute Arbeit" bei der Eroberung Libyens. Die Existenz der E-Staffel (E-Squadron) ist innerhalb der Gruppe der verschiedenen Spezialeinsatzkräfte sehr wohl bekannt, wurde bisher aber nicht öffentlich diskutiert. Sie wurde vor fünf Jahren gegründet, um eng mit dem Geheimdienst MI6 zusammenzuarbeiten und ist meistens mit Operationen beschäftigt, die äußerste Geheimhaltung verlangen. Sie setzt sich aus Kräften der SAS (Special Air Sevice), SBS (Special Boat Service) und des Spezialaufklärungsregiments zusammen und "operiert oft in ziviler Kleidung mit der vollen Bandbreite nationaler Unterstützung wie z.B. dem Ausstellen falscher Identifikationspapiere."

Andere britische Medien gaben letztes Jahr Ähnliches zu Bericht. Der in London erscheinende Daily Mail sagte, "hunderte britischer Spezialkräfte wurden tief innerhalb Libyens stationiert, wo sie Oberst Gaddafis Truppen Gefechte lieferten - und mehr sind einsatzbereit." "Man hört, dass sich schon vor den Luftangriffen etwas weniger als 250 britische Spezialkräfte in Libyen aufgehalten haben, um die Flugverbotszone gegen Gaddafis Luftwaffe durchzusetzen."

Hunderte oder mehr Spezialkräfte waren einsatzbereit. Sie setzten sich aus Fallschirmjägern der Unterstützungstruppe für die Spezialkräfte zusammen, die von dem SAS und SBS gestellt wurden. Sie wurden von Zypern aus versorgt. Zusätzlich standen 800 Königliche Marinestreitkräfte (Royal Marines) bereit, die innerhalb "von fünf Tagen" ins Mittelmeer verlegt werden konnten.

Letzten März wurden sechs Staffelmitglieder innerhalb Libyens festgenommen. Sie waren per Hubschrauber eingeflogen worden, waren schwarz gekleidet und sehr gut mit Waffen, Sprengstoff, Karten und falschen Pässen ausgerüstet gewesen. England behauptete, sie seien dort zum Schutz von Diplomaten und zur Beobachtung der Ereignisse in Banghazui und nicht für militärische Einsätze angekommen. In einer offiziellen Stellungsnahme sagte das Verteidigungsministerium: "Wir bestätigen noch bestreiten wir die Geschichte, und wir geben keine Kommentare zu den Spezialkräften."

Das libysche Modell wird in Syrien wiederholt, ausgenommen Bombenangriffe bisher. Diese sind jedoch zu erwarten, sollten die jetzigen Taktiken nicht den Regimewechsel herbeiführen. (...)

Quelle und ungekürzter Text: Geheim 1-2012

Kontakt: abo-probeexemplar@geheim-magazin.de

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German.irib.ir: Deutschland verbietet Press-TV

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

*

EUROPA UND DER BRD-IMPERIALISMUS

Redaktion offen-siv: Einige Thesen zur ökonomischen Situation

(2)

Die zyklische Bewegung der kapitalistischen Ökonomie hat aktuell den Hochpunkt überschritten.

Zur Erinnerung: es gab 2009 eine der tiefsten Wirtschaftskrisen der jüngeren Zeit, in der drei krisenhafte Szenarien kumulierten: der Finanzcrash einiger Großbanken in den USA (Immobilienblase), die Strukturkrise (Überkapazität) der Automobil- und Maschinenbaubranchen und die "normale" zyklische Krise (Anpassung der Reproduktion).

Die Bundesregierung (damals CDU/SPD) ließ in der Krise verlauten, dass Deutschland stärker aus der Krise herauskommen werde, als es hineingegangen sei. Dementsprechend stütze man die Banken, die Automobilindustrie und den Export. Die damals von Steinbrück verantwortete Wirtschaftspolitik war neu - und im Sinne des Kapitals ungemein erfolgreich.

Der folgende zyklische Aufschwung 2010/2011 brachte der BRD die höchsten Wachstumsraten der imperialistischen Länder Europas.

Steinbrück hatte Recht behalten.

Auf der nächsten einige Zahlen:

Bruttoinlandsprodukt ausgewählter Länder Europas(3):

Bruttoinlandsprodukt:
Land
2009
2010
2011
Prognose 2012
Prognose 2013
Griechenland
Spanien
Portugal
Italien
Niederlande
Belgien
Frankreich
Deutschland
Euro-Zone
-3,3
-3,7
-2,9
-5,5
-3,5
-2,8
-2,7
-5,1
  --
-3,5
-0,1
 1,4
 1,8
 1,7
 2,3
 1,5
 3,7
 1,9
-6,9
 0,7 -1,6
 0,4
 1,2
 1,9
 1,7
 3,0
 1,5
 -4,7
 -1,8
 -3,3
 -1,4
 -0,9
  0,0
  0,5
  0,7
 -0,3
  0,0
 -0,3
  0,3
  0,4
  0,7
  1,2
  1,3
  1,7
  1,0

Man sieht eine große Verschiebung von Wachstum, Stagnation und Krise.

Dem BRD-Imperialismus ist es gelungen, die größten Zuwächse zu erreichen und auch in der konjunkturellen Abschwächung in diesem Jahr (2012) noch Wachstum zu erreichen (ein Plus des Bruttoinlandproduktes von rund 140 Mrd. Euro), was in etwas geringerem Ausmaß nur Frankreich (rund 100 Mrd. Euro) und sonst keinem Staat West- und Südeuropas gelungen ist.

Noch bemerkenswerter aber ist die Tatsache, dass im Boom nach der Krise 2009, also in den Jahren 2010 und 2011 sich die Schere noch weiter geöffnet hatte: während die BRD in diesen beiden Jahren 6,7 % Wachstum verzeichnete, brachte es Frankreich auf 3,2 %, Italien auf 2,2 % und Spanien nur auf 0,6 %. Portugal und Griechenland geschah etwas, was im Kapitalismus tödlich ist: beide Länder erreichten im Boom nach der Krise nicht nur kein Wachstum, sondern blieben weiter im Rückgang, Portugal um 0,2 % und Griechenland um sage und schreibe 10,4 %!

Das bedeutet, dass Deutschland die Krise dazu genutzt hat, die ökonomische Führungsrolle in Europa zu erlangen und mittels dieser Rolle andere Staaten Europas nun ausplündern und an den Rand drängen zu können.

Die Wachstumsprozente, die Deutschland im Boom 2010/2011 und in der jetzigen Konjunkturabschwächung 2012 über dem Durchschnitt der Euro-Zone erreichen wird, gehen zu Lasten der anderen Länder.

Durchschnittlich wird das Wachstum in diesen drei Jahren in der Euro-Zone 3,1 % betragen. Deutschland wird etwa 7,4 % erreichen. Diesen Zuwachs zahlt die europäische Peripherie.

Wir erleben eine tief greifende und äußerst dynamische Umgestaltung Europas durch den BRD-Imperialismus.

Die nachfolgende Analyse von German-Foreign-Policy zeigt, was das bedeutet und wohin das führt.

Frank Flegel für die Red. offen-siv


Anmerkungen

(2) Dies sind nicht mehr als einige einführende Thesen zum nachfolgenden Artikel. Wichtige weitere Aspekte, z.B. die Ausbeutung der unterentwickelten Länder, die Rolle Rußlands und vor allem Chinas für das deutsche Kapital, die Konkurrenz USA - BRD/Europa, der Kampf um den Status der weltweiten Leitwährung zwischen Dollar und Euro - das alles bleibt hier unerwähnt.

(3) Angaben nach den Veröffentlichungen der EU-Kommission und der OECD. Bei diesen Prozentzahlen ist zu berücksichtigen, dass sie sich auf je andere Basiszahlen - nämlich die jeweilige vorher erreichte Höhe des Bruttoinlandsproduktes des betroffenen Landes - beziehen: So bedeutet ein Prozent Wirtschaftswachstum in der BRD einer Zunahme der Wertschöpfung um rund 250 Milliarden Euro, in Frankreich um 200 Mrd., in Italien um 150 Mrd., in Spanien um 100 Mrd., in Griechenland um 21 Mrd. und in Portugal um 17 Mrd. (errechnet auf der Basis der Angaben für das Bruttoinlandprodukt im Jahr 2011).

*

German-Foreign-Policy: Verelendung made in Germany - Kampf dem Kapitalismus

Das deutsche Spardiktat führt in den verschuldeten Ländern der südlichen Eurozone zu neuen ökonomischen und sozialen Verwerfungen.

Spanien, das noch Ende März Kürzungen in Höhe von 27 Mrd. Euro vornahm, muss sein Sparprogramm auf 37 Mrd. Euro ausweiten. Immer mehr Kreditnehmer können ihre Schulden nicht pünktlich begleichen; bei einem Zahlungsrückstandsvolumen von 143,8 Mrd. Euro können die Banken des Landes sich praktisch nur noch über die Europäische Zentralbank refinanzieren.

Auch Italien rutscht in die Abwärtsspirale aus Kürzungen, steigender Arbeitslosigkeit, sinkender Kaufkraft und wachsenden Sozialausgaben und muss, wie schon vor Jahren Griechenland, seine Sparziele bereits korrigieren.

Griechenland ist von der Entwicklung voll erfasst; letztes Jahr gingen 68.000 Betriebe bankrott - das Auftragsvolumen war dramatisch eingebrochen. Auch für dieses Jahr wird mit einer hohen Zahl von Firmenpleiten gerechnet. Dafür bieten sich deutschen Unternehmen gute Chancen, beim Ausverkauf der verbliebenen Staatsbetriebe die Filetstückchen zu erwerben - zu billigsten Preisen.

Sozialkürzungen als Pflicht

Deutschlands Polit-Elite hält auch weiterhin eisern an dem desaströsen Sparkurs fest, den sie den Staaten Europas im Rahmen der Krisenmaßnahmen oktroyiert hat. So gab Bundeskanzlerin Angela Merkel beispielsweise Madrid Ende März die weitere politische Marschrichtung in der Krise vor. Spanien werde alle Defizitverpflichtungen einhalten, dekretierte sie in einem Zeitungsinterview anlässlich abermaliger Sozialkürzungen und Sparmaßnahmen in Höhe von 27 Mrd. Euro, die die Rechtsregierung in Madrid aufgrund des weiter anwachsenden Haushaltsdefizits durchsetzen musste.(4) "Ich bin optimistisch, dass alle ihre Verpflichtungen einhalten", sagte Merkel. Hierzu zählte die Kanzlerin ausdrücklich die Senkung des spanischen Haushaltsdefizits unter die Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes bis 2013.

Zehn Milliarden mehr

Nur drei Wochen später verschärfte sich die Lage in Spanien abermals drastisch: Die Zinslast für spanische Staatsanleihen steigt erneut an, das Haushaltsdefizit wächst abermals, die Konjunkturaussichten trüben sich weiter ein. Nachdem Madrid nach einer Auktion von Staatsanleihen 5,7 Prozent für zehnjährige Bonds zahlen musste, suchte die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy in weiteren Sparmaßnahmen Zuflucht. Diesmal sollen rund zehn Mrd. Euro im Gesundheits- und im Bildungssystem eingespart werden - unter anderem durch höhere Zuzahlungen zu Medikamenten und durch größere Schülerzahlen in den Klassen. Damit summieren sich die Madrider Kahlschlagsprogramme auf rund 37 Mrd. Euro; diese werden der bereits im Abwärtsstrudel versinkenden Binnenkonjunktur entzogen.

Rekord-Rückstände

In der tat befindet sich Spanien laut Wirtschaftsminister Luis de Guindos Schätzungen zufolge erneut in einer Rezession, nachdem das erste Quartal 2012 genauso schlecht ausgefallen ist, "wie das letzte Quartal des vergangenen Jahres"; dieses wies eine Wirtschaftskontraktion von 0,3 Prozent auf.(5) Der knallharte Sparkurs trifft dabei ein krisengeschütteltes Land, das aufgrund einer geplatzten Immobilienblase, die zuvor jahrelang als Wirtschaftsmotor gedient hatte, unter einem gigantischen Schuldenberg stöhnt und die europaweit höchste Arbeitslosenquote von inzwischen mehr als 23 Prozent aufweist. Die Jugendarbeitslosigkeit erreicht in Spanien inzwischen sogar 50 Prozent. Immer weniger Hypothekennehmer sind aufgrund der desaströsen Wirtschaftsentwicklung noch in der Lage, ihre Kredite zu bedienen; dies trägt zur Destabilisierung des spanischen - und mittelbar auch des europäischen - Finanzsystems bei.(6) Inzwischen befinden sich 8,16 Prozent aller in Spanien vergebenen Kredite im Zahlungsrückstand, ein absoluter Rekordwert, der einem Kreditvolumen von 143,8 Mrd. Euro entspricht. Daher verwundert es nicht, dass Spaniens Finanzhäuser praktisch am Tropf der Europäischen Zentralbank hängen und sich nur noch über sie refinanzieren können.(7)

Auch Italien in der Abwärtsspirale

Somit zeichnet sich in Spanien bereits dieselbe katastrophale Krisenspirale ab, in die auch Griechenland von Berlin und Brüssel getrieben wurde: immer neue Austeritätsmaßnahmen lassen dabei die Binnennachfrage einbrechen; dies führt zu einer zusehends eskalierenden Rezession. Im Endeffekt bringt dieser Kurs eine massenhafte Verelendung und einen Wirtschaftskollaps hervor, der selbst das Erreichen der angestrebten Sparziele unmöglich macht - da im Gefolge der Rezession die Steuereinnahmen wegbrechen und die Sozialausgaben anschwellen. Die durch Sparmaßnahmen ausgelöste verheerende Abwärtsspirale, die Griechenland verwüstete und in Spanien eingesetzt hat, kündigt sich auch in Italien an. Mittels umfassender und rabiater Sparpakete wollen der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der von Merkel und ihrem damaligen französischen Juniorpartner Nicolas Sarkozy als Chef einer Technokratenregierung durchgesetzt wurde, bis 2013 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen; 2011 hatte die Neuverschuldung noch bei 3,9 Prozent gelegen. Nun musste Monti kleinlaut eingestehen, dass die Rezession in Italien in diesem Jahr mit 1,4 Prozent wohl weitaus schwerer ausfallen wird als die ursprünglich prognostizierten 0,5 Prozent. Von einem "ausgeglichenen Haushalt" will der italienische Technokrat ebenfalls nicht mehr sprechen; er geht von einem Defizit von 0,5 Prozent im Jahr 2013 aus.(8)

200 Bankrotte am Tag

Wohin der europaweite Sparkurs letztendlich führt, kann am Beispiel Griechenlands studiert werden. Das Land weist nach etlichen Sparpaketen und rund vier Jahren in der Rezession eine Arbeitslosigkeit von nahezu 22 Prozent auf und erfährt eine umfassende Deindustrialisierung. Der Auftragseingang der durch Kleinbetriebe geprägten griechischen Industrie etwa ist seit Juni 2008 um 35 Prozent eingebrochen. Der Londoner Finanz-Informationsdienstleister Markit sagt für dieses Jahr erneut einen "deutlichen Rückgang der Produktion, der Auftragseingänge und der Beschäftigungszahlen" voraus. Viele Unternehmen überstehen dies nicht: im Jahr 2011 gingen rund 68.000 kleine und mittlere Betriebe bankrott, durchschnittlich beinahe 200 pro Tag. Für dieses Jahr rechnen die Experten mit rund 63.000 weiteren Firmenpleiten.(9)

Ausverkauf

Was an Industrie und Infrastruktur noch im Staatsbesitz verblieben ist, wird jetzt hingegen unter deutscher Führung verscherbelt. Die umfassende Veräußerung öffentlicher Güter, der Athen im Gegenzug für weitere Kredite zustimmen musste, wird vom "Hellenic Republic Asset Development Fund (HRADF) durchgeführt, als dessen Berater die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte Außenwirtschaftsbehörde "Germany Trage and Invest (GTAI) fungiert. Zum Aufgabenbereich von GTAI gehört praktischer Weise auch die Beratung deutscher Unternehmen bei Auslandsaktivitäten. Die Agentur wolle zudem ausdrücklich deutsche Interessenten für die Filetstücke der griechischen Konkursmasse ausfindig machen, heißt es in den "Eckpunkten einer Investitions- und Wachstumsoffensive für Griechenland" aus dem Bundeswirtschaftsministerium.(10) GTAI werde den griechischen Stellen "Hilfe bei der Investorensuche in Deutschland und durch Zurverfügungstellung der deutschen Erfahrungen beim Privatisierungs- und Umstrukturierungsprozess in den neuen Bundesländern" gewähren. Letztere Ankündigung bezieht sich auf die deutsche Treuhand, die ab 1990 das einstige DDR-Volksvermögen in einem chaotischen Prozess verschleuderte.

Schnäppchenjagd

Die Zeit für billige "Schnäppchen" in Griechenland ist günstig: Aufgrund der desaströsen Wirtschaftslage sinkt der Wert der nun zum Verkauf stehenden öffentlichen Güter rapide. Bereits im Februar musste die griechische Regierung die Prognose für ihre Privatisierungseinnahmen bis 2015 von 50 Milliarden Euro radikal auf nur noch 15 Milliarden Euro reduzieren. Somit scheinen insbesondere deutsche Firmen von dem Wirtschaftseinbruch in Athen zu profitieren, der maßgeblich auf die von Berlin durchgesetzte Sparpolitik zurückzuführen ist.

