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OFFENSIV/102: Ausgabe März-April 2012 4/12


offen-siv 4/2012
Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

Ausgabe Ausgabe März-April 2012 4/12


INHALT

Redaktionsnotiz

Netzwerk Cuba
- Pressemitteilung des Vorstands des Netzwerk Cuba zur EU-Politik gegenüber CUBA

Kommunistische Initiative
- Kommunistische Initiative: Naziaufmarsch in Plauen verhindern!
- Kommunistische Initiative: Pressemitteilung zur außerordentlichen Bundesmitgliederversammlung
- Kommunistische Initiative: Offener Brief an das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)

Israel
- Evelyn Hecht-Galinski: Israel mordet mit großer Vorsicht und Präzision!
- Iran German Radio: Israel will den UN-Menschenrechtsrat boykottieren

Spanien
Gerhard Feldbauer: Bei Guadalajara im Monat März

China
- Reinhold Schramm: Chinas verbliebene Staatsbetriebe - auf der Resterampe für Schnäppchenjäger
- Reinhold Schramm (Bereitstellung): Multinationale Konzerne und ausländische Direktinvestitionen in China
- Reinhold Schramm: Chinas Milliardäre
- Zeng Wenhui/Beijing Rundschau/Reinhold Schramm: Reich zu Reich gesellt sich gern - Chinas Einkommenskluft soll sich schließen
- China Dayly/Reinhold Schramm: Chinas Ackerland liegt brach, während Bauern sich in Städten verdingen
- INKOTA Netzwerk e.V.: Chinesische Investoren, die in anderen Staaten in Ackerland investieren

Zur Geschichte der Arbeiterbewegung Italiens
- Gerhard Feldbauer: Im April 1867 entstand die erste Sektion der IAA in Italien

Resonanz
- H.S.: Revisionismus nicht bestimmend für die Niederlage?
- D.J.: Freude und Schrotthaufen
- Michael Opperskalski: Widerspruch

Buchbesprechungen
- Ute Grothusen: DIE deutsch-deutsche Frage - Warum wollen Politiker Demokratie und Recht immer nur anderswo?
- Frank Flegel: Lest, studiert, gebt weiter und diskutiert unsere Broschüre "Anti-imperialistischer Widerstand"!

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REDAKTIONSNOTIZ

In diesem Heft beschäftigen wir uns mit Israel, mit der Geschichte der Arbeiterbewegung in Italien und Spanien, mit den jüngsten Entwicklungen in China, dazu gibt es Nachrichten aus der Kommunistischen Initiative, zwei Buchbesprechungen und unter der Rubrik "Resonanz" kritische Stellungnahmen zur Ausgabe 2 und vor allem der Ausgabe 3 dieses Jahres.

Ihr werdet Euch wahrscheinlich wundern, warum wir einen Aufruf zur Verhinderung des Naziaufmarsches in Plauen bringen, obwohl die Demonstration gegen die Neofaschisten zum Zeitpunkt der Auslieferung dieser Ausgabe der offen-siv schon Vergangenheit ist. Wir drucken diesen Text, weil er den hergesuchten Anlass der Nazi-Aktivitäten, die Geschichte Plauens und eine kommunistische Haltung zu der Sache sehr gut verdeutlicht.

Hinweisen möchten wir Euch auf die zweite Buchbesprechung in diesem Heft, eine Werbung in eigener Sache. Die begriffliche Schärfung der anti-imperialistischen Solidarität, ihre Gründung in der Analyse der Verhältnisse ist dringend notwendig, deshalb würden wir uns freuen, wenn Ihr uns in diesem Anliegen unterstützen könntet. Alles weitere ab Seite 53!

Frank Flegel, Hannover

Spendenkonto Offensiv:
Inland:
Konto Frank Flegel, Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Offensiv
Ausland: Konto Frank Flegel, Internat. Kontonummer(IBAN): DE 10 2505 0180 0021 8272 49,
Bankidentifikation (BIC): SPKHDE2HXXX; Kennwort: "Offensiv".

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NETZWERK CUBA
Pressemitteilung des Vorstands des Netzwerk Cuba zur EU-Politik gegenüber CUBA

28. März 2012

Aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der US-Blockade ("Embargo") gegen Cuba und dem über 15-jährigen Bestehen des sogenannten "Gemeinsamen Standpunkts der Europäischen Union betreffend Kuba" haben die Vorstände von großen Cuba-Solidaritätsorganisationen aus acht Staaten einen Offenen Brief an die EU-Ratspräsidentin Frau Thorning-Schmidt übermittelt: Österreichisch-Kubanische Gesellschaft, Association Denmark - Cuba, France Cuba, Netzwerk Cuba e.V. Deutschland, Cuba Support Group Ireland, AsiCubaUmbria (Italien), Serbien, Swedish-Cuban Association, Cuba Solidarity Campaign Great Britain (siehe Anlage).

Darin fordern die Organisationen aus den acht Staaten die umgehende Abschaffung des "Gemeinsamen Standpunktes der Europäischen Union betreffend Kuba", da er internationale Prinzipien wie das Selbstbestimmungsrecht der Völker verletzt. Er sei 1996 eingeführt worden, um die Verschärfung der US-Blockadegesetzgebung durch die damalige US-Regierung zu ergänzen und Druck auf Cuba auszuüben. Die Abschaffung dieser "Gemeinsamen Position" sei auch geboten, weil sich die EU-Staaten alljährlich in der UN-Vollversammlung gegen die US-Blockade aussprechen. Diesem Votum gelte es dann auch Taten folgen zu lassen.

Der Vorstand des NETZWERK CUBA e.V., einer Vereinigung von 43 Cuba-Solidaritätsgruppen in Deutschland fordert gemeinsam mit den anderen sieben Organisationen in dem Offenen Brief außerdem die Schließung des US-Militärstützpunktes und des dortigen Gefangenenlagers "Guantanámo". Dort waren insgesamt über 700 Menschen von US-Beamten und Militärs widerrechtlich festgehalten und gefoltert worden, über 200 werden immer noch festgehalten.

Demgegenüber bringen die acht Solidaritätsorganisationen zum Ausdruck, dass eine faire Verbesserung der Beziehungen der EU zu Cuba in vielen Bereichen für beide Seiten sehr positiv sein würde. Gerade auch die im Juni in Rio de Janeiro stattfindende Nachhaltigkeitskonferenz der UN würde eine hervorragende Möglichkeit für einen solchen Schritt bieten.

Für Rückfragen: Dr. Edgar Göll 0157-8242 1146 und Kristine Karch 0173-5313 777

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KOMMUNISTISCHE INITIATIVE

Kommunistische Initiative: Naziaufmarsch in Plauen verhindern!

Zur Bombardierung Plauens
Die RNJ ("Revolutionäre Nationale Jugend"), will dieses Jahr zum zweiten Mal einen "Trauermarsch" in Plauen durchführen.(1) Wie in Chemnitz, Dresden oder Magdeburg, geht es ihnen nicht darum den Opfern von Faschismus, Kapitalismus und imperialistischen Krieg zu gedenken. Ihnen geht es, wie in Magdeburg oder Chemnitz darum, den deutschen imperialistischen Raubkrieg zu verharmlosen und so reden sie vom "alliierten Bombenterror".

Deshalb dieser Artikel, der den Angriff auf Plauen schilde rn soll: Es stimmt dahingehend, dass Plauen zum Ende des Krieges starke Bombardierungen hinnehmen musste: "Am 12. September 1944 erfolgte der erste große Luftangriff der US-Airforce (USAAF), dem im März und April 1945 mehrere Bombenangriffe der USAAF und der RAF folgten. Den folgenreichsten und letzten der insgesamt 14 Luftangriffe erlebte die Stadt am 10. April. Allein in dieser Nacht fielen den Angriffen der britischen Bomber etwa 900 Menschen zum Opfer. 1965 Tonnen Sprengstoff zerstörten 164 Hektar des Stadtgebietes. Insgesamt forderten die Luftangriffe in Plauen mindestens 2340 Menschenleben."(2)

Die Frage ist, warum bombardierten die britischen und amerikanischen Imperialisten Plauen so heftig? Wurde es doch eines der meist zerstörten Städte? Ein Grund dafür war die in Plauen ansässige "Vogtländische Maschinenfabrik AG (VOMAG). Sie produzierte überwiegend für die "Heimatfront". War aber auch an der Entwicklung des "Einheits-LKW" beteiligt.

Später produzierte sie Panzer- und Kettenfahrzeuge: "Seitens der Heeresleitung merkte man jedoch schnell, dass man aufgrund des extrem intensiv geführten Krieges jedes Wirtschaftsunternehmen für die Rüstungsindustrie benötigte. Schon 1940 nahm die VOMAG im Auftrag der Wehrmacht zunächst die Panzerreparatur und kurz darauf die Produktion solcher Kettenfahrzeuge auf. Diese machte jedoch 1940 jedoch nur 3 % des Gesamtumsatzes aus."(3)

Wie andere Firmen, schreckte auch die VOMAG aus Profitinteressen nicht vor Zwangsarbeiter/innen zurück. 350 weibliche Gefangene verrichteten für die VOMAG Arbeit. Aber vergessen wir auch nicht, dass sich in der Nähe von Plauen zwei Außenlager des KZ-Flossenbürg befanden, aus denen die Arbeiterinnen überwiegend rekrutiert worden sind.

Ganz unerheblich war ihre produzierte Menge trotzdem nicht, auch wenn sie sich nie gegenüber Krupp oder anderen Firmen durchsetzen konnte. Trotzdem gab es Technologie zu holen! Die Maschinenfabrik lieferte bis zum Ende des Ende des Krieges: 1.700 Exemplare des Jagdpanzers IV aus, produzierte vorher das Sonder-Kraftfahrzeug (Produktionsumfang 240 Panzer), weiterhin versuchte man sich an Trägerfahrzeugen für Flakgeschütze (Ungefähr nur 24 Fahrzeuge wurden aber an die Wehrmacht geliefert).

Außerdem wurde die Herstellung von elektrisch gesteuerten MG-Ständen für Flugzeuge ausprobiert. Deshalb hatte 1945 die Fabrik hohe Priorität für die angloamerikanischen Imperialisten. Die VOMAG wurde als "Tragender Rüstungsbetrieb" klassifiziert. Daher auch die Bezeichnung Plauens in den Logbüchern als "Primary Target". Die VOMAG soll ungefähr neun direkten Angriffen an sechs Kampftagen ausgesetzt gewesen sein sollen. Immer zwischen 11.00 - 14.00 Uhr.

"Der USAAF reichten zwei massiv durchgeführte Luftangriffe mit fast 500 B-17 Bombern, um die gesamte VOMAG lahmzulegen. Es mussten keine komplizierten Manöver geflogen werden, denn die VOMAG lag an der Elster wie auf dem Präsentierteller. Durch die fehlende Fliegerabwehr auf den angrenzenden Anhöhen konnten sogar Tiefflieger die VOMAG perfekt angreifen."(4)

Hier sieht man schon, dass man die Anlage nur lahm gelegt hat, zerstört wurde sie nie wirklich. Es muss erwähnt werden, dass zwischen den geplanten Zielen und den eigentlich getroffenen, große Unterschiede zu finden sind.

Der Zerstörungsgrad liegt bei: "Kulturstätten 80 %, von Wohnraum 78 %, von Betriebsgebäuden 70 %, von Verwaltungseinrichtungen 55 % und des Verkehrsnetzes 48 % betrug. 91 % des Gasnetzes (150 km Rohrleitungen) und circa 200 Kilometer des Wassernetzes wurden außer Betrieb gesetzt."(5)

Das städtische Versorgungsnetz und der Verkehr kamen vollständig zum erliegen. Durch die Zerstörung des Bahnhofsgebäudes und des Syratalviadukts (Bruchsteinbogenbrücke) kam der Schienenverkehr zum Stillstand. 75% der Stadt wurden zerstört. Im Vergleich, Dresden wurde "nur" zu 60% zerstört. 126.000 Bombentrichter wurden in der Innenstadt gezählt. Die Bombenlast betrug 185,4 Tonnen pro km². Die USAAF hatte einen sehr genauen Bomben- und Angriffsplan verfasst. Warum aber wurde die Stadt so zerstört? Verwundert es da eigentlich nicht, dass die imperialistische Konkurrenz zum 3. Reich Demontagen durchführte, nachdem das 347. US-Infanterieregiment Plauen besetzt hatte?

