Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

KAZ/132: Neues aus dem Kampf um die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 327, April 2009
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Neues aus dem Kampf um die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals

Bau- und Abrissgenehmigung ausgelaufen
Putins Partei solidarisiert sich


Ernst Thälmann. Für die Herrschenden stellte er lebend eine Gefahr dar. Er sollte die zwölfjährige Nacht nicht überleben, um im Morgenrot ein neues, ein besseres, ein sozialistisches Deutschland mit aufzubauen. Als Inhaftierter wurde weltweit um seine Freilassung gekämpft. Als man ihm feige das Leben nahm, konnte ihn auch das nicht ins Vergessen stoßen. Als er nicht umzubringen war, versuchte man ihn zu verleumden und zu Diskreditieren. Doch sein Andenken, sein Vorbild und seine Symbolkraft lassen sich nicht zerstören.

Davon zeugt auch der Kampf um die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals, die Thälmann und seinen Mitkämpfern gewidmet ist.

Der Freundeskreis "Ernst-Thälmann-Gedenkstätte" e.V. Ziegenhals, der gemeinsam mit vielen Freunden und Bündnispartnern, bundesweit und international für den Erhalt und die Wiedereröffnung der Gedenkstätte kämpft, hat wieder einige Neuigkeiten zu berichten.

Gemeinsam mit der Partei Die Linke gelang es, über die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch eine sog. "Berichtsanforderung im Haushaltsausschuss des Bundestages" zu stellen. Thema: die Rechtmäßigkeit des Verkaufs der Gedenkstätte vor über sechs Jahren. Die Antwort des Bundesfinanzministeriums (BMF) hat nun der Freundeskreis öffentlich gemacht (u.a. ossietzky 5/09, Neues Deutschland vom 19.3.2009 und junge Welt vom 19.3.2009 berichteten).

Zum einen wird dort die Streitfrage Inventar und Ausstellungsstücke zu Ungunsten des Eigentümers behandelt, der bekanntlich versuchte, das Inventar an Dritte zu verkaufen - was verhindert wurde.

Zum anderen stellt das BMF fest, dass der Denkmalschutz und der öffentliche Zugang in allen, den Verkauf und Kauf betreffenden Dokumenten und Verträgen, festgeschrieben wurde und bis heute noch gültig ist - auch für einen Herrn Gröger! Eine öffentliche Nutzung verwehrt der Eigentümer, auch kommt er dem Denkmalschutz in keiner Weise nach. Er lässt das Grundstück und die Gedenkstätte verkommen und schützt es nicht vor Schändungen. Gerd Gröger, der Ministerialbeamte mit dem Posten der Oberen Bauaufsicht in Brandenburg, kann sich dabei auch noch sicher fühlen. Denn obwohl das BMF geltendes (Bundes-)Recht völlig korrekt wiedergibt (in den Fragen: öffentliche Nutzung und Denkmalschutz), ist es das neue brandenburgische Denkmalschutzgesetz, das solche Leute wie Gröger und seine Machenschaften schützt. Denn Brandenburgs Gesetzgeber lag bei der Neufassung besagten Gesetzes im Jahr 2005, weniger an Denkmälern und deren Schutz, als daran, die Geldbeutel der Eigentümer von Denkmälern und historischen Gebäuden vor finanziellen "Unzumutbarkeiten" zu schützen. Es ist also nicht nur die politische Verkommenheit des Eigentümers selbst, auf deren Grundlage das ganze Areal in Ziegenhals sich selbst überlassen wird, nein, es ist gesetzliche Grundlage des Landes, die das alles auch noch rechtfertigt. Dass gleichzeitig das reaktionäre Denkmal in Potsdam, die Garnisonskirche, in der der Handschlag von Hindenburg und Hitler inszeniert wurde, wiedererrichtet werden soll, das zeigt wirklich, wie heruntergekommen man im Amtssitz Potsdam schon ist. Potsdam eine Stadt, in der sich Überfälle und Morde von Nazis begangen, in der letzten Zeit erschreckend häufen.

Um so mehr erfreut es, wenn außerhalb der BRD, wie jüngst in Moskau, die historische und aktuelle Relevanz der Gedenkstätte erkannt wird. Es erreichen den Freundeskreis immer mehr solidarische Briefe und Protesterklärungen. So unterschrieben Schüler und Lehrer eines Moskauer Ausbildungszentrums den Text der Protest-Postkarten, mit der beim Ministerpräsidenten Platzeck gegen die Behandlung von Ziegenhals und gegen eine drohende Zerstörung protestiert wurde. Die viele tausend Mitglieder zählende Organisation "Lenin und Vaterland" hat sich wiederholt an die Seite derer gestellt, die um Ziegenhals kämpfen. Genauso die KPRF, die sich direkt an die Regierenden in Potsdam wandte und zudem in ihren Zeitungen und im Internet über den Kampf um Ziegenhals berichtet und sich selbst in den Kampf einschaltet. Sie hatte demnach auch großen Anteil daran, dass die Stadtverordnetenversammlung der innerstädtischen Stadtverwaltung in Moskau-Lefortowo nun eine offizielle Erklärung für den Erhalt der Gedenkstätte abgegeben hat (siehe Kasten).