German-Foreign-Policy/KI-Info


Anmerkungen

(4) Merkel: Spanien wird Defizit-Verpflichtungen einhalten; www.stern.de, 31.3.2012

(5) Rezession! Spanien steckt im Schuldenstrudel; www.abendblatt.de, 16.4.2012

(6) Spanien: Doubtful Loans auf 18-Jahreshoch; www.querschuesse.de, 18.4.2012

(7) Spanische Banken ersticken an ihren faulen Krediten; www.welt.de, 18.4.2012

(8) Rückschlag für Super-Mario; www.ftd.de, 18.4.2012

(9) Griechen stecken tief im Tal der Tränen; www.mainpost.de, 3.4.2012

(10) Ausverkauf: Deutschland hilft Griechenland beim Privatisieren; www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de, 20.4.2012

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ITALIEN

Gerhard Feldbauer: Vor 25 Jahren erlitt die PCI eine schwere Wahlniederlage

Die Reformisten nutzen sie zur Liquidierung der Partei

Am 14. Juni 1987 erlitt die IKP bei den Parlamentswahlen eine schwere Niederlage. Mit 26,6 Prozent sanken ihre Stimmen gegenüber 1976 (33,8) um 7,2 Prozent. Über 2,5 Millionen Wähler hatten sich von ihr abgewandt. Wo lagen die Ursachen für diesen Rückgang?

Im Januar 1979 hatte die IKP die im März 1978 mit der Democrazia Cristiana beschlossene Regierungszusammenarbeit auf Parlamentsebene (Historischer Kompromiss) beendet, da Ministerpräsident Giulio Andreotti das Regierungsabkommen systematisch sabotierte. Andreotti wirkte, wie später bekannt wurde, mit der innern und äußere Reaktion, mit der CIA und ihren italienischen Partnern an der Spitze zusammen, die diese Zusammenarbeit durch die Ermordung des DC-Vorsitzenden, Aldo Moro, zu Fall brachten. Zur Ausführung des Anschlages waren die von den Geheimdiensten infiltrierten "Roten Brigaden" benutzt worden. In intriganter Weise wurde die PCI als Urheber für deren linksextremen Terror verantwortlich gemacht.

Unter diesem Vorwand ging der Repressionsapparat mit aller Wucht gegen Linke und die als linksradikal apostrophierte außerparlamentarische Linke vor. Der Jagd auf sie fielen ganze Universitätsfakultäten zum Opfer. In Padua fast der gesamte Lehrkörper für politische Wissenschaften. Der angesehene linke Professor Antonio Negri, wurde angeklagt, Chef der Brigate Rosse zu sein und die Ermordung Moros organisiert zu haben. Tausende APO-Linke, viele von ihnen ohne sich eines Vergehens strafbar gemacht zu haben, wurden in die Gefängnisse geworfen, zirka 100.000 Personen von den polizeilichen Ermittlungen erfasst, rund 40.000 angeklagt, etwa 15.000 verurteilt.

Die Regierungsachse verschob sich nach rechts. In der DC erhielten rechte und mit den Faschisten paktierende Kräfte bestimmenden Einfluss. Der zur Führung der faschistischen P2 gehörende Silvio Berlusconi konnte mit deren Hilfe sein Fernsehimperium aufbauen, das zu einem entscheidenden Instrument der Installierung seines faschistoiden Regimes wurde.

In diesem Klima ging der politische Einfluss der IKP spürbar zurück. Etwa ein Drittel ihrer 2,2 Millionen Mitglieder verließen die Partei. Nachdem ihre Stimmen bereits 1979 erstmals seit 1945 mit vier Prozent rückläufig waren, stiegen die Verluste nun im Juni 1987 auf über sieben Prozent an.

Viele Stimmen verlor die IKP an ihrer kämpferischen Basis, die damit auf den wachsenden Einfluss der Reformisten in der Partei reagierte. Diese verfolgten weiterhin einen Kurs des Ausweichens vor den Klassenauseinandersetzungen und der Zugeständnisse. Generalsekretär Enrico Berlinguer hatte die Reformisten gezügelt. Nach seinem plötzlichen Tod im Juni 1984 gewannen sie in der Parteiführung die Oberhand. Der neue Generalsekretär, Alessandro Natta, wollte sich 1986 mit den Sozialisten zu einer neuen linken Partei vereinigen. Der korrupte ISP-Chef Bettino Craxi (1992/93 zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt), lehnte jedoch ab. Unter dem Einfluss der Perestroika- und Glasnost-Politik von KPdSU-Generalsekretär Michael Gorbatschow nahm der IKP-Parteitag im März 1989 Kurs auf die Umwandlung in eine sozialdemokratische Linkspartei, die dann auf dem Letzten IKP-Parteitag im Januar/Februar 1991 beschlossen und damit die 70 Jahre vorher von Antonio Gramsci und anderen Linken gegründete ruhmreiche Kommunistische Partei liquidiert wurde.

Gerhard Feldbauer


Zu ausführlichen Darlegungen siehe das Buch des Autors: Wie Italien unter die Räuber fiel. Und wie die Linke nur schwer mit ihnen fertig wurde. Papyrossa, Köln.

*

Gerhard Feldbauer: Wahlsieg von Mitte Links stört Pferdewechsel des Kapitals

Abfuhr für EU-Statthalter Monti in Rom. Es ist fraglich, ob die Wahlsieger ihre Chance wahrnehmen.

Bei den Bürgermeisterwahlen (5./6. und 20./21. Mai) in Italien hat Mitte Links einen klaren Sieg errungen und in der Mehrheit der fast 1000 Gemeinden bereits im ersten Wahlgang die vorderen Plätze belegt. Der langjährige Bürgermeister von Palermo (1985-2000) und bekannte Anti-Mafia-Kämpfer Leoluca Orlando kam im Ballotagio (Stichwahl) auf 72,4 Prozent, der Bewerber der Linkspartei Umwelt und Freiheit (SEL) in Genua auf 59,7 Prozent. Die den deutschen Piraten ähnliche Protestpartei "Cinque Stelle" (Fünf Sterne) des Satirikers und Bloggers Beppe Grillo erreichte mehrmals bis zu 20 Prozent. In Parma zog ihr Kandidat nach dem Ballottagio mit 60,2 Prozent ins Bürgermeisteramt ein. Wie in Deutschland die Piratenpartei entzieht die der "Fünf Sterne" den Linken Stimmen und nützt so den Rechten.

Ein "Tsunami für die Rechte".
Die faschistoide Volksfreiheitspartei (PdL) des Ex-Premiers Berlusconi und die rassistische Lega Nord, deren Chef Umberto Bossi im April wegen schwerer Korruptionsvorwürfe in zweistelliger Millionenhöhe zurücktreten musste (Ende eines Saubermannes, jW, 13. April) erlitten eine verheerende Niederlage. Ihre Kandidaten erreichten in vielen Gemeinden kaum zehn Prozent. DP-Vorsitzender Luigi Bersani sprach von einem "Tsunami für die Rechte". Die Reaktion an der Mailänder Börse bestand im Absinken der Aktienkurse um zwei Punkte.

Für Mitte Links traten die aus der Fusion früherer Linksdemokraten und katholischem Zentrum hervorgegangene Demokratische Partei (DP), die Partei Italiens der Werte (IdV) des früheren Korruptionsermittlers Antonio di Pietro, die SEL des Ministerpräsidenten von Apulien, Nicola Vendola, unterstützt von Kommunisten der PRC und der PdCI an.

Mit knapp zehn Millionen waren etwa 20 Prozent der Wähler des Landes aufgerufen. Es war die erste Wahl seit Mario Monti nach dem Fall Berlusconis im November 2011 als Ministerpräsident eines so genannten Technokratenkabinetts amtiert. Das Ergebnis war ein deutlicher Protest gegen die rigorose Abwälzung der Krisenlasten durch das von der EU diktierte Sparprogramm Montis vor allem auf die arbeitenden Menschen und die Rentner, mit dem dieser den Sozialabbau Berlusconis, der sich bereits auf rund 100 Mrd. Euro belief, fortsetzt. Das Sparprogramm trifft aber auch die Kommunen mit Streichungen der Ausgaben für Kindergärten, Bildung und Gesundheit, den Verkehr und die Verwaltungen, was viele ihrer Beschäftigten ins Heer der Arbeitslosen treibt.

Kapitel gruppiert Kräfte um
Dabei war für das Kapital alles gut angelaufen. Seit Mitte 2010 hatten seine maßgeblichen Kreise sich entschieden, Berlusconi fallen zu lassen (Berlusconis Klemme, jW 22. September 2010). Der Newcomer hatte mit seiner seit den 1970er Jahren formierten Gruppe des Wirtschafts- und Finanzkapitals das übliche Regierungssystem mit seinem absoluten Herrschaftsanspruch und der Ausbootung von Konkurrenten wie dem größten privaten Industriekonzern Fiat aus den Fugen gebracht. Fast einmalig in der Welt des Kapitals bildete der reichste Kapitalist des Landes eine Personalunion seines vor allem im Medienbereich angesiedelten Riesenimperiums Fininvest und der von ihm ausgeübten politischen Exekutive. Hinzu kam, dass der Regierungschef, wie selbst die "Financial Times Deutschland" einräumte, sein Amt vor allem zum Wirtschaften in die eigene Tasche nutzte. Der Anteil Italiens am Welthandel ging während seiner Amtszeit von 4,7 auf 2,9 Prozent zurück, die Industrieproduktion sank um 3,8 Prozent. Das Privatvermögen des Mediendiktators stieg dagegen laut "Espresso" auf 12 Mrd. Dollar an.

Die Ausschaltung des Mediendiktators leitete sein fast zwei Jahrzehnte treuester Verbündeter, der frühere Führer der AN-Faschisten, Gianfranco Fini, ein. 2008 hatte er seine AN in Berlusconis PdL eingebracht, um so das Odium des Faschismus loszuwerden. Fini, der Mussolini einst als den "größten Staatsmann" des Jahrhunderts gefeiert und sich nie vom Faschismus losgesagt hatte, gab sich plötzlich als geläutert und kritisierte den diktatorischen Führungsstil des Regierungschefs, seine verfassungswidrigen Praktiken, ging auf Distanz zum Rassismus und Separatismus der Lega Nord und wandte sich selbst gegen die von Berlusconi ins extreme gesteigerte Hetze gegen alle Linken. Nach dem Austritt seiner Fraktion aus der PdL gründete er unter dem Namen Futuro e Libertà (Zukunft und Freiheit - FeL) eine neue Partei.

Zunächst wollten führende großbourgeoise Kreise zu einer Art Neuauflage des von der alten Democrazia Cristiana nach Kriegsende begründeten Regierungssystems zurückzukehren, in dem diese, bevor sie Anfang der 1990er Jahre im Korruptionssumpf unterging, wechselnd Koalitionen der linken oder rechten Mitte bilden konnte. Über vier Jahrzehnte befand sie sich dazu in der Position der stärksten Regierungspartei. Ihr Monopol stützte sich darauf, dass ihre Koalitionspartner zwischen fünf und kaum über zehn Prozent im Parlament dahinpendelten.

Die Pdl Berlusconis zu einer ähnlichen Partei aufzubauen, erwies sich aber als schwer durchführbar, weil in der Mitte des Parteienspektrums in Gestalt der DP eine von der Wählerbasis her ernsthafte Konkurrenz entstand. Bei den Parlamentswahlen 2008 erreichte sie hinter Berlusconi (37,7) 34 Prozent.

Entscheidung in Brüssel
Unter den herrschenden Kreisen gewann, wie der "Corriere della Séra" bereits am 18. August 2010 schrieb, deshalb zunehmend der Gedanke Raum, sich am "deutschen Herrschaftsmodell" als "politischer Vorbildkraft" zu orientieren. Wobei obendrein die "absolute Kooperation", die das deutsche Parteiensystem mit den Gewerkschaften im Bündnis von "Arbeit und Kapital" zustande brachte, tief beeindruckte. Die zwei großen "Volksparteien", PdL und DP sollten sich an der Spitze der Regierung bei der Interessenvertretung des Kapitals ablösen, wie das eben SPD und CDU/CSU in Deutschland seit Jahrzehnten so schön vormachten. Am meisten faszinierte dabei, dass beim Fehlen regierungsfähiger Mehrheiten große Koalitionen gebildet wurden. So machte man dann bei der Berufung Montis gleich die Probe aufs Exempel. In trauter Gemeinsamkeit stimmten DP und PdL ihm bei der Abwälzung der Krisenlasten auf das arbeitende Volk im Parlament zu.

Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit als Sachwalter der Interessen des Kapitals hatten die Linksdemokraten schon 1989/90 bei der Liquidierung der IKP ausgeräumt, als sie sich zur "fundamentalen Rolle" des "Privateigentums an den Produktionsmitteln" bekannten. An diesem Bekenntnis hält die DP unter ihrem Vorsitzenden, Pierluigi Bersani, ein früherer führender Exkommunist, unverrückbar fest und tritt für einen "demokratischen Pakt zwischen Arbeitern und Bourgeoisie" ein.

Die Würfel für die Abhalfterung Berlusconis dürften auf der Krisensitzung in Brüssel am 11. Juli 2011 gefallen sein. Zuvor hatte Cordero di Montezemolo, Agnelli-Erbe und Ferrari-Chef, lange Jahre Präsident der Confindustria, ein Machtwort gesprochen und Berlusconi "die Schuld am Bankrott des Landes" und der "beispiellosen Staatskrise" gegeben. Angesichts der sich verschärfenden internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise wurde befürchtet, der ständig auch noch mit seinen Strafprozessen wegen Korruption und Sex-Affären belastete Berlusconi werde die Situation nicht in den Griff bekommen. Dazu kamen die Sorgen, vor einer drohenden Herabstufung der Kreditwürdigkeit und dass Rom wie Athen schon bald am Tropf der EU hängen könnte. Italiens Staatsverschuldung belief sich auf 1.900 Mrd. Euro. Es belegte dabei mit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts den zweiten Platz hinter Griechenland.

Einheitsfront des Kapitals
Gegen den Fininvestchef Berlusconi entstand so etwas wie eine Einheitsfront des Kapitals: Neben Fiat weitere norditalienische Großindustrielle; Großbanken Mittelitaliens, an ihrer Spitze die Bank von Italien, der Monte Paschi di Siena, nach UniCredit und Sanpaolo die drittstärkste Bank Italiens; Finanzgesellschaften wie Unipol; das in der Emilia ansässige wirtschaftsstarke und auch große Wählergruppen beeinflussende Genossenschaftswesen (einst eine Domäne der IKP), aber auch neue Unternehmerschichten im Süden.

In dieser Gruppe liebäugeln viele mit der DP, darunter auch die große Stahlunternehmerin Emma Marcegaglia, mit der 2008 erstmals eine Frau Präsidentin der Confindustria wurde. Wichtigstes außenpolitisches Ziel der meisten Kapitalkreise wurde, einen klaren Schulterschluss mit der EU, besonders mit ihrer Hegemonialkraft Deutschland, herzustellen. Um den Niedergang der italienischen Wirtschaft zu stoppen, wollen sie sich an die "deutsche Lokomotive" ankoppeln ("Deutsch-Europa", jW, 22. Nov. 2011).

In Rom wie in Brüssel zögerte man zunächst noch, den Entschluss in die Tat umzusetzen. Berlusconi sollte noch das von der EU diktierte Sparpaket durchsetzen, um seinem Nachfolger eine Verschnaufpause zu verschaffen. Zum anderen befürchtete man, die zunehmend an Kampfkraft gewinnende Linke werde einen Abtritt Berlusconis als ihren Sieg feiern, dadurch Auftrieb erhalten und wieder stärker auf die traditionell vor allem von der Basis her zu ihr neigende Mitte Einfluss nehmen (Italien im Umbruch, jW, 25. Juli 2011). Die ab September 2011 zunehmenden Kampfaktionen der Gewerkschaften, darunter ein Generalstreik, und der Basis der Linken und selbst der DP, die mit dem unüberhörbar werdenden Ruf "Schluss mit Berlusconi" die Strasse beherrschten, ließen es dann geraten scheinen, dem Mediendiktator endlich den Laufpass zu geben. Unter dem Druck der internationalen Finanzmärkte gab Berlusconi seinen Widerstand auf und erklärte am 12. November seinen Rücktritt. Vorausgegangen war eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens durch die US-Ratinagenturen Moody und Standard & Poors, die Moody ausdrücklich mit der Einschätzung begründete, dass die derzeitige Regierungskoalition "die Fähigkeit Roms einschränke, entschlossen auf die Schuldenkrise zu reagieren".

Die schwere politische und Wirtschaftskrise hätte erfordert, dass Staatschef Giorgio Napolitano von seinem verfassungsmäßigem Recht Gebrauch macht, das Parlament auflöst und für das Frühjahr 2012 vorgezogene Neuwahlen ansetzt. Napolitano, auch er einst Politbüro-Mitglied der IKP, dann Linkspartei, entschied sich für ein Übergangskabinett aus vorgeblich parteilosen "Technikern". Zur Berufung des Premiers standen drei Persönlichkeiten zur Verfügung: Mit dem mehrmaligen Ministerpräsidenten linker Zentrumsregierungen (zuletzt 2006-08 mit drei kommunistischen Ministern im Kabinett) Romano Prodi, und dem Großindustriellen Carlo De Benedetto zwei entschiedene Gegner Berlusconis. Napolitano entschied sich für den Dritten, den Wirtschaftsprofessor Mario Monti, der leitendende Posten in großen Industrieunternehmen begleitet und in Brüssel 1995 EU-Kommissar für den Binnenmarkt und 1999 bis 2004 Wettbewerbskommissar war. Von einer Gegnerschaft zu Berlusconi konnte keine Rede sein.