Es wurde Spitzentechnologie von VOMAG (z.B. Feinstbohrwerke) demontiert. Konstruktionsunterlagen wurden beschlagnahmt, fähige Ingenieure und Facharbeiter wurden in die westliche Besatzungszone transportiert. Wir können sagen: Es ist nicht verwunderlich, dass die Luftwaffe der westlichen Alliierten in ostdeutschen Städten die verheerendsten Angriffe flog und das nicht nur, um die dortige Industrie zu zerstören und den Krieg so zu verkürzen.

Stand doch ziemlich sicher fest, welche Teile Deutschlands in der sowjetischen Besatzungszone liegen sollten. Es gilt dasselbe wie in Dresden: "[...] hier wurde bereits der Grundstein für die fortgesetzte und verschärfte Systemauseinandersetzung zwischen Imperialismus und Sozialismus gelegt."(6) Man zerstörte Verkehrswege und Infrastruktur, um den Nachkriegsaufbau zu verzögern, Technik und Fachpersonal wurde geklaut, damit die Sowjetunion

1. Fachpersonal und -technik nicht in die Finger bekommt und
2. um ihre Reparationszahlungen gebracht wird.

Aber wir sollten auch den eigentlichen Täter nennen, den deutschen Faschismus und Imperialismus: Konnte dieser Krieg doch nur geführt werden, weil es das 3. Reich war, welches den bisher hemmungslosesten Krieg gegen die Zivilbevölkerung geführt hatte. Haben doch die Faschisten damit begonnen, rücksichtslose Angriffe gegen Einwohner zu führen. Waren es nicht die Faschisten selber, die die Innenstadt von Freiburg bombardierten, um ihre Vorgehen zu rechtfertigen. Waren es nicht die Faschisten die das Ghetto in Warschau errichteten, waren es nicht die deutschen Imperialisten die die Sowjetunion überfallen und gebrandschatzt und geplündert haben?

Diese Tatsachen können aber keine Entschuldigung dafür sein, dass die britischen und amerikanischen Alliierten solche Bombenangriffe mit voller Absicht zur Erschwerung des Wiederaufbaus in der damaligen sowjetischen Besatzungszone durchführten.

KI Vogtland


Anmerkungen

(1) Am 14. April 2012 (d.Red.)
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Plauen
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Vogtl%C3%A4ndische_Maschinenfabrik#Der_Konkurs
(4) ebenda
(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Plauen
(6) http://www.sachsen.kommunistische-initiative.de/component/content/article/34-eitraege/117-13-februar-1945-dresden-mahnt-.html

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Kommunistische Initiative: Pressemitteilung zur außerordentlichen Bundesmitgliederversammlung

Am 10.03.2012 fand eine außerordentliche Bundesmitgliederversammlung der Kommunistischen Initiative in Frankfurt am Main statt. Genossinnen und Genossen aus Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Niedersachsen, Saarland, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen, sowie aus Luxemburg diskutierten und beschlossen den weiteren Weg der Kommunistischen Initiative.

In der Zeit der sich weiter zuspitzenden innerimperialistischen Widersprüche und der Aggressionen gegen unabhängige, antiimperialistisch ausgerichtete Staaten wie Syrien oder Iran, hat die Kommunistische Initiative beschlossen, im Jahr 2012 den anti-imperialistischen Kämpfen vermehrte Aufmerksamkeit zu widmen. Es wurde einstimmig ein innerorganisatorischer Bildungs- und Klärungsprozess beschlossen, der das Ziel hat, über den wahren Charakter der imperialistischen Staaten aufzuklären und die Situation in den vom Imperialismus bedrohten Staaten genau zu beleuchten.

Vor allem die jungen Genossinnen und Genossen, die nun eine feste Stütze der KI geworden sind, zwingen die KI dazu, ein solches Bildungsprogramm in möglichst kürzester Zeit durchzuführen. Wenn jemand lernen will, dann sie.

Des Weiteren wurden die zunehmenden Angriffe gegen die Kommunistische Initiative aufgedeckt und kollektive Gegenmaßnahmen beschlossen.

Um den anstehenden Klärungsprozess zu koordinieren und anzuleiten, wurde ein neues, mit bewährten Genossen besetztes Exekutivkomitee gewählt. Als Vorsitzender wurde Genosse Phil Ramcke aus NRW bestätigt.

Weitere Beschlüsse umfassten das bundesweite Agieren aller Genossen, die Aufgabe der KI-Medien in Hinsicht auf die Notwendigkeit der Aufklärung über die aktuellen antiimperialistischen Kämpfe und die Notwendigkeit des Widerstandes gegen Äquidistanz, Pazifismus und Opportunismus in der Frage von Krieg und Frieden.

Am Ende dieses Bildungs- und Klärungsprozesses wird die erste ordentliche Bundesmitgliederversammlung der Kommunistischen Initiative stehen. Die sehr erfolgreiche außerordentliche Bundesmitgliederversammlung vom 10. März 2012 ist für alle KI-Genossen ein großartiger Erfolg.

Die seit 2008 gemachten Analysen über die Situation der kommunistischen Bewegung in der BRD bestätigen sich immer wieder. Während sich überall Auflösungserscheinungen breit machen, erstarkt die Kommunistische Initiative und kommt ihrem Ziel ein weiteres Stück näher: Der Schaffung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei in Deutschland!

Es lebe der antiimperialistische Kampf!

Vorwärts mit der Kommunistischen Initiative in Deutschland!

Rot Front!

Phil Ramcke, im Auftrag des Exekutivkomitees der Kommunistischen Initiative

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Kommunistische Initiative: Offener Brief an das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir bedanken uns herzlich für Eure Einladung zu dem von Euch für den 9. Juni diesen Jahres in Berlin organisierten "bundesweiten Treffen von Kommunisten".

Zunächst: wir unterstützen Eure Intention, Kommunisten zu einer Tagung einzuladen, die folgende Grundprinzipien ("Die Rote Fahne", Februar 2012, Seite 2; Zentralorgan der KPD) unterstützen:

"1. Das Ziel des Sozialismus/Kommunismus kann nur auf der Grundlage der wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse, dem Marxismus-Leninismus, erreicht werden; 2. Die revolutionäre Erlangung der Macht der Arbeiterklasse und Errichtung der Diktatur des Proletariats (natürlich im Bündnis mit anderen nichtkapitalistischen Klassen und Schichten), der Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit; 3. Die Vergesellschaftung des Eigentums an den entscheidenden Produktionsmitteln; 4. Fester Bestandteil der kommunistischen und Arbeiterparteien ist der proletarische Internationalismus; 5. Die Verteidigung der Errungenschaften der Arbeiterklasse und ihrer natürlichen Verbündeten in allen sozialistischen Ländern. Die DDR war das Beste, was die revolutionäre deutsche Arbeiterklasse in ihrer bisherigen Geschichte erreicht hatte; 6. Hauptursache für die Zerstörung und Beseitigung des Sozialismus auf deutschem Boden war der Revisionismus und Opportunismus. Deshalb führt die KPD einen konsequenten Kampf gegen Revisionismus, Opportunismus und seine Hauptform, den Antistalinismus."

Wir müssen allerdings bereits jetzt davon ausgehen, dass diese richtigen Positionen von nicht wenigen dort anwesenden Kräften auf, während und vor Eurer Konferenz untergraben und zum Teil in ihr Gegenteil verkehrt werden.

Liebe Genossinnen und Genossen,

spätestens seit Gorbatschow müsste bei uns Kommunisten doch klar und eine entsprechende Sensibilität dafür entstanden sein, dass nicht "überall Kommunisten drin sind, wo Kommunisten drauf steht".

Auch vor diesem Hintergrund kann man leider bereits jetzt sagen, dass viele Teilnehmer des von Euch organisierten Treffens nichts oder sehr wenig mit den von Euch zu Recht aufgestellten Prinzipien zu tun haben werden. Für diese Aussage ist die schon sichere Teilnahme von Organisationen (bzw. von Einzelpersonen, die in diesem Umfeld aktiv oder von ihm geprägt worden sind), die zum Beispiel (direkt oder indirekt) die konterrevolutionäre "Sozialfaschismus-" bzw. "Sozialimperialismustheorie" unterstützen, ein Beleg. Zu diesen Organisationen gehören zum Beispiel die Abspaltungen der ehemaligen KPD-ML aus der BRD, die aktiv und unter Einsatz klandestiner Organisationsstrukturen die DDR bekämpften; dies gemeinsam, im Auftrag mit oder rekrutiert von dem imperialistischen Sonderdienst des BRD-Imperialismus, dem BND. Jede Form von Einheit mit diesen Kräften kann unter den heutigen Bedingungen zum Ausverkauf der von Euch aufgestellten Prinzipien führen. Gerade Ihr selbst habt diese Erfahrung in den vergangenen Jahren doch schon mehrfach in Diskussionen und Verhandlungen mit solchen dubiosen prinzipienlosen "Links"opportunisten bitter machen müssen.

Auch die Spalterorganisation "KIG 2010", die versucht, den Namen Kommunistische Initiative zu usurpieren, wird auf Eurer Tagung anwesend, anerkannt und aktiv sein. Diese Organisation wurde von wenigen Unterstützern der "Kommunistischen Initiative (KI)" mit Methoden der Diffamierung, Desinformation und unter dem Bruch des demokratischen Zentralismus sowie den Grundprinzipien der KI gegründet. Sie ist ferner keine eigenständige Organisation, sondern von anderen abhängig und handelt im Auftrag, die KI so intensiv wie möglich zu schädigen. Schon jetzt mobilisieren die KIG2010-Spalter (soweit das von ihnen überhaupt behauptet werden kann), aktiv auf die von Euch ausgerichtete Tagung, was auch ihr organisiertes Auftreten dort einschließt.

Eine Teilnahme der "Kommunistischen Initiative (KI)" an der Tagung würde diese Bande teilnehmender Falschmünzer als gleichberechtigte "Partner" dokumentieren und deshalb die Grundprinzipien der KI verletzen.

Aus diesen Gründen hat die außerordentliche Bundesmitgliederversammlung der "Kommunistischen Initiative (KI)" am 10. März 2012 in Frankfurt mit übergroßer Mehrheit beschlossen, an dem von Euch organisierten "bundesweiten Treffen von Kommunisten" NICHT teilzunehmen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

unsere Absage soll und darf jedoch nicht als Einigelung verstanden werden. Wir möchten diesen offenen Brief an Euch nutzen, um Euch anzubieten, gerade auf Basis der von uns unterstützten 6 Grundprinzipien bilaterale Beziehungen zu diskutieren und auszuloten! Wir würden uns deshalb freuen, in diesem Sinne von Euch zu hören. Mit kommunistischen Grüßen und im Auftrag des Exekutivkomitees (EK), Phil Ramcke, Vorsitzender der Kommunistischen Initiative (KI)

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ISRAEL

Evelyn Hecht-Galinski: Israel mordet mit großer Vorsicht und Präzision!

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Iran German Radio: Israel will den UN-Menschenrechtsrat boykottieren

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SPANIEN

Gerhard Feldbauer: Bei Guadalajara im Monat März

Vor Madrid erlitten Franco- und Mussolini-Faschisten vor 75 Jahren eine vernichtende Niederlage

Nach dem von Hitler und Mussolini militärisch aktiv unterstützten Putsch Francisco Francos im Juli 1936 entstand für die Volksfront-Regierung der Spanischen Republik eine tödliche Bedrohung. Die Faschisten brachten bis Mitte September das westliche Andalusien, große Teile im Westen, Nordwesten und Norden unter ihre Kontrolle. Nur das Baskenland und Asturien hielten stand, im Golf von Biscaya behauptete sich die strategisch wichtige Hafenstadt Santander.

Die Franco-Faschisten und ihre deutschen und italienischen Helfershelfer begannen eine barbarische Menschenjagd. "Befürworter der Legalität, loyale Republikaner werden massenweise gequält, verstümmelt, ermordet. "Die Methoden der Mordkommandos sind bestialisch", hielt der Kämpfer der Internationalen Brigaden, Fritz Teppich in seinem Buch "Spaniens Himmel" (Berlin 1986) fest. Der Weg der Franco-Truppen "ist von Massenmorden gezeichnet. In Bajadoz, nicht weit von der portugiesischen Grenze, ließ der Kommandeur der marokkanischen Truppen, General Yagüe, einer der Schlächter von Asturien, niedermetzeln, was seinen Söldnern vor die Gewehre kam. Alle Republikaner, derer sie habhaft werden konnten, wurden in die Stierkampfarena getrieben und dort mit Maschinengewehren zusammengeschossen." Zu den ersten Opfern des Mordterrors gehörten loyale Offiziere, die sich widersetzten. Sie wurden "kurzerhand erschossen, darunter die Generäle Batet, Molero, Nunez de Prado, Romerales, Admiral Azarola und andere", schrieb Teppich.