*


Stadtverordnetenversammlung
der innerstädtischen
Stadtverwaltung

Lefortowo
Stadt Moskau

29. Januar 2009

Offizielle Erklärung zum geplanten Abriss der Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals

Die Stadtverordnetenversammlung der innerstädtischen Stadtverwaltung von Lefortowo der Stadt Moskau drückt hiermit sein Unverständnis mit den Handlungen der Regierenden des Landes Brandenburg aus, die die Erlaubnis zum Abriss der Gedenkstätte des deutschen antifaschistischen Widerstandes in dem kleinem Ort Ziegenhals, gelegen an der südlichen Stadtgrenze, gaben. Wir empfinden die Absicht die Gedenkstätte des Führers der deutschen Kommunisten und des antifaschistischen Widerstandes, Ernst Thälmann, der gegen den Faschismus kämpfte und von den Faschisten ermordet wurde, als eine Beleidigung all jener, die in den Jahren des Zweiten Weltkrieges gegen den Faschismus kämpften und im Kampf gegen den Faschismus starben. Den Entscheid über die Beseitigung des Denkmals sehen wir als eine Herausforderung für die gesamte progressisve Menschheit, nicht zuletzt auch für unser Volk, das einen so hohen Preis bei der Erkämpfung des Großen Sieges zahlte.

Wir Abgeordneten, sind der Meinung, dass diese Handlung auf die gleiche Stufe zu stellen ist, wie die Entfernung des Denkmals zur Erinnerung an die Sowjetischen Soldaten im Großen Vaterländischen Krieg aus dem Stadtzentrum von Tallin, - und diese Handlung dient gleichzeitig dem Erstarken des Neofaschismus in Europa.

Die Zerstörung der Thälmann-Gedenkstätte würde dem Wiedererwachen der faschistischen Stimmung selbst in Deutschland helfen. Eine derartige Entwicklung schafft zusätzliche Bedingungen für die Eskalation der heutigen Form des Rassismus, der Rassendiskriminierung, der Ausländerfeindlichkeit und ist verbunden mit der Intoleranz, und dies besonders unter der Jugend, die extrem jegliche Veränderungen aufnimmt und ebenso den neuen Darstellungen der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges.

Die Stadtverordnetenversammlung der innerstädtischen Stadtverwaltung von Lefortowo der Stadt Moskau ist geschlossen dafür, dass die Schließung der Thälmann-Gedenkstätte nicht zulässig ist und fordert von der Regierung des Landes Brandenburg alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten zum Erhalt der Gedenkstätte und zur Gewährleistung dessen Zuganges für alle, die es wünschen.

Leiter der innerstädtischen Stadtverwaltung
E. Slesareva


*


Dieser Erklärung schloss sich einstimmig die russische Regierungspartei "Partei Einiges Russland" aus Moskau-Lefortow an, mit der Selbstverpflichtung diesen Beschluss bekannt zu machen. Putins Leute scheinen besser zu verstehen welch hohen Stellenwert Ziegenhals hat, als Platzeck und seine Genossen. Das zeigt auch der Zeitpunkt der Erklärung. Am 23. Februar 2009 lief - nach vier Jahren - die Abriss- und Baugenehmigung ab. Es ist nicht bekannt, ob Gröger verlängern will. Der Freundeskreis und seine Partner, alle Thälmann-Freunde rufen den Landrat des Dahme-Spree-Kreises auf, einer erneuten Verlängerung nicht zuzustimmen!

Für alle KAZ-Leser: die KAZ hat die Protest-Postkartenaktion des Freundeskreises "Ernst-Thälmann-Gedenkstätte", Ziegenhals mitunterstützt und Postkarten als Einleger beigefügt. Diese Aktion soll nun beendet werden. Es wurden damit ca. 10.000 Postkarten verteilt. Wir hoffen, es sind auch genauso viele bei Platzeck angekommen! Genaueres will der Freundeskreis in den kommenden Wochen mitteilen.

Ziegenhals gehört der Öffentlichkeit!

Für den Erhalt und die Wiedereröffnung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals!


Kontakt:
Freundeskreis "Ernst-Thälmann-Gedenkstätte" e.V., Ziegenhals
Fürstenwalder Weg 11
15711 Königs-Wusterhausen
E-Mail: vorstand@etg-ziegenhals.de

Spendenkonto:
Kto.Inhaber: Freundeskreis "Ernst-Thälmann-Gedenkstätte", e.V.
Kto.Nr.: 3302254
BLZ: 12070000
Bank: Deutsche Bank


*


Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 327, April 2009, S. 48-49
Herausgeber und Verlag:
Gruppe Kommunistische Arbeiterzeitung, Selbstverlag
Anschrift: KAZ-Redaktion, Reichstraße 8, 90408 Nürnberg
Tel.: 0911/356 913, Fax: 0911/356 913
E-Mail: gruppeKAZ@aol.com
Internet: www.kaz-online.de

KAZ erscheint viermal jährlich.
Einzelpreis: 1,50 Euro
Normalabo: 10,00 Euro, Sozialabo: 7,70 Euro.
Förderabo: mindestens 20,00 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2009