Durch das Land ging für kurze Zeit ein Aufatmen. Mit der täglichen unerträglichen, ins extreme gesteigerten antikommunistischen Hetze Berlusconis, mit der selbst die gegen ihn ermittelnden Richter als "Rote" verteufelt wurden, die ein kommunistisches Regime an die Macht bringen wollten, gepaart mit den größenwahnsinnigen Äußerungen, er sei der "beste Regierungschef" Italiens und auch der Welt, war endlich Schluss. Monti setzte jedoch den sozialen Crashkurs zur Durchsetzung des EU-Diktats diverser Rettungs- und Sparpakete zur weiteren Beseitigung von Arbeiterrechten, Einsparungen an Sozialleistungen, kommunalen und anderen Verwaltungsaufwendungen fort. Als erstes verkündete er neue Ausgabenkürzungen von 24 Mrd. Euro zur Sanierung des Haushalts bis 2013. Insgesamt sollen in den nächsten drei Jahren 220 Mrd. Euro eingespart werden.

Rechte Gegenoffensive
Die Rechte versucht, den Schock der Niederlage zu überwinden und tritt zur Gegenoffensive an. Die PdL will dem Beispiel Finis folgen und ihren Namen wechseln, um sich als eine neue Partei vorzustellen. Das wird mit einem geschickten Schachzug verbunden. Die umgetaufte Partei will sich selbst - vor allem aus den Kassen Berlusconis - finanzieren. Gleichzeitig sollen die staatlichen Zuschüsse für die Parteien abgeschafft werden, was für die kleinen Parteien der Linken den Ruin bedeuten würde.

Der Premier plant, ein neues Wahlgesetz, das an Stelle des Mehrheitswahlrechts von Berlusconi zum Proportionalsystem zurückkehrt, die Sperrklausel von vier auf fünf Prozent erhöht, um die Linke (PRC und PdCI, SEL, aber auch die IdV, die bei den letzten Wahlen alle unter dieser Hürde lagen, aus dem Parlament auszuschließen. Gleichzeitig sollen Parteien, welche über zehn Prozent erreichen, einen Bonus an Parlamentssitzen erhalten. Das soll die Rechten - Union Demokratischer Christen (UDC), die Partei Allianz für Italien (ApI) des ehemaligen Grünenpolitikers Francesco Rutelli und die FEL Finis - begünstigen. Die drei Parteien wollen sich zu einem Terzo Polo gegen DP und PdL zusammenzuschließen. Zur Wahlreform möchte die PdL nach dem französischen Modell zwei Wahlgänge einführen.

Mit den kommunalen Wahlergebnissen ist faktisch die Kampagne für die Parlamentswahlen eröffnet worden, die offiziell im April 2013 anstehen. Vorgezogene Neuwahlen, welche die Linke, die IdV und zunächst auch die DP im Kampf gegen Berlusconi forderten, hat Napolitano verhindert. Er will der DP Zeit geben, ihre Position in der Großen Koalition zur Unterstützung Montis zu festigen, um bei den Wahlen möglichst den ersten Platz zu belegen. Diese Linie gibt aber auch der Pdl und ihrem rechten Gegenpol UDC-ApI-FeL dieselben Möglichkeiten. Die Lega kämpft um ihr politisches Überleben. Es ist nicht auszuschließen, dass ihr das gelingt. Ihre sezessionistische Linie der Abspaltung der reichen Regionen des Nordens oder auch nur die Durchsetzung ihrer völligen Autonomie könnte noch immer den großen Industriekonzernen des Nordens dienen, sich so den Lasten des EU-Diktats zu entziehen. Außerdem versucht die Lega, sich als einzige Oppositionspartei zu Monti zu positionieren, was ihr Stimmen einbringen könnte.

Die im bürgerlichen Lager herrschende Konfusion hat Cordero di Montezemolo noch verstärkt. Er will zusammen mit Alessandro Profumo, dem Ex-Chef der Unicredit, der größten Bank Italiens und eine der Großen Europas, aus seiner vor einem Jahr mit Fini gegründeten Stiftung Italia Futura eine Partei formieren, die sich angeblich zwischen links und rechts positioniert. Fini wird vielleicht den Terzo Polo verlassen und sich Montezomolo anschließen. Obwohl dieser betont, keine neue "Partei der Padrone" gründen zu wollen, spricht vieles dafür, dass Manager wie der Agnelli-Erbe das Regierungsruder zumindest wieder mit in die Hand nehmen wollen. Seiner Partei werden etwa 20 Prozent Wähler zugesprochen und sie könnte in künftigen Regierungskoalitionen das "Zünglein an der Waage" spielen. Beobachter in Rom vermerkten, dass der Ferrrari-Chef seine Pläne in der "Repubblicca", Sprachrohr der DP (vom 25. Mai), darlegte und ausdrücklich die Partei Bersanis als "eine neue politische Vertretung" herausstellte. Ein deutliches Zeichen, zur Einbeziehung des Reformismus der Arbeiterbewegung in Regierungskoalitionen zurückzukehren.

Chance für Mitte Links
Wird die Linke Mitte den Aufschwung aus dem Wahlerfolg für die Parlamentswahlen nutzen? Auch der Wahlsieg Hollandes in Frankreich und die Stimmengewinne der Linken in Griechenland könnten ihr Wähler zuführen. Als erstes wäre dazu erforderlich, dass die DP mit der Unterstützung Montis im Parlament bricht, um eine entschiedene Opposition zu vertreten. Damit dürfte vorerst kaum zu rechnen sein.

Viel wird von der Haltung der Kommunisten abhängen. Für die Wahlen sollten sich, so die an ihrer Basis vorherrschende Meinung, PRC und PdCI wieder vereinigen, um eine starke kämpferische linke Basis zu bilden. Dafür tritt die PdCI unter ihrem Vorsitzenden, Oliviero Diliberto, ein, während PRC-Chef Paolo Ferrero das ablehnt. Auch in Italien spielt das Gerangel um den Posten an der Spitze einer wieder vereinigten KP eine Rolle. Denn Ferrero befürchtet, dafür wegen seines schwankenden Kurses gegenüber der DP nicht in Frage zu kommen. Der führende kommunistische Philosoph Domenico Losurdo ist inzwischen von der PRC zur PdCI übergetreten. Er gehörte zu den über 100 führenden Kommunisten, die nach der Wahlniederlage 2008 zu einem Zusammengehen der Kommunisten unter den traditionellen Parteisymbol Hammer und Sichel und zu einer Rückkehr zu Gramsci aufgerufen hatten, dem Ferrero eine Absage erteilte.

Kommunisten sollten allein antreten
Es mangelt an einem Forderungskatalog zur Wiederherstellung grundlegender bürgerlich-demokratischer Rechte. Die Manöver, der faschistoiden PdL-Partei Berlusconis und der FeL Finis ein demokratisches Outfit zu verschaffen, werden unwidersprochen hingenommen. Noch nicht einmal die starken Proteste gegen die Beteiligung am NATO-Krieg in Afghanistan, der bisher 46 italienischen Soldaten den Tod brachte, werden aufgegriffen und der sofortige Abzug verlangt.

Die PRC weicht der Auseinandersetzung mit der DP als wichtigster Stütze der Monti-Regierung aus, weil sie hofft, auf deren Liste bei den Wahlen einige Parlamentssitze zu erhalten. Sie passt sich hier der SEL an, in der auch die Meinung vorherrscht, auf eine eigene Liste zu verzichten und sich der DP anzuschließen. Ein eigener Wahlgang der SEL hätte Chancen, wenn man ein Bündnis mit den Kommunisten einginge, die dann aber auf ihren Parteisymbolen Hammer und Sichel bestehen müssten.

Es gibt Stimmen in der PdCI wie auch in der PRC, die Kommunisten sollten allein antreten, schon um zu sehen, auf wie viele Wähler sie noch zählen können. Selbst wenn dann der Wiedereinzug ins Parlament nicht gelänge, wäre das besser für den künftigen Kampf, als einer DP-geführten Regierung der Zusammenarbeit mit dem Kapital, die möglicherweise auch eine "Große Koalition" mit der PdL-Partei Berlusconis einginge oder sich auf die Partei Montezemolos stützt, als linkes Feigenblatt zu dienen. Für einen Alleingang könnten PRC und PdCI auch mit den Stimmen der dritten und kleinsten KP, der Kommunistischen Arbeiterpartei (PCL) rechnen, die ebenfalls eine Abspaltung von der PRC ist. Ein Zusammengehen mit der PRC lehnt sie bisher wegen deren reformistischen Positionen ab.

Ein Alleingang der Kommunisten wird jedenfalls nicht für chancenlos gehalten.

Gerhard Feldbauer

*

KOMMUNISTISCHE PARTEI SCHWEDENS (Vormals KPML(r))

Redaktion offen-siv: Vorbemerkung

Die Kommunistische Partei Schwedens hat sich im Januar ein neues Parteiprogramm gegeben, welches wir als programmatisches Dokument für interessant und diskussionswürdig halten, gerade in Anbetracht der zersplitterten Situation in Deutschland. Es gibt einige Zungenschläge, die wir für bedenklich halten, z.B. die Bürokratismusthese und vor allem die These, dass im Zuge der Ausbreitung des Revisionismus in der KPdSU und anderen Ländern des Warschauer Paktes "Karrierismus, Bürokratismus und Korruption im ganzen Staats- und Parteiapparat entstand" (das war sicherlich der Fall und ausgesprochen schädlich), "der (also der Parteiapparat) sich zu einer herrschenden Klasse der bürgerlichen Art entwickelt hat." Das ist eine alte ML-These, die wir ablehnen. Eine sich im Sozialismus entwickelt haben sollende "herrschende Klasse der bürgerlichen Art" müsste über Eigentum an den Produktionsmitteln verfügen. Darüber verfügten weder die KPdSU noch die SED, sonst hätte der Imperialismus sie nach seinem (vorläufigen) Sieg ja nicht auflösen bzw. beseitigen müssen.

Das Programm ist trotz dieser Kritik am Rande in seiner Grundanlage unserer Meinung nach der Kenntnisnahme und der Diskussion wert. Deshalb drucken wir es in diesem Heft ab. Zuvor aber ein paar Worte zur schwedischen Partei und eine Rede ihres internationalen Sekretärs.

Wir hatten zur schwedischen Partei bereits Kontakte, als sie noch KPML(r) hieß.(11) Diese Kontakte waren kein Zufall, wandten sich doch die schwedischen Genossen dieser Partei genauso wie wir gegen den Revisionismus und den Verfall der kommunistischen Identität. Deshalb war es nur folgerichtig, dass wir den damaligen internationalen Sekretär des Zentralkomitees, den Genossen Teddy John Frank, zu unserer zentralen Veranstaltung "Imperialismus und anti-imperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert" am 28. und 29. Oktober 2000 in Berlin eingeladen haben. Er sprach dort zum Thema: Kommunistische Parteiarbeit unter sozialdemokratischer Hegemonie.

Zur Einstimmung auf die Lektüre des neuen Programms hier die Rede des Genossen Teddy John Frank:


Teddy John Frank: Kommunistische Parteiarbeit unter sozialdemokratischer Hegemonie

Liebe Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen!

Im Namen meiner Partei, der schwedischen KPML(r), danke ich Euch für die Einladung zu dieser wichtigen Konferenz. Ich bin Sekretär für internationale Beziehungen meiner Partei und Parteimitglied seit der Gründung vor 30 Jahren.

Die Tatsache, daß deutsche Kommunisten zusammenkommen, um sich besser zu organisieren und die kommunistische Bewegung in diesem Land zu stärken, ist von großer Bedeutung - und nicht nur für Euch, liebe Genossinnen und Genossen!

Ich wurde gebeten, über die Erfahrungen unserer Partei mit Arbeitern und Jugendlichen unter den Rahmenbedingungen "sozialdemokratischer Hegemonie" zu berichten. Ich werde versuchen, die wesentlichen Fakten zu erläutern. Damit Ihr die Vorbedingungen für unsere Parteiarbeit versteht, werde ich ein paar Worte über die allgemeine politische Landschaft in Schweden verlieren.

Schweden und die Sozialdemokratie
Neun Millionen Einwohner, eine hochentwickelte kapitalistische Industriegesellschaft (Volvo, SAAB, SKF, ABB, Ericson, Papierindustrie, Forstwirtschaft, Eisenerzbergbau, Werftindustrie, neue Technologien usw.). Keine Kriege seit über 150 Jahren. Und eine reformistische, klassenkooperative Sozialdemokratie, die seit mindestens zwei Generationen die große Mehrheit der Arbeiterklasse komplett dominiert und die seit 1932 mehr oder weniger permanent an der Regierung ist (mit Ausnahme von 10 Jahren). Diese Situation hat sich langsam verändert, besonders im letzten Jahrzehnt, aber die Sozialdemokratie ist nach wie vor die dominierende Kraft.

Diese einzigartig lange Regierungszeit, verbunden mit der Kontrolle über die politische Arena, die dazu führte, daß alle anderen bürgerlichen Parteien sich auf die eine oder andere Art in Bezug auf die Sozialdemokratie definieren mußten, hat in dieser Partei zu einer sehr selbstgefälligen und arroganten Einstellung gegenüber jeglicher Opposition oder Kritik aus den Reihen der Arbeiterklasse und der Mittelschicht geführt. Die Sozialdemokratie hat es nicht für nötig gehalten, anderen zuzuhören. Und diese Arroganz der Macht hat sich immer besonders gegen Kommunisten und andere radikale Arbeiterbewegungen gerichtet. Die schwedische Sozialdemokratie hat außerdem eine gut entwickelte, starke Binnenstruktur, in der Partei, Regierung und Gewerkschaftsführung als eine Einheit funktionieren.

Diese innere Struktur führte, ideologisch begründet, schon vor dem 2. Weltkrieg zu einer eindeutigen und differenzierten Politik der Klassen-Kooperation mit den Kapitalisten. So wurde die strategische Allianz mit der Monopolbourgeoisie recht früh geschlossen, wobei die Aufgabe der Sozialdemokratie darin bestand, die Arbeiterklasse mittels der Gewerkschaften zu kontrollieren. Die Sozialdemokratie akzeptiert dabei, daß über Löhne und Rechte der Arbeiter quasi "von oben" entschieden wird.

Die kommunistische Bewegung war in Schweden nie besonders stark. Die alte, revisionistische Partei versuchte nach dem 2. Weltkrieg, der Politik der Sozialdemokratie mit der Politik des "freundlichen Soufflierens" zu begegnen, d.h. mit dem Versuch, die Sozialdemokraten nach links zu bewegen. Das war völlig vergeblich.

Die KPML/r
Unsere Partei wurde 1970 gegründet. Zwei konkrete, wichtige Faktoren, ein ideologischer und ein direkt mit dem Klassenkampf verbundener waren entscheidend für die Gründung unserer Partei.

1. Der Kampf gegen den Revisionismus, der zuerst innerhalb und dann außerhalb der alten Schwedischen Kommunistischen Partei (seit 1967 "Linkspartei Kommunisten") geführt wurde und der zumindest teilweise von der sogenannten "Großen Polemik" zwischen der sowjetischen und der chinesischen KP beeinflußt wurde. Dieser Kampf hatte die meisten Anhänger in der schnell wachsenden Bewegung gegen den imperialistischen Krieg in Vietnam. Das waren in der Mehrzahl junge Leute, angeführt von Intellektuellen und Studenten. Diese Bewegung war eine starke Kraft in Schweden, und da die Revisionisten (von der Sozialdemokratie gar nicht zu reden) gegen diese Bewegung waren, hatten wir freie Bahn, um unseren Einfluß auf diese Bewegung geltend zu machen.

2. Im Winter 1969/70 brach ein großer, spontaner Streik unter den nordschwedischen Bergarbeitern aus. Er war ein wichtiger Wendepunkt in der Gewerkschaftsgeschichte unseres Landes. Über drei Monate lang streikten 6.000 Bergleute in einer strategisch wichtigen Industrie, und, was besonders wichtig daran war, sie taten es, ohne sich von der Gewerkschaftsführung oder der Sozialdemokratie kontrollieren zu lassen.

Als der offene Klassenkampf in unserem Lande ausbrach, erwies sich die studentische Führung der anti-revisionistischen und anti-imperialistischen Bewegung schnell als unzulänglich. Eine kommunistische Arbeiterpartei war offensichtlich dringen notwendig. Unsere Partei gründete sich aus einer anti-revisionistischen Plattform heraus, legte aber großen Wert darauf, auf den fortgeschrittensten Elementen der Arbeiterschaft aufzubauen - und das nicht nur verbal, sondern auch in den praktischen und organisatorischen Strukturen. Die erste Parole unserer jungen Organisation war: "Wendet Euch den Fabriken zu!" Von Beginn an waren eine Anzahl der führenden Kader der Partei Arbeiter, vor allem Bauarbeiter, Stahlwerker usw. Von Anfang an richtete unsere Partei ihre Anstrengungen darauf, die Arbeiter zu erreichen und Arbeiter in der Parteiführung zu haben. Dies ist eines der Grundmerkmale unserer Partei, darin unterschied sie sich von vielen linken Organisationen, die es damals, im Nachklang der sogenannten "Studentenbewegung", in Westeuropa gab.