Infolgedessen traten kaum frühere Angehörige der alten Armee auf die Seite der Republik. Nur etwa 3.500 ihrer Offiziere blieben loyal und stellten sich der Volksfrontregierung zur Verfügung. Deren bewaffnete Kräfte bestanden Ende August 1936 aus höchstens 100.000 bis 150.000 Mann Milizen, die sich nach dem Putsch formierten. Sie besaßen kaum militärische Erfahrungen, waren nicht zentral organisiert, außerdem an die verschiedenen Parteien der Volksfront und die Gewerkschaften gebunden.

Ejercito popular entsteht

Erst Mitte Oktober begann der Aufbau des Ejercito popular, der Volksarmee, in welche die Milizen als Brigadas mixtas eingegliedert wurden. Die Basis der Volksarmee bildet zunächst das berühmte Quinto Regimento (5. Regiment) unter dem Kommunisten Enrique Lister. Im Oktober 1936 wurde in Albacete eine Zentrale für die Formierung der Internationalen Brigaden eingerichtet, deren Zahl später auf etwa 50.000 anwuchs.(8)

Franco glaubte, die Zerschlagung der Republik mit der raschen Einnahme von Madrid abschließen zu können. In vier Offensiven scheiterte er. Den ersten Angriff schlugen im November 1936 die gerade aufgestellten ersten Einheiten der Volksarmee zusammen mit etwa 3.000 Interbrigadisten zurück. Die Franquisten wurden durch die "Legion Condor" der Luftwaffe Görings und Caproni-Jäger des Interventionskorps Mussolinis mit massiven Luftangriffen unterstützt. Den Verteidigern, die bereits vor den Toren der Hauptstadt im Universitätsviertel kämpften, kam der legendäre Anarchist José Buenaventura Durruti von der Aragon-Front mit etwa 4.000 Mann seiner Kolonne zu Hilfe. Bei der Verteidigung Madrids fiel am 1. Dezember der Polit-Kommissaar des gerade aufgestellten Thälmann-Bataillons, Hans Beimler. Im Januar eroberte Franco im Cross mit motorisierten italienischen Divisionen Malaga. Südlich von Madrid griffen sie entlang des Jarama-Flusses erneut Madrid an, konnten aber gestoppt werden.

Im März 1937 eröffnete das italienische Interventionskorps unter General Mario Roatta nordöstlich von Madrid bei Guadalajara eine neue große Offensive.(9) Viele Italiener waren kriegserfahrene Soldaten, die 1935/36 an der Eroberung Äthiopiens teilgenommen hatten. Roatta führte den Hauptstoß auf der Strasse Saragossa-Madrid, um die Hauptstadt vom Nordosten her zu umfassen und sich am Jarama-Fluß mit Francos Truppen zu vereinigen und dann Madrid einzunehmen. Das Terrain mit seinem gut ausgebauten Straßennetz war für die Angreifer, die mit Panzern und modern ausgerüsteten motorisierten Truppenteilen vorrückten, günstig. Vier italienische Divisionen stießen mit etwa 150 Panzern, 250 Geschützen, fast 4.000 Gefechtsfahrzeugen, unterstützt von einer Division Franco-Faschisten, mehreren Geschwadern der "Legion Condor" und 60 italienischen Flugzeugen vor. Als Reserve stand eine zweite Division der Franquisten bereit. Zu der Offensive hatte Mussolini persönlich den Befehl erteilt.

Madrid wurde an diesem Frontabschnitt von einer Division der Volksarmee mit rund 10.000 Mann verteidigt, die nur über knapp 6.000 Gewehre, 85 Maschinengewehre und 15 Geschütze verfügte. Die erbitterte Schlacht tobte vom 8. bis 23. März.

Nach Artilleriebeschuss, Luftbombardements und Tieffliegerangriffen durchbrach General Roatta mit Panzern, gefolgt von Infanterie die Stellungen der Verteidiger. In den folgenden Tagen stießen die Faschisten etwa 40 km vor und eroberten über ein Dutzend Städte im Vorfeld der Hauptstadt.

Das republikanische Oberkommando verstärkte die Verteidigung durch Einheiten des Regiments Lister sowie die Bataillone Jaroslaw Dombrowsky und Giuseppe Garibaldi der XII. und danach nochmals durch die Bataillone Ernst Thälmann, Edgar Andre und Commune de Paris der XI. Interbrigade und sicherte die linke und rechte Flanke durch Nachbarverbände. Ferner erhielten die Verteidiger mehrere Artillerie-Batterien und Panzer-Abteilungen (sowjetische T 26 und BT-5). Das Vordringen der Faschisten wurde zeitweilig mehrmals unterbrochen. Am dritten Tag der Schlacht traf das Garibaldi-Bataillon direkt auf das Corpo Volontarie der Mussolini-Faschisten. Die Garibaldiner forderten ihre Landsleute zum Überlaufen auf.

Katjuscha-Bomber greifen ein

Obwohl die Zahl der Verteidiger auf über 20.000 anwuchs, waren ihnen die Mussolini-Faschisten (60.000 Mann) und Franquisten (10.000) sowie an Panzern und Geschützen weiterhin überlegen. In pausenlosen Einsätzen wurden sie durch die "Legion Condor" und italienische Jäger unterstützt.

Nach etwa einer Woche schwerer Kämpfe begann sich das Blatt zu wenden. Der republikanische Generalstab setzte fast 100 Jagdflugzeuge der sowjetischen Typen I-15 und I-16 sowie zwei Staffeln Katjuscha-Bomber ein, die vom Flughafen in Albacete starteten. Volksarmee und Interbrigaden fügten den Faschisten eine schwere Niederlage zu und warfen sie bis zum 23. März hinter ihre Ausgangsstellungen zurück. Von den 60.000 Soldaten des Mussolini-Korps war ein Drittel gefallen. Die Verteidiger erbeuteten große Mengen an Kriegsmaterial, darunter zahlreiche Artilleriegeschütze, gepanzerte Fahrzeuge und Maschinengewehre.

In der Schlacht bei Guadalajara kamen zum ersten Mal die Waffenlieferungen der UdSSR und der Einsatz ihrer Militärs zur Wirkung, darunter vor allem die eingesetzten Jagdflugzeuge, Panzer und Geschütze, unter deren Piloten, Fahrern und Kanonieren sich auch sowjetische Spezialisten befanden. Nach offiziellen Angaben aus Moskau waren von den 2064 Militärs, die nach Spanien kamen, 772 Flieger und 351 Panzerfahrer.

Wie Hemingway es sah

Der Sieg bei Guadalajara war nicht nur ein militärischer Erfolg der Republik und der Volksfrontregierung, sondern mehr noch ein politischer und moralischer. Die Träume Francos und seiner Verbündeten aus Berlin und Rom, mit der Einnahme der Hauptstadt einen raschen Sieg zu erringen, waren gescheitert. Vor allem für das Interventionskorps Mussolinis war es auch eine große moralische Niederlage, die dem antifaschistischen Kampf in Italien Auftrieb gab.

In Spanien wie bei den Freiheitskämpfern in aller Welt ist der Widerstand gegen den Faschismus für die Verteidigung der Republik bis heute unvergessen.(10) Stellvertretend soll hier Ernest Hemingway, der aus Spanien über die Verteidigung der Republik berichtete, wiedergegeben werden. In seiner Kurzgeschichte "Nobody ever dies" (der ursprüngliche Titel war länger und lautete: "Niemand stirbt wirklich - weil Größe und Treue und Wahrheit eines jeden Lebens weiterleben") ließ er den Kubanischen Interbrigadisten Enrique im Gespräch mit der Gelieben Maria im Angesicht des Todes sagen: "Aber am Ende war es keine Niederlage", ... "Wir haben die Besten verloren, doch, es war die Sache Wert".

Aus: "Ballade der XI. Brigade"
von Ernst Busch
In Spanien stands um unsre Sache schlecht,
Zurück gings Schritt um Schritt,
Und die Faschisten brüllten schon:
Gefallen ist die Stadt Madrid!
Da kamen sie aus aller Welt
Mit einem roten Stern am Hut.
In Manzanares kühlten sie
Dem Franco das zu heiße Blut.
Refrain: Das waren Tage der Brigade Elf
Und ihrer Freiheitsfahne.
Brigada Internacional!
Ist unser Ehrenname.
Bei Guadalajara im Monat März,
In Kält und Regensturm,
Da bebte manches tapfre Herz
Und in Torija selbst der Turm.
Da stand der Garibaldi auf,
André, Dombrowsky ihm zur Seit!
Die brachten bald zum Dauerlauf
Die Mussolini-Herrlichkeit.
Refrain

Gerhard Feldbauer


Anmerkungen:

(8) Siehe "Freiwillige der Freiheit", jW, 7. November 2011.
(9) Siehe "Hilfe für die Putschisten", jW, 17./18. Dezember 2011.
(10) Spanien - 75 Jahre danach. JW, 19./20. November 2011.

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CHINA

Reinhold Schramm: Chinas verbliebene Staatsbetriebe - auf der Resterampe für Schnäppchenjäger

»Die chinesische Zentralregierung sollte mehr Privatinvestitionen in Staatsbetriebe zulassen, um die Liberalisierung der Märkte weiter voranzutreiben und so die Wirtschaft zu fördern.« (China Internet Information Center)

»Ministerpräsident Wen Jiabao versprach weitere Maßnahmen, um mehr Privatinvestitionen in Chinas Monopolbetriebe zu locken und so die Probleme der chinesischen Wirtschaftsstruktur zu bekämpfen.« Die chinesische Regierung sollte besonders kleine und mittelständische Unternehmen weiter stützen und die Reform der (staatlichen) Monopolindustrien vorantreiben. Laut Wen sollte sich die Regierung auch um den Lebensstandard und die ungleiche Einkommensverteilung und die Bekämpfung der Korruption kümmern. Die Inflation sollte bekämpft und die Wohnungspreise gesenkt werden. Bei einer Anhörung vor Vertretern verschiedener Gesellschaftsschichten [- analog Klassen] sagte Ministerpräsident Wen Jiabao, dass mehr privates Kapital in die Finanz-, Energie-, Transport- und Sozialsektoren fließen soll. "Dieses kann nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung an sich beschleunigen, sondern auch die Entwicklung von deren Grundlagen", erklärte der Ministerpräsident. »Zhou Tienong, Vizevorsitzender des Volkskongresses, erklärte, dass die Reform der [staatlichen] Monopolindustrien stark zurückgeblieben sei und zu unfairem Wettbewerb führe. - Die Gründung privater Finanzinstitutionen wäre ein wichtiger Schritt zur Lösung der Finanzierungsprobleme der KMUs und zur Förderung einer gesunden Entwicklung der Privatwirtschaft«, erklärte der Vorsitzende privater Unternehmen. - Ministerpräsident Wen Jiabao »sagte, dass die Regierung die wirtschaftliche Situation im Januar und im ersten Quartal dieses Jahres nicht aus den Augen lassen werde. "Wir werden schnellstmöglich reagieren müssen, wenn etwas geschieht, und sofort Maßnahmen ergreifen", verkündete Wen und fügte hinzu, dass die Anpassung der Wirtschaftspolitik bereits im ersten Quartal [2012] beginnen soll.«{...} (Vgl.) [1]

»Eines scheint sicher: China wird die Öffnung seiner Märkte auch in Zukunft weiter vorantreiben, ganzgleich mit welchen Herausforderungen sich das Land konfrontiert sieht. Nur durch eine weitere Öffnung sei eine nachhaltige Entwicklung für China realisierbar, erklärte E. Defeng, stellvertretender Direktor der Abteilung für WTO-Angelegenheiten des Handelsministeriums, bei einer Pressekonferenz am 21. November [2011]. Das Handelsministerium werde die nötigen Richtlinien ausarbeiten, um die weitere Öffnung des Landes voranzutreiben.« (Vgl.) [2]

Quelle:
[1] China Daily - CIIC am 15.02.2012
[2] Beijing Rundschau am 15.12.2011: »Zehn Jahre in der WTO: Mit großen Schritten Richtung Öffnung« von Lan Xinzhen
http://german.beijingreview.com.cn/german2010/zhuanti/txt/2011-12/15/content_417112.htm 16.02.2012

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Reinhold Schramm (Bereitstellung): Multinationale Konzerne und ausländische Direktinvestitionen in China

Quelle: "Markteintrittsbarrieren sowie Schwierigkeiten mit Distributionskanälen am Chinesischen Markt" (Titel der Diplomarbeit). Verfasserin: Katharina Juschitz. Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Internationale Betriebswirtschaft. Universität Wien.
Vgl.: http://othes.univie.ac.at/440/1/03-18-2008_0202446.pdf

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Reinhold Schramm: Chinas Milliardäre

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
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Zeng Wenhui/Beijing Rundschau/Reinhold Schramm: »Reich zu Reich gesellt sich gern - Chinas Einkommenskluft soll sich schließen«

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China Dayly/Reinhold Schramm: Chinas Ackerland liegt brach, während Bauern sich in Städten verdingen

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INKOTA Netzwerk e.V.: Chinesische Investoren, die in anderen Staaten in Ackerland investieren:

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ZUR GESCHICHTE DER ARBEITERBEWEGUNG ITALIENS

Gerhard Feldbauer: Im April 1867 entstand die erste Sektion der IAA in Italien

Die Entstehungsgeschichte der Sozialistischen Partei vermittelt noch heute lehrreiche Erfahrungen

Im April dieses Jahres sind es 145 Jahre, dass der Prozess der politisch-ideologischen und organisatorischen Formierung der Arbeiterbewegung in Italien begann. Anlass, diesen Werdegang etwas zu analysieren, da er bis heute gültige Erfahrungen vermittelt.

Zunächst ist ein Unterschied zur Entwicklung in Deutschland zu sehen, wo sich das Proletariat, als die bürgerliche Revolution 1848 ausbrach, bereits im Anfangsstadium seiner Formierung befand. Die bewusstesten Arbeiter nahmen aktiv an der Revolution teil, um die kleinbürgerlichen revolutionären Demokraten im Kampf für den Sturz der Feudalherrschaft und die Errichtung einer progressiven bürgerlichen Gesellschaft zu unterstützen, gleichzeitig aber auch, um ihre künftigen eigenen Interessen zu vertreten. Das von Marx und Engels erarbeitete, am Vorabend der Revolution veröffentlichte "Manifest der Kommunistischen Partei" übte darauf bereits einen politisch orientierenden Einfluss aus.

Über einen solchen kommunistischen Flügel hatte die bürgerliche Revolution in Italien nicht verfügt. Die italienische Arbeiterbewegung formierte sich erst seit Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts in einem komplizierten Prozess der Auseinandersetzung mit bürgerlichen ideologischen Einflüssen, darunter reformistischen. Erscheinungen. Das war für alle Länder im Entstehungsstadium des Kapitalismus in dieser Zeit charakteristisch, zeigte jedoch in Italien einige spezifische Züge. Im Anfangsstadium übten die beiden herausragenden Führer der nationalen Einigungsbewegung und der bürgerlichen Revolution von 1848/49 einen bedeutenden, aber unterschiedlichen Einfluss aus: Giuseppe Mazzini und Giuseppe Garibaldi sowie deren Anhänger, die in beträchtlicher Zahl zur Arbeiterbewegung stießen bzw. mit ihr sympathisierten. Hohes Ansehen genoss Garibaldi, der Befehlshaber der Revolutionstruppen und Führer des linken Flügels der revolutionären nationalen Befreiungsbewegung, die 1861 den einheitlichen Nationalstaat hervorbrachte.

Garibaldi begrüße Marx' berühmte Inauguraladresse, die zur einigenden Plattform der bestehenden Strömungen in der internationalen Arbeiterbewegung wurde, als "Sonne der Zukunft" und bekundete der Pariser Kommune öffentlich seine Sympathie. Das Bekenntnis des radikalen kleinbürgerlich-demokratischen Revolutionärs ließ viele seiner Mitstreiter als auch Mazzinisten zu Anhängern des Sozialismus werden. Mazzini dagegen brach mit den revolutionären Traditionen des Risorgimento und ging auf die Seite der Bourgeoisie über. Er lehnte die 1864 von Marx und Engels gegründete IAA ebenso wie die Pariser Kommune ab und trat stattdessen in der Arbeiterbewegung für die Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie ein. Gegen den "gott- und vaterlandslosen" Generalrat der IAA führte er einen unerbittlichen politischen Feldzug.(12)

Der Kampf um die Durchsetzung des Marxismus

Großen Einfluss auf die frühe italienische Arbeiterbewegung übte der russische Revolutionär und spätere Anarchist Michail Bakunin aus. Aufgrund seiner Teilnahme an Brennpunkten der bürgerlichen Revolutionen 1848/49 in Europa - er war unter anderem militärischer Leiter des Dresdener Aufstandes im Mai 1849 - genoss er großes Ansehen. Nach der Revolution fiel er in die Hände des Zaren. Als ihm nach sechsjähriger Haft in Petersburg und anschließender Verbannung nach Sibirien 1861 die Flucht gelang, begab er sich nach London, wo er Marx und Engels kennenlernte und zu ihnen freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Als Bakunin sich entschied, nach Italien zu gehen, bat Marx ihn, dort die IAA zu vertreten. In Neapel, wo er sich von 1864 bis 1867 meist aufhielt, begann Bakunin sich jedoch zum führenden Anarchisten zu entwickeln. Die süditalienische Hafenstadt bot dafür einen fruchtbarer Nährboden Hier existierten Geheimbünde und Freimaurerlogen, eine deklassierte Intelligenz, die zu Verschwörungen neigt, eine bäuerliche Masse, die zu den Verlierern der Revolution und des Befreiungskampfes zählte und im sozialen Elend dahinvegetierte, und schließlich ein "Lumpenproletariat", verkörpert vor allem von den Lazzaroni (Lumpen, Lumpenkerlen) von Neapel. Hier wurde der Held des Dresdner Aufstandes, der 12 Jahre im Kerker des Zaren schmachtete, zum anerkannten und gefeierten revolutionären Führer. Hier entstand dann auch am 3. April 1867 die erste Sektion der IAA. Im Ergebnis des Widerhalls der Pariser Kommune, die Bakunin leidenschaftlich verteidigte, wuchs sie bis Anfang 1872 auf über 100 Organisationen mit zirka 10.000 Mitgliedern an. Dass Bakunin 1870 den Lyoner Aufstand organisierte, erhöhte ein weiteres Mal sein Ansehen als Revolutionsführer.

Bis 1870 erarbeitete er seine anarchistische Konzeption, die er in den Werken "Staatlichkeit und Anarchie" und "Gott und der Staat" zusammenfasste.(13) Mit der Losung von der Zerstörung "jeglicher politischer Macht" wandte er sich gegen die Errichtung der Diktatur des Proletariats. Als entscheidende revolutionäre Kräfte betrachtete Bakunin die bäuerlichen Massen und das Lumpenproletariat. Diesen Standpunkt verfocht er in der Internationale und versuchte, deren Führung zu erringen. In seinem "Konspekt zu "Staatlichkeit und Anarchie" legte Marx dar, dass es nicht schlechthin um die Führung der IAA ging, die mit Zehntausenden Mitgliedern in 13 europäischen Ländern sowie in den USA und in Australien eine starke proletarische Massenorganisation darstellte, sondern darum, auf welcher politisch-theoretischen Basis die Internationale wirken werde: Auf der des wissenschaftlichen Sozialismus oder des Anarchismus.(14) Zur Durchsetzung ihrer Linie schufen die Bakunisten innerhalb der IAA eine geheime Organisation, die "Allianz der sozialistischen Demokratie". Nachdem sie sich weigerten, einem Beschlusses des Generalrates zu deren Auflösung nachzukommen, schloss der Haager Kongress im September 1872 Bakunin und seine Parteigänger wegen statutenwidriger Fraktionstätigkeit aus der Internationale aus.

Trotzdem blieb der Bakunismus noch längere Zeit die politisch und organisatorisch vorherrschende Strömung in der italienischen Arbeiterbewegung. 1874 existierten 129 Organisationen mit über 26.000 Mitgliedern. Sie bildeten eine der stärksten Vertretungen der Internationale, in der die Anhänger Bakunins wie auch in Spanien, jedoch, wie Engels schrieb, "eine Zeit lang tatsächlich die Arbeiterbewegung beherrschten",(15) was die Verbreitung des Marxismus außerordentlich erschwerte. Denn an der Spitze der meisten Vereine stand, wie Engels bereits 1872 einschätzte, "ein Haufen von Deklassierten, der Abhub der Bourgeoisie".(16) Erst als 1874 und 1877 zwei Aufstandsversuche der Anarchisten scheiterten, begann der Einfluss der Bakunisten zurückzugehen. Weitgehend unbekannt blieb, dass Bakunin in seinen letzten Lebensjahren mehrfach Gedanken äußerte, die seinen früheren anarchistischen Gedanken über Aufstand und Revolution um jeden Preis zuwider liefen, und er selbst seine ablehnende Haltung zu Marx‹ Theorie der Partei und der Spontaneität in Frage stellte.(17)

Revolutionär und Anarchist

Ungeachtet des negativen Wirkens hat Franz Mehring Bakunin nach dessen Tod am 1. Juli 1876 als Revolutionär und Anarchisten gewürdigt, der für die Arbeiterklasse "so tapfer gekämpft und so schwer gelitten hat" und geschrieben, "bei all seinen Fehlern und Schwächen wird ihm die Geschichte einen Ehrenplatz unter den Vorkämpfern des internationalen Proletariats sichern."(18)

Das trifft insbesondere auf die Formierung der italienischen Arbeiterbewegung zu, in der auch nach der vorherrschenden Durchsetzung des Marxismus eine beträchtliche anarchistische Strömung bestehen blieb, aus der neben negativen politisch-ideologischen Aspekten auch eine kämpferische Komponente resultierte, wie sie sich vor dem ersten Weltkrieg am Beispiel der anarcho-syndikalistischen Fraktion in der ISP zeigte. Anarchisten bezogen in nicht wenigen Fragen antiimperialistische und vor allem Antikriegs- sowie nach der Errichtung der faschistischen Diktatur antifaschistische Positionen.

Engels großer Einfluss auf die Gründung der Sozialistischen Partei

Auf die Auseinandersetzung mit dem Bakunismus wie mit dem Reformismus nahm Friedrich Engels, der seit 1871 die Funktion des Korrespondierenden Sekretärs des Generalrates für Italien wahrnahm, persönlich wirksamen Einfluss. Einbezogen wurden nunmehr auch die vorher vernachlässigten, industriell fortgeschrittenen Regionen des Nordens, die Lombardei und Piemont.

Am 14./15. August 1892 schlossen sich auf dem Sozialistenkongress in Genua die norditalienische Föderation, die Sozialistische Liga Mailands, die Revolutionäre Sozialistische Partei der Romagna und die Arbeiterpartei der Lombardei zur einheitlichen Partei der Italienischen Werktätigen zusammen. 1893 nahm die Partei dann den Namen Italienische Sozialistische Partei an. Die italienischen Sozialisten waren in Italien die ersten, die eine gesamtnationale Partei schufen. Eine bedeutende Rolle spielten bei ihrer Gründung Filippo Turati und Atonio Labriola.

Marx's Kritik am Gothaer Programm ignoriert

Das Parteiprogramm der ISP, das die Inbesitznahme der Produktionsmittel (Arbeitsmittel) durch die Arbeiter als Voraussetzung ihrer Befreiung forderte, trug grundsätzlich marxistischen Charakter. Turati ignorierte jedoch die Kritik von Marx am Gothaer Programm der deutschen Sozialdemokratie, was dazu führte, dass der Weg zur politischen Machtergreifung ausgeklammert wurde. Auch die Bündnisfrage fehlte völlig. Unter der "herrschenden Klasse" wurde nur die Bourgeoisie verstanden; die Latifundisten mit keinem Wort erwähnt. Es fehlten ebenso spezifische Hinweise auf die unterdrückten Klassen und Schichten auf dem Lande.