Unsere Partei, d.h. die Gesamtheit unserer Organisationen, Ortsverbände und Parteizellen basiert auf klassischen leninistischen Prinzipien. Jedes Mitglied muß zu einer der innerparteilichen Organisationen gehören. Die höchste Organisationsform in jedem Ortsverband ist die Betriebsparteizelle. Sobald es drei oder mehr Parteimitglieder in einer Fabrik gibt, bildet sich eine Betriebszelle. Die Klassenbasis unserer Partei und ihr "Profil" waren von Beginn an festgelegt. Die Zellen-Organisationen an der Basis leisten die tägliche politische Arbeit: Organisation des Verkaufs der Parteizeitung in den Fabriken, Verteilung des Propagandamaterials der Partei, Aufnehmen der Ideen und Gedanken der Arbeitskollegen usw.

Ich denke, sagen zu können, daß drei grundlegende Merkmale unsere Partei von Anfang an charakterisiert haben:

1. sie ist die Partei der Arbeiterklasse, und sie organisiert die politisch fortgeschrittensten Elemente der Klasse;

2. sie ist die Partei des Klassenkampfes;

3. sie ist die Partei mit einer klaren, unabhängigen Position in der schwedischen Klassengesellschaft.

Die Partei lebt von ihrer Verpflichtung, an Aktionen des Klassenkampfs teilzunehmen und, wenn möglich, in ihnen die führende Rolle zu übernehmen. Ohne die parlamentarische Arena als ein Hilfsmittel, die Positionen der Partei vorzutragen, vernachlässigen zu wollen, müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um Arbeiter und andere dazu zu bringen, ihre eigenen Forderungen zu formulieren - und sie zur Einsicht zu bringen, daß sie für die Durchsetzung selbst kämpfen müssen. Dabei haben sie in der Regel zwei Gegner: die Kapitalisten (natürlich), aber auch die reformistische Führung, die den unabhängigen Kampf der arbeitenden Massen mehr als alles andere fürchtet.

In einem Land unseres Typs, in dem der Reformismus die große Mehrheit der Arbeiter und der anderen gesellschaftlichen Schichten in der Hand hat, müssen wir dieses reformistische Denken mit großer Ausdauer bekämpfen. Ein Ergebnis des reformistischen Denkens ist natürlich, daß viele Arbeiter nicht an ihre eigene kollektive Macht, Veränderungen zu bewirken, glauben. Ihnen wird immer wieder erzählt, daß sie diese Ziele den Politikern oder Gewerkschaftsbürokraten überlassen sollen.

Um Einfluß in breiten Schichten der Arbeiterklasse zu gewinnen, muß man unserer Erfahrung nach zunächst den Unterschied klarmachen zwischen der eigenen Partei und den anderen Parteien und Organisationen, besonders denen, die sich als "kommunistische" oder "Arbeiterparteien" bezeichnen. Wie schon Lenin ausgeführt hatte, muß den Massen die Position der kommunistischen Partei der Bolschewiki klargemacht werden, im Unterschied zu allen anderen politischen Bewegungen und Tendenzen. Das ist sowohl eine theoretisch-ideologische als auch eine praktische Aufgabe.

Wir haben die von den Sozialdemokraten in die Arbeiterschaft getragene reformistische Ideologie wie folgt zusammengefaßt: "Arbeitet hart, macht keinen Ärger (also keine Streiks oder eigene Initiativen) und wählt alle vier Jahre die Sozialdemokraten. Das ist alles, was ihr Arbeiter tun sollt. Das Denken und alles andere sollt ihr uns überlassen." Diese Ideologie ist eines der schwierigsten Hindernisse. Sie ist die Frage, die unsere volle Aufmerksamkeit erfordert: Wie kann man den lähmenden Einfluß des Reformismus auf die Arbeiterbewegung durchbrechen?

Unserer Erfahrungen:
A) Die Partei muß einen eigenen, unabhängigen politischen Kurs formulieren. Unter den heutigen politischen Bedingungen, also unter den Bedingungen der Legalität, muß die Partei offen agieren und alle Tricks vermeiden. Wenn wir die Partei in den Hintergrund schieben oder "verstecken", liefern wir unseren politischen Gegnern Gelegenheiten, uns zu verleumden.

B) In der Aufbauphase der Partei ist es notwendig, unter den Arbeitern und anderen an unserer Politik interessierten Kräften die größtmögliche Klarheit darüber zu schaffen, wofür die Partei steht und was ihre Position zu konkreten Themen ist. Im Schwedischen nennen wir das eine "Periode der Trennung", ich hoffe, Ihr versteht, wie das gemeint ist: die Partei muß sich abheben, muß getrennt sein von den Positionen der anderen, selbsternannten linken Parteien oder Bewegungen.

Zwei Beispiele:

- Es gab einen langwierigen (zehn Jahre währenden) Kampf um den Erhalt des schwedischen Schiffbaus in den 70er und 80er Jahren. Göteburg, woher ich komme, hatte in den 70er Jahren vier große Schiffswerften, zwei von ihnen unter den zehn größte der Welt. Zusammen 30.000 Arbeiter. Unsere Partei hat diesen langen Kampf angeleitet - gegen die Sozialdemokratie und ihre Gewerkschaftsbosse. Bei weitem nicht alle Arbeiter wollten akzeptieren, als wir sagten, daß wir kämpfen müßten, um unsere Arbeitsplätze zu erhalten. Nicht wenige glaubten, was die Sozialdemokratie versprach. Als dann die erste Schiffswerft geschlossen wurde, versprach die Sozialdemokratie, daß sie die anderen drei retten würde. Als dann die zweite geschlossen wurde, hieß es, die anderen zwei würden überleben und so weiter. Wir prangerten das von Anfang an an, und wir fügten hinzu, daß nur harter Klassenkampf die Arbeitsplätze retten könne. Wir organisierten Streiks, Protestdemonstrationen und so weiter - mit einer Teilnahme von Tausenden von Arbeitern. (Wir hatten zu der Zeit Parteizellen von mehr als 150 Mitgliedern in jeder der vier Schiffswerften.) Heute sind alle Schiffswerften geschlossen. 400 Arbeitsplätze auf einer Reparatur-Werft sind das einzige, was übrig geblieben ist. Aber viele von diesen Arbeitern, die uns damals nicht trauten, sagen heute, daß wir recht hatten und die Sozialdemokratie gelogen habe. Unsere Partei hat Vertrauen und Ansehen bei diesen Arbeitern gewonnen, weil wir von Anfang an die Situation richtig analysierten und unsere Linie in klarer Konfrontation mit der Sozialdemokratie propagierten.

- Und ein anderes Beispiel aus einer völlig anderen Sphäre: Wenn Du konstant und korrekt die Sozialdemokratie kritisiert hast - und dann kommt die Zeit der Wahlen und Du hast nicht die Kraft, selbst daran teilzunehmen, kritisiere nie die Leute, die dann Sozialdemokraten wählen ("Die sind immerhin noch besser als irgendeine Bourgeois-Partei."), denn das schafft Verwirrung.

Das politische Bewußtsein der Arbeiter muß sorgfältig untersucht werden. Wir alle wissen, daß die marxistische Theorie in die arbeitenden Massen getragen werden muß, daß das kein spontaner Vorgang ist und daß dialektisch die Theorie mit dem konkreten Klassenkampf und den Aktivitäten der Partei in Einklang stehen muß.

Ich denke, die vom reformistischen Einfluß erzeugte Passivität muss durchbrochen werden, und den Arbeitern muß auch klargemacht werden, dass alle Reformen - ob von unten erkämpft oder von oben als "Geschenk" an die Massen vergeben - rückgängig gemacht werden können. Diesem Irrglauben vieler Arbeiter stehen wir sehr oft gegenüber: sobald eine Reform (also kürzere Arbeitszeit, mehr Urlaub, früherer Ruhestand, ein besseres Rentensystem) eingeführt ist, wird das für immer so bleiben. In Schweden passiert aber seit mehr als einem Jahrzehnt das genaue Gegenteil: eine Reform nach der anderen wird abgeschafft, durch Privatisierung, Deregulierung, durch Anpassung an die EU-Mitgliedsländer (ein sehr wichtiges Thema in Schweden), durch die Übernahme des neo-liberalen ökonomischen Denkens, die sogenannte Globalisierung usw. Wachsende Klassenunterschiede, offene Armut und Massenarbeitslosigkeit sind die Folge.

Die bisherige Reaktion der sozialdemokratischen, reformistischen Arbeiter kann man so zusammenfassen: Konfusion. Desillusionierung. Wachsende Unzufriedenheit. Das Gefühl, betrogen worden zu sein. "Wir wollen die Sozialdemokratie wieder so, wie sie vor 25 Jahren war", ist eine gängige Meinung. Da das aber nicht passieren wird, öffnen sich neue Möglichkeiten für kommunistische Politik und für Aktionen, mit denen breite Teile der Arbeiterschaft erreicht werden können.

Die unabhängige Rolle der Partei
Wie Ihr wisst, sahen in den 70ern und bis in die 90er Jahre die meisten kommunistischen Parteien im kapitalistischen Europa entweder die KPdSU, die KP Chinas oder (in geringeren Maße) die Albanische KP als Autoritäten an, an die man sich anlehnen und auf die man sich verlassen konnte. Bei allem Respekt für diese Parteien und die Positionen und Überlegungen dieser Länder muß es trotzdem die Aufgabe jeder wirklichen KP sein, die Strategie und Taktik ihrer Politik in ihrem eigenen Land zu analysieren und zu formulieren und dabei die vorherrschenden objektiven und subjektiven Faktoren zu berücksichtigen.

Oder, um es anders zu sagen: wir halten es für richtig und notwendig, dass Kommunisten selber nachdenken.

Wir sagen anderen Parteien nicht, was sie tun sollten oder wie der Marxismus-Leninismus auf ihre konkreten Bedingungen anzuwenden ist. Was uns eint, ist das gemeinsame Fundament der marxistisch-leninistischen Theorie und ihrer Prinzipien, und das strategische Ziel. Die Taktik muss in Übereinstimmung mit den Bedingungen im Lande, der Stärke der einzelnen Partei usw. entwickelt werden.

Diese unabhängige Linie der Partei verlangt viel von uns. Eines der wichtigsten Dinge ist, dass jedes Parteimitglied ein höchstmögliches Niveau an theoretischer und ideologischer Aufmerksamkeit/Wachsamkeit bewahrt. Dabei versuchen wir, die "Massenlinie" anzuwenden, d.h., alle Mitglieder sollen sich aktiv an den Diskussionen beteiligen, die konkrete Parteilinie in Bezug auf bestimmte Fragen untersuchen/evaluieren usw. Dabei handelt es sich natürlich um den demokratischen Zentralismus - und davon kann man leicht reden, aber oft ist es schwieriger, ihn in die Praxis umzusetzen.

Eine Vorbedingung zur Parteigründung ist natürlich ein Parteiprogramm, eine programmatische Plattform, die von allen Mitgliedern geteilt wird. Unser Prozess zur Erreichung dieses Ziels, in den 70ern, fand unter Mitwirkung von Tausenden statt. Das Zentralkomitee ernannte eine Kommission, die einen Entwurf vorlegte. Dieser Entwurf wurde dann diskutiert, und zwar nicht nur von den Parteimitgliedern, nein, wir haben versucht, so viele interessierte Arbeiter außerhalb der Partei wie nur möglich einzubeziehen. Verschiedene Standpunkte, Beiträge und Zusätze wurden dann eingearbeitet, alles von der Kommission neu formuliert und nochmals an die Parteimitglieder gegeben. Auf diese Art schafften wir es, wertvolles Wissen und viele Aspekte zusammenzutragen, die unser Parteiprogramm wertvoll und solide werden ließen. Das zeigt sich auch darin, daß die Grundlagen auch heute noch Parteiprogramm sind.

Internationalismus
Proletarischer Internationalismus und internationale Solidarität waren immer ein wichtiger und integrierter Bestandteil unserer Parteiarbeit. Und das nicht nur, weil wir auf gewisse Weise "Kinder des Vietnamkriegs" sind, sondern auch, weil der Internationalismus eine Grundlage kommunistischer Klassenpolitik bilden muß. Unser Kampf ist international im Inhalt, auch wenn er in der Form national ist. Unsere unabhängige Linie machte es leichter für uns, besonders in den 70ern und 80ern, diesen Internationalismus auf die sogenannte Dritte-Welt-Länder zu richten. Indo-China, Südafrika, Angola, Mocambique, Simbabwe, Kuba, die Koreanische VDR, Palästina, Polisario, die Philippinen, die Sandinistas, El Salvador usw. Zu den Parteien und Befreiungsbewegungen in diesen und anderen Ländern hatten wir von Anfang an sehr enge Beziehungen. Während der großen Bergarbeiterstreiks in Großbritannien 1984/85 haben wir ein Dorf adoptiert und unterstützt. Fast eine Mio Schwedischen Kronen haben wir zusammenbekommen und damit Lastwagen voll Kleidung und Geschenke in dieses Dorf in Yorkshire geschickt. In der Solidarität-mit-Kuba-Aktion "Ein Tanker für Cuba" haben wir 1993 fast eine halbe Mio. Schwedische Kronen zusammenbekommen. 1986-88, zur Zeit der Naturkatastrophen in der Koreanischen VDR, haben wir durch unsere Parteizeitung und durch aktive Parteiarbeit Spendengelder zusammengetragen, über 50.000 DM in drei Monaten.

In diesem Kontext einige Worte über die dramatischen Veränderungen im internationalen Kräfteverhältnis seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des Sozialistischen Blocks in Osteuropa. Natürlich hat uns das beeinflußt, dass sich das Kräfteverhältnis verändert hat. Die Offensive von Kapitalismus und Imperialismus ist heute total, ohne die Rücksichten, die zur Zeit des Sozialistischen Blocks noch nötig waren. Aber als Partei hat uns das nicht überrascht. Schon Jahre vorher hatten wir die Entwicklung analysiert und ein Buch veröffentlicht mit dem Titel "Wohin führt Gorbatschow die SU?" (1987). Darin hatten wir nüchtern festgestellt, dass seine Politik zur Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion führen wird. Leider hatten wir damit recht. Wir hatten in der Partei darüber gründlich diskutiert und waren daher, in diesem Sinne, vorbereitet. (Wie Ihr Euch erinnert, gab es 1987 auch KP's, die Gorbatschow als den "neuen Lenin" ansahen, der den Marxismus/Leninismus in ein höheres Stadium führt usw.)

Die Einheits-Initiative
Um die sozialdemokratische Hegemonie innerhalb der arbeitenden Massen zu zerbrechen, müssen wir auf nicht-sektiererische, aber prinzipienfeste Art versuchen, Forderungen zu formulieren, die mit der Unzufriedenheit dieser Massen korrespondieren. Einige von Euch mögen von dem gehört haben, was wir die Einheits-Initiative nennen. Zu Beginn der 90er Jahre, als die ökonomische Krise für alle anschaulich war, formulierten wir das "Krisenprogramm der Arbeiter", das war kein Programm für die Revolution, aber eines mit konkreten Klassenforderungen, um der neoliberalen Offensive entgegenzutreten. Unsere Intention war, eine Front von unten zu bilden, eine Klassenorganisation für sozialdemokratische Arbeiter, Kommunisten, Nicht-Parteigebundene usw. Das Programm haben wir im Zeitraum eines Jahres in über 700.000 Kopien verteilt, man kann sagen: an fast allen Arbeitsplätzen.

Unser Ziel war es, eine große Zahl von Gewerkschaftern der unteren und mittleren Ebene zu gewinnen, Leute, die sich auf die eine oder andere Art als Sprecher ihrer Kollegen hervorgetan hatten oder als ehrbar und aufrecht galten. Die meisten von ihnen waren mit der Sozialdemokratie unzufrieden.

Seit der offene Klassenkampf von Seiten der Arbeiterklasse erschreckend schwach geworden ist, mußten wir sehr vorsichtig und bedächtig vorgehen. Diese Periode lief parallel mit dem Verrat der Sozialdemokratie, Schwedens Mitgliedschaft in der EU zu unterstützen. Mit einer sehr kleinen Mehrheit haben sie und das Establishment (sie haben Hunderte vom Millionen schwedischer Kronen in die Propaganda gesteckt) das Referendum 1994 gewonnen. Weil unsere Partei eine der wenigen war, die gegen die monopolkapitalistische EU waren und weil sie die einzige unter den Gegnern war, die einen klaren Klassenstandpunkt hatte, wurde unsere Partei oft eingeladen, um das "NEIN der Arbeiterklasse" in Debatten, oft bei lokalen Gewerkschaftstreffen usw. darzustellen. Dadurch haben wir dort viele Freunde gewonnen, und viele einfache Arbeiter merkten, daß wir für das standen, was sie gefühlsmäßig für richtig hielten.