Engels hielt fest, dass die während der "nationalen Emanzipation" zur Macht gekommene Bourgeoisie ihren Sieg nicht vollendete und die "Reste der Feudalität" nicht vernichtete. Er sprach vom "arbeitenden Volk", zählte dazu ausdrücklich "Bauern, Handwerker, Land- und Industriearbeiter" und betonte, sie stünden "unter schwerem Druck, einerseits infolge überalterter Missstände, Hinterlassenschaften nicht nur der Feudalzeit, sondern sogar noch der Antike (Mezzadria, die Latifundien des Südens, wo das Vieh den Menschen verdrängt), andererseits infolge des raffgierigsten Steuersystems, das jemals ein Bourgeoisiesystem erdacht hat."(19)

Die Fragen blieben bis Anfang der 1920er Jahre ungelöst. Erst Antonio Gramsci gab in seiner Konzeption zur Lösung "der süditalienischen Frage" darauf eine Antwort.(20)

Die Auseinandersetzungen zwischen den revolutionären Linken und den Reformisten

Die Schwächen des ISP-Programms führten dazu, dass sich in der Partei ein linker revolutionärer Flügel und ein reformistischer herausbildeten.

Den Reformisten unter Turati gelang es auf dem Parteitag 1900 mehrheitlich die Parteiführung zu besetzen. Nachdem von 1904 bis 1908 die Anarcho-Syndikalisten die Mehrheit im Parteivorstand innehatten, gelangten danach wieder die Reformisten an die Spitze.

Die anarcho-syndikalistische Strömung fühlte sich mit ihren Führern Enrico Ferri und Arturo Labriola(21) jedoch dem linken Flügel zugehörig. Nach Gramsci "bildete sie den instinktiven, elementaren, primitiven, aber gesunden Ausdruck des Widerstandes der Arbeiter gegen den Block mit der Bourgeoisie und für den Block mit den Bauern, in erster Linie mit den Bauern des Südens". Sie forderte den Generalstreik als politische Kampfform, verabsolutierte indessen seine Anwendung und verlangte, die Produktionsmittel den Gewerkschaften zu übergeben. Obwohl zur Partei gehörend, lehnte sie sowohl deren Funktion als Führer des Proletariats als auch dessen politische Machtergreifung ab. Der Ausschluss der Anarcho-Syndikalisten auf dem Parteitag 1908 in Florenz war unter den Linken umstritten. Eine Minderheit von ihnen kehrte später in die ISP zurück.

Das Wachsen der ISP zu einer Massenpartei mit einem beträchtlichen hauptamtlichen Parteiapparat und der Einzug ins bürgerliche Parlament mit einer steigenden Zahl von Abgeordneten nebst Mitarbeiterstäben, die an ihren Posten mit Diäten und vielseitigen Vergünstigungen hingen, schufen einen günstigen Nährboden für die Ausbreitung des Reformismus.

Turati vertrat nunmehr eine Konzeption der Zusammenarbeit mit der liberalen Bourgeoisie und unterhielt dazu Kontakte zu Ministerpräsident Giovanni Giolitti, der durch Reformen und Zugeständnisse an die Arbeiterbewegung (Transformismus) nach britischem, deutschem und französischem Beispiel eine schmale Oberschicht der Arbeiterklasse zu korrumpieren und reformistisch zu festigen suchte, um die ISP in den Parlamentarismus und das kapitalistische Herrschaftssystem einzubinden.

Ausschluss der Reformisten ermöglichte entschiedene Antikriegspositionen

Der Parteitag 1912 in Reggio Emilia schloss diese extremistische Richtung der Reformisten aus der ISP aus, die daraufhin mit Leonida Bissolati und Ivanhoe Bonomi an der Spitze die Reformistische Sozialistische Partei (Partito Socialista Riformista) gründeten.

Mit dem Ausschluss der offenen Reformisten stärkten die Linken in der ISP ihre Positionen, was es ihnen 1914 als einziger westeuropäischer Sektion der II. Internationale ermöglichte, Antikriegspositionen zu beziehen, welche die Partei während des ganzen Krieges gegen die Versuche der Reformisten beibehielt.

Nachhaltig spiegelten machtvolle antimilitaristische Arbeiteraktionen wenige Wochen vor Kriegsausbruch im Juni 1914 die Haltung der Linken wider. In ihrem Verlauf riefen die ISP und die CGdL zum Generalstreik auf, kam es in Rom, Turin, Mailand, Genua, Florenz und Ancona zu Barrikadenkämpfen, proklamierten die Aufständischen in der Romagna und den Marken die Republik. Bei der Niederschlagung der Erhebung durch über 100.000 Soldaten gab es zahlreiche Tote und Verletzte.

Im Mai 1915 ging von den "internationalistischen Sozialisten in Italien" die von Lenin hoch gewürdigte Initiative zur Einberufung einer Konferenz aller Parteien, Arbeiterorganisationen und Gruppen, "die an den alten Grundsätzen der Internationale festhielten", aus.(22) Das Ergebnis waren die Tagungen in Zimmerwald (5. bis 8. September 1915) und in Kienthal (24. bis 30. April 1916). Der Zusammenschluss der revolutionären Sozialisten war für Lenin "eine der wichtigsten Tatsachen und einer der größten Erfolge der Konferenz".(23)

Gerhard Feldbauer

Ausführlichere und weitergehende Information in: Gerhard Feldbauer: Geschichte Italiens. Vom Risorgimento bis heute. Papyrossa Verlag, Köln 2008, bes. Gründung und Wachstum der Sozialistischen Partei, ab S. 64 ff.


Anmerkungen:

(12) Friedrich Engels: Das Auftreten Mazzinis gegen die Internationale. MEW, Bd. 17, S. 390 ff.

(13) Karin-Kramer-Verlag, Berlin 1995 und 1999.

(14) Karl Marx: Konspekt von Bakunins Buch "Staatlichkeit und Anarchie". MEW, Bd. 18, S. 599-642.

(15) Friedrich Engels: Die europäischen Arbeiter im Jahre 1877. MEW, Bd. 19, S. 122.

(16) Karl Marx, Friedrich Engels: Ein Komplott gegen die IAA. Bericht über das Treiben Bakunins. MEW, Bd. 18, S. 382 f.

(17) Madeline Grawitz: Bakunin, Hamburg 1998; S. 477 ff.; s. a. Gerhard Feldbauer: Zum 125 Todestag Bakunins. jW, 30. Juni 2001.

(18) Franz Mehring: Karl Marx.Geschichte seines Lebens. Werke, Bd. 3, Berlin (DDR) 1960; S. 508

(19) Friedrich Engels: Die künftige italienische Revolution und die Sozialistische Partei. MEW, Bd. 22, S. 439 ff.

(20) Antonio Gramsci: Die süditalienische Frage. Berlin (DDR) 1955.

(21) Nicht zu verwechseln mit dem bereits erwähnten Antonio Labriola, der die Verbreitung des Marxismus unter der Arbeiterbewegung förderte und so zur Bildung der ISP beitrug.

(22) W.I. Lenin: Imperialismus und Sozialismus in Italien. Werke, Bd. 21, S. 361 ff.

(23) Ders.: Die revolutionären Marxisten auf der Internationalen Sozialistischen Konferenz. Ebd., S. 396.

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RESONANZ

H. S.: Revisionismus nicht bestimmend für die Niederlage?

Lieber Genosse Flegel, nur ein paar Zeilen/Gedanken zum Sonderheft 3/2012!

Herman Jacobs scheint mir den Revisionismus nicht als sehr bestimmend für die Niederlage - vorerst! - des Sozialismus und der 'realsozialistischen' Staaten (Europas und SU) gegenüber dem weltweit vorherrschenden Kapitalismus/Imperialismus zu sehen.

Wenn also der Revisionismus (revidieren = überprüfen, nach Überprüfung ändern) zuvorderst des Marx-Engels-Gedankengebäudes samt Leninscher und Stalinscher u.a. Thesen nicht wesentlich Schuld trägt am sozialistisch-kommunistischen Niedergang, sozialdemokratisches und 'linksbeliebiges' Reformertum oder gar bösartig betriebene Restauration von Kapitalismus und Bourgeoisie durch z. T. gekaufte Figuren (a la Chruschtschow, Gorbatschow...) nur mäßig bedeutsam erscheinen, dürfte es grundsätzlich um so schlechter um die Realitätstauglichkeit des Marxismus-Leninismus selber bestellt sein. Dann läge die Hauptschwäche ja in ihm selbst, in seinen gesellschaftspolitischen und vor allem ökonomischen Momenten unzureichender Art.

Oder sollte gar Marxismus-Leninismus/Kommunismus als Verwirklichung eines erstrebenswerten Zustandes menschlichen Lebens unverträglich sein mit der Anthropologie, wo zwar existenzrelevanter Egoismus besteht, aber auch grundsätzlicher Drang nach mehr Haben denn nach Sein?

Ich bin gespannt auf ausführliche Reaktionen auf Jacobs Thesen.

H. S., A.

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D. J.: Freude und Schrotthaufen

Liebe Freunde, lieber Frank Flegel,

ich hoffe, meine Gedanken zu einzelnen Beiträgen bringen Nutzen.

Mit Freude habe ich in 02/12 Standpunkt und Information zur Verfassung der Sowjetunion von 1936 gelesen. Ich denke, so (!) kann - offensiv - mit Fakten und persönlicher Position der Hetze gegen die Sowjetunion, Stalin und die KPdSU entgegengetreten werden! - Danke, dafür!

Die Beiträge von Phil Ramcke und Benjamin L. bedürfen wohl einer kritischen Nachbetrachtung durch sie selbst oder/und die Redaktion.

1. Es war wohl das Bild Stalins, was einige "Linke" beunruhigt. Aber das ist seit mehr als 20 Jahren nichts Neues! Ich frage mich nun, was die wirksamere Methode ist: das Abbild Stalins seinen Gegnern vor die Nase zu halten (was im Demonstrationszug noch nicht mal geht, da die davor laufenden sich nur selten umdrehen und die dahinter gehenden nur die Rückwand des Plakates sehen) und zu glauben, dass das einigen den "Stalinismus" austreiben würde, - oder - z.B. die "Stalinsche" Verfassung mit entsprechendem Standpunkt an viele Demo-Teilnehmer zu verteilen.

2. Benjamin L. zitiert hier (wohl nur in dieser Broschüre?!) die richtigen Wertungen Stalins und schlussfolgert für sich aus der Demo (!): ihm "scheint wirklich ein Großteil des internationalen Kommunismus liquidiert.". Meine Frage: Warum nicht Stalins und anderer Führer des Proletariats richtige und aufrüttelnde Erkenntnisse den verschiedenen (!) Demo-Teilnehmern freundlich überreichen???

Statt dessen stehen hier Beschimpfungen und "Empfehlungen", die wohl kaum zu kommunistischen Positionen führen (oder will das manch einer gar nicht, genügt ihm der eigene "reine" Klassenstandpunkt?): Gedenken, trauern - statt im Sinne der Toten den politischen Kampf zu führen; "Diener des Imperialismus" - eh, das klingt ja schrecklich! (obwohl es doch so oft stimmt!); 90 % "zurück in die CDU etc. gejagt" - und das auch noch mit/durch Lenin.

Das reicht eigentlich, für meine eigene Enttäuschung. Doch warum soll ein Benjamin L. nicht solche Meinung haben? - Nur Werbung für "offen-siv" ist das nicht! Und mit Gewinnung und Überzeugung wenigstens von einigen der Demonstranten hat dieses eher abstoßende Beschimpfen auch nichts zu tun! Aber es wird z. T. berechtigte Empörung auslösen!

3. Da bleibe ich mal bei Phil Ramcke: "Um so erstaunlicher ist es, bei der Demonstration zu seinen und Lenins und Rosa Luxemburgs Ehren so viele Menschen zu sehen, welche gar nichts mit seinen und der anderen beiden Überzeugungen und Schlüsse zu tun haben." ... "Ich frage mich, ob die Demonstranten im Januar 2012 in Berlin-Friedrichsfelde diesem Vermächtnis gerecht werden. Ja, ich frage mich tatsächlich, ob sie eventuell nur eine inhaltsleere Ikone verehren und nicht das Werk und die Konsequenz Liebknechts und Luxemburgs. Oder warum sonst wollen sie sein Vermächtnis nicht umsetzen und vollenden?"

Wie ist es möglich, neben seiner so aufschlussreichen Darstellung des Wirkens von Karl Liebknecht hier, im "offen-siv"(!), zu solchen "Wertungen" der Demonstranten zu kommen??????

4. Und weil ich nicht so oft an euch schreibe, gleich noch eine Bemerkung zum Heft 3/2012:

Mein Nachbar gab es mir voller Unverständnis zurück (ich hatte es noch nicht gelesen). Ich habe es dann auch verzweifelt weggelegt - wollte schon an meiner Auffassungsgabe zweifeln. Das "Denkmal", das sich hier ein "Wissenschaftler" setzen möchte, ist wohl schlimmer als ein politischer Schrotthaufen! Es zerstört!