Inzwischen gibt es ungefähr 30-35 lokale Zentren der Einheits-Initiative. Sie sind unterschiedlich stark und unterschiedlich aktiv, aber sie sind ein Treffpunkt geworden, der eine größere Zahl Menschen anzieht. Eine klare Mehrheit der Mitglieder sind keine Kommunisten, sondern Sozialdemokraten oder ehemalige Sozialdemokraten. Für unsere Partei hat die Einheits-Initiative neue Zugänge zu neuen Gruppen und Schichten der Arbeiterklasse eröffnet, die wir sonst nicht erreicht hätten. Und man kann durchaus feststellen, daß viele Tausende von Arbeitern ihre Haltung uns gegenüber geändert haben: Sie sehen uns nun als integrierten Teil der Arbeiterbewegung, sie kennen uns nun als vertrauenswürdige und engagierte Leute.

Unsere Sicht der internationalen kommunistischen Bewegung in der momentanen Situation
Wir glauben an die Wichtigkeit und die Notwendigkeit, sowohl Ansichten und Informationen als auch praktische Erfahrungen wie in diesem Rahmen hier auszutauschen. Bessere Kontakte zwischen den KP's Europas sind äußerst wichtig, um gemeinsam EU-Monopolkapitalisten und die imperialistische Politik der EU/NATO-Länder zu bekämpfen. Wie Ihr wisst, kooperieren die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften in Europa und bauen "von oben" gemeinsam Organisationen auf, z.B. "Europa-Gewerkschaften". Wir müssen Formen finden, um die arbeitenden Massen "von unten" zu mobilisieren. Sowohl in konkreten Klassenkampf-Situationen - Streiks, Entlassungen, Angriffe auf die Rechte der Arbeiter - als auch als Ausdruck von Klassensolidarität. Jede Partei hat die Aufgabe, diese Aufgaben national in Angriff zu nehmen, aber die wachsende Zusammenarbeit zwischen den Parteien macht die Arbeiter stärker.

Allerdings unterstützen wir die Bildung einer neuen Kommunistischen Internationale nicht. Das wäre viel zu früh. Die meisten M/L-Parteien und M/L-Organisationen Europas sind sehr klein, und, um ehrlich zu sein, spielen keine sehr wichtige Rolle in den politischen Kämpfen ihrer Länder. Es gibt Ausnahmen. Unsere griechischen Genossen hier repräsentieren eine Partei mit großem Einfluß in der griechischen Arbeiterklasse. Das gleiche ist der Fall in Portugal, Zypern und einigen anderen Ländern Europas. Die KPML(r) hält es für wichtiger, gute Beziehungen zu solchen Parteien mit tatsächlichem Einfluss in der Arbeiterklasse zu entwickeln, als endlose Stunden mit kleinen, isolierten, sektiererischen Gruppen zu verbringen, auch wenn sie alle marxistischen Klassiker vorwärts und rückwärts zitieren können.

Heute kann sich keine KP zur führenden Kraft der Kommunistischen Bewegung ernennen. Aber wir haben die Möglichkeit, konkrete Kooperationen zu entwickeln und bei konkreten Aufgaben und Aktionen zusammenzuarbeiten. Wir müssen allerdings akzeptieren, dass die Welt im Jahr 2000 nicht die Welt von 1970 ist.

Aber es gibt Anzeichen dafür, dass Teile der jungen Generationen anfangen, aufzuwachen. Es gibt nicht mehr die Begeisterung für den Kapitalismus wie vor 10 Jahren.

Ich bin sicher, dass wir alle unsere Ansichten haben über manche Inhalte der heutigen Protestbewegungen, sei es in Seattle, Washington, Prag oder anderswo. Aber die Tatsache allein, dass die monopolkapitalistische Globalisierungsökonomie, die imperialistische Unterdrückung, die US-NATO Kriegstreiberei usw. auf Widerstand stößt, ist ermutigend. Diese Bewegung zu führen und zu höheren Qualität und klarere Analyse zu führen, das ist unsere Aufgabe. Laßt uns diese Aufgabe angehen! Vielen Dank. (Starker, lang anhaltender Beifall)

Teddy John Frank, Göteborg, Schweden


In: "Imperialismus und anti-imperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert, Protokollband der gleichnamigen Konferenz vom 28./29. Oktober 2000. 288 Seiten, Hrsg: offen-siv

Anmerkung
(11) Im Jahr 2006 hat sie sich umbenannt in Kommunistische Partei Schwedens.

*

Kommunistische Partei Schwedens:(12) Parteiprogramm

Verabschiedet auf dem 16. Parteitag im Januar 2011. Im Parteiprogramm finden sich die grundlegenden Positionen der Partei.

Der Kommunismus lebt! Obwohl er von Staatsmännern, Politikern, Professoren, Redakteuren und anderen Vertretern der Herrschenden für tot erklärt wurde, lebt die kommunistische Idee in der Mitte der Arbeiter, sie lebt im Kampf für ein besseres Leben und eine bessere Welt. Für die Massen der werktätigen Bevölkerung bringt der Kapitalismus nur Unglück. In seinem gierigen Streben nach Effizienz erzeugt er unendlich viel Elend, Wahnsinn, Drohungen und Unmenschlichkeit. Der Kommunismus ist grundsätzlich anders, vernünftig und gerecht für die gesamte Gesellschaft. Der Kapitalismus hat keine Perspektive mehr, diese hat nur eine Gesellschaft, in der die Arbeiterklasse entscheidet, in der sich alles auf die Befriedigung der Bedürfnisse der arbeitenden Menschen in allen Lebensbereichen konzentriert.

Um ihre Weltanschauung darzulegen und ihre Ziele zu präsentieren, veröffentlicht die Kommunistische Partei ihr Parteiprogramm als eine Einladung, an unserem Kampf für eine bessere Zukunft und eine bessere Welt teilzunehmen.

A. Die schwedische Arbeiterklasse

Die Kommunistische Partei ist eine revolutionäre Arbeiterpartei. Unser Ziel ist die vollständige Umwandlung der bestehenden Gesellschaftsordnung, die Abschaffung des Kapitalismus und die Ersetzung durch eine sozialistische Gesellschaft.

Die sozialistische Revolution dreht die Klassengesellschaft um. Während im Kapitalismus einige wenige die Macht über die Produktionsmittel und damit über den Reichtum der Gesellschaft haben, werden die Produktionsmittel und damit der Reichtum der Gesellschaft dann denen gehören, die im Kapitalismus entrechtet und erniedrigt wurden.

Im kapitalistischen Schweden wächst der Unterschied zwischen Arm und Reich. Millionen Menschen haben durch ihre produktive und gesellschaftlich nützliche Arbeit in den Fabriken, Bergwerken, auf Baustellen und in der Kommunikation dieses System aufgebaut, haben damit auch das Gesundheitswesen, Kinder- und Altenbetreuung und Schulen aufgebaut. Obwohl sie all dies geschaffen haben, haben sie keinerlei Einfluss auf die Verteilung des gesellschaftlichen Vermögens.

Kreative und produktive Arbeit sorgen nur dafür, dass die Herrschenden noch mächtiger werden. Privater Profit wird vor die Bedürfnisse der Menschen nach Arbeit, sozialer Sicherheit und sozialer Versorgung, Kultur, Umweltschutz und Lebensqualität gestellt.

Die schwedische Klassengesellschaft der Minderheit, der Bourgeoisie, beherrscht die Arbeiter und ihre Arbeitskraft durch das Eigentum an den Produktionsmitteln, während die Arbeiterklasse dazu verurteilt ist, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen.

Die momentane Gesellschaftspyramide wird durch die Ausbeutung der arbeitenden Mehrheit, die Ausbeutung der Arbeiterklasse überhaupt erst möglich.

Dies gibt der Arbeiterklasse eine besondere Rolle in der kapitalistischen Gesellschaft. Die Arbeiter können auf die Kapitalisten verzichten, da sie nicht notwendig sind für die Produktion, aber die Kapitalisten können nicht auf die Arbeiter verzichten, ohne sich selbst das eigene Grab zu schaufeln. Die Arbeiterklasse hat insofern alles zu gewinnen, nichts zu verlieren und kann deshalb die Umgestaltung zur sozialistischen Gesellschaft wagen.

Für die mittleren Schichten der Gesellschaft - die Kleinbauern, kleine Geschäftsleute, Ladenbesitzer und Freiberufler - besteht eine besondere Situation. In erster Linie versuchen sie ihren Status als "Mittelschicht" zu bewahren, auch in der Auseinandersetzung mit der Bourgeoisie, und dafür kämpfen sie.

Personen aus diesen Schichten können nach der Einsicht, dass der Kapitalismus ein Hindernis für alle weiteren Entwicklungen ist, für unseren Kampf gewonnen werden.

Die neoliberale Phase des Systems hat durch Massenarbeitslosigkeit eine kontinuierliche soziale Unterschicht geschaffen, die Außerhalb des Arbeitsmarkts leicht in die Kriminalität abrutscht und die gemeinsamen Interessen mit der Arbeiterklasse vergessen lässt.

Die Macht der Bourgeoisie in der Gesellschaft wird vom Staat und seinen Behörenden wie der Polizei, dem Militär, den Gerichten und Gefängnissen geschützt. Inzwischen werden diese durch eine wachsende Zahl von privaten Sicherheitsfirmen ergänzt.

Vor allem das Fernsehen und die kommerzialisierten Online-Medien spiegeln die Einheit des Willens der Kapitalisten wider, die arbeitenden Menschen in Unwissenheit und Passivität zu halten.

Die Bourgeoisie hat sich selbst ein Heer von Helfern in einem unproduktiven Überbau geschaffen - den Behörden und Gemeinden. Sie spielen die Rolle der Testamentvollstrecker und Verteidiger der volksfeindlichen Politik. Hohe Gehälter, kostenfreie Leistungen, Steuerbefreiung und eine ganze Anzahl von Privilegien verflechten diese Schicht sehr eng mit der Bourgeoisie.

Diese Politiker, Regierungsbeamte, Führungskräfte, Redakteure und Bischöfe tun alles für den Schutz ihrer Privilegien, dafür betreiben sie die bürokratische Knechtung der Arbeiterklasse und derjenigen, denen es in dieser Gesellschaft am schlechtesten geht.

Die Forderung nach "Demokratie" innerhalb dieser Klassengesellschaft ist engstirnig und im Wesentlichen illusorisch. Der Staat und seine Behören, einschließlich des Parlaments, sind ein Instrument der Kapitalisten und ihrer Klasseninteressen.

Seit seiner Entstehung waren die Auswirkungen des kapitalistischen Systems periodischen Krisen, Massenarbeitslosigkeit und das sozialen Elend der Arbeiter.

Die kapitalistische Krise ist ein Produkt des Systems und kann nicht verhindert werden. Durch die niedrigen Löhne der Arbeiter können die in Massen produzierten Waren auf dem Markt nicht mehr verkauft werden - obwohl die Arbeiter dieser Waren produziert haben.

Der Kapitalismus hat kein gesellschaftliches Ziel, er kennt nur den privaten Profit, er ist anarchistisch und führt zu Störungen und Disharmonie zwischen den einzelnen Bereichen der Wirtschaft. Im Namen des "strukturellen Wandels" werden alle Zweige der Produktion bis aufs äußerste ausgeschlachtet und rationalisiert. Dies bedeutet eine massive Kapitalflucht, Zerstörung und Verwüstung für Generationen und die Vernichtung ihres Fachwissens.

Die kapitalistischen Krisen zerstören immer wieder das Trugbild des "Kapitalismus mit menschlichem Antlitz" und zeigen, wie willkürlich und unmenschlich die derzeitige Gesellschaft ist.

Die Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheitsversorgung, Bildung, Verkehr und Vorsorgeeinrichtungen sind nicht kleiner geworden - im Gegenteil. Doch die Sozialhilfe wird weiter gesenkt, immer mehr Vermögen wird den Reichen übertragen, zu Spekulationen eingesetzt, um Banken und Kreditinstitute über Wasser zu halten oder um Investitionen in anderen Ländern zu tätigen. Dies alles dient nur dazu, die herrschende Klasse oben zu halten und ihr zunehmend dekadentes Leben zu sichern.

Dies alles zeigt sich darin, dass keinerlei Versuche unternommen werden, den Reichtum der Gesellschaft in Einklang mit den menschlichen Bedürfnissen und der Sicherung der Natur zu bringen. Im Gegenteil, die Zerstörung des primären Sektors sowie der Handel mit den noch ärmeren Teilen der Welt, wo die Not am dringendsten ist, kann für die Kapitalisten nicht profitabel genug sein.

Der Kapitalismus durchsetzt die gesamte Gesellschaft, expandiert und erweitert damit die Vergrößerung seines Kapitals und befriedigt seine Forderung nach möglichst hohen Renditen.

Der freie Wettbewerb im Kapitalismus ist ein Mythos. Immer stärker und größer werdende die Monopole, eignen sich immer mehr Profite durch die Aufteilung und Kontrolle der Märkte an.

Für die Kapitalbesitzer ist Schweden zu klein. Ihre unersättliche Suche nach Maximalprofit passt nicht innerhalb Schwedens Grenzen. Daher ist das exportieren von Kapital von Bedeutung. Die wichtigsten schwedischen Firmen führen einen wachsenden Teil ihrer Geschäfte im Ausland.

Diese Grundtendenz wurde durch die schwedische Mitgliedschaft in der Europäischen Union, die das Recht auf nationale Selbstbestimmung stark zu Gunsten der großen Unternehmen einschränkte, zu einer "europäischen Gemeinschaft der Diktatur der Märkte" entwickelt.

Die Großkonzerne, auf deren Unterstützung der kapitalistische Staat fokussiert ist, haben das Land verraten und die Rechte der Arbeiter auf Arbeitsplätze, Entwicklung und Wohlstand.

Mit weiterer Entwicklung des Kapitalismus verschwimmen die Grenzen zwischen traditionellen Geschäften und Finanzkriminalität.

Die Kapitalisten schrecken vor nichts zurück, um sich zu bereichern. Spekulationen, politische Erpressung, Plünderungen von bankrotten Unternehmen und öffentlichem Eigentum ersetzen mehr und mehr produktive Investitionen und produktive Arbeit. Der Preis wird von den Arbeitern durch Arbeitslosigkeit und Verschlechterung der Lebensbedingungen bezahlt.

Schweden ist ein reiches Land. Arbeit und Wissen stehen uns zur Verfügung. Roh- und Hilfsstoffe, Industriebetriebe, aber auch Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten und andere soziale Einrichtungen sind vorhanden. Sie bilden schon jetzt eine gute Grundlage, alle Menschen an der positiven Entwicklung teilhaben zu lassen, ein Leben in Wohlstand und Würde zu führen. Es geht darum, die produzierten Werte nach Bedürfnissen und Solidarität zu verteilen.

Der Kapitalismus ist eine gigantische Produktion, die jedem Arbeiter ermöglich, ein wichtiger Teil in einer sozialen Produktionskette zu sein. Wenn etwas produziert wird, umfasst dies Tausende Menschen und ihre Anstrengung. Die kapitalistische Produktion ist von sozialer Natur.

Aber die Produktionsmittel und das Produkt sind im Kapitalismus immer noch privat. Dies bedeutet, dass die gesellschaftliche Produktion von Kapital und zu erzielendem Gewinn selbstverständlich nicht auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und der Arbeiter eingestellt ist.

Der Widerspruch zwischen kollektiver Produktion und privater Aneignung der Produkte - weil die Produktionsmittel privat sind - ist der Grundwiderspruch des Kapitalismus. Er kann nur gelöst werden wenn auch das Eigentum an den Produktionsmitteln und der Produkte kollektiv ist.

Das Privateigentum an Industrie, Rohstoffen, Banken und sozialen Einrichtungen ist veraltet und bremst die weitere Entwicklung des Landes.

Dieses antiquierte System führt zur Arbeitslosigkeit, wachsender sozialer Not und Verschlechterung der Lebensbedingungen für die Mehrheit der Bevölkerung.

Der Kapitalismus bedeutet eine rücksichtslose Plünderung der natürlichen Ressourcen und die Zerstörung der Umwelt. Die Gesetze der Natur und damit einhergehende ihre potenzielle Beeinträchtigungen werden ignoriert zugunsten kurzfristiger und privater Gewinnen mit dem Ziel, Maximalprofit zu erzielen.

Das heißt, dass das auf Privateigentum aufgebaute System alles Leben auf der Erde bedroht!

B. Eine ungerechte Weltordnung

Die Kommunistische Partei kämpft gegen jede Form der Unterdrückung, Ausbeutung, gegen Rassismus und Hass zwischen Völkern und Nationen. Unsere Solidarität kennt keine nationalen Grenzen. Der Kampf der Arbeiterklasse ist der Form nach national, dem Inhalt nach international.

Das kapitalistische System hat die Nationen und Völker in ein weltumspannendes System der Ausbeutung, Abhängigkeit und Unterdrückung gezwängt. Der Kapitalismus hat sich in die Phase des Imperialismus entwickelt.

Der Imperialismus hat eine ungleiche und ungerechte Weltordnung geschaffen. Die Konzerne der imperialistischen Staaten beuten die armen Länder rücksichtslos aus, um an ihre Rohstoffe und Absatzmärkte zu kommen - nur um noch mehr Profite zu machen. Dies verhindert die Entwicklung der armen Länder und verurteilt die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Erde zu einem Leben in Hunger, Elend, der nationalen und menschlichen Erniedrigung.

Der Kapitalismus produziert also nicht nur die Klassenungleichheit in den kapitalistischen Ländern selbst. Die Frage der Ausbeutung muss im internationalen Maßstab um die Ungleichheit zwischen den reichen imperialistischen Ländern und den unterdrückten Nationen ergänzt werden.