Da darf ich doch einen Rat an die Herausgeber richten: Lest doch mal in "offen-siv" 9/2004 und lasst den Hermann Jacobs den Druck des Heftes 3/2012 selbst bezahlen.

Den politischen Schaden kann er wohl nicht beheben!

Dazu sollte wohl die Redaktion etwas tun, also sich kritisch äußern. Glück auf!

D. J., D

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Michael Opperskalski: Widerspruch

Stellungnahme zum "offen-siv"-Sonderheft "Lehren aus Niederlagen" (Nr. 3/2012) von Hermann Jacobs

Das erwähnte Sonderheft muss zum offenen Widerspruch aufrufen, wird es doch u.a. wie folgt redaktionell eingeleitet: " (...) wir schwören dem Sozialismus nicht ab, wir wollen, von seinen Grundlagen ausgehend, die Gründe für seine Niederlage im internationalen Klassenkampf mit dem Imperialismus begreifen. In die Linie unserer Veröffentlichungen zu diesen Fragen reiht sich auch dieses Sonderheft von Hermann Jacobs ein (...)." Diese einleitenden Äußerungen sind sehr deutlich, sagen sie doch nicht mehr und nicht weniger, als dass

- dieses Sonderheft in einer Reihe von vielen "offen-siv"-Sonderheften zu sehen ist, die in der Tat zu grundsätzlichen Diskussionen über die Hintergründe von Konterrevolution und Niederlage, die Rolle des Revisionismus oder die tatsächliche Basis für den Niedergang, die Spaltung und Zersplitterung der kommunistischen Bewegung (national wie international) angestoßen haben - auf marxistisch-leninistischen Positionen versteht sich;

- dies ein Sonderheft von Redaktion UND Herausgebergremium der "offen-siv" ist, also sich zumindest ziemlich nahe an "offen-siv"-Grundpositionen bewege.

Dies ist jedoch NICHT der Fall! Zunächst: ich bin Mitglied des Herausgebergremiums der "offen-siv", sogar stellvertretender Vorsitzender des entsprechenden Vereins. Doch dieses Sonderheft trage ich auch in meiner Funktion nicht mit; leider kann ich dies nur im Nachhinein dokumentieren. Meiner Meinung nach spiegelt das Sonderheft von Hermann Jacobs weder Grundposition der "offen-siv" wieder, noch ist es qualitativ auf eine Ebene wie andere Sonderhefte der "offen-siv" zu stellen. Ganz im Gegenteil!

Doch nun ein wenig ins Eingemachte. Nur ein wenig, denn das Sonderheft hat keinerlei Bedeutung, weder inhaltlicher, noch formaler Natur oder gar hinsichtlich seiner Qualität, um sich wirklich umfassend mit ihm auseinandersetzen zu müssen.

Mehr noch: es ist nicht weniger als eine Qual, sich durch die verquasten Zeilen des Textes zu arbeiten. Zuweilen scheint sich der Leser von in sich widersprüchlichen, gebrochenen, verständnisproblematischen und willkürlich vermengten Begriffsverwirrungen erschlagen zu fühlen. Wer das bis zur letzten Zeile zu ertragen bereit ist, muss wirklich viel Kraft aufwenden.

Am Ende wird jedoch hängen bleiben, dass der Text nur so von Aussagen trieft, die im offenen Widerspruch zum Marxismus-Leninismus stehen. Nur einige davon seien an dieser Stelle nachfolgend herausgegriffen:

"Wer das Ende des Sozialismus in der Sowjetunion mit dem Revisionismus (in ökonomischer Hinsicht) erklären will, geht an der Frage vorbei, dass das Ende des Sozialismus im Machtzentrum der Sowjetunion vorbereitet und durchgesetzt wurde." (Sonderheft S. 14) "Insofern ist der Kampf gegen den Revisionismus in seiner entwickelten Form Pflicht im Kampf kommunistischer Initiativen, aber er war nicht die Ursache der Konter-Revolution und die Konter-Revolution war auch nicht sein Ziel - welch neue Überraschung!" (Sonderheft S. 21)

Ähnliche Positionen (und damit entsprechende Zitatmöglichkeiten) durchziehen den gesamten Text, der nicht mehr oder weniger aussagt, dass der Revisionismus nicht die Hauptursache und Basis für die Konterrevolution in der UdSSR und der anderen sozialistischen Staaten war. Zudem wird der Revisionismus in einzelne Brocken zerlegt, diese objektiv gegeneinander ausgespielt. Damit zerfällt der gefährlichste Feind des Marxismus-Leninismus und der kommunistischen Bewegung, der Revisionismus, in Einzelaspekte, die zudem aus dem Zusammenhang gerissen werden; so wird er entkernt und in links angestrichene, kaum verständliche Worthülsen eines Dutzendintellektuellen verwandelt.

Dem jedoch nicht genug. Jacobs spricht, wie oben zitiert, an mehreren Stellen seiner Schrift von den angeblichen und/oder tatsächlichen Aufgaben "kommunistischer Initiativen". Es gibt in der BRD, ob man sie nun akzeptiert oder nicht, nur EINE, DIE "Kommunistische Initiative (KI)". Diese wurde von der "offen-siv" von Beginn an unterstützt und begleitet, was nicht wenige Kontroversen auslöste, sogar zu Abbestellungen der Zeitschrift führte. Jene zweite Truppe, die aus sehr wenigen ehemaligen Unterstützern der KI besteht und den Namen "Kommunistische Initiative" zu usurpieren versucht, ist jedoch nichts anderes als eine eigenständig kaum überlebensfähige Bande von Falschmünzern. Diese "KIG2010" wird objektiv dazu angehalten, die KI mit allen Mitteln zu bekämpfen. "offen-siv" hat über diese Organisation, ihre Handlungen und ihre objektive Rolle bereits mehrfach ausführlich berichtet. So gut, so schlecht. Jacobs stellt beide Organisationen provokativ auf eine Stufe und macht sich damit der Komplizenschaft mit KIG2010 schuldig, GEGEN die "offen-siv". Nachvollziehbar, hatte er doch Arbeitskontakte zur Truppe der Falschmünzer (vielleicht ja immer noch?)...

"Hat, was wir Konterrevolution nennen, den Sinn der Revolution aufgehoben? Wer sich als kommunistisch aus dem Kapitalismus bestimmt, wird Nein sagen, aber wir bestimmen jetzt den Kommunismus aus dem Kommunismus heraus; dieser Unterschied ist ein geschichtlicher. Er schafft auch andere Kommunisten; der eine verhält sich unverständiger, unversöhnlicher, 'ungesellschaftlicher', der andere verständiger, versöhnlicher, 'gesellschaftlicher'." (Sonderheft S. 18)

Ja, Herr Jabobs, ich bekenne mich schuldig: ich bin mehr als total unversöhnlich gegen den Kapitalismus und Imperialismus, gegen den Revisionismus, der zerstört, untergräbt und jede tatsächlich revolutionäre Bewegung in Nischen dieses barbarischen imperialistischen Systems zu ersticken sucht. Es gibt im Prinzip nur diese beiden, sich antagonistisch gegenüberstehenden Wege - auch wenn Sie sich vor einer deutlichen Positionierung in ein sprachlich verquastes Nirwana zu flüchten versuchen.

Ich gehe nicht weiter auf den Jacobs-Text ein, denn ich möchte diesem auch nicht indirekt den Wert eines jener Sonderhefte geben (z.B. das letzte zum Anti-Imperialismus), die zu Recht Diskussionen auslösten und objektiv wissenschaftlichen, marxistisch-leninistischen Rang vorweisen können - auch und gerade, wenn man sich an ihnen reibt.

Was hat die Veröffentlichung DIESES Sonderheftes nun objektiv für Konsequenzen? Es legt die "Axt an die Wurzeln" der "offen-siv", an die bisher in Sonderheften dokumentierte marxistisch-leninistische Forschung, macht die "offen-siv" beliebig. Das kann, will und werde ich persönlich nicht mittragen.

Ich fände es nur konsequent, prinzipiell, transparent wie auch an den Traditionen der "offen-siv" orientiert, wenn in absehbarer Zeit die Herausgeber der Zeitschrift eine Grundsatzdebatte über die künftige Strategie und Taktik, auch im organisationspolitischen Rahmen, führen und den Lesern vorstellen würden.

So weiter wie bisher geht nun nicht mehr!

Michael Opperskalski, Köln

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BUCHBESPRECHUNG

Ute Grothusen: DIE deutsch-deutsche Frage - Warum wollen Politiker Demokratie und Recht immer nur anderswo?

Rezension von: Erich Buchholz: Rechtsgewinne? Welche Rechte gewannen die DDR-Bürger durch den Beitritt? Haben sie Rechte verloren? Verlag Wiljo Heinen Berlin 2010
Rezension aus ost- sowie westdeutscher Perspektive

"Erfahrung ist nicht das, was jemandem zustößt, sondern das, was jemand aus seiner Erfahrung macht".

Mit dieser Spruchweisheit muß der lange Atem des Nestors der DDR-Rechtswissenschaft Erich Buchholz gewürdigt werden, nachdem es ihm zwanzig Jahre nach dem unbefragten Beitritt der DDR zur provisorischen Verfassung (GG) der alten Bundesrepublik gelungen ist, die nur als tragisch zu bezeichnende Fehlentwicklung des rechtspolitischen Kurses der "neuen Bundesrepublik" durch eine konstruktiv gezogene Bilanz infrage zu stellen und den im deutschen Einigungsprozeß bisher immer noch verhinderten Anstoß für den dringend notwendigen Verfassungsdiskurs vorzubereiten.

Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung der Bilanz hätte nicht besser gewählt werden können. Noch bevor das Märchen von der "Friedlichen Revolution" zum zwanzigsten Jubiläum des sogenannten Einigungsvertrags in unveränderter zwanzigster Auflage hätte erzählt werden können, hatte Erich Buchholz die Gegendarstellung auf den Tisch gelegt, um im Rückblick auf die gemeinsame deutsche Rechtsgeschichte (1989 ff) die öffentliche Aufmerksamkeit auf das bisher verschwiegene Defizit zu lenken, welches durch den blinden und vorbehaltlosen Beitritt der DDR zur provisorischen Verfassung (Grundgesetz der alten Bundesrepublik) 1990 entstanden ist.

Die Tatsache, daß diese Veröffentlichung von den rechtspolitisch Verantwortlichen nicht zur Kenntnis genommen worden ist, bezeugt, mit welchen Scheuklappen der eingeschlagene Kurs deutscher Einigungspolitik nach wie vor betrieben wird. Die kollektive Beschweigung des unbestreitbar wichtigsten deutsch-deutschen Themas ist ein Armutszeugnis für die politische Streitkultur, aber gleichzeitig eine Bestätigung für die Notwendigkeit, die Bilanz zur Disposition zu stellen Denn die Zeit ist überreif, daß die verheerende Fehlentwicklung des rechtspolitischen Kurses zur Sprache gebracht werden kann.

Die nun endlich aus der DDR-Perspektive gegen die Fehlentwicklung des Rechtsmittelautomatismus der BRD souverän anzuführende Argumentation müßte die Rechtsanwender eigentlich dazu zwingen, den Alleinvertretungsanspruch aufzugeben und neben dem bisher ausschließlich vertretenen BRD-Gewohnheitsrecht den Hinweis auf das bis 1990 geltend gewesene DDR-Recht zuzulassen.

Aber nach wie vor besteht zwischen den Vertretern von Justiz und Politik die medienpolitisch gelenkte kollektive Absprache, daß jeder Herausforderung, die das System infrage stellen und zur Kursänderung zwingen könnte, prinzipiell aus dem Wege zu gehen sei und der Dauerverstoß gegen nationales und internationales Recht dafür in Kauf genommen werden müßte. Offenbar wird von der blendenden Reputation ausgegangen, mit der die Bundesrepublik im Verein demokratieerprobter Staaten und aufgrund des geltenden völkerrechtlichen Einspruchverbots in die inneren Angelegenheiten eines Nationalstaats sich dessen sicher ist, niemals Adressat für Systemkritik werden zu können und sich in diesem augenscheinlich juristisch korrekten System alles erlauben zu können, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Unbenommen von Selbstkritik und Unrechtsbewußtsein wird die Aufhebung der Gewaltentrennung weiterhin hemmungslos und ungeniert zur unbedingten Dienstpflicht erhoben. Kein Amtsinhaber muß damit rechnen, für sein Tun und Lassen gegebenenfalls strafrechtlich belangt werden zu können - im Gegenteil - jeder wird befördert statt bestraft, der das System egal wie durch Verfolgung der Systemkritiker vor Systemkritik zu schützen vermag.