Die armen Länder werden durch politische, diplomatische und militärische Mittel wegen ihrer natürlichen Ressourcen und wegen billiger Arbeitskräfte ausgebeutet. Viele dieser unterdrückten Länder haben eine eigene herrschende Klasse, die gestützt von den imperialistischen Staaten einen bereitwilligen Ausverkauf ihres Landes und der Vermögenswerte für dekadenten Luxus betreiben.

Die imperialistischen Staaten zögern nicht, zur Aufrechterhaltung der Ausbeutung auch militärische Gewalt anzuwenden. Das eigene Proletariat belügen sie, indem sie behaupten, es gehe um "die Verteidigung der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte". All das ist nur ein Schleier für ihre Gier und ihre selbstsüchtige Politik.

Die Kommunistische Partei fordert das Recht auf nationale Selbstbestimmung als grundsätzliches Prinzip demokratischer und gleichberechtigter Beziehungen zwischen den Völkern und Nationen. Nationale Ungleichheiten und nationale Widersprüche können nur vom jeweiligen Volk selbst gelöst werden, das sein Schicksal selbst entscheidet und nach seinen eigenen Vorstellungen und nationalen Interessen handeln kann.

Jede Abweichung von diesem Prinzip führt zu nationalen Überheblichkeiten, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gegen die unterdrückten Nationen. Die von der Ideologie der Herrschenden abhängige Arbeiterklasse kann somit isoliert und in "nationale Zugehörigkeiten" geteilt werden.

Wer die eigene Bourgeoisie unterstützt schmiedet seine eigenen Ketten.

Das kapitalistische Weltsystem ist einheitlich und doch in sich widersprüchlich. Verschiedene imperialistische Großmächte und Bündnisse kämpfen um die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt nach dem "Recht des Stärkeren".

Im 20. Jahrhundert führte dieses System zwei imperialistische Weltkriege, in denen dessen führende Mächte darum kämpften, noch größere Teile der Erde auszubeuten, neue Absatzmärkte zu gewinnen und damit das Wachstum ihres Reichtums zu beschleunigen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dominierte der US-Imperialismus allein den kapitalistischen Weltmarkt. Aber die US-Wirtschaft stagnierte und neue imperialistische Bündnisse traten auf, um die Vereinigten Staaten im Kampf um die Vorherrschaften auf den Weltmärkten herausfordern zu können.

Durch diese Entwicklung droht erneut ein imperialistischer Krieg, in dem Millionen und Abermillionen Menschen geopfert werden sollen, in einem Schlachtfeld des Profits. Das sollte uns Mahnung sein, dass das kapitalistische System eine Absurdität ist.

Ein dritter imperialistischer Weltkrieg wäre in der Atomwaffen-Ära eine ernste Bedrohung für die gesamte Menschheit und alles Leben auf der Erde.

Schweden ist ein kleines, aber imperialistisches Land. Es nimmt Teil an der Ausplünderung der Dritten Welt durch den Kapitalexport, ungleichen Handel, Plünderung, Angriffskriege und Teilnahme an imperialistische Bündnissen.

Für die Kommunistische Partei ist die internationale Zusammenarbeit und Solidarität ein wesentlicher Bestandteil alle Bemühungen, die Ungleichheit in der Welt zu beseitigen. Aber solange der Kapitalismus herrscht, ist der Internationalismus auch eine Klassenfrage. Die Kommunistische Partei lehnt jede Form der internationalen Zusammenarbeit mit den Kapitalisten entschieden ab.

Unser Internationalismus erstreckt sich ausschließlich auf die auf dieser Erde heute vom Kapitalismus unterdrückten Menschen. Ihr Kampf ist unser Kampf.

C. Die sozialistische Alternative

Die Kommunistische Partei weiß, dass der Kapitalismus für die Arbeiterklasse und die Mehrheit der Bevölkerung keine Lösung ist. Die Entwicklung des gesellschaftlichen Reichtums und seine gerechte Verteilung, Arbeit, soziale Leistungen und Kultur für alle, das erfordert eine neue, eine sozialistische Gesellschaft.

Die Bedingung für die Verwirklichung des Sozialismus ist die Einheit der Arbeiterklasse und aller anderen, die ausgebeutet, geplündert und durch das kapitalistische System gedemütigt wurden. Es muss jegliche Passivität durchbrochen werden, damit alle am aktiven Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse und ihrer Verteidiger teilnehmen.

Der Sozialismus bedeutet eine völlige Umgestaltung der bestehenden Gesellschaft - sozial, wirtschaftlich und politisch.

Im Sozialismus, um einmal den wichtigsten wirtschaftlichen Faktor zu nennen, werden alle Produktionsmittel der Gesellschaft übertragen. Die Arbeiterklasse produziert fortan in geplanter Art und Weise für die Bedürfnisse der Gesellschaft, um auch alle sozialen Leistungen zu sichern. Alle Funktionen werden von der Arbeiterklasse gewählt und kontrolliert.

Eine sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft kann deshalb nicht in den Grenzen des bürgerlichen Systems passen, sie wird nur im Widerstand und in der Überwindung der bürgerlichen Gesetze und Vorschriften erfolgen.

Es geht um eine revolutionäre Veränderung, in der die Arbeiterklasse und die Volksmassen den Weg der Eroberung der politischen Macht beschreiten, den bürgerlichen Staat überwinden und ihn durch eine eigene Regierung ersetzen, den Arbeiterstaat. Dieses Werkzeug wird in den Händen der Arbeiter eine demokratische und sozialistische Gesellschaft errichten.

Sozialismus bedeutet, dass die Diktatur der Bourgeoisie in der Gesellschaft und dem Staat während der revolutionären Phase durch eine revolutionäre Diktatur des Proletariats ersetzt wird. Erst im Kommunismus, also wenn die letzten Reste der Klassengesellschaft beseitigt sind, ist ein Staat zur Verteidigung der Revolution nicht mehr notwendig.

Die Art und Weise der sozialistischen Revolution wird von den Umständen und dem Kräfteverhältnis zwischen den beiden Klassen bestimmt.

Je stärker, geeinter und besser organisiert die revolutionären Kräfte sind, desto ruhiger und geordneter wird die Revolution sein.

Aber ebenso ist es klar, dass die Bourgeoisie, die in einer sozialistischen Revolution ihren Status als herrschende und privilegierte Klasse verlieren wird, zu allem Mitteln greifen wird, einschließlich der Waffengewalt, um die Schaffung einer Volksmacht zu verhindern. Daher müssen alle revolutionären Kräfte, die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten, auf alle Formen des Kampfes vorbereitet sein, einschließlich dem des bewaffneten Kampfes.

Keine Partei oder selbsternannte Elite kann alleine einen Klassenkampf gewinnen. Nur die breitesten Volksmassen, mit eigenen Aktivitäten und eigenem Bewusstsein darüber, dass es nicht mehr möglich ist, in der alten Weise leben zu können, können die Revolution zum Siege bringen und sie auch beschützen. Denn es kann die Befreiung der Arbeiter nur das Werk der Arbeiter selbst sein.

Die sozialistische Revolution ist aber nur der erste Schritt zur Abschaffung der Klassengesellschaft. Der Weg zum Kommunismus, in dem gemeinschaftliche Reichtümer nach Bedürfnissen zugeteilt werden: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinem Bedürfnissen", ist noch lang und beschwerlich.

Die Revolution ist die Übertragung aller staatlichen Macht in die Hände der Mehrheit der Menschen. Aber die Klassen und der Klassenkampf existiert im Sozialismus noch weiter. So erzeugen Überreste des Kapitalismus in der Wirtschaft das Gedankengut von Selbstsucht und privater Bereicherung.

Der Sieg des Sozialismus erfordert eine allseitige Entwicklung der Produktivkräft, um die Produktivität zu verbessern. Sie wird es ermöglichen, die Arbeitszeit zu verkürzen und damit Zeit für die Arbeiter zu schaffen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Materialknappheit führt unweigerlich zu Eigennutz, Korruption, Karrierismus und anderen antisozialen Phänomene.

Was für den Kampf um die Festigung der Macht der Arbeiter und die Mehrheit der Menschen benötigt wird, lehrten uns die sozialistischen Erfahrungen, vor allem die der Sowjetunion und der Volksdemokratien in Osteuropa.

Da der Sozialismus sehr neu war, mussten viele Erfahrungen teuer erkauft werden. Negative Erfahrungen lassen sich aber in ihr Gegenteil verkehren, wenn man von ihnen lernt und versucht die Ursachen der Niederlage und der Fehler zu finden.

Für den Sozialismus als eine lebendige und dynamische Gesellschaft zu arbeiten erfordert aber, dass es eine Möglichkeit gibt, durch die die Arbeiterklasse und die Massen des Volkes direkten und täglichen Einfluss auf die unterschiedlichen Funktionsebenen, die Unternehmensführungen und auf die Entscheidungen, wie die gesellschaftlichen Werte genutzt und verteilt werden sollen, ausüben kann.

Die Arbeiter müssen außerdem direkte Kontrolle über ihre Vertreter ausüben können. Dies gilt für Politiker, Regierungsbeamte, Betriebsleiter, Gewerkschaftsfunktionäre und andere.

Alle Vertreter müssen in direkten Wahlen gewählt werden. Ihre Tätigkeiten müssen offen und transparent sein. Alle Vertreter müssen Verantwortung für ihre Entscheidungen und Handlungen in jeder Lage tragen und sofort abwählbar sein beim geringsten Anzeichen von Machtmissbrauch, Korruption oder Inkompetenz.

Die sozialistische Demokratie der Arbeiter und ihrer Organisationen zielt darauf ab, das Verhältnis zwischen Herrscher und Beherrschten durch die kollektive Teilnahme an allen Entscheidungsprozessen zu beseitigen.

Die sozialistische Demokratie sprengt die Grenzen der bürgerlichen Demokratie. Sie macht keinen Unterschied zwischen wirtschaftlicher und politischer Entscheidungs- und Umsetzungsgewalt. An allen Orten und sozialen Funktionen ist der Einfluss der Arbeiterbewegung zu spüren.

Die sozialistische Demokratie kann durch eine Partei oder durch ein Mehrparteiensystem real werden. Die Formen werden von den Bedingungen, unter denen die sozialistische Demokratie aufgebaut wird, in der der Klassenkampf und die Verteidigung des Sozialismus Ausgangspunkt ist, bestimmt werden. Bestandteil der sozialistischen Demokratie ist Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und das Streikrecht.

Ein grundlegendes sozialistisches Prinzip ist, dass die Verwaltung des Landes, der Gewerkschaften und der Betriebe sowie die Führung der Kommunistischen Partei und ihrer Organisationen nicht von den Volksmassen losgelöst ist.

Die Gehälter für ein Amt dürfen nicht höher als ein durchschnittlicher Arbeiterlohn sein und alle Privilegien in Bezug auf die Beschäftigungs- und Lebensbedingung müssen verboten werden.

Diese Grundsätze wurden bereits in der Pariser Kommune von 1871 festgehalten und haben sich als eine entscheidende Frage im Sozialismus erwiesen. Dort, wo sie in der Sowjetunion und den sozialistischen Staaten Osteuropas über den Haufen geworden wurden, entstand Karrierismus, Bürokratismus und Korruption im ganzen Staats- und Parteiapparat, der sich zu einer herrschenden Klasse der bürgerlichen Art entwickelt hat.

Diese Personen verschleierten die Transparenz, nahmen die Kontrolle der Entscheidungen, begünstigten sich an großen materiellen Privilegien und befestigten sich im wachsenden Maße durch Korruption und Veruntreuung ihre Positionen.

Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich auch in der reformistischen Arbeiterbewegung in Schweden. All das hat nichts mit Sozialismus zu tun.

D. Der Kampf um die Klasseninteressen

Die Kommunistische Partei hat keine anderen Interessen als die der Arbeiterklasse. Bei allen Aktivitäten kämpft die Partei für die kurz- und langfristigen Interessen und wird dabei die Arbeiter mobilisieren.

Die Partei weiß, dass nur der Klassenkampf der Arbeiter zur Unabhängigkeit gegenüber den Kapitalisten führt und ihre Forderungen durchzusetzen schafft. Falls es erforderlich ist, wird der Kampf auch gegen die Regeln und Gesetze der Kapitalisten und des bürgerlichen Staats geführt werden.

Die Kommunisten unterstützen jede Bewegung und jede Anstrengung, die für die Interessen der Arbeiter und gegen die der Kapitalisten oder ihre Regierung, Landkreise und Kommunen wirken. In jedem Kampf, ob für die täglichen Forderungen oder grundsätzlichen Interessen: Wir fordern die Abschaffung des kapitalistischen Ausbeutersystems und treten ein für die Idee einer neuen, sozialistischen Gesellschaft als einzig wahre und dauerhafte Lösung für die Werktätigen.

Für Schweden bedeutet dies in der heutigen Zeit, dass es aus der Europäischen Union austritt, denn es ist ein umfassender und notwendiger Schritt für den Kampf der Arbeiter an allen Fronten. Durch die EU-Mitgliedschaft werden demokratische und gewerkschaftliche Rechte beschränkt, die Sozialleistungen gekürzt, permanente Massenarbeitslosigkeit verschärft, die Rechte der Frauen beschnitten, Profite für die imperialistischen Mächte vergrößert, verbunden mit einem aggressiven Militärpakt, der zur gegenseitigen Verteidigung verpflichtet.

Der Kampf gegen die EU-Mitgliedschaft ist eine Klassenfrage. Die EU stärkt die bürgerlichen Positionen im schwedischen Klassenkampf und ermöglicht es, dass Kräfte sich zur volksfeindlichen Politik bündeln können. Das Ziel dieses Angriffs ist die Arbeiterklasse und vor allem die Frauen.

Aber der Kampf gegen die EU ist auch eine demokratische Frage. Durch die Mitgliedschaft in der EU wird das Recht auf Selbstbestimmung des schwedischen Volkes eingeschränkt. Ein Austritt kann eine mögliche Grundlage für eine internationale Allianz gegen die EU fördern.

Dass Schweden die EU verlassen soll ist für die Kommunistische Partei deshalb ein zentraler Bestandteil des Klassenkampfs und für den Kampf um Demokratie.

Im Kampf für die Rechte der Arbeiterklasse garantiert die Partei unbegrenzte Freiheit der Meinungsäußerung, Zeitung-, Presse-, Streik-, Demonstrations-, Religions- und Vereinigungsfreiheit.

Im Kapitalismus herrscht die Macht der Kapitalisten. Die Wahlen für das Parlament oder Kommunalwahlen sind dafür gedacht einen ihrer Vertreter zu wählen, die sich aber alle dem "gemeinsamen Interesse gegen die arbeitende Bevölkerung" verpflichtet fühlen.

Trotz der Tatsache, dass die bürgerliche Demokratie eingeschränkt und begrenzt ist, sind die bürgerlichen demokratischen Freiheiten und Rechte wesentliche Grundlage für die arbeitenden Menschen, eigene Organisationen zu schaffen, die ihre Interessen durchsetzen.

Die Kommunistische Partei beteiligt sich nach ihren Fähigkeiten bei den Wahlen zu parlamentarischen Versammlungen. Die Parlamentsarbeit umfasst jegliche Beschneidung demokratischer Rechte und Freiheiten zu verhindern und stattdessen auf effektivere Felder auszubauen, auch auf gesellschaftliche, wirtschaftliche Bereiche.

Im Kampf um die gewerkschaftlichen Rechte der Arbeiterklasse ist auf die Freiheit zum Streik, für Organisation, für Verhandlungs- und Vertragsrecht zu setzen.

Die Partei fühlt sich der Bündnis-Idee verpflichtet, denn ein erfolgreicher gewerkschaftlicher Kampf erfordert ein gemeinsames Handeln zwischen Arbeitern von verschiedenen Arbeitsplätzen und aus verschiedenen Branchen. Tarifverträge und der Grundsatz der Losung "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" sind ein notwendiges Bollwerk gegen die Kapitalisten, die die Arbeiter an verschiedenen Standorten gegeneinander ausspielen wollen, um Löhne, Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen zu senken und zu streichen.

Die aktuelle Gewerkschaftsbewegung in Schweden wurde in Ketten gelegt. Die bürokratische Selbstherrschaft und die staatliche Kontrolle haben jedem ehrliche Mitglied einen Maulkorb umgehängt und die Gewerkschaft gegen die Interesse der Arbeiter umprogrammiert.

Der gewerkschaftliche Kampf muss auf den Arbeitern, ihren Aktivitäten und ihrer Bewegung selbst basieren. Die Arbeiter können nichts gewinnen, wenn sie nicht vereint sind und bereit dafür zu kämpfen.

Im Kampf um die unmittelbaren Forderungen müssen die parteipolitischen Differenzen und andere spezielle Interessen beiseite gelegt werden. Einigkeit macht stark!

Im Kampf für die sozialen Rechte der Arbeiterklasse kämpft die Kommunistische Partei in ihrer sozialen Verantwortung für die Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung und Altenpflege, Bildung, Kultur, Wohnung, das Recht auf Alterversorgung und das Recht aller Menschen auf ein würdiges Leben.

Die Partei kämpft gegen jede Form der Privatisierung im öffentlichen Sektor und dagegen, dass die sozialen Rechte davon abhängig sind, wieviel jemand verdient oder dass sie zum Gegenstand der persönlichen Bereicherung werden. Diese Verantwortung erfordert öffentlichen Besitz und Betrieb.