Daß aufgrund dieses Systems 82 Millionen justizabhängiger Bürger von vornherein zu potentiellen Rechtsopfer verurteilt sind, deren Rechtsverhältnis jenseits eines gesetzlichen Verfahrens wie Wachs durch richterliche Beschlüsse verformt und per Knopfdruck von einer Sekunde zur anderen zu kippen sind, ist als ein rechtsstaatlich getarntes Pogrom zu bewerten, dem nur durch Aufhebung des völkerrechtlichen Einspruchverbots entgegen zu steuern ist.

Ohne das System auf den systemexternen Prüfstein stellen zu können, wäre das Ende dieses unverantwortlichen Zustands (1990-2010) - der die zeitliche Epoche gemeinsam zu verantwortender deutscher Zeitgeschichte (1933-1945) inzwischen um weitere acht Jahre überrundet hat - nicht abzusehen. Zu einer solchen Überprüfung des Systems hat es aber bisher nicht kommen können, weil die Unzumutbarkeit des Systems auf dem Hintergrund einer blendenden rechtsstaatlichen Fassade nicht als unzumutbar dargestellt und zur Sprache gebracht werden konnten. Erich Buchholz hat das Problem erkannt und sich dessen professionell angenommen. Mit seiner in sechzig Jahren erworbenen Doppelerfahrung als Hochschullehrer in der DDR und danach als Rechtsanwalt in dem ihm verordneten "Rechtsstaat" hat der Autor und Zeitzeuge für die Artikulierung des deutsch-deutschen Einigungsprozesses eine an Tatsachen ausgerichteten Argumentationsgrundlage schaffen wollen, um die nach der sogenannte "Friedlichen Revolution" von 1989 verbliebenen Probleme beim Namen nennen und zur Sprache bringen zu können.

Nicht nur die DDR-Bürger - auch die bereits seit Jahrzehnten durch "Deutsches Sonderrecht" vereinnahmten westdeutschen Bundesbürger hatten auf diese für den "runden Tisch" bzw. Verfassungsdiskurs taugliche Argumentation gewartet, nachdem sie mit ihrer brennenden Frage bisher ausnahmslos auf eine Mauer kollektiver Beschweigung gestoßen waren und es nicht erfahren konnten, warum das Individualrecht entgegen aller Rechtslogik in der Rechtspraxis nicht so funktioniert, wie es aufgrund rechtsverbindlicher Kommentare funktionieren müßte - Denn auch zu Zeiten der alten Bundesrepublik war seit Inkrafttreten des Grund gesetzes(provisorischen Verfassung) die Option auf Volksabstimmung der Verfassung niemals zur Disposition gestellt worden. Eigentlich hätte zum Zeitpunkt des Mauerfalls und unter der Voraussetzung der Einhaltung des rechtsstaatlichen Vertrauensgrundsatzes der Hinweis auf die Aktualität des Grundrechtsartikels 146 von seiten der sogenannten Hüter der Verfassung kommen müssen.

Die naheliegende Frage, warum dieser Hinweis nicht - wie es gemäß Artikel 146 GG unbedingt zu erwarten gewesen wäre - von den eigens durch den Parlamentarischen Rat vorbestimmten Verfassungsrichtern an den Anfang des Einigungsprozesses gesetzt wurde, ist mit den innen- und außenpolitischen Interessen der deutschen Monopolbourgeoisie zu erklären, die nicht erst 1989/90 entstanden sind, sondern deren lange Geschichte man an der vorhergegangenen Fehlentwicklung des Bundesverfassungsgerichts ablesen kann, deren Wurzel bereits am Anfang der Bundesrepublik zu registrieren und schon damals von kompetenter Seite exakt beim Namen genannt worden ist. Anläßlich einer ernsthaften Vertrauenskrise zwischen Bonn und Karlsruhe bezeichnete der erste Justizminister der noch jungen Bundesrepublik Thomas Dehler (FDP) das Bundesverfassungsgericht als Fehlkonstruktion und bekräftigte diese Feststellung in einem an Rechtsanwälte gerichteten Telegramm vom 11. Dezember 1952 mit zutreffender Hellsichtigkeit, indem er telegrafierte: "Das Bundesverfassungsgericht ist in einer erschütternden Weise von dem Wege des Rechts abgewichen. Man kann Deutschland wegen eines solchen Gremiums nicht vor die Hunde gehen lassen." Von einem solchen bereits am Anfang der Bundesrepublik wegen Aufgabenverfehlung als Fehlkonstruktion bezeichneten Bundesverfassungsgericht war es 37 Jahre später nicht mehr zu erwarten, daß es zum Zeitpunkt der Bewährung seine Wächterrolle wahrnehmen würde. Wissend, daß ohne den Hinweis auf Artikel 146 GG nach Öffnung der Mauer das Gebot der Stunde nicht erkannt und wahrgenommen werden konnte, war dieses Gericht 1989 buchstäblich weggetaucht.

Die Erwartung der Ostdeutschen nach verfassungsgemäßer Gerechtigkeit wurde fundamental enttäuscht und das Vertrauen in den vermeintlich demokratieerprobten "Rechtsstaat" zutiefst erschüttert. Infolge nicht bestätigter Illusionen erlosch die Euphorie der ersten Tage nach Ankunft in dem vermeintlichen "Rechtsstaat" wie ein Strohfeuer. Angesichte der entgegengehaltenen Keule marktwirtschaftlicher Selbstgerechtigkeit und dem unter den Füßen weggerissenen Rechtsboden konnten nur noch Resignation und Verzweiflung aufkommen.

Diese Tragödie entstand, weil die politischen Vertreter ostdeutscher Blockparteien sich 1990 vom blindem Opportunismus machtpolitisch motivierter Parteienstrategie zur Zustimmung der Stornierung der Volkskammerwahl haben verleiten und sich dadurch das Heft aus der Hand nehmen lassen. Aufgrund ihrer Fahnenflucht wurden die politisch verratenen und alleingelassenen DDR-Bürger zwangsläufig zu den gesamtdeutschen Wahlen gedrängt, ohne für ihre Stimmabgabe die ihnen gemäß Artikel 146 GG zustehende Quittung für verfassungsgemäße Rechtssicherheit zu erhalten und - ohne es ahnen zu können, daß mit ihrer Stimmabgabe die rechtliche Entwaffnung einhergehen würde.

Daß die Bürger der DDR sich durch Verordnung der gesamtdeutschen Wahlen einem auf Verfassungsverrat und Wählerbetrug begründeten System verschrieben hatten, wurde sehr bald - aber bereits zu spät - bestätigt, als der Rücktritt vom Beitritt wegen der Übermacht des übergestülpten Systems und fehlgeleiteter Rechtskraft nicht mehr möglich war.

Wer angesichts dieser sogenannten "Wende" den barbarischen Akt der deutschen Wiedervereinigung immer noch wider besseres Wissen als "Friedliche Revolution" bezeichnen und abtun will und den mit dem Beitritt verbundenen Verwaltungsakt mit der Zustimmung zum Grundgesetz verwechselt, hat es nicht begriffen oder will es nicht begreifen, daß der "Friedlichen Revolution" nicht nur der Rechtsboden sondern vor allem der Rechtsfrieden fehlt.

Um die Interpretation der "Friedlichen Revolution" nicht länger der medienpolitisch bestimmten Definitionsmacht zu überlassen, hat es dem DDR-Rechtswissenschaftler Erich Buchholz keine Ruhe gelassen, dieser offensichtlichen Rechtsverbildung durch einen Rechtsvergleich zwischen der Rechtspraxis der DDR und der BRD entschieden entgegen zu treten.

Das bisher unterdrückte Rechtsbewußtsein sollte durch die Besinnung auf die verkannten Vorzuge des DDR-Rechts Stütze und Ansporn erhalten, um die rechtliche Resignation zu überwinden und den analysierten Unrechtszustand als überwindbar und nicht mehr länger als unabänderliches deutsches Nachkriegsschicksal betrachten zu müssen. Durch die nüchterne Darstellung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs wird es - wenn auch viel zu spät - verständlich, warum dieser gegen alle Regeln der Gerechtigkeit und menschliche Natur verordnete Rechtszustand keinen Tag mehr länger hinzunehmen, sondern es vielmehr als empörend zu betrachten ist.

Die Dimension des 1990 aus imperialistischer Machtgier verübten Verfassungsverrats und Wählerbetrugs ist unabsehbar, nachdem hinter dem Etikett der 'Friedlichen Revolution' anstelle einer wirklichen Gesamtdeutschen Verfassung die auf Verrat begründete Systemlüge hat treten können. Daß aber durch politische Wahlen nur die Macht in den Sattel zu heben ist und danach vom Recht keine Rede mehr sein kann, hat sich erst nach dem Beitritt auf dem Trümmerhaufen zerstörter Biographien als Katastrophe erwiesen, ohne von den sogenannten "Volksvertretern" aufgegriffen und vom Licht der Öffentlichkeit beschienen worden zu sein. Insofern ist die von Erich Buchholz veröffentlichte Bilanz ein Lichtstrahl in der Finsternis.

Denn auch wenn sich bis heute trotz der Veröffentlichung der auf den Mißstand hinweisenden Fakten noch nichts an dem System hat ändern können, ist der Zustand aus der Perspektive der Aufklärung und im Bewußtsein der rechtlichen Aktivposition anstelle der durch das System vorgegebenen Passivposition ohne Resignation zu ertragen und darüber hinaus zielsicher zu überwinden.

Aufgrund der bisher nur falschen Rechtsversprechungen und ohne den Hinweis auf den für die verfassungsgemäße Wiedervereinigung konzipierte Artikel 146 GG hatte die Wählerschaft keine reelle Vorstellung von dem tatsächlich geltenden Rechtsanspruch, um es erkennen und beurteilen zu können, daß die "Einheit in Recht und Freiheit" nicht durch den Verwaltungsakt und politische Wahlen, sondern in erster Linie durch Abstimmung der gemeinsamen Verfassung gemäß Artikel 146 GG herbeizuführen ist.

Da aber die Existenz dieses Artikels seit zwanzig Jahren hat verschwiegen werden können, konnte niemand eine Vorstellung von der verfassungsgemäßen Abwicklung des Einigungsprozesses haben, deren Modus durch Art. 146 GG abrufbar vorgegeben ist.

Im Schlußartikel des Grundgesetzes heißt es: "Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist." Obgleich dieser "Wiedervereinigungs-Artikel" 146 GG durch die Ewigkeitsklausel (Art. 79 GG) im Grundgesetz unabdingbar verankert ist und auch noch in hundert Jahren unseren Nachfahren in jeder neuen Auflage des Grundgesetzes als Anmahnung der GESAMTDEUTSCHEN VERFASSUNG vor Augen zu führen sein wird, wurde das für die Sternstunde des wiedervereinigten Nachkriegsdeutschlands konzipierte Verfassungsgebot statt der GG-Ewigkeitsklausel dem IMPERIALISTISCHEN MACHTWILLEN unterstellt und in dessen Geist seit zwanzig Jahren fortgeschrieben.

Ute Grothusen

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Frank Flegel: Lest, studiert, gebt weiter und diskutiert unsere Broschüre "Anti-imperialistischer Widerstand"!

Diese Broschüre ist nämlich etwas ganz Besonderes. Sie ist ein Sammelband zur Orientierung, Geschichte und Gegenwart zusammenfassend, Grundsätze in Erinnerung rufend und mit Analysen zu Palästina, Syrien und Iran hochaktuell. Und sie gibt damit in ausgesprochen komplizierten Zeiten Klarheit über die Situation und über Positionen.

Was macht die Situation so kompliziert? Ich zitiere zur Veranschaulichung aus der UZ vom 23.3.2012, S. 1, ein Artikel von Bernd Redlich über Syrien mit dem Titel "Gewaltverzicht und Dialog - oder Bürgerkrieg": "Es wird kein Vorankommen geben, solange die beiden gängigen Versionen über die Krise in Syrien nicht berichtigt werden. Der einen zufolge erhebt sich die Mehrheit der syrischen Bevölkerung gegen eine brutale Diktatur. Assads Regime sei in der Region und international isoliert und halte sich nur an der Macht, weil das Veto Rußlands und Chinas ein Eingreifen verhindern. Die einzige Lösung: Assad muss weg. Und wie, wird deutlich, wenn der Friedensnobelpreisträger im Weißen Haus von ihm als einem Todeskandidaten - "dead man walking" - spricht. Syrien ist ein strategischer Angelpunkt für den ganzen Nahen Osten.