Die Partei fordert, dass die sozialen Rechte der Gesellschaft durch ein Steuersystem finanziert werden, das nach Kaufkraft besteuert.

Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit kämpft die Partei für ein Recht auf Arbeit für alle.

Die Arbeitslosigkeit ist eine unvermeidbare Erscheinung des kapitalistischen Systems und kann in diesem System nicht beseitig werden, so lange das Privateigentum an Produktionsmitteln nicht abgeschafft ist.

Im Kapitalismus ist es allerdings unsere Strategie, die Arbeitslosigkeit zu begrenzen und die Folgen für die Opfer abzumildern. Durch den Klassenkampf kann der bürgerliche Staat gezwungen werden, Spekulationen und Export von Kapital einzuschränken und regionale, staatliche Investitionen und andere Maßnahmen, z.B. Arbeitszeitverkürzungen, zu ergreifen, die das Recht auf Arbeit für alle unterstützen.

Im Kampf gegen Standortverlagerungen und Schließungen fordert die Partei, dass der Staat die Arbeitsplätze garantieren muss. Fügt ein Unternehmen sich nicht dieser Forderung, wird es entschädigungslos enteignet.

Die Partei arbeitet für eine Regionalpolitik, die das Leben und Arbeiten in Schweden möglich macht.

Um den kapitalistischen Raubbau an den Ressourcen und die Schädigung der Umwelt zu verhindern, fordert die Partei, dass alle natürliche Ressourcen und die gesamte Grundstoffindustrie in Staatsbesitz übergehen müssen.

Die Partei wendet sich gegen jede Politik der Liberalisierung und betont den Anspruch und die Verantwortung der Gesellschaft für die Infrastruktur - wie Straßen, Bahn, Post, Telekommunikation, Elektrizität und Wasser. Diese soziale Verantwortung kann nur durch staatliches und kommunales Eigentum garantiert werden.

Im Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt fordert die Partei das Verbot umweltschädlicher Produktion und schädlicher Emissionen in die Erde, Luft und Wasser. Die Partei fordert ein Ende der Plünderung der natürlichen Ressourcen, die Abschaffung der Atomkraft und eine Verkehrspolitik, die sich vorrangig auf kollektive und damit umweltfreundlichen Transportmöglichkeiten konzentriert.

Die globale Erwärmung und die rücksichtslose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen stellt eine ernsthafte Bedrohung für alles Leben auf der Erde dar. Dies ist ein überdeutlicher Hinweis für die Absurdität des kapitalistischen Systems.

Der Kampf für die Umwelt, die Erde und das Überleben der Menschheit erfordert kollektive Lösungen, in denen dem Leben höchste Priorität gegeben wird und das gemeinsame Wachstum in Übereinstimmung mit der Natur nach den globalen Möglichkeiten geplant werden kann.

Dies ist in der individuellen kapitalistischen Dynamik des persönlichen Profits unmöglich.

Im Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter ist für die Partei das Recht der Frau auf Erwerbstätigkeit und persönliches Einkommen zu garantieren, außerdem sind alle Verhältnisse zu beseitigen, in denen Frauen diskriminiert werden.

Im Kapitalismus sind die berufstätigen Frauen eine besonders ausgebeutete Gruppe. Auf dem Arbeitsmarkt spielen sie die Rolle der "Reserve", sie müssen dabei die persönliche Entfaltung stark einschränken. Frauenberufe sind schlechter bezahlt und viele Frauen werden dazu gezwungen, Teilzeit zu arbeiten.

Die Ideologie der bürgerlichen Gesellschaft stellt es als selbstverständlich hin, dass die Frauen die Hauptverantwortung für die Hausarbeit tragen, was ihnen eine doppelte Belastung zuteilt. Eine gute medizinische Versorgung sowie Kinder- und Altenbetreuung in öffentlicher Hand sind zusammen mit der gleichen Arbeitszeit die Voraussetzung für die Emanzipation der Frau.

Der Kampf für die Emanzipation der Frau ist Teil des Klassenkampfes. Die Forderung der Gleichstellung der Geschlechter und das Recht der Frauen auf Arbeit ist ein notwendiger Teil des Kampfes der Arbeiterbewegung und ihrer Partei. Der Sozialismus wird nicht siegreich sein, wenn die Hälfte der Arbeiterklasse bei Seite gelegt, untergeordnet oder in Isolation zu Hause gelassen wird.

Die Partei kämpft gegen den Militarismus und für die Abrüstung. Es muss Schluss sein mit Milliarden für das Militär, die Berufsarmee muss abgeschafft werden. Die reguläre Armee muss zu einer Volksarmee transformiert werden.

Militarismus bewahrt die Klassensituation, die bestehende Ordnung und die internationalen Interessen der Kapitalisten. Die Milliarden für das Militär haben keinen gesellschaftlichen Nutzen und tragen nur zur Verschlechterung der Verhältnisse, des Wohlergehens und der Lage der Arbeiterklasse bei.

Die Partei ist kategorisch gegen alle Formen der Unterstützung von imperialistischen Kriegen. Wir skandieren deshalb die Parole: Kein Mann, keine Frau und kein Cent dem imperialistischen Krieg!

Im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unterstreicht die Partei die gemeinsamen Interessen aller Arbeiter und werktätigen Menschen, unabhängig von der Nationalität.

Die Partei lehnt jede Diskriminierung ausländischer Arbeiter, ob politische, ökonomische, ob soziale ab. Die Partei kämpft gegen alle Versuche, Arbeiter nach Nationalität oder religiösen Unterschieden zu unterteilen.

Gegen den Versuch der Trennung und Isolation stellt die Partei das gemeinsame Interesse aller fortschrittlichen Kräfte gegen den rechten Flügel der Bourgeoisie.

Die Partei kämpft dafür, dass Schweden ein Zufluchtsort für Menschen wird, die auf der Flucht vor faschistischer Unterdrückung und Terror, Krieg und Verfolgung sind.

Aber wir sind dagegen, dass die Kapitalisten ausländische Arbeitskräfte nach Schweden einführen um das allgemeine Lebensniveau und die Löhne zu senken und die Arbeiterklasse mit dem Fremdenhass zu spalten.

Im Kampf für die öffentliche Gesundheit kämpft die Partei gegen das Drogenproblem. Alkohol ist eine Droge, die in großen und regelmäßigen Mengen zur Abhängigkeit und Sucht führt. Der Missbrauch von Alkohol kommt in allen sozialen Schichten vor, ist aber besonders verheerend für die Arbeiterklasse - sowohl für den Einzelnen, als auch für die Klasse. Der Klassenkampf erfordert nüchterne und bewusste Arbeiter.

Die Partei fordert den Alkoholkonsum auf einem niedrigen und sozial verträglichen Niveau zu halten. Wir fordern strenge gemeinschaftliche Regulierungen der Einfuhr und des Vertriebs von Alkohol und gegen den von der EU auferlegten Zwang zur Einfuhr.

Die Partei arbeitet für eine drogenfreie Gesellschaft. Alle nicht-medizinische Nutzung von Drogen, einschließlich des Drogenkonsums, ist verboten. Die Partei nimmt immer und überall die Position gegen Drogen ein. Die Partei kämpft gegen den Drogen-Liberalismus.

E. Die Kommunisten und die Arbeiterbewegung

Die Kommunistische Partei organisiert den revolutionären Teil der Arbeiterbewegung. Unsere Mission ist, die Arbeiterklasse enger zusammen zu führen und ihnen die nationalen und internationalen Erfahrung von Vorkämpfern des Sozialismus nahe zu bringen, mit dem Ziel, sie im täglichen Kampf gegen die kapitalistische Ungerechtigkeit und zu der sozialistischen Perspektive zu führen.

Die Partei sieht die Gewinnung einer Mehrheit von Arbeitern für ihr Programm und ihre Ziele als Voraussetzung für die vollständige Umwandlung der bestehenden Gesellschaft.

Als Teilaufgabe dafür sieht die Partei den Kampf gegen Parteien aller politischen Strömungen, die desorganisierend gegen die Arbeiterklasse arbeiten oder die Arbeiterbewegung im Interesse der Bourgeoisie organisieren.

Vor allem ist es die Aufgabe der Partei, die Führung der Sozialdemokraten immer wieder zu entlarven.

Der reformistische Traum, dass der Kapitalismus durch Reformen aus dem Weg geräumt werden könne, erleidet gerade jetzt Schiffbruch. Der Kapitalismus befindet sich vor allem wegen der Reformisten nicht einem radikalen Wandel ausgesetzt.

Als Dankeschön nehmen die Kapitalisten bei jeder Gelegenheit jede gemachte Reform auf Verbesserung der Lebensverhältnisse zurück, die die Arbeiterklasse teuer erkämpfen musste.

Die Sozialdemokratie repräsentiert schon lange nicht mehr die arbeitenden Menschen und ihre Interesse. Sie ist eine bürgerliche Partei, die die Existenz des Kapitalismus schützt.

Die Kommunistische Partei will die größtmögliche Einheit im täglichen Kampf gegen die Kapitalisten und ihre Vertreter erreichen. Der Widerstand muss von unten aufgebaut werden, in Anerkennung, dass die gemeinsamen Interesse der Arbeiterklasse die politischen, ethnischen und anderen Unterschiede überwiegen.

Basierend auf dem Klassenkampf müssen Forderungen und Interessen der Partei zu bestimmten Themen mit dem entsprechenden Teil der Arbeiterbewegung zusammen gebracht werden mit dem Ziel, sich dem politischen Diktat der Kapitalisten zu widersetzen.

F. Die Kommunistische Partei

Die Kommunistische Partei entwickelt ihre Politik auf Grundlage der wissenschaftlichen Theorie des Sozialismus, des Marxismus-Leninismus, die eine Zusammenfassung des Wissens der Menschheit durch die Jahrhunderte gewonnen hat und alle Fragen der Philosophie, Ökonomie und der Sozialwissenschaften beantworten.

Die marxistische Philosophie umfasst den dialektischen und historischen Materialismus. Alle Wahrheit muss in der materiellen Realität gesucht werden und zur Grundlage unseres Denkens gehört die Einsicht, dass sich die Natur und die Gesellschaft in einem Prozess der Bewegungen und Veränderungen befinden, in dem das Alte für das Neue Platz machen muss.

Die Partei legt großen Wert auf die organisatorische und politische Erziehung ihrer Mitglieder und der Arbeiterklasse als Ganzes.

Die politische und organisatorische Ausbildung ist von wesentlicher Bedeutung, um eine bewusste Bewegung für eigene Klasseninteressen zu entwickeln. Ohne ein solches Bewusstsein droht die Gefahr, dass die Arbeiter der bürgerlichen Herrschaft erliegen, Empfänger der Massenmedien, Schulen und anderen Propaganda-Maschinerien werden und, anstatt selbstbewusst zu kämpfen, sich spalten lassen und zu einer passiven Arbeiterklasse werden.

Politische und organisatorische Ausbildung sind auch Voraussetzung für ein unabhängiges Denken der Arbeiterklasse, die aus ihren eigenen Erfahrungen die Notwendigkeit des Aufbaus einer sozialistischen Gesellschaft erkennt.

Die unabhängige Analyse der konkreten Bedingungen und der Anwendung des Marxismus Leninismus finden wir in der Kommunistischen Partei.

Die Partei hat sich nie anderen Parteien, Bewegungen oder Staaten untergeordnet. Im Gegenteil: Die Partei wurde im Kampf gegen den Revisionismus und gegen die Entwaffnung der Arbeiterbewegung geschaffen und zum Erfolg geführt, bis sie selbst Anfang der 1960er Jahre dem Revisionismus erlag und die Geburt der bürokratischen Schicht hervorbrachte.

Die KPdSU und die meisten anderen kommunistischen Parteien der Welt einschließlich der schwedischen begrüßten diesen Prozess und ordneten sich freiwillig unter.

Die Kommunistische Partei hat viele historische Wurzeln, zum Beispiel die der sozialistischen Pioniere im Kampf um eine klassenbewusste Arbeiterbewegung in Schweden. Wir halten August Palms stolze Tradition am Leben.

Unsere politische Bewegung ist Teil einer stolzen historischen Tradition, die sich auf die theoretischen Grundlagen von Marx, Engels, Lenin und Stalin, die Erfahrungen bei der russischen Revolution 1917, der Aufstieg der kommunistischen Weltbewegung, den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion, der Kampf gegen den Faschismus, die kurze Zeit des sozialistischen Weltsystems und die Siege der Befreiungsbewegungen der Dritten Welt gründet.

Die Partei leugnet niemals ihre historischen Wurzeln. Wir gehören nicht zu den Bequemen, die aufwachsen, aber nicht an ihre Kindheit denken. Die kommunistische Bewegung mit ihren Niederlagen und Rückschlägen, die durch gravierende Fehler und Irrtümer verursacht wurden, sind für uns eine Quelle des Lernens, die die kommunistische Theorie und Politik bereichern, und erst das macht es möglich, diese Fehler in der Zukunft zu vermeiden.

G. Proletariat aller Länder, vereinigt euch!

Die Kommunistische Partei wird immer offen erklären, dass ihre Ziele nur durch die totale Transformation der bestehenden Gesellschaft erreicht werden können.

Die Geschichte zeigt, dass eine solche Umwandlung auch in einzelnen Ländern möglich ist. Aber sie zeigt auch, dass der globale Kapitalismus vor nichts zurückschreckt, alle Gefahren in Kauf nimmt, um jede Infragestellung seines Systems des Privateigentums zu beseitigen. Im Krieg gegen den Sozialismus ist ihm kein Mittel zu vulgär, keine Maßnahme zu kriminell, um sie nicht anzuwenden.

Gegen das internationale Bündnis der Kapitalisten gegen den Sozialismus, müssen wir ein internationales Bündnis der Arbeiter setzen, den proletarischen Internationalismus.

Die überwältigende Mehrheit der Menschen haben ein gemeinsames Interesse im Kampf gegen den Kapitalismus, Imperialismus und Rassismus.

Die Erde hat genug, um alle Menschen zu ernähren, wir können den Reichtum gerecht verteilen und die Gefahren für die globale Umwelt beseitigen, wenn wir das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffen, wenn wir den persönlichen Profit einzelner gegen die Bedürfnisse der Menschen abschaffen.

"Mögen die herrschenden Klassen vor der kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. - Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker, vereinigt euch!"

Übersetzung aus dem Schwedischen: Phil Ramcke

Anmerkung
(12) Ehemals: KPML(r).

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DEBATTE

Hermann Jacobs: Über Neues Denken - über Revisionismus

Zur Diskussion im "offen-siv" über das Sonderheft "Lehren aus Niederlagen"

Es war mir klar, dass mein Heft "Lehren aus Niederlagen" Diskussionen auslösen würde. Und so wies ich bereits bei der Übersendung des Manuskripts darauf hin, dass ich neue Dinge sage, die so im "offen-siv" noch nicht gesagt wurden. Allerdings bezogen sich diese mehr auf den Teil, der sich mit der Politik des "Neuen Denkens" der Sowjetunion befasste, die etwa ab 1985/86, also seit M.S. Gorbatschow Generalsekretär des ZK der KPdSU wurde, auch formell in der Politik dieses Landes Gestalt annahm. Insofern überrascht es mich, dass die bisherige Diskussion einen anderen Schwerpunkt setzt: Den des Revisionismus. (Doch warum nicht, in einer Debatte ist jeder gleichberechtigt - zunächst).

Ich möchte die Leser, die dieses Heft diskutieren, darauf aufmerksam machen, dass dem Ende der Sowjetunion bzw. der anderen sozialistischen Länder in Europa nicht der Revisionismus im Allgemeinen, sondern die Politik des Neuen Denkens im Besonderen zugrunde lag, in der es zwar zu einem Bezug auf den Revisionismus kam, wie er sich seit Jahrzehnten schon in den sozialistischen Gesellschaften herausgebildet hatte. Aber dieser Bezug ist sekundär (abgeleitet, dienend), primär dagegen die Politik des Neuen Denkens als solche. So meine Aussage.

Sie beruft sich auf all die Veröffentlichungen in der sowjetischen Presse seit dieser Zeit - im "Kommunist", in der Zeitschrift der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, die in deutscher Sprache auch in der DDR - und dann weiter in der BRD, bis 1991 - erhältlich war, Wiedergaben aus sowjetischen wissenschaftlichen Zeitschriften in der DDR-Publikation "Sowjetwissenschaft/Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge", dann der internationalen Periodika "Probleme des Friedens und des Sozialismus", sowie der "Neuen Zeit"/Moskau. Dass ich also neue Dinge sage, bezieht sich nur auf den "offen-siv" (sehen wir mal von dem Teilabdruck meiner Arbeit "Der manifeste Kommunismus" im "offen-siv"/Januar-Heft 2010 ab), sie sind nicht an sich neu, sondern sie sind allgemein bekannt und könnten - mindestens theoretisch - von jedem nachgelesen werden.

Man muß - meine Meinung - einen direkten Bezug vom Neuen Denken ab den 80er Jahren im gedanklichen Gebäude der damaligen KPdSU zur heutigen Außenpolitik Rußlands ziehen, dann wird man das heutige Rußland verstehen. Rußland ist ein kapitalistisches Land - ja, wenn man dabei nicht übersieht, dass es kapitalistisch auf besondere Art ist; es gehört mit zum Marxismus, dass er auch kapitalistische Staaten miteinander politisch, gesellschaftlich vergleicht. Ich mache damit nur darauf aufmerksam, dass das Neue Denken ein bleibender Faktor in der Geschichte geworden ist, dass es Gegenstand in realen Außenpolitiken von Ländern ist.