In der anderen Sicht hat sich eine Koalition aus arabischen Feudalmonarchien, den USA und ihren europäischen Verbündeten zusammengetan, um eine von den meisten Syrern gestützte Regierung zu stürzen und das säkulare Land in eine Plattform der USA und Saudi-Arabiens gegen den Iran und die libanesische Hisbollah zu verwandeln. Diese Version hat viel für sich. Sie unterschlägt aber, dass die ersten Demonstrationen gegen das Regime vor einem Jahr die spontane Reaktion auf die Festnahme und Folterung von Schülern in Deraa war. Und sie verschließt die Augen vor der Korruption des Assad-Clans, der neben Armee und dem Geheimdienst auch die Telekommunikationsbranche, die Bauindustrie und das Bankwesen beherrscht.

In dieser Situation führt der einzige, aber steinige Weg zu einer Lösung über den nationalen Dialog. Eine Mehrheit der Syrer hat sich beim Referendum vor einigen Wochen dafür ausgesprochen. Sie kennen die Alternative - und die heißt Bürgerkrieg. Was das bedeutet, haben sie von den Flüchtlingen aus dem Irak und aus der Geschichte des 15-jährigen Bürgerkriegs im benachbarten Libanon gelernt.

Kofi Annans Vorschläge zum Ende der Gewalt und zum Dialog mit der Opposition verdienen Unterstützung. Dass die Details noch nicht veröffentlicht wurden, lässt aber auf Widerstand vor allem der USA schließen."

Kurz zusammengefasst: es gibt zwei "gängige Versionen", eine so, die andere anders. Auf die Idee, herauszubekommen, was richtig, also wahrhaftig ist, verzichtet man. Dann meint man, dass die zweite Version einiges für sich habe, aber andererseits einiges ausblende, z.B. die Festnahme und Folterung von Schülern in Deraa (Quellen für diese Aussage meint man nicht nennen zu müssen), außerdem die "Korruption des Assad-Clans". Welche? Zum Beispiel die Kontrolle über Armee und Geheimdienste, außerdem Bauwesen, Telekommunikation und Bankwesen. Wenn ich kurz bemerken darf: Ich halte es für ziemlich normal, dass eine Regierung die Kontrolle über Armee und Geheimdienst hat, alles andere wäre schlecht. Und ich hielte es für einen Fortschritt, Regierungen die Kontrolle über das Bankenwesen zu übertragen.

So weit, so schlecht, schließlich kommt man zur Lösung, dem "nationalen Dialog". So etwas kann nur jemand daherquatschen, der die imperialistischen Interessen und die ihnen folgenden internationalen Einmischungen nicht sehen will. Und zum Schluss: "Kofi Annans Vorschläge zum Ende der Gewalt und zum Dialog verdienen Unterstützung".

Hier gleitet eine sich schon seit Längerem im revisionistischen Sumpf befindende, aber sich immer noch kommunistisch nennende Partei (die DKP) ab auf Positionen des Klassenfeindes. Und das mittels einer "Argumentation", die analytisch wirken soll, indem sie sich über beide "gängige Versionen" erhebt und damit so tut, als könne man, sich über den Klassenkampf erhebend, die allgemein-menschliche Wahrheit ergründen (das wollte doch vor rund 25 Jahren schon mal jemand - der Erfolg ist in Osteuropa und Russland zu besichtigen), ganz friedliebend, gegen jede Art von Gewalt usw. Das hilft dem anti-imperialistischen Widerstand nicht nur nicht, das entwaffnet ihn - ideologisch und real.

Wie ist es zu erklären, dass Kräfte, die klar an der Seite Cubas, Vietnams, Chiles, auch noch Angolas, Nicaraguas standen, jetzt einen solchen konterrevolutionären Müll von sich geben?

Ein Versuch der Erklärung:

Antiimperialistische Kämpfe gibt es so lange, wie es den Imperialismus gibt. Die antiimperialistischen Kämpfe spiegeln immer zweierlei wider: die welthistorische Situation des Imperialismus und die welthistorische Situation der Kräfte des Widerstandes.

Es gab Zeiten, da hatten die Kommunisten in den antiimperialistischen Kämpfen die Hegemonie (Beispiele: Korea, Cuba, Vietnam) oder waren zumindest wichtige Faktoren in ihnen (Beispiele: Algerien, Angola, Chile, Mosambique, Nicaragua, Südafrika und andere). Diese Hegemonie haben die Kommunisten verloren, mehr noch, heute haben sie so gut wie keinen Einfluss mehr auf diese Kämpfe.

Warum? Es begann mit Chrustschow und seiner These vom friedlichen Übergang zum Sozialismus und endete noch lange nicht mit dem Gorbatschowismus, der u.a. die Friedensfähigkeit des Imperialismus behauptete. Man sollte sich ganz kurz einmal vorstellen, wie es sich für diejenigen anfühlte, die gerade die us-finanzierten und us-geführten Terrorakte der Contras gegen die FSLN-Regierung in Nicaragua, die brutalen Interventionen Südafrikas, unterstützt vom us-amerikanischen und europäischen Imperialismus, gegen die Regierung der MPLA in Angola, die Aktivitäten der so genannten Freiheitskämpfer (wie immer von den USA unterstützt) gegen die sozialistisch ausgerichtete Nadschibullah-Regierung in Afghanistan erlebt hatten, wenn die führende Macht der kommunistischen Bewegung gleichzeitig von der Friedensfähigkeit des Imperialismus sprach und weltweit viele kommunistische Parteien diese Parolen übernahmen.

Und es wurde noch katastrophaler! Das Resultat dieser Politik war nämlich, dass einige dieser Parteien, die man heute nur noch "so genannte kommunistische Parteien" nennen kann, nach der siegreichen Konterrevolution in der Sowjetunion und in Osteuropa (wovon man ja hätte lernen können) direkt zum Klassenfeind, also zum imperialistischen Aggressor übergingen und in dessen Marionettenregimes Verantwortung übernahmen, - und dies alles begleitet von Angriffen gegen die anti-imperialistische Bewegung im eigenen Land. Die vorgeschobenen Begründungen ähneln sich: Der antiimperialistische Widerstand sei religiös, sei anti-kommunistisch, anti-emanzipativ, frauenfeindlich, die heutigen anti-imperialistischen Staaten seien zudem korrupt, diktatorisch usw.usf. Der Übergang zum Klassenfeind ist so geschehen z.B. mit der so genannten Kommunistischen Partei des Irak, der so genannten Kommunistischen Partei Jordaniens und anderen, die offen mit dem Imperialismus und seinen Geheimdiensten zusammenarbeiten. Trotzdem werden diese Parteien weiterhin von fast allen anderen kommunistischen Parteien als "Bruderparteien" angesehen. Das muss man sich mal vorstellen!

Diese Entwicklung ist Ausdruck der Tatsache, dass es eine internationale kommunistische Bewegung nicht mehr gibt. Es gibt keine gemeinsame Theorie- und/oder Analysearbeit, es gibt keine gemeinsamen politischen Aktionen oder Kampagnen, es gibt keine ideologische Gemeinsamkeit der Parteien und auch keine Schritte, sie zu erlangen, es gibt keine internationale Führungskraft und es gibt kein organisatorisches Zentrum. Wir befinden uns in der Phase des Zerfalls.

Die Folge dieser Situation ist, dass der spontan aus den Verhältnissen von Hunger, Unterdrückung, Drohung, Intervention und Krieg entstehende Antiimperialismus nicht mehr mit der wissenschaftlichen Weltanschauung in Kontakt kommt, diese auf ihn keinen Einfluss hat, und dass sich deshalb alle möglichen unterschiedlichen Ideologien entwickeln. Da gibt oder gab es heute und/oder in der jüngeren Vergangenheit christliche (z.B. Theologie der Befreiung, in gewisser Weise Venezuela), islamische (z.B. Iran, der Widerstand in Palästina, der Widerstand im Irak, der Widerstand in Afghanistan), nationalrevolutionäre (z.B. Irak vor der Intervention, Syrien) z.T. völkische (z.B. der kurdische Nationalismus heute), und selbstverständlich das Ganze in sich überlappenden Teilen. Die ökonomischen Ziele sind, so weit formuliert, nationalrevolutionär-kapitalistisch, sozialdemokratisch-kapitalistisch mit der Vorstellung eines starken Staatssektors, "sozialistisch" im Sinne eines Waren produzierenden Sozialismus mit gemischter Wirtschaft, also unterschiedlichen Eigentumsformen usw. Eine klassenkämpferische Sichtweise, eine antikapitalistische Ausrichtung muss sich aus den Kämpfen selbst ergeben und ergibt sich auch in Ansätzen (siehe z.B. Reden von Chavez oder Ahmadschinedad), die Kommunisten als Ratgeber haben sich weitgehend selbst diskreditiert.

Anti-imperialistische Bewegungen bzw. Staaten unterliegen als inneres Element selbstverständlich immer auch dem Klassenkampf in ihren Ländern, der nicht nur im jeweiligen Land, sondern auch innerhalb der Bewegungen Veränderungen hervorruft. Beispiele hierfür sind die Situationen in Palästina, im Iran, in Venezuela u.a.

Die internationalen innerimperialistischen Widersprüche verschärfen sich zur Zeit in einem rasanten Tempo. Aktuelle Bruchlinien sich verschärfender Widersprüche sind: Europa(24)-USA, USA-China, Europa-China, USA-Rußland, Europa-Rußland, Kerneuropa (BRD-Frankreich) gegen die Peripherie Europas. Der Krieg steht vor der Tür, und zwar nicht nur der Krieg imperialistischer Zentren gegen antiimperialistisch ausgerichtete Länder oder antiimperialistische Befreiungsbewegungen, sondern auch der innerimperialistische Krieg.

Die Situation ist kompliziert, vielschichtig, sehr dynamisch und deshalb nicht auf einen Blick zu erfassen. Die Kräfte, die von der kommunistischen Bewegung in Deutschland übrig geblieben sind, haben weder ausreichendes theoretisches Grundsatzwissen noch liefern sie aktuelle Analysen. Stattdessen produzieren sie "ausgewogene Erklärungen", allgemeine Friedensaufrufe und ähnliches - leider weit entfernt von realen Analysen der realen Kämpfe.

Als eine Bedingung für die Aufnahme einer Partei in die Kommunistische Internationale formulierte Lenin:

"In der Frage der Kolonien und der unterdrückten Nationen müssen die (kommunistischen; d.Red.) Parteien jener Länder, deren Bourgeoisien Kolonien besitzen und andere Nationen unterdrücken, eine besonders klare und eindeutige Linie verfolgen. Jede Partei, die der III. Internationale angehören will, ist verpflichtet, die Machinationen "ihrer" Imperialisten in den Kolonien schonungslos zu entlarven, jede Befreiungsbewegung (Hervorhebung: d.Red) in den Kolonien nicht in Worten, sondern durch Taten zu unterstützen, die Verjagung ihrer eigenen Imperialisten aus den Kolonien zu fordern, in den Herzen der Arbeiter ihres Landes wahrhaft brüderliche Gefühle für die werktätige Bevölkerung der Kolonien und der unterdrückten Nationen zu wecken, ... .

(Quelle: W. I. Lenin: Die große Kraft des Proletarischen Internationalismus; Berlin (Ost), 1973, S. 209/210)

Das klingt allerdings völlig anders als das Gefasel der DKP, des Friedensratschlags, der Tageszeitung "junge Welt" und anderer.

Und deshalb lege ich Euch ans Herz, unsere Broschüre zu studieren - von vorn nach hinten und von hinten nach vorn. Und für diese Broschüre zu werben, sie weiter zu geben, mit Genossen/innen oder mit Freunden/innen darüber zu reden, sie in Gruppen zu diskutieren.

Wir brauchen dringend mehr Klarheit in der Frage des Anti-Imperialismus, sonst gehen wir kollektiv im Sumpf unter.

Frank Flegel


Anmerkung:

(24) unter deutscher Hegemonie mit Juniorpartner Frankreich

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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2012