Mit einem Wort: Die Politik des Neuen Denkens ist ein eigener, neuer Faktor in der Weltgeschichte, den man nicht so ohne weiteres in einen bekannten, gegebenen Faktor - den Revisionismus - einordnen kann. Oder auch anti-revisionistisch begegnen kann.

Der Revisionismus als eine den Marxismus (der gegeben sein muß) von innen her revidierende Entwicklung des Reformismus im Allgemeinen ist vielmehr ein spezifischer Faktor, er hat eine politische/staatliche und eine ökonomische Erscheinung. Die staatlich-politische Erscheinung fällt noch in den Kapitalismus, also geschichtlich vor die Revolution, vor den proletarischen Staat - diese Form des Revisionismus lehnt den eigenen Staat der arbeitenden Klassen ab, die ökonomische Erscheinung tritt erst auf mit dem Beginn des Sozialismus, der ersten Periode des Kommunismus - diese Form/Entwicklung des Revisionismus lehnt die eigene Produktionsweise der Arbeiter ab. D.h. dieser Revisionismus operiert mit einem eigenen ökonomischen System, in der Regel einer so genannten eigenen "sozialistischen Form der Warenproduktion".

Sein Erscheinen hat mehrere sozialistische Länder, also Staaten proletarischer Macht, verunsichert, in deren Folge es zu Gegensätzen zwischen so genannten Reformen in der Ökonomie und der staatlichen Macht kam (in der DDR z.B. angesichts der Reform des NÖS).

Als in der Sowjetunion die Politik des Neuen Denkens um sich griff, kam es zu einer umfassenden Kritik an der bisherigen Politik der Sowjetunion und in diesem Zusammenhang auch zu einer immensen Kritik an seinem ökonomischen System der Planwirtschaft. Diesem wurde nun das ökonomische System einer noch einmal geschichtlichen Form der Warenproduktion gegenübergestellt (in den Diskussionen). Man konnte den Eindruck gewinnen, die Sowjetunion würde direkt auf eine neue Ordnung der Warenökonomie zusteuern. Das war jedoch eine Illusion, die Reformer (des doppelförmigen Sozialismus) wurden durch den realen Weg der Sowjetunion, der in eine Ökonomie direkten Privateigentums - durch aus dem Boden gestampfte "neue Privateigentümer" - zurückführte, d.h. in ein real kapitalistisches Systems mündete, aus allen Träumen gerissen - möchte man jedenfalls meinen.

Wäre es in den politischen Prozessen der Sowjetunion ab der Mitte der 80er Jahre wirklich um die Reform der Reformer, also wie ich sage: der ökonomischen Erscheinung des Revisionismus gegangen, wäre die Sowjetunion heute ein Land mit so genannter besonderer Warenproduktion oder, wie man auch sagen kann, ein Land des Genossenschaftssozialismus. Die Reform/die Reformer wurden also nur benutzt. Das lehrt uns aber, dass die reale Entwicklung der Sowjetunion nicht nur die sozialistischen Kräfte dieses Landes, sondern auch die wahrscheinlichen Reformer/Revisionisten dieses Landes enttäuscht hat - und die Folge nun eigentlich sein müßte, dass sie zur Besinnung kämen. Was aber nicht der Fall ist. D.h. die Reformer/Revisionisten machen weiter, zwar sprechen auch sie von Konterrevolution, aber nicht sprechen sie von Revision/Überprüfung ihrer Reformideen. Im Gegenteil, was damals Plan war und Realität zu werden schien, ist heute noch immer Idee und belastet den gegenwärtigen Kampf für eine marxistische Erklärung jener "dramatischen Ereignisse" (Erich Honecker). Der Kampf gegen die ökonomische Form des Revisionismus/Reformismus muß weitergeführt werden - allerdings in der nun einzig möglichen Form: theoretischen, wie ich meine.

Ich freue mich, dass der verantwortliche Herausgeber der "offen-siv", Frank Flegel, das Heft in Druck gab und dass er in einem kurzen Vorwort zu einer "redlichen Diskussion" aufgefordert hat. Dass die erste Reaktion jedoch derart kontrovers ausfiel, habe ich nicht erwartet.

Das hängt wohl damit zusammen, dass ich dem Revisionismus - der für mich immer in seiner historischen Besonderheit, in der er wesentlich auftritt, widerlegt sein muß - nicht die allgemeingültige Bedeutung (Erklärung für Alles und Jedes) zuordne, die ihm aber in den Augen meiner Kritiker zukommt. Vielleicht beruht dieser Unterschied auf einer unterschiedlichen gesellschaftlichen Erfahrung; sie ist bei nur sozialistischer Assoziation eine andere als bei nur kapitalistischer Assoziation. Und beruht auf einer unterschiedlichen Wertung der Sowjetunion ab 1985 wie der konkreten Rolle, die dem Revisionismus dabei zukam: nicht die die Maßstäbe setzende gewesen zu sein.

Es wird von Verständigungsschwierigkeiten gesprochen. Andererseits wird klar erkannt (Hansjörg Schupp und Michael Opperskalski), dass ich die Rolle des Revisionismus ("als der Hauptursache und Basis für die Konterrevolution in der UdSSR") anders in die geschichtlichen Abläufe einordne - eben, weil ich von der Politik des "Neuen Denkens" als der "Hauptursache der Wiederherstellung eines besonderen Kapitalismus in Rußland" ausgehe. Ich weiß, dass das neu - ungewohnt und erst zu verstehen - für die Leser und Anhänger des "offen-siv" ist (aber nicht nur für diese). Denn diese Frage ist im "offen-siv" unbehandelt. Aber niemand ist nun verpflichtet, auch so zu denken. Er soll nur auch darüber nachdenken - das allein wollte ich.

Spreche ich aber von einer anderen Hauptursache - für die bürgerliche Restauration in der UdSSR - als den Revisionismus, habe ich natürlich die Rolle, die der Revisionismus in diesem Prozess dennoch spielt, anders zu bewerten - bei mir wie nur ein Mittel für die Hauptursache. D.h. nicht der Revisionismus ist der Zweck, sondern er ist nur Mittel - für eine solche gesellschaftliche Position, in der die Politik des Neuen Denkens ihren besten, erfolgreichsten Boden findet. Der Beweis, ob das wirklich so ist, ob also das heutige Rußland eine Gründung des Neuen Denkens ist, erkennt man am besten in der Außenpolitik des heutigen Rußland. So ist Rußland heute ein kapitalistisches Land, aber eines Kapitalismus einer besonderen Art. Wie im Übrigen jeder erkennen kann.

Der gesellschaftsformatorisch geprägte Marxist/Kommunist mag entsetzt sein, dass der formatorische Ansatz in der Geschichte nun eine solche Art der Relativierung erfährt (ich betone: nicht durch mich, denn hier waren ganz andere Kräfte am Werk, ich will ja nur ein erkennender Mensch sein), der Kommunist/Marxist, der auch einen anderen wichtigen, wesentlichen Gedanken für den Erhalt der Menschheit in sein Denken aufzunehmen bereit ist, bleibt nüchtern und fragt nach dem politischen Fortschritt, der mit einem Kapitalismus dieser russischen Art verbunden ist resp. sein kann.

Weiter wollte ich nichts erreichen.

In unserer allgemeinen Auseinandersetzung im "offen-siv", die sich maßgeblich mit der Frage der historischen Entwicklung des Revisionismus im Rahmen des Sozialismus selbst befasst, sollte nur nicht länger die Frage nach der eigentlichen Ursache der Konterrevolution unbehandelt sein, denn ihr Behandeln als verursacht durch den Revisionismus führt uns vom Verständnis des heutigen Rußlands, von seiner gegenwärtigen Rolle und seiner zukünftigen in der Weltgeschichte weg, führt uns zum Unverständnis Rußlands (und Chinas, der BRICS-Staaten). Und damit muß Schluß sein, d.h. wir müssen auch Konterrevolutionen, weil auch sie Geschichte sind und eine solche weiter haben werden, "verstehen" lernen. Daher, damit wir einander verstehen, noch einmal in aller Klarheit: Gorbatschow, die Politik der Sowjetunion, der KPdSU seit der Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, des heutigen Rußlands, d.h. die Politik/Philosophie des Neuen Denkens ist nicht in das allgemeine Raster der politischen Kämpfe einzuordnen, die die Arbeiterbewegung um ihre eigene Gesellschaftsordnung führt, also nicht mit dem inneren Gegensatz dieser Bewegung von Revolution und Konterrevolution (Reformismus/Revisionismus) zu erklären, sondern historisch neu, durch einen anderen Grund als gesellschaftsformatorischen. Das ist zu begreifen. Und das heißt, dass man im Kapitalismus weiterhin getrost für die kommunistische Gesellschaft kämpfen soll, bereinigt von revisionistischen Flausen, aber darüber hinaus dafür kämpfen soll, dass die USA (Deutschland usw.) Rußland in seiner Politik des Neuen Denkens folgt. In Rußland ist der staatliche Faktor gesetzt, dass diese Politik allgemein zum Erfolg kommt.

Konterrevolutionen sind nicht das Ende der Geschichte und Revolutionen nicht nur ihr Anfang.

Hermann Jacobs

*

Frank Flegel: Gorbatschows "Neues Denken" ein neuer Faktor in der Weltgeschichte?

Zur Stellungnahme von Hermann Jacobs

Hermann Jacobs stellt in seiner oben abgedruckten Erwiderung auf die Diskussionsbeiträge in Heft 4/2012 in Zusammenfassung der Aussage seines Sonderheftes Behauptungen auf, die grundsätzlich falsch sind. Ich will das hier etwas näher darstellen.

Er schreibt: "Gorbatschow, die Politik der Sowjetunion, der KPdSU seit der Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, des heutigen Rußlands, d.h. die Politik/Philosophie des Neuen Denkens ist nicht in das allgemeine Raster der politischen Kämpfe einzuordnen, die die Arbeiterbewegung um ihre eigene Gesellschaftsordnung führt, also nicht mit dem inneren Gegensatz dieser Bewegung von Revolution und Konterrevolution (Reformismus/Revisionismus) zu erklären, sondern historisch neu, durch einen anderen Grund als gesellschaftsformatorischen. Das ist zu begreifen."

"Die Politik des Neuen Denkens ist ein eigener, neuer Faktor in der Weltgeschichte, den man nicht so ohne weiteres in einen bekannten, gegebenen Faktor - den Revisionismus - einordnen kann."

"Ich möchte die Leser, die dieses Heft diskutieren, darauf aufmerksam machen, dass dem Ende der Sowjetunion bzw. der anderen sozialistischen Länder in Europa nicht der Revisionismus im Allgemeinen, sondern die Politik des Neuen Denkens im Besonderen zugrunde lag, in der es zwar zu einem Bezug auf den Revisionismus kam, wie er sich seit Jahrzehnten schon in den sozialistischen Gesellschaften herausgebildet hatte. Aber dieser Bezug ist sekundär (abgeleitet, dienend), primär dagegen die Politik des Neuen Denkens als solche. So meine Aussage."

Hermann Jacobs verwechselt in diesen seinen Ausführungen eine besondere, historisch-konkrete Form des Revisionismus mit einem eigenen, neuen Faktor in der Weltgeschichte. So wenig aber der so genannte "Kollektive Imperialismus" des Leo Mayer neu ist (siehe "Ultraimperialismus Kautskys), so wenig war es neu, vom Primat der Menschheitsinteressen gegenüber den Klasseninteressen (z.B. vom "gemeinsamen Haus Europa") zu sprechen, denn das ist statt Marxismus-Leninismus ein schlichter Rückfall in die kleinbürgerlich/moralische Idealisierung einer "einheitlichen Menschheit", eines Ideals der "einen Welt" in Abstraktion der Klasseninteressen, die gerade diese Einheit verhindern. Über solche Illusionen hat sich schon Marx lustig gemacht. Und es war ebenso wenig neu, den Frieden durch Verhandlungen mit dem Feind sichern zu wollen, wofür man die "Friedensfähigkeit des Imperialismus" erfand, statt durch eigene Stärke ("Je stärker der Sozialismus, desto sicherer der Frieden", hatte es ja vorher richtiger Weise gehießen). Dass Verhandlungen mit dem Feind als Ersatz für die Politik der eigenen Stärke zum Untergang führen, hatten schon die Bauernheere im Deutschen Bauernkrieg 1525-27 bitter zu spüren bekommen. Und Anstrengungen zur Zersetzung der Planwirtschaft gab es so lange, wie es die Planwirtschaft gab. Inhaltlich war nichts neu am "Neuen Denken", es war alter Wein in neuen Schläuchen, es gab eine neue Verkleidung für die alten, konterrevolutionären Vorhaben, das war aber auch alles. Jetzt, mehr als 20 Jahre später, aus der damals neuen Verkleidung einen "eigenen, neuen Faktor in der Weltgeschichte" machen zu wollen, ist aber nicht nur falsch, sondern höchst gefährlich, weil damit die Nebelvorhänge von damals in die Zukunft geblasen, tatsächliche Erkenntnis erschwert und Verwirrung gestiftet wird.

Die Verkehrung von Form (neue Verkleidung) und Inhalt (der moderne Revisionismus seit Chruschtschow) führen bei Hermann Jacobs zur Verdrehung von Subjekt und Objekt. Er schreibt: "Wäre es in den politischen Prozessen der Sowjetunion ab der Mitte der 80er Jahre wirklich um die Reform der Reformer, also wie ich sage: der ökonomischen Erscheinung des Revisionismus gegangen, wäre die Sowjetunion heute ein Land mit so genannter besonderer Warenproduktion oder, wie man auch sagen kann, ein Land des Genossenschaftssozialismus. Die Reform/die Reformer wurden also nur benutzt."

Die so genannten "Reformer" im Sozialismus nimmt Hermann Jacobs hier tatsächlich beim Wort, hält ihre ideologischen Verkleidungskünste für die Wahrheit: "Genossenschaftssozialismus"!!! Wo bitte ist denn weltgeschichtlich bisher auch nur ein Mal ein so genannter "Dritter Weg" Realität geworden? Die Reformgespinste sind doch nur der fadenscheinige Deckmantel der Konterrevolution! Nur wer das nicht sehen will, kann die "Theorie" aufstellen, dass die "Reformer" nur benutzt wurden und nun enttäuscht auf die Ergebnisse des "Neuen Denkens" schauen.

Aber auch hier muss festgestellt werden, dass solche Vorstellungen nicht nur falsch, sondern höchst gefährlich sind, denn die Spaltung folgt auf dem Fuße: Hermann Jacobs schreibt: "Der gesellschaftsformatorisch geprägte Marxist/Kommunist mag entsetzt sein, dass der formatorische Ansatz in der Geschichte nun eine solche Art der Relativierung erfährt (ich betone: nicht durch mich, denn hier waren ganz andere Kräfte am Werk, ich will ja nur ein erkennender Mensch sein), der Kommunist/Marxist, der auch einen anderen wichtigen, wesentlichen Gedanken für den Erhalt der Menschheit in sein Denken aufzunehmen bereit ist, bleibt nüchtern..."

Hermann Jacobs stellt uns hier zwei Sorten von Kommunisten vor: den ersten, der nur "gesellschaftsformatorisch geprägt" ist, der also eine neue, nächste, höhere Gesellschaftsformation aufbauen will, und den zweiten, "der auch einen anderen wichtigen, wesentlichen Gedanken für den Erhalt der Menschheit in sein Denken aufzunehmen bereit ist" und der "nüchtern bleibt". Der erste scheint verstockt zu sein, weil er ja den vorgestellten neuen Gedanken nicht in sein Denken aufzunehmen bereit ist, der zweitere aber ist der offene, der "bereit ist". Das ist offener Revisionismus, denn der neue, andere, wichtige, wesentliche Gedanke für den Erhalt der Menschheit beinhaltet ja nichts anderes als die oben schon erwähnten konterrevolutionären Vorstellungen von Friedenssicherung durch Kollaboration mit dem Feind und vom Primat der Menschheitsinteressen vor den Klasseninteressen.

Einmal auf der falschen Fährte, wird die Sache immer absurder: Wieder Jacobs: "Man muß - meine Meinung - einen direkten Bezug vom Neuen Denken ab den 80er Jahren im gedanklichen Gebäude der damaligen KPdSU zur heutigen Außenpolitik Rußlands ziehen, dann wird man das heutige Rußland verstehen." Die heutige russische Außenpolitik soll vom "Neuen Denken" Gorbatschows und nicht von den Klasseninteressen der russischen Bourgeoisie geprägt sein? Damit verlässt Hermann Jacobs den Marxismus, denn das hier Geäußerte hat mit der materialistischen Methode nichts mehr zu tun und verrät den Systemdenken.

Am aberwitzigsten wird dann die Empfehlung für die politische Praxis der Kommunisten. Sie sollen zwar getrost noch für die kommunistische Gesellschaft kämpfen, aber "... darüber hinaus dafür (...), dass die USA (Deutschland usw.) Rußland in seiner Politik des Neuen Denkens folgt. In Rußland ist der staatliche Faktor gesetzt, dass diese Politik allgemein zum Erfolg kommt."

Das ist so absurd, dass ich mir einen weiteren Kommentar spare.

Frank Flegel

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Offensiv Nr. 5/2012 - Zeitschrift für Sozialismus und Frieden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2012